Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl und Dr.Kuderna sowie die Beisitzer Dr.Walter Urbarz und Franz Erwin Niemitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margret A, Arbeiterin, Ellbögen Nr.51, vertreten durch Dr.Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr.Hermann B, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Fa.Johann Mathias C & D, Innsbruck, Hallerstraße 41, wegen
S 112.525,65 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 27.Feber 1985, GZ.2 a Cg 1/85-17, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 9.November 1984, GZ.2 Cr 255/84-7, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
1.) Der Revision wird, soweit sie sich gegen den bestätigenden Teil des angefochtenen Urteils wendet, nicht Folge gegeben und dieser Teil des Berufungsurteils als Teilurteil bestätigt.
2.) Im übrigen wird der Revision Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird in seinem abändernden Teil sowie im Ausspruch über die Kosten aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei der Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 11.10.1983 das Konkursverfahren eröffnet wurde - der Beklagte wurde zum Masseverwalter bestellt -, vom 5.10.1964 bis 31.10.1983 als Arbeiterin beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis endete durch den von der Klägerin am 31.10.1983 nach dem § 25 Abs.1 KO erklärten vorzeitigen Austritt. Die Klägerin war Mitglied des Betriebsrates im Betrieb der Gemeinschuldnerin; die Tätigkeitsperiode des Betriebsrates hätte am 10.11.1984 geendet. Die Klägerin meldete ihre sich aus dem Austritt ergebenden Ansprüche auf Kündigungsentschädigung, Abfertigung, anteilige Sonderzahlungen und Urlaubsentschädigung als Masseforderungen im Konkurs an. Außer Streit steht ferner die Höhe des von der Klägerin seinerzeit bei der Gemeinschuldnerin und nunmehr bei der E AG bezogenen Arbeitsentgelts sowie die rechnerische Richtigkeit der vom Erstgericht für die Zeit vom 1.11.1983 bis 31.8.1984 (auf S.57) näher festgestellten Beträge. Die Parteien stellten ferner außer Streit, daß die Gemeinschuldnerin in den Betriebsräumlichkeiten in Innsbruck, Hallerstraße 41, eine Spinnerei und Färberei betrieb und daß die E AG in diesen Betriebsräumlichkeiten unter anderem eine Spinnerei und Färberei mit den von der Gemeinschuldnerin erworbenen Maschinen betreibt. Schließlich stellten die Parteien außer Streit 'die rechnerische Richtigkeit und Fälligkeit (unter Berücksichtigung des nunmehrigen Einkommens der Klägerin)' eines Betrages von S 39.838,73 netto sA, dessen Zahlung von der Klägerin in der Berufungsverhandlung in Abänderung eines diesbezüglichen Feststellungsbegehrens für die Zeit vom 1.9.1984 bis 24.2.1985 begehrt wurde.
Die Klägerin verlangte vor dem Erstgericht letztlich die Zahlung eines Betrages von S 72.686,92 an Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 15.11.1983 bis 31.8.1984 unter (teilweiser) Anrechnung ihres in dieser Zeit erzielten Arbeitseinkommens, ferner an Urlaubsentschädigung und Abfertigung. Für die Zeit vom 1.9.1984 bis 24.2.1985, dem Zeitpunkt der ehestmöglichen arbeitgeberseitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch Kündigung, begehrte sie die Feststellung eines Anspruchs auf Kündigungsentschädigung in der Höhe von S 39.838,73, 'wobei das durch anderweitige Verwendung Erworbene oder zu erwerben absichtlich Versäumte einzurechnen sei'. In einem Eventualbegehren begehrte sie die Zahlung des vorgenannten Betrages. Eine Aufschlüsselung dieses Betrages ist weder in erster noch in zweiter Instanz erfolgt.
