TE OGH 1985/7/11 7Ob548/84

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Veröffentlicht am 11.07.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Ölz und Dr. Reinhold Moosbrugger, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen 100.000 S und Feststellung (Gesamtstreitwert 131.000 S), infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 19. Dezember 1983, GZ 6 R 274/83-34, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 19. September 1983, GZ 3 Cg 1323/82-24, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am 10. 2. 1976 kam es an der Familia Großtankstelle der F***** KG in F***** zur Explosion von Treibstoff und einem Brand mit schwerem Personen- und Sachschaden, weil Hans H***** als Lenker eines Schweizer Tankwagenzuges in Unkenntnis der Funktion der an dieser Tankstelle vorhandenen Gaspendelanlage Benzin unter Druck mit der Motorpumpe irrtümlich nicht in den Einfüllstutzen, sondern in den Gaspendelstutzen abfüllte. Der Fahrer des Tankzuges wurde wegen Vergehens der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst und Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung rechtskräftig verurteilt, weil er beim Abfüllen von 20.000 l Supertreibstoff mangels der hiefür erforderlichen Kenntnisse unsachgemäß vorging und hiedurch eine Entzündung des Treibstoffes herbeiführte.

Die klagende Partei als Haftpflichtversicherer des Tankwagenzuges und des Treibstofflieferanten, der Schweizer Firma E*****, begehrt von der beklagten Partei als der Herstellerin der Tankstelle den Klagsbetrag als ¼ Teilersatz der eigenen Aufwendungen für Schmerzengeld des Hauptgeschädigten und die Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Partei im Ausmaß von 25 % aller zukünftigen Aufwendungen aus diesem Unfall mit der Begründung, der beklagten Partei sei die mangelnde Kennzeichnung der Tankanlage als Gaspendelanlage vorzuwerfen. Die beklagte Partei wendete ein, die von ihr installierte Tankanlage habe allen gesetzlichen Vorschriften entsprochen.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen stammten die technische Beschreibung und die Pläne zur Errichtung der Tankanlage in F***** vertragsgemäß von der beklagten Partei. In der technischen Beschreibung war nicht eigens darauf hingewiesen worden, dass die Anlage nur oder auch mit dem Gaspendelverfahren gefüllt werden kann. Im beigelegten Grundriss wurde aber deutlich auf einen Füllschacht mit Gaspendelanschluss hingewiesen, sodass jedem Techniker bei Überprüfung des Einreichplanes klar sein musste, dass das Gaspendelverfahren angewendet werden kann oder anzuwenden ist. Die Anlage wurde von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch am 3. 10. 1975 gewerbebehördlich genehmigt. Auflagen im Hinblick auf eine Kennzeichnung der Anlage bei den Einfüllstutzen als Gaspendelanlage wurden nicht gemacht. Beim Gaspendelverfahren handelt es sich um ein Verfahren zum Befüllen der Treibstofflagertanks, bei dem das aus den Tanks entweichende Luft-Kraftstoff-Gemisch nicht ins Freie, sondern in den sich entleerenden Tankwagen zurückgeführt wird. Neben den Einfüllstutzen für die Lagertanks sind daher auch Gaspendelstutzen vorhanden, an denen die Gaspendelleitung des Tankfahrzeugs angebracht werden muss. Die Lagerbehälter waren deshalb auch im vorliegenden Fall mit einer Dreizollfüllleitung und einer Zweizollgaspendelleitung mit insgesamt vier Stutzen, nämlich zwei Dreizollstutzen für Super- und Normalbenzin und zwei dazugehörige Gaspendelstutzen in Zweizollausführungen versehen. Die Dreizolleinfüllstutzen waren mit Schildern „Super“ und „Benzin“ gekennzeichnet, die Gaspendelanschlüsse waren nicht eigens beschriftet. Ein besonderes Hinweisschild beim Einfüllstutzen oder sonst an der Tankstelle, dass nur das Gaspendelverfahren verwendet werden dürfe, war nicht angebracht. Eine derartige Vorschrift bestand im Zeitpunkte des Unfalls auch nicht. Die Treibstoffbehälter waren mit einer Belüftungsvorrichtung versehen, die ursprünglich ohne Rückschlagventile ausgeführt war, sodass die Luft beim Befüllen der Tanks nicht nur durch den Gaspendelstutzen, sondern auch über diese Belüftungsleitungen entweichen konnte. Knapp vor dem Unglück wurden dann über Wunsch der Tankstelleninhaberin auf den Lüftungsleitungen Rückschlagventile montiert, sodass ab dieser Zeit die Entlüftung der Tanks bei ihrem Befüllen nur noch über den Gaspendelstutzen erfolgen konnte. Durch die Belüftungsvorrichtung konnte nun Luft nur noch in die Tanks eintreten (bei Entnahme von Benzin aus den Abzapfsäulen), aber nicht mehr aus den Tanks ins Freie entweichen.

