TE OGH 1985/7/11 8Ob567/85

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Veröffentlicht am 11.07.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Vormundschaftssache der mj. M*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der Großmutter B*****, gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien als Rekursgerichtes vom 15. März 1985, GZ. 15 C R 12/85-32, womit der Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 14. Dezember 1984, GZ. 26 P 114/84-24, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 3. 2. 1972 geborene M***** ist ein uneheliches Kind der H*****. Der Vater P***** wurde zum Vormund des Kindes bestellt; Pflege und Erziehung des Kindes wurde der Großmutter väterlicherseits B***** übertragen. Das Kind wuchs zuletzt im gemeinsamen Haushalt von Vater und Großmutter auf.

Mit Beschluß vom 14. 12. 1984 (ON 24) ordnete das Erstgericht die gerichtliche Erziehungshilfe an und genehmigte die Unterbringung des Kindes vom 2. bis 5. 5. 1984 im St. Anna-Kinderspital und ab 7. 5. 1984 in einem Heim.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Innerhalb der Familie kam es zwischen Vater und Großmutter öfter zu Auseinandersetzungen. Nach tätlichen Angriffen des Vaters zog die Großmutter mit dem Kind auch fallweise ins Frauenhaus. Das Kind wurde in die Machtkämpfe zwischen Vater und Großmutter einbezogen und die Großmutter baute ihren Anspruch auf das Kind immer mehr aus. Das Kind ging nur ein Jahr lang in eine Ganztagsschule und besuchte dann eine Hauptschule im 13. Bezirk. Eine altersmäßige Auseinandersetzung und der Kontakt mit anderen Kindern wurde von der Großmutter konsequent unterbunden. Auf Grund dieser häuslichen Situation entwickelte das Kind psychisch auffällige Verhaltensweisen und wurde auf Druck des Bezirksjugendamtes vom 2. bis 5. 5. 1984 im St. Anna-Kinderspital stationär aufgenommen. Die Großmutter ist sehr bemüht, steht aber der Erziehungsberatung betreffend die Bedürfnisse des Kindes völlig uneinsichtig gegenüber, was in ihrem Alter von 81 Jahren und der eigenen problematischen Persönlichkeit begründet ist. Sie ist nicht in der Lage, eine so einschneidende Änderung ihres Erziehungsverhaltens, wie sie im Interesse einer normalen Weiterentwicklung des Kindes notwendig wäre, herbeizuführen. Im klinischen Befund wurde dringend dafür plädiert, das Kind aus seiner derzeitigen Familiensituation herauszunehmen; es wurde die Unterbringung in einer heilpädagogischen Pflegefamilie empfohlen. Diese vorgeschlagene Unterbringung des Kindes wurde von den Angehörigen vehement abgelehnt und ist auch nicht realisierbar. Dagegen wurde das Kind am 7. 5. 1984 in das Kinderheim ***** überstellt, um eine weitere Irritation ehestens zu unterbinden. Großmutter und Vater sprachen sich gegen die Heimunterbringung aus. Die Großmutter äußerte öfter den Wunsch, das Kind wieder in ihre Pflege und Erziehung zu übernehmen, weil es im Heim sehr unglücklich sei und wieder bei ihr leben und die Schule im 13. Bezirk besuchen wolle. Auch wäre das Verhältnis zwischen Großmutter und Vater mittlerweile bereinigt. Hingegen gab das Kind an, daß es ihm im Heim ganz gut gefalle, daß es gern dort sei und sich auch mit anderen Kindern gut verstehe. Es sei bedrückt, weil die Großmutter wegen des Heimaufenthaltes nervös sei und sich so kränke. An der Familiensituation hätte sich ansonsten nichts geändert.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, unter Bedachtnahme auf den Zweck der Heimunterbringung – Herauslösung aus der derzeitigen Situation, um dem Kind ausreichend Möglichkeit zur Bewältigung der Pubertäts- und Adoleszenzprobleme zu geben – und die Tatsache, daß sich das Kind im Heim nunmehr wohlfühle, sei der Heimaufenthalt als erfolgreich zu bezeichnen und sei im Sinne des Antrages des Bezirksjugendamtes für den 13./14. Bezirk zu entscheiden.

Dieser Beschluß wurde vom Vater und von der Großmutter mit Rekurs bekämpft.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht den Rekurs des Vaters als verspätet zurück; dem Rekurs der Großmutter gab es keine Folge.

Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich im wesentlichen aus, Voraussetzung für die Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe gemäß dem § 26 JWG sei das Fehlen der nötigen Erziehung (§ 9 JWG). Das Vorliegen eines solchen Erziehungsnotstandes sei nicht nur dann zu bejahen, wenn einem Erziehungsberechtigten der Wille oder die Fähigkeit zur Sicherstellung einer gedeihlichen Entwicklung des Kindes fehle, sondern überhaupt immer dann, wenn aus welchem Grund immer die Fürsorge für das Kind in einer Weise unzulänglich sei, die die Entwicklung des Kindes in physischer wie auch psychischer Hinsicht gefährde. Bei der im vorliegenden Fall gegebenen problematischen Familiendynamik sei für die zur Hintanhaltung auffälliger Entwicklungen erforderliche Loslösung des Kindes unbedingt eine räumliche Trennung notwendig, die nur im Rahmen einer Heimunterbringung sichergestellt erscheine. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung gerichtlicher Erziehungshilfe sei daher zu bejahen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Großmutter. Sie bekämpft sie erkennbar im Umfang der Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe und der Genehmigung der Heimunterbringung des Kindes mit dem gleichfalls erkennbaren Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Abweisung der diesbezüglichen Anträge des Bezirksjugendamtes für den 13./14. Bezirk abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet im Außerstreitverfahren gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt.

Die Großmutter behauptet in ihrem Rechtsmittel nicht das Vorliegen eines dieser Rechtsmittelgründe; sie macht im wesentlichen nur geltend, daß es ihr Wunsch und der Wunsch des Kindes sei, daß das Kind wieder die Hauptschule im 13. Bezirk besuchen sollte, daß das Kind nicht im Heim bleiben möchte und bei ihr die beste Erziehung habe. Damit bekämpft die Großmutter, soweit ihren Ausführungen überhaupt Relevanz zukommt, nur die Richtigkeit der Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanzen; dies ist aber im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG ausgeschlossenen (EFSlg. 37.360, 37.362, 39.783 uva.). Das Vorliegen eines in dieser Gesetzesstelle normierten Rechtsmittelgrundes zeigt sie jedoch nicht auf.

Unter diesen Umständen mußte der außerordentliche Revisionsrekurs der Großmutter zurückgewiesen werden.

Textnummer

E06303

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00567.850.0711.000

Im RIS seit

11.09.1995

Zuletzt aktualisiert am

17.09.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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