Zur Begründung führt die Klägerin aus, sie hätte als Mitglied des Betriebsrates unter Berücksichtigung des drei Monate nach dem Erlöschen des Betriebsratsmandates endenden besonderen Kündigungsschutzes sowie einer Kündigungsfrist von 14 Tagen frühestens zum 24.2.1985 gekündigt werden können. Infolge ihres auf den § 25 Abs.1 KO gestützten vorzeitigen Austritts stünden ihr nach dem § 1162 b ABGB ein Anspruch auf Kündigungsentschädigung bis zu diesem Zeitpunkt unter Einrechnung jenes Einkommens, das sie ab 2.11.1983 in einem neuen Arbeitsverhältnis bezogen habe, sowie Ansprüche auf Abfertigung, Sonderzahlungen und Urlaubsentschädigung nach Maßgabe der eintretenden Fälligkeiten zu. Der Betrieb der Gemeinschuldnerin sei von der E AG übernommen worden, doch habe sie im selben Betrieb weitergearbeitet, sodaß ihr Betriebsratsmandat nicht erloschen sei.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er habe das Unternehmen der Gemeinschuldnerin nur vom 11.10. bis 20.10.1983 weitergeführt. Mit dem letztgenannten Zeitpunkt habe er auf Grund einer mit der E AG abgeschlossenen Punktation einen Großteil der Betriebsmittel an diese Firma verkauft und Teile von Liegenschaften an sie vermietet. Diese Firma habe in der Folge in den ehemaligen Betriebräumlichkeiten der Gemeinschuldnerin eine wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen und den Großteil der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin neu eingestellt. Die Führung des Betriebes der Gemeinschuldnerin sei am 20.10.1983 beendet und der Betrieb dauernd eingestellt worden. Die Klägerin habe aus diesem Grund ihren Kündigungsschutz als Betriebsratmitglied verloren, sodaß sie im Zeitpunkt ihrer Austrittserklärung einen solchen Schutz nicht mehr genossen habe. Im übrigen sei bei der Beurteilung der einem Betriebsratsmitglied im Falle eines auf den § 25 Abs.1 KO gestützten Austritts nach dem § 1162 b ABGB zustehenden Ansprüche auf den 'fiktiven Verlauf' des Arbeitsverhältnisses Bedacht zu nehmen. Da im Zeitpunkt des vorzeitigen Austritts der Klägerin der Konkurs bereits eröffnet gewesen sei, hätte ihr (fiktives) Arbeitsverhältnis nicht bis zum 24.2.1985 gedauert; der Masseverwalter hätte nämlich das Arbeitsverhältnis, wäre die Klägerin nicht ausgetreten, selbst auflösen müssen. Die Klägerin müsse sich ihr bei der E AG bezogenes Arbeitsentgelt auf die Kündigungsentschädigung anrechnen lassen.
Die Klägerin bestritt eine dauernde Betriebseinstellung. Die Betriebsidentität sei weder durch den Wechsel des Betriebsinhabers noch durch die neuen Arbeitsverträge beeinflußt worden. Sie sei nach wie vor im selben Betrieb beschäftigt.