Die Tankstellenanlage entsprach dem letzten Stand der Technik und den damaligen Vorschriften. Zur Zeit des Brandunglücks war aber das Gaspendelverfahren, das in Österreich schon über fünf Jahre bei neuen Tankstellen eingebaut wurde, in der Schweiz noch gänzlich unbekannt. Daher waren die dortigen Tankfahrzeuge weder für die Manipulation des Gasrücknehmens ausgestattet noch die Tankwagenfahrer auf dieses System geschult. Auch mehrere Füllanschlüsse für ein- und denselben Behälter mit unterschiedlichen Stutzen wurden in der Schweiz vor dem Unfall nicht praktiziert. Der Tankwagenfahrer Hans H*****, der zum ersten Mal an der Tankstelle in F***** Superbenzin abzufüllen hatte, wusste ebenfalls nicht, was eine Gaspendelanlage ist, wie diese funktioniert und welche Vorkehrungen zu treffen sind. Weil er keine passende Kupplung für den Dreizollstutzen hatte, schloss er den Abfüllschlauch an den Zweizollstutzen (der Gaspendelleitung) an und pumpte das Benzin mit der Motorpumpe in den Tank. Beides war falsch, weil einerseits das im Tank enthaltene Gasgemisch nicht entweichen konnte und der Lagertank unter Druck gesetzt wurde und andererseits bei Nichtverwendung der Motorpumpe nach Auftreten eines gewissen Drucks kein weiterer Kraftstoff mehr in den Lagertank geflossen wäre. So aber trat eine Fontäne Kraftstoff aus und entzündete sich im Freien. Nach dem Unfall wurde der Tankstelleninhaberin vorgeschrieben, die Anlage als Gaspendelanlage zu kennzeichnen. In Vorarlberg wurde dies auch für die anderen derart ausgeführten Tankstellen vorgeschrieben. In anderen Bundesländern werden keine solchen Vorschreibungen gemacht. Beim Bau der Tankstelle wusste die beklagte Partei nicht, dass für diese Tankstelle auch Schweizer Zulieferer auftreten, welche Vorschriften in der Schweiz gelten und, dass in der Schweiz das Gaspendelverfahren unbekannt ist. Der Erstrichter traf noch die Feststellung, dass bei der Übergabe der Tankstelle der Prokurist der beklagten Partei Helmut B***** mit leitenden Herren der Bestellerfirma über das anzuwendende Verfahren sprach. Dabei sei dem Prokuristen gesagt worden, die Lieferantenfirmen würden angeschrieben, dass nur das Gaspendelverfahren angewendet werde. Helmut B***** habe auf die Frage, wie das Bedienungspersonal an der Tankstelle überprüfen könne, ob ein Tankwagenchauffeur tatsächlich Gas pendle, mitgeteilt, man könne das daran erkennen, dass zwei Schläuche an einem Füllstutzen und am Tankwagen angeschlossen werden. Von einem Tankwagen, der nicht für das Gaspendelverfahren ausgerüstet sei, wäre ein Befüllen der Tanks nur auf die Weise möglich, dass die Abfüllleitung am Dreizolleinfüllstutzen befestigt und der verschraubte Deckel des Gaspendelstutzens abgenommen werde, sodass das im Tank befindliche Gas ins Freie anstatt in den Tankwagen entweichen könne.

