TE OGH 1985/7/11 8Ob583/85

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Veröffentlicht am 11.07.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Vormundschaftssache der mj. M*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der Mutter C*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 19. April 1985, GZ. 3 R 139/85-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldbach vom 4. März 1985, GZ. P 156/83-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 14. 5. 1983 geborene M***** ist ein außereheliches Kind der C*****. Das Kind befand sich zuletzt in Pflege und Erziehung der Mutter, die auch zum Vormund bestellt worden war.

Mit Beschluß vom 4. 3. 1985 ordnete das Erstgericht gemäß § 26 JWG die gerichtliche Erziehungshilfe durch Abnahme des Kindes aus der Pflege und Erziehung der Mutter und Unterbringung auf einem geeigneten Pflegeplatz an. Gleichzeitig enthob es die Mutter ihres Amtes als Vormund und bestellte die BH F***** zum Vormund des Kindes.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Mutter lebt mit dem Kind im Haushalt ihrer Eltern J***** und A***** in beengten Wohnverhältnissen. Seit 11. 2. 1985 arbeitet sie bei der Firma S***** in F*****. Damit ist die Pflege des Kindes den Großeltern überlassen. Die mütterliche Großmutter leidet unter Depressionen; der mütterliche Großvater beabsichtigt, in ein Altersheim zu gehen. Im Haus der Großeltern, die untereinander häufig streiten, herrschen ungünstige Verhältnisse. Das Kind wird in keiner Weise gefördert, sodass es bereits einen Entwicklungsrückstand aufweist.

Die Mutter war fast täglich mit dem Kind in F***** unterwegs und hielt sich mit ihrem Freund in Gast- und Kaffeehäusern auf. Gegen Abend lieferte sie das Kind ab und fuhr allein wieder nach F*****. Die Betreuung des Kindes wurde dann von den mütterlichen Großeltern durchgeführt. Die Mutter wurde mehrfach darauf aufmerksam gemacht, daß sie ihren Lebenswandel ändern müsse. Ihr diesbezügliches Versprechen hielt jedoch nicht lange und sie wurde wiederum in Gaststätten gesehen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Mutter ihre Erziehungsgewalt dadurch, daß sie ihren Lebenswandel nicht geändert, mit dem Kind tagsüber Gast- und Kaffeehäuser besucht und im übrigen die Betreuung des Kindes den Großeltern in äußerst ungünstigen Verhältnissen überlassen habe, mißbraucht und die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllt habe, weshalb die Voraussetzungen für die Anordnung der Erziehungshilfe vorlägen. Eine weitere Belassung des Kindes bei der Mutter würde seine Verwahrlosung mit sich bringen. Da die Mutter ihre mit der Erziehungsgewalt verbundenen Pflichten nicht erfüllt habe, sei sie gemäß § 254 ABGB zum Wohle des Kindes auch als Vormund zu entheben.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Mutter gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich im wesentlichen aus, Voraussetzung für die Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe sei ein erheblicher Erziehungsnotstand, der dann vorliege, wenn der Erziehungsberechtigte für das Kind überhaupt nicht sorge oder die Fürsorge so unzulänglich sei, daß das Wohl des Kindes oder der Allgemeinheit gefährdet werde. Das Vorhandensein dieser Voraussetzungen habe das Erstgericht zu Recht bejaht. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergebe sich, daß die Fürsorge der Mutter für das Kind unzulänglich sei. Mit Rücksicht auf den unseriösen Lebenswandel der Mutter (ständige Gasthausbesuche) und die ungünstigen Verhältnisse bei den mütterlichen Großeltern – daß derzeit bei der mütterlichen Großmutter, wie sich aus der mit dem Rechtsmittel vorgelegten ärztlichen Bestätigung ergebe, kein Hinweis auf ein depressives Geschehen gegeben sei, sei nicht entscheidend – befürchte das Erstgericht zu Recht das Auftreten einer Verwahrlosung des ohnehin schon einen Entwicklungsrückstand aufweisenden Kindes, wenn es weiterhin im mütterlichen Milieu verbleibe. Die Anordnung der Erziehungshilfe durch Unterbringung des Kindes auf einem Pflegeplatz sei daher gerechtfertigt, um zu verhindern, daß der schon bestehende Erziehungsnotstand ein größeres Ausmaß erreiche.

Das festgestellte Verhalten der Mutter gebiete aber auch ihre Enthebung als Vormund. Die Fälle der Entlassung des Vormundes seien in § 254 ABGB nicht erschöpfend aufgezählt; ganz allgemein sei die Entlassung des Vormundes immer möglich, wenn seine Beibehaltung den Interessen des Mündels abträglich wäre. Bei unehelichen Kindern sei, wie sich aus § 19 JWG ergebe, überhaupt nur dann anstelle der Bezirksverwaltungsbehörde ein Einzelvormund zu bestellen (zu belassen), wenn dies dem Wohl des Mündels besser entspreche. Da die Mutter zumindest derzeit zu einer entsprechenden Vertretung und Betreuung des Kindes nicht geeignet erscheine, entspreche die Entscheidung des Erstgerichtes, die Mutter als Vormund zu entheben und an ihrer Stelle (wieder) die BH F***** zum Vormund zu bestellen, der Sach- und Rechtslage.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Abweisung des Antrages der BH F***** auf Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe sowie auf Enthebung der Mutter als Vormund und Bestellung der BH F***** zum Vormund abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet im Außerstreitverfahren gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt.

Die Mutter behauptet in ihrem Rechtsmittel nicht das Vorliegen eines dieser Rechtsmittelgründe, sondern beschränkt sich darauf, zum Teil die Richtigkeit der von den Vorinstanzen getroffenen Tatsachenfeststellungen zu bekämpfen und zum Teil Neuerungen geltend zu machen. Mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG kann aber weder die Richtigkeit der Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft werden (EFSlg. 37.360, 37.362, 39.783 uva.) noch sind in einem derartigen Rechtsmittel Neuerungen zulässig (EFSlg. 35.039, 37.358 uva.).

Mangels Geltendmachung eines im § 16 Abs. 1 AußStrG normierten Rechtsmittelgrundes war daher der vorliegende Revisionsrekurs der Mutter zurückzuweisen.

Textnummer

E130961

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00583.850.0711.000

Im RIS seit

23.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.03.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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