Das Erstgericht gab dem Zahlungshauptbegehren sowie dem Feststellungsbegehren statt und wies das Eventualbegehren ab. Es traf folgende noch wesentliche Feststellungen:
Bei der im Betrieb der Gemeinschuldnerin am 11.11.1981 durchgeführten Betriebsratswahl wurde die Klägerin als Mitglied des Arbeiterbetriebsrats gewählt. Nach der am 11.10.1983 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin erfolgten Eröffnung des Konkursverfahrens wurde der Betrieb vom Beklagten fortgeführt. Der Beklagte nahm mit der Tiroler Tuchfabrik E AG
Verhandlungen über eine Übernahme der Gemeinschuldnerin auf. Er beabsichtigte, im Falle des Scheiterns dieser Verhandlungen den Betrieb einzustellen. Am 20.10.1983 wurde eine vom Konkursgericht genehmigte Punktation abgeschlossen. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung vermietete die Gemeinschuldnerin an die Übernehmerin einige näher bezeichnete Grundstücke samt Betriebsräumlichkeiten für die Dauer von 6 Monaten, räumte ihr näher bezeichnete Vorkaufsrechte ein und verkaufte an sie verschiedene näher bezeichnete Vermögenswerte insbesondere Lagerbestände, Maschinen und Markenrechte. Die Parteien vereinbarten, daß die Tätigkeit im Betrieb der Gemeinschuldnerin 'ununterbrochen' fortgeführt werde, und daß die Übernehmerin die unmittelbar für die Betriebstätigkeit von der Gemeinschuldnerin mit Dritten abgeschlossenen Verträge übernehmen oder neue Verträge begründen werde. über die Arbeitnehmer wurde im Punkt XI folgende Vereinbarung getroffen:
'Die Vertragsteile halten fest, daß nach Tunlichkeit sämtliche Dienstnehmer in den Betriebsstätten Innsbruck und Sinnersdorf eine Weiterbeschäftigung finden sollen. Vorgesehen ist, daß nach Abschluß der Punktation und Genehmigung derselben durch den Gläubigerausschuß die Dienstnehmer nach § 25 KO ihren Austritt erklären und tunlichst bei der Übernehmerin in ein neues Dienstverhältnis treten. Im einzelnen ist hier das Einvernehmen mit den gesetzlichen Interessenvertretungen herzustellen..........'
Ein Teil der Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin erklärte den vorzeitigen Austritt am 23.10.1983, ein anderer Teil, darunter auch die Klägerin, am 31.10.1983. Die Klägerin hielt sich in der Zwischenzeit arbeitsbereit und sprach im Betrieb regelmäßig vor. Die Maschinen standen in dieser Zeit still. Ab 2.11.1983 wurde zwischen der Klägerin und der E AG ein neues Arbeitsverhältnis begründet. Dieses Unternehmen betreibt seine eigene Spinnerei nunmehr ausschließlich in den Betriebsräumlichkeiten der Gemeinschuldnerin. Der Betrieb wurde am 2.11.1983 dort wieder voll aufgenommen. Nach diesem Zeitpunkt beschloß eine Betriebsgruppenversammlung der Arbeiter der Gemeinschuldnerin, daß der Arbeiterbetriebsrat seine Funktion bis zum Auslaufen der ursprünglichen Tätigkeitsperiode ausüben solle. Die genannte Aktiengesellschaft übernahm insgesamt ca. 2/3 der Belegschaft der Gemeinschuldnerin.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, das Betriebsratsmandat der Klägerin sei nicht erloschen, weil der Betrieb der Gemeinschuldnerin ungeachtet des Betriebsinhaberwechsels nicht eingestellt, sondern fortgeführt worden sei. Infolge des Konkurses sei der Austritt der Klägerin nach dem § 25 Abs.1 KO gerechtfertigt, so daß ihr gemäß dem § 1162 b ABGB eine Kündigungsentschädigung bis zu jenem Zeitpunkt zustehe, zu dem der Masseverwalter frühestens hätte kündigen können. Dieser Zeitpunkt sei unter Berücksichtigung der dreimonatigen Verlängerung des Kündigungsschutzes nach dem § 120 Abs.3 ArbVG und einer Kündigungsfrist von 14 Tagen der 24.2.1985. Die Klägerin müsse sich allerdings ab dem vierten Monat nach ihrem Austritt das bei der E AG erzielte Arbeitsentgelt auf die Kündigungsentschädigung anrechnen lassen. Das Feststellungsbegehren sei, soweit die Teilansprüche auf Kündigungsentschädigung noch nicht fällig seien, berechtigt.
