TE OGH 1985/7/10 1Ob568/85

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Veröffentlicht am 10.07.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) A - B - BauGesellschaft m.b.H., 6900 Bregenz, Am Brand 8, 2) A - B - Bau-Gesellschaft m.b.H. & Co.KG, ebendort, 3) C A - B - Bau-Gesellschaft m. b.H., D-8990 Lindau, BRD, Oberer Schrammenplatz 2, 4) C A - B - Bau AG, CH-9430

St. Margarethen, Schweiz, Hauptstraße 99, sämtliche vertreten durch Dr. Otmar Simma und Dr. Alfons Simma, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagten Parteien 1) Otto D, Techniker, CH-9462 Montlingen, Schweiz, Dorfstraße, 2) Schalungsverleih D AG, CH-9451 Kriessern, Schweiz, Altstätter Straße 122, 3) E Gesellschaft m.b.H., 6842 Koblach, Färben 11, sämtliche vertreten durch Dr. Ludwig Hoffmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 500.000,-- s.A. (Streitwert des Revisionsverfahrens S 200.000,-- s.A.), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 20. September 1984, GZ. 2 R 191/84-15, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 17. April 1984, GZ.3 Cg 106/84-9, teilweise bestätigt, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden insoweit abgeändert, als das Klagebegehren auf Zuspruch des Teilbetrages von S 200.000,-- samt 5 % Zinsen seit 28. Dezember 1983 abgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagenden Parteien schlossen am 14. Juli 1983 mit den beklagten Parteien und der Buchhaltungs- und Treuhand AG Altstätten, Schweiz, eine Lizenzvereinbarung, deren wesentliche Bestimmungen lauten:

III) Lizenzerteilung an D & CO.:

C (d.s. die klagenden Parteien) erteilt D & CO. an den Vertragsschutzrechten gemäß Punkt 1) eine Lizenz wie folgt:

1) Die Lizenz ist eine ausschließliche, und zwar auch den Lizenzgeber (C) ausschließende:

1.1. in der Schweiz, Frankreich, Belgien;

1.2.  in der Bundesrepublik Deutschland, beschränkt auf

Vorrichtungen (Schalungskonstruktionen) zur    Herstellung von

folgenden Rundbauten:

   a) Ei-förmige Faulbehälter, wobei als ei-förmige

Faulbehälter solche gelten, bei denen der       Anteil der

zweiachsig gekrümmten Schalflächen       50 % und mehr beträgt;

   b) Wassertürme;

   c) Fernsehtürme und sonstige hohe konische oder

zylindrische Türme mit oder ohne Plattformen;

1.3. in allen übrigen Staaten der Erde, beschränkt auf

Vorrichtungen (Schalungskonstruktionen) zur    Herstellung von

konischen oder zylindrischen Türmen mit oder ohne Plattformen (Fernsehtürme od. dgl.).

2) Im übrigen ist die Lizenz eine einfache, beschränkt auf europäische Staaten.

3) Zu Ziff. 1. und 2. gelten jedoch folgende Ausnahmen:

3.1. in Österreich wird D & CO. nur eine sachliche gemäß Ziff. 1.3. beschränkte (ausschließliche) Lizenz erteilt; (siehe auch Punkt V.,Art. 4);

3.2. in der BRD wird D & C nur eine sachlich gemäß Ziff. 1.2.

beschränkte (ausschließliche) Lizenz erteilt;

3.3. für Vorrichtungen (Schalungskonstruktionen) zur Herstellung

von Faultürmen wird D & CO. nur in der Schweiz, Frankreich,

Belgien eine Lizenz, dort aber gemäß Ziff. 1.1. eine

ausschließliche, erteilt, wobei als Faultürme solche Faulbehälter

gelten, bei denen der Anteil der zweiachsig gekrümmten

Schalflächen weniger als 50 % beträgt;

3.4. für Vorrichtungen (Schalungskonstruktionen) zur Herstellung

von sonstigen Raumbauten, soweit es sich nicht um Rundbauten gemäß

Ziff. 1.2. oder 1.3. handelt, wird D & CO. nur in der Schweiz, Frankreich, Belgien gemäß Ziff. 1.1. eine ausschließliche Lizenz erteilt.

4) Die Lizenz erstreckt sich auf die Herstellung, den Verkauf und den Gebrauch, einschließlich Verleih, der lizenzierten Vorrichtungen, wobei jedoch der Verkauf in den Staaten der EG ausgenommen ist.

VII) Neue Entwicklungen und Schutzrechte:

1) Für alle in den Punkten I) und II) dieses Vertrages nicht genannten Schutzrechte bzw. Schutzrechtanmeldungen betreffend Verfahren oder Vorrichtung zur Errichtung von Bauwerken, insbesondere Schalungskonstruktionen, die den Vertragsparteien derzeit gehören oder in Zukunft gehören werden, oder an denen die Vertragsparteien irgendeine Lizenz (ausschließliche, einfache, stille) besitzen oder in Zukunft erwerben werden, gilt die Verpflichtung der Vertragsparteien, dem anderen Partner das Recht zum Erwerb oder Benützung des Schutzrechtes anzubieten, und zwar im Rahmen der territorialen und sachlichen Abgrenzung der Punkte III) bis V) dieses Vertrages.

