TE OGH 1985/8/1 13Os54/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.08.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.August 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kral, Dr. Müller, Dr. Felzmann (Berichterstatter) und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Rechberger als Schriftführers in der Strafsache gegen Günther A wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 4.Oktober 1984, GZ. 9 Vr 572/81-72, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Bassler, des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Mayer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Amhof zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Freispruch unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Günther A ist schuldig, er hat von 1978 bis 1980 in Maria Rain als Leiter des Gemeindeamts, dem auch die Buchhaltung und die Kassenverwaltung oblagen, somit als Beamter mit dem Vorsatz, die Gemeinde Maria Rain, das Bundesland Kärnten und die Republik Österreich an ihren Rechten auf Überprüfung der Gebarung auf ihre ziffernmäßige Richtigkeit sowie auf ihre Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Gesetzmäßigkeit zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er die Tagesabschlüsse und die Jahresrechnungsabschlüsse verfälschte.

Er hat hiedurch das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB. begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr und gemäß § 389 StPO. zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB. wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß § 38 StGB. wird die Vorhaft vom 24.Juni 1982, 12,30 Uhr, bis 4.August 1982, 11,30 Uhr, auf die Strafe angerechnet. Gemäß § 366 Abs. 2 StPO. wird die Privatbeteiligte Gemeinde Maria Rain mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird, soweit sie sich auf § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. stützt, verworfen.

III. Im übrigen wird der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche auf das Erkenntnis in der Sache selbst verwiesen.

IV. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 12.Oktober 1943 geborene (ehemalige) Gemeindesekretär Günther A wurde nunmehr im zweiten Rechtsgang des Vergehens der falschen Beurkundung (und Beglaubigung im Amt) nach § 311 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er von 1978 bis 1980 in Maria Rain als Leiter des Gemeindeamts öffentliche Urkunden, nämlich die Kassentagesbestandsausweise und die Jahresrechnungsabschlüsse der Gemeinde, deren Erstellung in den Bereich seines Amts fiel, mit dem Vorsatz verfälscht, daß diese im Rechtsverkehr zum Beweis der Richtigkeit des Kassenbestands gebraucht werden. Gemäß § 369 StPO. wurde er verpflichtet, den nachträglich errechneten Schadensbetrag von 380.948 S der Gemeinde Maria Rain zu ersetzen. Von dem Anklagevorwurf, durch mangelhafte und unsachgemäße Führung der Buchhaltung verschiedene Ein- und Ausgänge nicht oder nicht ordnungsgemäß verbucht und dadurch das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt begangen zu haben, wurde Günther A rechtskräftig im wesentlichen mit der Begründung freigesprochen, daß weder die einzelnen Geschäftsfälle eruiert werden können noch deren Zuordnung zur Hoheitsverwaltung möglich sei noch ein wissentlicher Befugnismißbrauch festgestellt werden konnte (S. 297, 298/II). Von dem in diesem Zusammenhang zunächst auch erhobenen Vorwurf der Veruntreuung nach § 133 StGB. war bereits im ersten Rechtsgang ein Freispruch ergangen.

Gegen den Schuldspruch wenden sich sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerden, die der Angeklagte auf § 281 Abs. 1 Z. 5

und 9 lit. a StPO. und die Anklagebehörde auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. stützt. Der Angeklagte bekämpft weiters die Aussprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche mit Berufung. Nach den für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerden ausschlaggebenden Urteilsfeststellungen - die sich im übrigen weitwendig mit den nachträglich konstatierten Mängeln der Buchhaltung und der Kassenverwaltung auseinandersetzen (S. 265 bis 277/II) - wurde Günther A mit Bescheid des Gemeinderats der Gemeinde Maria Rain vom 7.August 1974 mit Wirkung vom 1.Oktober 1974 zum Leiter des Gemeindeamts bestellt. In dieser Funktion oblagen ihm neben der Amtsleitung auch die Buchhaltung und die Kassenverwaltung, die er allein nach den bestehenden Vorschriften zu führen hatte. Die maßgebenden Bestimmungen finden sich auf Bundesebene in der auf Grund des § 16 Abs. 1 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. 45/1948, erlassenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 15. Juli 1974, BGBl. 493/1974, abgeändert mit Verordnung dieses Ministers vom 11.Oktober 1976, BGBl. 604/1976. Für den Bereich der Gemeindeverwaltung im Bundesland Kärnten erließ die Landesregierung auf Grund entsprechender Ermächtigungen in den §§ 79 und 82 der Allgemeinen Gemeindeordnung (AGO.), LGBl. 1/1966, am 27.April 1976 die Allgemeine Gemeindehaushaltsordnung (B.), LGBl. 50/1976, und am 11. Jänner 1977 die Allgemeine Gemeindekassenordnung (C.), LGBl. 5/1977. Mit Gesetz vom 31.Oktober 1978, LGBl. 10/1979, wurde die Allgemeine Gemeindeordnung (AGO.) abgeändert, darunter die §§ 79 und 82 aufgehoben und gleichzeitig die Weitergeltung der B. und der C. als Landesgesetze normiert (Art. III).

Schließlich wurde (nach dem Deliktszeitraum) die AGO. wiederverlautbart (LGBl. 8/1982).