Nach der Rechtsansicht des Erstgerichts sei aus den Einreichplänen für jeden damit Befassten klar ersichtlich hervorgegangen, dass die Anlage zumindest auch als Gaspendelanlage ausgeführt werde. Die Unterlassung einer genaueren technischen Beschreibung sei nicht kausal dafür, dass die Behörde keine weiteren Auflagen zur Kennzeichnung der Tankstelle gemacht habe. Hinweisschilder seien damals behördlich nicht vorgeschrieben gewesen, eine Verpflichtung dazu habe sich auch nicht aus dem Vertrag ergeben. Auch die Informations- und Warnpflichten gegenüber dem Tankstelleninhaber seien durch die beklagte Partei nicht verletzt worden. Es sei einem Tankstelleninhaber zuzumuten, dass er die entsprechenden technischen Kenntnisse besitze, um innerbetrieblich Fehlern bei der Bedienung einer solchen Anlage vorzubeugen. Der Unfall sei auf schwerste Bedienungsfehler zurückzuführen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge und hob das Ersturteil mit dem Ausspruch, dass der gesamte Streitwert 300.000 S nicht übersteigt, unter Rechtskraftvorbehalt auf. Die zweite Instanz übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters mit Ausnahme jener über das Gespräch zwischen Helmut B***** und den leitenden Herren der Tankstellenfirma und hielt das erstgerichtliche Verfahren schon wegen der Übergehung von Beweisanträgen der klagenden Partei über dieses Gespräch für ergänzungsbedürftig. Bei der rechtlichen Beurteilung sei davon auszugehen, dass für den Rückgriffsanspruch der klagenden Partei sowohl nach dem Delikts- wie auch nach dem Vertragsstatut vor dem Inkrafttreten des IPRG österreichisches Recht anzuwenden sei, weil sich der Unfall in Österreich ereignet hat. Der Forderungsübergang von dem vom Geschädigten zur Haftung herangezogenen Schädiger auf dessen Haftpflichtversicherer sei hingegen nach dem Recht des Staats zu beurteilen, in dem der Versicherer seine Niederlassung hat, hier also nach dem schweizerischen Recht. Nach Art 72 I des schweizerischen VVG gehe in der Schadensversicherung, zu der grundsätzlich auch die Haftpflichtversicherung gehöre, der Ersatzanspruch des Anspruchsberechtigten gegenüber Dritten aus unerlaubten Handlungen insoweit auf den Versicherer über, als dieser eine Entschädigung geleistet hat. Es handle sich um einen Fall der Legalzession. Für Regressansprüche gegen die übrigen Ersatzpflichtigen sei Art 72 VVG zwar nicht unmittelbar anwendbar, wohl aber nach herrschender schweizerischer Auffassung analog. Der Haftpflichtversicherer könne dabei auch gegen einen aus einem Vertrag Verantwortlichen regressieren. Die wiederum nach österreichischem Recht zu beurteilende Solidarhaftung mehrerer Schädiger gelte nach § 1302 ABGB auch für Nebentäter, sodass sie unter der Voraussetzung, dass die der beklagten Partei angelasteteten Unterlassungen gegenüber dem Geschädigten als haftungsbegründend anerkannt würden, auch hier zu bejahen wäre. Ein Regressanspruch sei unter dieser Voraussetzung nach dem Schlusssatz des § 1302 ABGB nach Köpfen oder einem besonderen Verhältnis gegeben. Dabei habe im vorliegenden Fall nur eine Einzelabwägung der Haftungsanteile der Streitparteien zu erfolgen, weil von keiner Partei die Haftung eines dritten Mitschädigers geltend gemacht worden sei. Die von der beklagten Partei behauptete Teilzahlung eines Viertels des Gesamtschadens durch eine andere Versicherungsgesellschaft sei allerdings zu berücksichtigen, wenn sie im fortgesetzten Verfahren festgestellt werden könne.