Im Berufungsverfahren wendete die beklagte Partei Verfall des dem Feststellungsbegehren zu Grunde liegenden Anspruchs auf Kündigungsentschädigung infolge Ablaufs der Sechsmonatsfrist des § 1162 d ABGB ein. Das Feststellungsbegehren sei erst mit der Geltendmachung in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 11.9.1984 wirksam geworden. Die Klägerin ließ in der Berufungsverhandlung infolge zwischenzeitig eingetretener Fälligkeit der gesamten Kündigungsentschädigung ihr Feststellungsbegehren fallen und erhob ihr Eventualbegehren zum (insoweit ergänzten) Hauptbegehren.
Das Berufungsgericht bestätigte den dem Zahlungsbegehren stattgebenden Teil des erstgerichtlichen Urteils und änderte es im übrigen dahin ab, daß es der Klägerin einen weiteren Betrag von S 39.838,73 netto sA (Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 1.9.1984 bis 24.2.1985) zusprach. Es führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs.1 Z 3 ArbGG neu durch, traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht und billigte dessen Rechtsauffassung. Ein Verfall sei, so führte das Berufungsgericht ergänzend aus, nicht eingetreten, weil der Lauf der Sechsmonatsfrist des § 1162 d ABGB erst mit dem Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit der einzelnen monatlichen Teilansprüche zu laufen beginne. Alle eingeklagten, die Monate September 1984 bis Feber 1985 umfassenden, am 11.9.1984 geltend gemachten Teilansprüche lägen jedoch innerhalb der Verfallsfrist. Die Ansprüche der Klägerin wären auch bei Berücksichtigung des fiktiven Verlaufes ihres Arbeitsverhältnisses entstanden, zumal eine Betriebseinstellung nicht erfolgt sei. Der Anspruch würde nur dann nicht zu Recht bestehen, wenn man davon ausgehen könnte, daß sich aus der Punktation die Auffassung ableiten ließe, das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei 'am 21.10.1983 bei der beabsichtigten Übernahme des Betriebes durch den neuen Betriebsinhaber auf Grund ihrer Stellung als Betriebsrat ex lege bereits mit diesem Tag auf den neuen Betriebsinhaber übergegangen'. Die spätere Austrittserklärung der Klägerin wäre dann gegenüber dem Beklagten rechtsunwirksam gewesen. Dem Berufungsgericht sei es aber verwehrt, den Sachverhalt in dieser Richtung näher zu erheben, weil die Parteien ausdrücklich den aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Austrittszeitpunkt außer Streit gestellt hätten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze oder wenigstens hinsichtlich eines Teilbetrages von S 34.217,33 sA abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zum Teil berechtigt.
Einen Verfahrensmangel erblickt der Beklagte in der Unterlassung einer Erörterung der Frage, inwieweit dem Klagsanspruch deshalb die Berechtigung fehle, weil mit dem Abschluß der Punktation das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die E AG übergegangen sei.