2) Das mit den Schutzrechtanlagen versehene Kauf- oder Linzenzangebot kann dem Vertragspartner innerhalb von drei Monaten nach der Erstveröffentlichung des betreffenden Schutzrechtes, bei bereits veröffentlichten Schutzrechten innerhalb von drei Monaten nach Vertragsunterzeichnung und bei erworbenen Schutzrechten oder Lizenzen laut VII/1. innerhalb von drei Monaten nach dem Erwerb überreicht werden oder spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt, wenn der Eigentümer od. Lizenznehmer des Schutzrechtes oder der Anmeldung eine Lizenzvergabe oder Schutzrechtverwertung im Bereich des Lizenzpartners beabsichtigt.

3) Innerhalb von drei Monaten nach Unterbreitung eines Kauf- oder Lizenzangebotes gemäß Ziff. 2) muß dieses angenommen werden. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Annahme, so gilt das Angebot als abgelehnt.

4)

Bei der Ablehnung eines Angebotes gemäß Ziff. 2) bzw.

3)

darf Dritten ein Kauf- oder Lizenzangebot gemacht werden, jedoch nur unter denselben Bedingungen wie dem Vertragspartner.

5)

Bei der Ablehnung eines Angebotes gemäß Ziff. 2) bzw.

3)

ist dem Inhaber eines Schutzrechtes oder einer Lizenz gemäß Ziff. 1) deren Nutzung unabhängig von der territorialen und sachlichen Abgrenzung der Punkte II bis V dieses Vertrages freigestellt. Dabei dürfen aber die Vertragsschutzrechte des anderen Vertragspartners (Punkt I oder II dieses Vertrages) nicht verletzt werden.

XII) 1) Nachgewiesene Umgehungen dieses Vertrages bzw. der Vertragsgrundgedanken (sachliche und territoriale Abgrenzung) sind Vertragsbruch.

              2)              Bei wiederholtem nachgewiesenem Vertragsbruch kann der verletzte Vertragspartner den Vertrag auflösen.

              3)              Als Vertragsstrafe ist öS 250.000,-- je nachgewiesenem Vertragsbruch fällig. Ziff. XII/2) und 3) sind für die Buchhaltungs- und Treuhand-AG nicht verpflichtend, sofern die nachgewiesene Vertragsverletzung nicht durch sie erfolgt.

Die klagenden Parteien begehrten in der Klage den Betrag von S 200.000,-- s.A. und führten aus, die Streitteile hätten sich in der Lizenzvereinbarung vom 14. Juli 1983 an den ihnen zustehenden Schutzrechten Lizenzen eingeräumt und eine Differenzierung nach Staaten und Erdteilen vorgenommen. Die beklagten Parteien wären danach in Österreich lediglich zur Herstellung von konischen oder zylindrischen Türmen mit oder ohne Plattform (Fernsehtürmen etc.) berechtigt; darüber hinaus hätten sie in Österreich lediglich als Subunternehmer der klagenden Parteien auftreten dürfen. In der Bundesrepublik Deutschland hätten die beklagten Parteien lediglich eiförmige Faulbehälter, Wassertürme, Fernsehtürme und sonstige hohe konische oder zylindrische Türme mit oder ohne Plattform errichten dürfen. Gegen diese Vertragsbestimmungen hätten die beklagten Parteien verstoßen. Der Erstbeklagte habe sich im Namen der beklagten Parteien beim Ingenieurbüro F & CO., Dornbirn, um einen Auftrag betreffend die Durchführung von Schalungsarbeiten in Österreich beworben. Weiters hätten die beklagten Parteien für die Firma Wilhelm G, Moers, BRD, Schalungsarbeiten an einem Rundbehälter ausgeführt, was gegen Punkt III der getroffenen Lizenzvereinbarung verstoße. Auf Grund der nachgewiesenen Vertragsverletzungen gebühre den klagenden Parteien eine Konventionalstrafe von S 500.000, wovon eine fällig gewordene Gegenforderung der beklagten Partei von S 300.000 in Abzug gebracht werde. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4. April 1984 dehnten die klagenden Parteien das Begehren auf Leistung von S 500.000 s.A. aus.

Die beklagten Parteien beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Sie hätten keineswegs auf Grund der ihnen von den klagenden Parteien in Punkt III der Vereinbarung vom 14. Juli 1983 eingeräumten Lizenzen Arbeiten in Österreich bzw. der Bundesrepublik Deutschland ausgeführt.