Als Haftungstatbestand gegen die beklagte Partei komme die Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten aus dem mit der Tankstellenfirma geschlossenen Vertrag in Betracht, wobei der Geschäftsherr nach § 1313a ABGB auch für das Verhalten seiner Gehilfen einzustehen habe und eine Umkehr der Beweislast im Sinn des § 1298 ABGB stattfinde. Bei technischen Anlagen, deren Betrieb mit besonderen Gefahren verbunden sei, bestünden besondere Aufklärungs- und Warnpflichten, soferne der Unternehmer nicht beweise, dass dem Besteller die mit dem Gebrauch des Gutes verbundenen Gefahren aufgrund der nach Lage des Falles vorauszusetzenden Sachkunde ohnehin bekannt seien. Dies sei aber im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Erstrichters zu verneinen, weil ausreichende technische Fachkenntnisse über die Funktionsweise der technischen Anlagen einer Tankstelle bei deren Inhaber, der als Befähigungsnachweis lediglich ein Zeugnis über eine zweijährige kaufmännische Tätigkeit benötige, nicht vorausgesetzt werden könnten. Im Hinblick auf die beim Betrieb von Tankstellen auftretenden Gefahren müssten daher strenge Anforderungen an die Aufklärungs- und Warnpflichten der beklagten Partei gestellt werden, die sich gewerbsmäßig mit dem Bau von Tankstellenanlagen beschäftige und bei der demnach gemäß § 1299 ABGB die erforderlichen Fachkenntnisse vorausgesetzt werden müssten. Eine entsprechende Belehrung hätte unabhängig davon erfolgen müssen, ob der Besteller sie verlangte oder nicht. Sie sei im vorliegenden Fall besonders deshalb notwendig gewesen, weil noch viele Tankstellen ohne Gaspendelverfahren existierten, sodass ungeachtet der Bestimmungen des § 10 Abs 5 der Tankfahrzeugverordnung 1967, BGBl Nr 400, nicht ausgeschlossen werden konnte, dass Personen mit dem Befüllen der Tanks beschäftigt waren, die mit den Bedienungsvorschriften bei Gaspendelanlagen nicht vertraut waren. In diesem Sinne wäre auch eine eindeutige Beschilderung der im Einfüllschacht befindlichen Stutzen erforderlich gewesen, um besonders gefahrdrohende Verwechslungen auszuschließen. An dieser vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflicht könne auch der Umstand nichs ändern, dass eine solche Beschilderung ausdrücklich weder gesetzlich vorgeschrieben noch vereinbart war. Jene dritten Personen, die der vertraglichen Leistung nahestanden, sodass die Schutz- und Sorgfaltspflichten auch ihnen gegenüber bestanden, seien zur Geltendmachung des eigenen Schadens aus fremden Vertrag berechtigt. Dies gelte für den hier schwer verletzten Tankstellenkunden Helmut S*****, dessen Ansprüche im Regresswege teilweise auf die klagende Partei übergegangen seien. Eine Ergänzung des erstgerichtlichen Verfahrens sei aber auch im Fall der Bejahung der Haftung der beklagten Partei erforderlich, weil das Leistungsbegehren ausdrücklich auf den Ersatz eines Teiles des bezahlten Schmerzengeldes gerichtet sei, dessen Höhe und Angemessenheit nicht feststehe. Auch das Feststellungsbegehren sei nicht spruchreif, weil einerseits kein Anspruch auf Ersatz der für Verdienstentgang als bloßen Vermögensschaden dritter Personen erbrachten Leistungen der klagenden Partei bestehe und andererseits nicht erkennbar sei, mit welchen nicht schon abgefundenen zukünftigen Personenschäden noch zu rechnen sei. Eine Verjährung des Klagsanspruchs sei nicht eingetreten, weil Rückgriffsansprüche nach § 1302 Schlusssatz ABGB nach herrschender Rechtsansicht der dreißigjährigen Verjährung unterliegen. Selbst bei gegenteiliger Ansicht beginne die Verjährungsfrist in dem hier vorliegenden Fall einer Legalzession, die erst bei Befriedigung des Gläubigers stattfindet, erst mit der tatsächlichen Ersatzleistung durch den Rückgriffsberechtigten, deren Zeitpunkt dann allerdings noch festgestellt werden müsse.