Soweit der Beklagte damit eine Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht (§ 182 Abs.1 ZPO) geltend machen will, ist seine Rüge nicht berechtigt, weil das Berufungsgericht angesichts der klaren Außerstreitstellung der Parteien, die Klägerin sei vom 5.10.1964 bis 31.10.1983 als Arbeiterin bei der Gemeinschuldnerin beschäftigt gewesen, das Arbeitsverhältnis habe durch die Erklärung des vorzeitigen Austritts der Klägerin am 31.10.1983 geendet, zu einer Anleitung in der Richtung, ob nicht das Arbeitsverhältnis doch schon zu einem früheren Zeitpunkt geendet habe, keinen Anlaß hatte. Auch der Wortlaut der Punktation bot dem Berufungsgericht keinen Anhaltspunkt dafür, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Gemeinschuldnerin schon vor dem 31.10.1983, insbesondere infolge einer Übernahme der Klägerin in die Dienste der E AG vor diesem Zeitpunkt, beendet worden sei. Die vertragsschließenden Parteien hatten in jener Punktation festgehalten, daß nach Tunlichkeit alle Arbeitnehmer von der Übernehmerin weiterbeschäftigt werden sollen, daß die Arbeitnehmer nach dem § 25 KO ihren Austritt erklären und bei der Übernehmerin in ein neues Arbeitsverhältnis eintreten sollen. Daß für Betriebsratsmitglieder eine andere Regelung im Sinne einer unmittelbaren Übernahme anstelle einer durch sie selbst herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Gemeinschuldnerin geltend sollte, kann der Punktation nicht entnommen werden. Diese Vereinbarung sah vielmehr allgemein eine Beendigung der 'alten' Arbeitsverhältnisse durch Austrittserklärung der Arbeitnehmer und die Begründung 'neuer' Arbeitsverhältnisse mit der genannten Aktiengesellschaft vor. Dazu kommt, daß die Klägerin nach den Feststellungen mit dieser Aktiengesellschaft für die Zeit ab 2.11.1983 ein neues Arbeitsverhältnis begründet hat. Für einen 'automatischen Übergang' des mit der Gemeinschuldnerin bestandenen Arbeitsverhältnisses auf den Übernehmer (diese Auffassung wird von FLoretta im ArbVG-Handkommentar,349, vertreten) oder einen ex lege-Übergang, wie er anscheinend vom Berufungsgericht für möglich gehalten wird, fehlt daher jeder Anhaltspunkt.
Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang Feststellungsmängel und eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht, fehlt seinen Ausführungen aus den dargelegten Erwägungen ebenfalls die Berechtigung.
Dem Revisionswerber kann aber auch in seiner Auffassung nicht gefolgt werden, eine Berücksichtigung des 'fiktiven Verlaufes des aufgelösten Arbeitsverhältnisses' hätte zur Klagsabweisung führen müssen, weil im Hinblick auf den Konkurs das Arbeitsverhältnis keineswegs bis zum 24.2.1985 gedauert hätte, sondern schon früher vom Masseverwalter aufgelöst worden wäre.
Auszugehen ist von dem Umstand, daß die Klägerin im Zeitpunkt ihres vorzeitigen Austritts nach wie vor den Kündigungs- und Entlassungschutz der §§ 120 bis 122 ArbVG genossen hat. Eine vorzeitige Beendigung der Tätigkeitsdauer des Betriebsrates wäre nur in dem vom Beklagten als einzigen Beendigungsgrund genannten Fall einer dauernden Betriebseinstellung (§ 62 Z 1 ArbVG) in Betracht gekommen. Wie die Untergerichte richtig erkannt und eingehend begründet haben, ist eine solche dauernde Einstellung schon deshalb nicht erfolgt, weil der Betrieb nach einer bloß etwa achttägigen Unterbrechung, in der die Maschinen nicht in Betrieb waren, von einem anderen Betriebsinhaber fortgeführt wurde. Ein bloßer Betriebsinhaberwechsel, der die Betriebsidentität, wie hier, unberührt läßt, ist aber keine Betriebsstillegung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle (Arb.10.211 mwH; VfGH vom 13.10.1982, DRdA 1983,193; ZAS 1984,196, mit zustimmender Anmerkung von Strasser; Floretta aaO, 348 ff). Da somit die Tätigkeitsdauer des Betriebsrates im Zeitpunkt der Austrittserklärung der Klägerin noch nicht beendet war, hat ihr Betriebsratsmandat in diesem Zeitpunkt noch bestanden, so daß ihr auch der Kündigungs- und Entlassungsschutz der §§ 120 bis 122 ArbVG zuteil wurde. Mangels