Die zweitbeklagte Partei habe vielmehr am 13. Juli 1983 mit der Fa. H AG, Altstätten, einen Lizenzvertrag abgeschlossen, der Patente betreffend Schalungsverfahren und Schalungsvorrichtungen zum Gegenstand habe. Den klagenden Parteien sei gemäß Punkt VII des Lizenzvertrages vom 14. Juli 1983 das Anbot zum Erwerb einer Unterlizenz gemacht worden, doch hätten die klagenden Parteien hievon nicht Gebrauch gemacht. Arbeiten in Österreich bzw. der Bundesrepublik Deutschland seien auf der Grundlage der von der Fa. H AG erworbenen Lizenzen angeboten bzw. ausgeführt worden.

Die Streitteile stellten außer Streit: Nach Abschluß der Lizenzvereinbarung vom 14. Juli 1983 wurde von den beklagten Parteien ein neues Rundschalungssystem entwickelt, das von der genannten Lizenzvereinbarung nicht umfaßt ist. Die beklagten Parteien boten den klagenden Parteien gemäß Punkt VII.3 des Lizenzvertrages den Erwerb einer Lizenz an, doch nahmen die klagenden Parteien dieses Anbot nicht innerhalb der vertragsgemäß vorgesehenen Frist von drei Monaten an. Die beklagten Parteien haben innerhalb der Frist von drei Monaten Angebote für Arbeiten nach dem neuen Rundschalungssystem an die Fa. G, Straehlen, BRD, und die Fa. I, Papenburg, BRD, gestellt. Mit der Fa. G kam es zu einem Vertragsabschluß. Die Arbeiten begannen nach Ablauf der erwähnten Dreimonatsfrist.

Die klagende Partei ergänzte ihr Vorbringen in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4. April 1984 nur dahin, daß die zweitbeklagte Partei mit ihrem 'neuen Schalungssystem' der Fa. I, Papenburg, den Bau des Hochbehälters angeboten habe. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die beklagten Parteien hätten innerhalb der den klagenden Parteien zum Erwerb einer Lizenz offenstehenden Frist von drei Monaten nicht selbst tätig werden dürfen. Demnach sei aber gemäß Punkt XII der Lizenzvereinbarung vom 14. Juli 1983 eine Konventionalstrafe in der Höhe von insgesamt S 500.000 verwirkt.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil in Ansehung des Teilbetrages von S 200.000 als Teilurteil, hob es im übrigen auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß den beklagten Parteien eine Verletzung des Lizenzvertrages vom 14. Juli 1983 anzulasten sei, so daß der Betrag von S 500.000 zur Zahlung fällig sei. Die klagenden Parteien hätten hievon jedoch eine den beklagten Parteien zustehende Gegenforderung in Abzug gebracht. Zufolge der von den klagenden Parteien erklärten außergerichtlichen Aufrechnung sei das Klagebegehren nur mit dem Betrag von S 200.000 gerechtfertigt. Auf welchem Rechtsgrund die Ausdehnung des Klagebegehrens um weitere S 300.000 beruhe, werde im fortgesetzten Verfahren zu klären sein.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der beklagten Parteien kommt Berechtigung zu.

Nach § 226 ZPO hat der Kläger die rechtserzeugenden Tatsachen (den Klagegrund: SZ 46/109), auf welche sich sein Anspruch gründet, vollständig anzugeben. Er bestimmt damit, worüber der Rechtsstreit geführt wird und welchen Rechtsschutzanspruch er geltend macht. Das Vorbringen des Klägers ist das Substrat, aus dem die Berechtigung des Begehrens abzuleiten ist; andere Tatsachen dürfen vom Gericht nicht unterstellt werden (SZ 55/51; RZ 1977/105;

Fasching Komm. III 20 f, 36; Holzhammer, Österreichisches

Zivilprozeßrecht 2  125; Petschek-Stagel, Der österreichische

Zivilprozeß 267). Die klagenden Parteien gründen das Begehren auf

Bezahlung der Konventionalstrafe darauf, daß die beklagten Parteien

vertragswidrig in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland von

Patenten, deren Nutzung ihnen von den klagenden Parteien eingeräumt

worden sei, Gebrauch gemacht hätten. Die Lizenzvereinbarung vom 14.

Juli 1983 sei in Ansehung der erwähnten Staaten sachlich

eingeschränkt worden. Nach dem von den Streitteilen außer Streit

gestellten Sachverhalt trifft diese Behauptung der klagenden

Parteien nicht zu, weil die beklagten Parteien nicht von den ihnen

mit Vertrag vom 14. Juli 1983 von der klagenden Partei zur Nutzung

überlassenen Patenten, sondern von Patenten Gebrauch machten, die sie von der Fa. H AG erworben hatten. Damit ist aber dem Klagebegehren die Grundlage entzogen. Ein Vorbringen, daß die beklagten Parteien nach dem Inhalt der Vereinbarung vom 14. Juli 1983 von diesen Patenten so lange nicht Gebrauch machen durften, als den klagenden Parteien die dreimonatige Frist zum Erwerb einer Unterlizenz an den Patenten der Fa.H AG offenstand, und das Klagebegehren nun darauf gestützt werde, wurde nicht erstattet. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 52 Abs. 2, 392 Abs. 2 ZPO.

Anmerkung

E06106

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00568.85.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19850710_OGH0002_0010OB00568_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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