Die Rekurse beider Parteien sind im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei bekämpft zunächst die Lösung der Frage nach dem anzuwendenden Recht durch das Berufungsgericht. Sie wendet sich zwar nicht gegen die zutreffende Ansicht der zweiten Instanz, dass weder das IPRG (wegen des Entstehens des Anspruchs vor dessen Inkrafttreten; SZ 52/10 ua) noch das Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht, BGBl 1975/387 (wegen Nichtbeitritts der Schweiz zu diesem Übereinkommen), anzuwenden sind, meint aber, dass nur für die Beurteilung der deliktischen Haftung des Schädigers gegenüber dem unmittelbaren Geschädigten das allgemeine Deliktsstatur des österreichischen Rechts maßgeblich sei, nicht jedoch für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Schädiger und dessen Versicherung und für einen Regress aus Vertragsverletzung. Schon das Berufungsgericht hat ohnehin die Rechtsbeziehungen zwischen dem zur Haftung herangezogenen Schädiger und dessen Versicherer, der die Schadenersatzleistung erbracht hat, nach dem schweizerischen Versicherungsvertragsstatut beurteilt. Es hat aber ebenso richtig den Art 72 Abs 1 des schweizerischen VVG im Sinne der dort herrschenden Ansicht dahin ausgelegt, dass wenigstens im Wege der Analogie auch Regressansprüche aus einem Vertragsverhältnis auf den Haftpflichtversicherer des zahlenden Mitschädigers übergehen (Oftinger, Schweizerisches Haftpflichtrecht4 I 460 mwN). Gegen diese Anwendung des ausländischen Rechts im Sinne der dortigen Lehre und Rechtsprechung (SZ 45/91 ua; vgl nun auch § 3 IPRG) vermag die beklagte Partei nichts vorzubringen; ihre Behauptung des Fehlens einer Begründung des Berufungsgerichts ist aktenwidrig. Im Übrigen entspricht die Auslegung der schweizerischen Bestimmung jener des gleichartigen § 67 Abs 1 VersVG, dessen Begriff „Schadenersatzanspruch“ ebenfalls weit im Sinne auch von Rückgriffsansprüchen und dergleichen ausgelegt wird (MGA VersVG, E 1 und 2 zu § 67). Dass die Haftung der beklagten Partei aus dem mit der Tankstellenfirma geschlossenen Vertrag wiederum nach österreichischem Recht zu beurteilen ist, bestreitet die Revisionswerberin nicht. Sie verweist bloß noch auf die Bestimmung des Art 83 Abs 3 des schweizerischen Straßenverkehrsgesetzes, wonach Rückgriffsrechte nach zwei Jahren von jenem Tag hinweg verjähren, an dem die zugrundeliegende Leistung vollständig erbracht und der Pflichtige bekannt wurde. Der hier strittige Regressanspruch ist aber nach der eben erörterten Bestimmung des schweizerischen VVG auf den klagenden Versicherer übergegangen und somit nicht in dessen Person, sondern in der des schweizerischen Schädigers entstanden. Dessen Regressansprüche gegen Mithaftende richten sich aber wiederum nicht nach dem schweizerischen Versicherungsvertragsstatut, sondern nach dem allgemeinen Deliktsstatut des Unglücksfalls oder dem Vertragsstatut des Werksvertrags zwischen der Tankstellenfirma und der beklagten Partei, in beiden Fällen also nach dem österreichischen Recht (vgl SZ 46/45 ua).

