Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als Richter in der Handelsregistersache zu HRB 33.084 des Handelsgerichtes Wien über die Verhältnisse der A B Gesellschaft m.b.H., Wien 4., Schönburgstraße 27, infolge Revisionsrekurses der eingetragenen Gesellschaft, vertreten durch DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 21.Mai 1985, GZ 5 R 16/85-10, womit in Ansehung der mit der Eintragungsverfügung des Handelsgerichtes Wien vom 29. November 1984, GZ 7 HRB 33.084-6 beschlossenen Eintragungen dem Registergericht die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens aufgetragen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene
Beschluß derart a b g e ä n d e r t , daß dem Rekurs gegen die
registergerichtliche Eintragungsverfügung vom 29.November 1984,
ON 6, n i c h t stattgegeben wird.
Text
Begründung:
Die britische Gesellschaft A B Ltd. mit dem Sitz
in der englischen Grafschaft Kent und ein Wiener Rechtsanwalt gründeten eine Gesellschaft m.b.H., wobei die ausländische Gesellschaft eine Stammeinlage in der Höhe von 996 von 1000 des Stammkapitals übernahm. Der gesellschaftsvertraglich festgelegte Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit Waren aller Art und die Tätigkeit eines Handelsagenten. Die gesellschaftsvertraglich bestimmte Firma lautet unter Heranziehung des Namens der Mehrheitsgesellschafterin: 'A B Gesellschaft m.b.H.'. Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft Wien äußerte in ihrer gemäß § 23 HRV eingeholten Stellungnahme die Befürchtung, das Wort 'B' könnte vom Publikum als Hinweis auf das Unternehmen der neu gegründeten inländischen Gesellschaft verstanden werden und als solches mangels eindeutigen Aussagewertes das Publikum über die Art des Gesellschaftsunternehmens in Irrtum führen; die Kammer erachtete daher die im Gesellschaftsvertrag festgelegte Firma aus dem Grunde des § 18 Abs 2 HGB als unzulässig.
Demgegenüber vertrat der die Gesellschaft zur Eintragung anmeldende Geschäftsführer den Standpunkt, daß die namensgebende Mehrheitsgesellschafterin einem auf seinem Fachgebiet weltweit bekannten Konzern angehöre und die beteiligten Verkehrskreise aus dem Firmenbestandteil 'A B' den Schluß zögen, es
handle sich um eine vom Firmenwortlaut eines im angelsächsischen Rechtsbereich ansässigen Unternehmens abgeleitete Namensfirma. Diese Firma sei zur Täuschung nicht geeignet.
Das Registergericht teilte die Bedenken der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Wien nicht und verfügte die Eintragung der Gesellschaft unter ihrer gesellschaftsvertraglich bestimmten Firma. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kammer der gewerblichen Wirtschaft statt und trug dem Registergericht die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens auf.
Dazu führte das Rekursgericht aus, die Firma der neu eingetragenen inländischen Gesellschaft leite sich vom Namen der ausländischen Gesellschafterin her, deren Firma aus einem Personennamen und einer Sachbezeichnung gebildet sei. Dieser zweite Bestandteil der namensgebenden Gesellschafterin dürfe als Bestandteil der Gesellschaftsfirma nicht zur Täuschung geeignet sein. Er unterliege bei der Firma der neuen Gesellschaft den Regeln der Sachfirma. Eine solche müsse aber gemäß § 5 Abs 1 GmbHG dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt sein. Diesem Gebot werde das unklare, vieldeutige, fremdsprachige Eigenschaftswort (analytical) nicht gerecht. Dieser Verstoß gegen § 5 Abs 1 GmbHG erübrige eine Prüfung der Täuschungseignung nach § 18 Abs 2 HGB.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Gesellschaft mit dem Antrag, den Beschluß dahingehend abzuändern, daß dem Rekurs der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien gegen die Eintragungsverfügung des Erstgerichtes vom 29.11.1984 keine Folge gegeben werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Nach § 5 Abs 1 GmbHG muß die Firma entweder dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt werden oder den Namen wenigstens eines Gesellschafters enthalten. Ihr muß darüber hinaus in Anwendung des § 18 Abs 2 HGB die Eignung fehlen - sei es infolge von Zusätzen zu dem nach § 5 Abs 1 GmbHG gebildeten Firmenkern, sei es durch die infolge Heranziehung eines Namens, insbesondere der Firma einer Gesellschafterin zur Bildung des Firmenkerns unter bestimmten besonderen Umständen ausgelösten Vorstellungen - , eine Täuschung über die Art oder den Umfang des Unternehmens oder die Verhältnisse der Gesellschaft herbeizuführen.
'A B' ist der zweigliedrige fremdsprachige Name
der ausländischen Mehrheitsgesellschafterin. Das erste Glied dieser Firma ist als Personennamen erkennbar, das zweite Glied aber als mehrdeutiges, ohne Bezugswort nicht auf einen konkreten Begriff hinweisendes Eigenschaftswort durchaus nicht als unternehmens- oder geschäftskennzeichnend deutbar. Je farbloser und weniger aussagekräftig ein Bestandteil eines mehrgliedrigen Firmenwortlautes in einem bestimmten Zusammenhang erscheint, desto weniger ist es gerechtfertigt, ihn als einen das Unternehmen der Gesellschaft kennzeichnenden Firmenbestandteil zu deuten, um ihn dann danach zu messen, ob er als Bestandteil der Firma der ausländischen Gesellschafterin den Anforderungen über eine inländische Gesellschaftsfirma entspreche. Die Firma der neu eingetragenen Gesellschaft wird daher entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes den positiven Anforderungen nach § 5 Abs 1 GmbHG gerecht. Zu prüfen bleibt eine etwa vorhandene Täuschungseignung im Sinne des § 18 Abs 2 HGB. Eine solche ist aber zu verneinen. Die Aufnahme des fremdsprachigen Eigenschaftswortes analytical als Bestandteil der Gesellschafterfirma in die Gesellschaftsfirma bleibt mangels eindeutigen Bezuges auf einen mit dem Unternehmensgegenstand in Verbindung stehenden Begriff in dieser Richtung derart neutral, daß die Erweckung irriger Vorstellungen über den gesellschaftsvertraglich umschriebenen Gegenstand des Gesellschaftsunternehmens in den beteiligten Verkehrskreisen nicht ernstlich zu besorgen ist. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in einem ähnlichen Fall der Bildung einer Gesellschaftsfirma durch Heranziehung der englischsprachigen Firma einer ausländischen Gesellschafterin ausgeführt: Wer sich nichts Konkretes vorstellen kann, mag sich mangelhaft unterrichtet fühlen, kann sich aber nicht als getäuscht erachten. Das wäre nur der Fall, wenn in ihm konkrete tatsachenwidrige Vorstellungen erweckt würden (6 Ob 15/85). Dies ist aber bei einem Gebrauch der eingetragenen Firma nicht zu erwarten.
Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die Heranziehung der Gesellschafterfirma zur Bildung der Gesellschaftsfirma nach § 5 Abs 1 GmbHG gerechtfertigt und wegen Abganges einer Täuschungseignung im Sinne des § 18 Abs 2 HGB nicht unzulässig ist. In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher die angefochtene Rekursentscheidung derart abzuändern, daß dem Rekurs der Handelskammer gegen die registergerichtliche Eintragungsverfügung nicht stattgegeben werde.
Anmerkung
E06270European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00022.85.0711.000Dokumentnummer
JJT_19850711_OGH0002_0060OB00022_8500000_000