Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 1.August 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kral, Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rechberger als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des Betrugs nach § 146, 147 Abs 3, 148 StGB über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 18. Dezember 1984, GZ 7 b Vr 13.471/82-260, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Rzeszut, und des Verteidigers Dr. Schnabl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und die Strafe auf 6 (sechs) Jahre herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung des Angeklagten nicht Folge gegeben. Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf die obige Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz A gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs 3, 148, zweiter Fall, StGB, schuldig erkannt worden war, wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 18.Juli 1985, GZ 13 Os 100/85-6, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen.
Gegenstand des Gerichtstags waren die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten.
Das Schöffengericht verhängte über diesen nach § 147 Abs 3 StGB eine Freiheitsstrafe von neun Jahren. Ferner ordnete es gemäß § 23 StGB dessen Einweisung in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter an.
Bei der Strafbemessung waren erschwerend die Vorstrafen, die für eine Anwendung des § 39 StGB genügt hätten, der überaus hohe Schaden und die Begehung dieser groß angelegten Betrugsserie trotz einer bedingten Entlassung des Angeklagten, mildernd war hingegen lediglich eine teilweise geringe Schadensgutmachung. Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Berufung eine Erhöhung des Strafmaßes unter Anwendung der Strafschärfung nach § 39 StGB durch Ausmessung der Strafe in überschreitung des angedrohten Höchstmaßes; der Angeklagte strebt hingegen mit seiner Berufung eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe (auf drei Jahre) und die Aufhebung der Anordnung seiner Anstaltsunterbringung an.
Rechtliche Beurteilung
Lediglich dem Begehren nach einer Reduzierung des Strafmaßes ist ein Erfolg beschieden.
Die Staatsanwaltschaft weist darauf hin, daß die Schadensgutmachung nach der Korrektur eines zugunsten des Angeklagten unterlaufenen Fehlers mit insgesamt 160.000 S nur ein Fünfundzwanzigstel des urteilsgegenständlichen Gesamtschadens an Kapital, also ohne Berücksichtigung des Zinsenverlusts, erreicht; ferner, daß zumeist sehr junge, trotz einer teilweise hohen beruflichen Qualifikation noch bescheiden verdienende Wohnungsuchende nicht nur um ihre ganzen Ersparnisse gebracht wurden, sondern zum Teil sogar langjährige Zahlungsverpflichtungen auf sich genommen haben, was angesichts eines Gesamtschadens von rund vier Millionen Schilling einen extrem hohen Unrechtsgehalt erkennen lasse. Dazu komme die emimente Rückfallneigung des Angeklagten, der nach zwei empfindlichen, aber völlig wirkungslosen Vorstrafen überaus rasch abermals groß angelegte Betrügereien verübt hat.
Diesen Argumenten der Anklagebhörde ist an sich beizupflichten. Die Schuld, die ausschließlich die Grundlage für die Strafbemessung bildet (LSK. 1976/88), erhält ihr Maß nicht allein von der ablehnenden inneren Einstellung des Rechtsbrechers gegenüber den rechtlich geschützten Werten, sondern auch von der schuldhaft begangenen strafbaren Handlung, vom objektiven Gewicht der begangenen Tat und damit von der Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung, die die Schuld umfaßt (LSK. 1977/260). Dabei ist auch eine Bedachtnahme auf die Generalprävention durchaus möglich, sofern nur die Strafe insgesamt nicht das schuldadäquate Maß übersteigt (LSK. 1981/3; 13 Os 133/80).
Diese Grundsätze, auf den vorliegenden Straffall angewendet, bedingen angesichts der gravierenden Umstände, die von der Staatsanwaltschaft zu Recht aufgezeigt werden, gewiß eine strenge Sanktion. Allerdings darf in Beachtung der gebotenen Proportionalität zwischen Rechtsbruch und Reaktion hierauf die Schwere der Straftat, die auch im Unrechtsgehalt ihren Ausdruck findet, insofern nicht außer acht bleiben (LSK. 1979/185), als der Schaden von rund 4 Millionen Schilling die strafnormierende Wergrenze von 100.000 S (§ 147 Abs 3 StGB) zwar bis aufs Vierzigfache übersteigt, diese Wertgrenze und damit der angewendete Strafsatz aber auch für Betrügereien in einem denkbar größeren Umfang verbindlich bleibt. So gesehen kann eine Strafe, deren Ausmaß den Strafrahmen zwar nicht (wie die vom Erstgericht verhängte) nahezu ausschöpft, sich aber doch in dessen oberen Bereich hält, noch als angemessene Reaktion akzeptiert werden.
Mit diesen überlegungen ist zugleich der Berufung des Angeklagten, soweit sie eine Reduzierung des Strafmaßes anstrebt, weitgehend Rechnung getragen. Zu sagen bleibt nur noch, daß die als mildernd reklamierte Sorgepflicht des Angeklagten keine Berücksichtigung finden kann (LSK. 1975/118). Zu Recht hat schließlich das Schöffengericht - im Ergebnis wohl zu Gunsten des Angeklagten - immer wieder auf die verhängnisvolle Wirksamkeit einer Rechtsanwältin hingewiesen, die eine maßgebende Rolle spielte und daran teilhatte, das für die Betrogenen unheilvolle Ambiente zu schaffen.
Die Gewerbsmäßigkeit der Betrügereien ist hier ein Qualifikationsmerkmal, als Erschwerungsgrund wurde sie daher nicht eigens gewertet. Die Vorstrafe vom 10.Dezember 1982 (GZ 6 f Vr 9116/81-29 des Landesgericht für Strafsachen Wien) liegt immerhin vor den zu B erfaßten betrügerischen Darlehensaufnahmen und wirkt jedenfalls in bezug auf diese Taten erschwerend; indes kommt der Faktengruppe B betragsmäßig nur eine untergeordnete Bedeutung zu. All dies zusammenfassend, erschien eine Strafermäßigung um ein Drittel noch vertretbar.
Wenn auch bei einem sehr langen Strafvollzug wegen dessen resozialisierenden Einflusses (§ 20, 56 u.a. StVG.) die Befürchtung eines Rückfalls vielfach gemindert sein mag (RiZ. 1976 Nr. 48 S. 78, LSK. 1977/227), so kann doch nicht mit Fug gesagt werden, daß der Vollzug einer mit sechs Jahren immer noch entsprechend langen Freiheitsstrafe im gegebenen Fall zum angestrebten Resozialisierungseffekt führen wird (LSK. 1980/80). Die Charakterisierung des Angeklagten (S. 155 im Band VI), die sich auf das gerichtspsychiatrische Gutachten, das eine günstige Prognose nicht zu erstellen vermochte (S. 91 im Band V), stützen kann, weist den Berufungswerber vielmehr als einen gefährlichen Hangtäter aus. Seine durch die Konkurrenz gleichartiger Taten mit schweren Folgen sowie durch den raschen Rückfall gekennzeichnete Gefährlichkeit für die Allgemeinheit kann auch nach der Verbüßung der Strafe aus der derzeitigen Sicht (siehe § 24 Abs 2, letzter Satz, StGB) nur, wie die Tatrichter zutreffend erkannt haben, mittels der Unterbringung in einer Anstalt gemäß § 23 StGB gebannt werden. Diese Maßnahme war daher zu bestätigen.
Anmerkung
E06092European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00100.85.0801.000Dokumentnummer
JJT_19850801_OGH0002_0130OS00100_8500000_000