der für eine Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes erforderlichen vorherigen Zustimmung des Einigungsamtes (§ 120 Abs.1 ArbVG) hätte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Kündigung nicht auflösen können. Eine Kündigung wäre frühestens mit dem Ablauf dieses gesetzlichen Kündigungsschutzes (unter Bedachtnahme auf die Endigung der Tätigkeitsdauer des Betriebsrates und den nach dem § 120 Abs.3 ArbVG drei Monate danach endenden Schutz sowie der kollektivvertraglichen 14-tägigen Kündigungsfrist) zum 24.2.1985 zulässig gewesen. Gemäß dem § 1162 b ABGB steht der Klägerin, wie die Vorinstanzen ebenfalls richtig erkannt haben, die Kündigungsentschädigung bis zu diesem Zeitpunkt zu, wobei sie sich ab dem vierten Monat das bei ihrem neuen Arbeitgeber bezogene Arbeitsentgelt auf die Kündigungsentschädigung anrechnen lassen muß. Auf Umstände, die sich nach dem im Zeitpunkt der Austrittserklärung erfolgten Erwerb des Anspruchs auf Kündigungsentschädigung (Abfertigung) ereignen, kommt es nicht an. Mangels jeglicher gesetzlicher Grundlage kann der einmal entstandene Anspruch auf Kündigungsentschädigung (Abfertigung) nicht durch nachträglich entstandene Umstände ganz oder auch nur teilweise wegfallen (4 Ob 13-18/85). Um so weniger können Umstände den bereits im Zeitpunkt des vorzeitigen Austritts entstandenen Anspruch auf Kündigungsentschädigung nachträglich aufheben, die in Wirklichkeit gar nicht entstanden sind, sondern möglicherweise entstanden wären, wenn der Arbeitnehmer nicht ausgetreten wäre (siehe auch Jürgen/Berger, ÖJZ 1985,22).
Die gegenteilige Auffassung des Beklagten wird auch nicht durch die von ihm zitierte Entscheidung Arb.10.041 gestützt, weil dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zu Grunde lag. In jenem Fall stand der Klägerin im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und während der ganzen fiktiven Kündigungsfrist kein Entgeltanspruch zu, weil die Frist des § 8 Abs.1 AngG für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in diesem Zeitpunkt längst abgelaufen war und die Klägerin daher auch bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in dieser Zeit keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gehabt hätte. Im vorliegenden Fall stand aber der Klägerin ein Entgeltanspruch im Zeitpunkt ihres Austritts zu. Da der Revisionswerber lediglich die Nichtbeachtung der Verfallsbestimmung des § 1162 d ABGB rügt, ohne auszuführen, aus welchem Grund ein Verfall nach seiner Meinung eingetreten sei, ist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende und ausführliche Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen. Berechtigt ist jedoch der gegen den Zuspruch eines weiteren Betrages von S 39.838,73 sA erhobene Einwand des Beklagten, das Berufungsgericht habe die Anrechnung des von der Klägerin in der Zeit von September 1984 bis Feber 1985 bezogenen Arbeitsentgelts auf die für diesen Zeitraum geltend gemachte Kündigungsentschädigung unterlassen. Da die Klägerin den vorgenannten Betrag nicht aufgeschlüsselt hat und nach der Aktenlage nicht ersichtlich ist, wie sie zu diesem Betrag rechnerisch gelangt ist, erweist sich eine Aufhebung des angefochtenen Urteils in diesem Umfang und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung als notwendig. Das Berufungsgericht ist in diesem Punkt zu Unrecht von einer Außerstreitstellung der Parteien hinsichtlich der Höhe dieses Teilanspruches ausgegangen. Die diesbezügliche Parteienerklärung nimmt ausdrücklich auf das nunmehrige Einkommen der Klägerin Bedacht und muß daher zumindest im Zweifel so ausgelegt werden, daß auf die Anrechnung noch Bedacht zu nehmen ist. Der festgestellte Sachverhalt reicht jedoch zu einer Berechnung dieser Beträge nicht aus und muß daher insoweit ergänzt werden.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 50 und 52 ZPO begründet.
Anmerkung
E06238European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00089.85.0709.000Dokumentnummer
JJT_19850709_OGH0002_0040OB00089_8500000_000