In der Sache selbst bestreitet die beklagte Partei weiterhin die Verletzung einer Warnpflicht, zumal sie darauf habe vertrauen dürfen, dass das Tankwagenpersonal, das die Tankstelle beliefern würde, die Vorschriften der Tankfahrzeugverordung 1967 kennen müsse. Das grob fahrlässige Verhalten des schweizerischen Tankwagenfahrers habe die Adäquanz des Kausalzusammenhangs unterbrochen. Dieser Rechtsansicht kann wie schon vom Berufungsgericht nur dahin gefolgt werden, dass im Zeitpunkt des Unfalls österreichische Kraftfahrzeuge gemäß § 10 Abs 5 der vorgenannten Verordnung Tanks und Kammern eine Anschlussvorrichtung für eine Gaspendelleitung aufweisen müssten, soferne nicht Saugtanks ausschließlich dazu bestimmt waren, durch Unterdruck im Tank gefüllt zu werden. Diese Verordnung wurde aufgrund des § 92 Abs 2 KFG 1967 erlassen. Für den internationalen Kraftfahrverkehr gelte aber die Sonderbestimmung der §§ 79 ff KFG, die in der zur Unfallszeit geltenden Fassung die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr entsprechend den ausländischen Zulassungsvorschriften (§ 82 Abs 1) und jedenfalls während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage (§ 82 Abs 2) erlaubten (§ 79 Abs 1). Auch das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), BGBl 1973/522, enthielt keine Vorschriften für Gaspendelanlagen in Tankfahrzeugen. Schon aus diesem Grunde durfte die beklagte Partei nicht damit rechnen, dass nur solche Tankfahrzeuge die Tankstelle beliefern würden, die den österreichischen Zulassungsvorschriften entsprachen. Dazu kommt die unmittelbare Nähe der Schweizer Grenze, deretwegen umso eher mit der Anlieferung von Treibstoff durch schweizerische Tankfahrzeuge gerechnet werden musste. Die beklagte Partei hat auch nicht unter Beweis gestellt (§ 1298 ABGB), dass sie die andere tatsächliche Situation betreffend Gaspendelanlagen in der Schweiz ohne ihr Verschulden nicht gekannt habe. Allerdings käme es der beklagten Partei zugute, wenn ihr Prokurist im Zuge des mit den Vertretern der Tankstellenfirma geführten Gespräches von diesen dahin beruhigt worden wäre, dass alle Treibstofflieferanten auf die Besonderheiten der Ausrüstung der Tankstelle mit einer Gaspendelanlage hingewiesen und die eigenen Tankwarte über das Erscheinungsbild eines richtigen Anschlusses der Treibstoffzuleitung an die Gaspendelanlage aufgeklärt würden. In diesem Falle hätte es einer besonderen Warnung oder einer Beschilderung der Tankstutzen nicht bedurft, zumal eine solche Beschilderung auch von der Behörde nicht vorgeschrieben war. Das Berufungsgericht hat über den Inhalt dieses Gesprächs weitere Beweisaufnahmen für erforderlich erachtet. Diesem Erhebungsauftrag, der nicht auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruht, kann der Oberste Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung nicht entgegentreten. Der vom Erstrichter festgestellten Tatsache, dass erst kurz vor dem Unglück Rückschlagventile eingebaut wurden, die die bis dahin mögliche Entlüftung des Tanks beim Befüllen verhinderten, könnte andererseits gleichfalls noch Bedeutung zukommen, weil auch diese Veränderung der Anlage von der beklagten Partei hergestellt worden sein dürfte (S 96 f), ohne dass erkennbar ist, ob sie, wie behauptet, von der Behörde angeordnet oder genehmigt wurde.

Die klagende Partei bekämpft die Rechtsansichten des Berufungsgerichts einerseits betreffend die erforderliche Bedachtnahme auf eine Teilleistung der A***** und andererseits in Bezug auf die vorzunehmende Einschränkung des Feststellungsbegehrens auf den im Restumfang noch zu prüfenden Schmerzengeldanspruch. Im ersten Punkt ist ihr zu folgen, weil die beklagte Partei bisher eine schlüssige Einwendung dahin, dass andere Schädiger mithaften, nicht erhoben hat. Sie hat zuletzt ausdrücklich erklärt, dass das alleinige Verschulden am Unfall den Tankwagenfahrer treffe (S 103), und die ursprüngliche Behauptung, die W***** habe auch ein Viertel des Schadens gedeckt, weder konkretisiert noch dazu Beweise angeboten (S 12). Ein weiteres Vorbringen in dieser Richtung wird ihr allerdings freistehen.

Bloße Vermögensschäden wären nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts nicht regressfähig. Der Vermögensschaden, den der Verletzte durch einen verletzungsbedingten Verdienstentgang erlitten hat, ist aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kein solcher bloßer Vermögensschaden, weil er auf der Verletzung beruht (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 21, 87). Ob daraus allerdings weitere Schadensersatzansprüche gegen die klagende Partei zu erwarten sind, wird noch zu prüfen sein. Schmerzengeldansprüche infolge unvorhergesehener Verschlechterungen des Zustands des Verletzten sind wohl infolge der Schwere der Verletzung nicht auszuschließen. Dennoch kann auch in diesem Punkt dem Erhebungsauftrag des Berufungsgerichts nicht entgegengetreten werden, wenn es weitere Beweisaufnahmen für erforderlich hielt.

Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erweist sich demnach als berechtigt.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E117489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00548.840.0711.000

Im RIS seit

23.03.2017

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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