Der Kassenverwalter hat, wenn Zahlungen eingegangen sind, nach Schluß der Kassenstunden einen Tagesabschluß aufzustellen (§ 55 Abs. 1-3 C.). Die Tagesabschlüsse sind (als Teil der Gemeindebuchhaltung) Grundlage des vom Amtsleiter zu verfertigenden Rechnungsabschlusses über die gesamte Gebarung der Gemeinde im Finanzjahr (§ 10 Vdg. BGBl. 493/1974, §§ 56, 70 C.). Der Gemeinderat hat gemäß § 77 Abs. 1 AGO. a.F. (jetzt § 90 der Wiederverlautbarung LGBl. 8/1982) nach Tunlichkeit bis 31.März, spätestens aber bis 31. Mai jedes Jahres den Rechnungsabschluß des Vorjahrs festzustellen.

Die gemeindeinterne Prüfung der Kassengebarung obliegt dem vom Gemeinderat zu bestellenden Kontrollausschuß, der die Gebarung zumindest vierteljährlich (fakultativ auch zwischendurch und unvermutet: § 62 C.) auf ihre ziffernmäßige Richtigkeit und auf ihre Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Gesetzmäßigkeit zu überprüfen hat (§ 80 AGO. a.F., jetzt § 92

der Wiederverlautbarung LGBl. 8/1982; §§ 60 bis 62 C.). Die verfassungsrechtlich verankerte (Art. 119 a Abs. 1 bis 4 B.D.) überörtliche Gebarungsprüfung der Kassenführung nahm bzw. nimmt gemäß § 90 AGO. a.F. (jetzt § 102 der Wiederverlautbarung LGBl. 8/1982) die Gemeindeabteilung des Amts der Kärntner Landesregierung vor. Darüber hinaus ist das Bundesministerium für Finanzen gemäß § 16 Abs. 1, zweiter Satz, F.D. 1948 berechtigt, sich die Voranschläge und die Rechnungsabschlüsse der Gebietskörperschaften (jederzeit) vorlegen zu lassen und (jederzeit) Auskünfte über deren Finanzwirtschaft einzuholen.

Der Angeklagte war mit der Buchhaltung 'durchwegs' stark im Verzug. Die Kassentagesbestandbücher der Jahre 1975 bis 1981 befinden sich in einem derart desolaten Zustand, daß sie als 'zerstört' und als nicht verwertbar zu bezeichnen sind, zahlreiche Blätter wurden entfernt und sind unauffindbar (S. 266/II). Demgemäß waren ab 1.Jänner 1978 die vom Angeklagten (entgegen § 55 C. nur fallweise: S. 265, 266/II) erstellten Tagesabschlüsse und die Jahresabschlüsse ab 1977 unrichtig (S. 279/II). Die Differenzen zwischen Iststand und Sollstand waren dem Gemeindeamtsleiter A 'zumindest' seit 1978 aufgefallen. Um - ungeachtet der Kassenfehlbeträge (S. 280, 281, 285/II) - die übereinstimmung des Ist- und Sollstands in den Tagesabschlüssen und im Jahresabschluß auszuweisen, verfälschte der Angeklagte die Jahresrechnungen ab 1977 und die Kassentagesabschlüsse seit 1.Jänner 1978 (S. 280, 285, 287 bis 289/II). Auf welche Art der Gemeindesekretär im einzelnen die Fälschung der Kassentagesabschlüsse und der Jahresrechnungen vornahm, konnte infolge des desolaten Zustands der Buchhaltungsunterlagen nicht mehr rekonstruiert werden (siehe oben - S. 266/II). Die Fälschungen hatten den Zweck, die Mitglieder des Kontrollausschusses und des Gemeinderats über die Richtigkeit der Tagesabschlüsse oder (richtig: und) der Jahresabschlüsse zu täuschen (S. 280, 289/II). Eine Rückführung (Zuordnung) der Geldabgänge auf einzelne Aufgaben der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinde Maria Rain war auf Grund der bestehenden Organisation der Gemeindegebarung als Einheitskasse (§ 5 C.) und infolge der Unvollständigkeit der Belegsammlung nicht möglich (S. 291, 292/II). Durch die Handlungsweise des Angeklagten sind ungeklärte Kassenfehlbeträge von insgesamt 380.948,86 S entstanden (S. 297/II). Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht als Vergehen der falschen Beurkundung im Amt nach § 311 StGB. Zwar habe der Angeklagte seine Befugnis als Kassenverwalter durch Verfälschung der Tagesabschlüsse und der Jahresrechnungsabschlüsse wissentlich mißbraucht und den Kontrollausschuß und den Gemeinderat an den in den §§ 77 und 80 AGO. a.F. (§§ 90 und 92 AGO. n.F.) statuierten konkreten Rechten auf Überprüfung der Gebarung und Feststellung des Jahresrechnungsabschlusses vorsätzlich geschädigt, doch könne infolge der Unmöglichkeit, die Mißbräuche der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen, der Tatbestand des Amtsmißbrauchs nicht als erfüllt angenommen werden (S. 294/II).

Beschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Anklagebehörde weist in ihrer Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.) darauf hin, daß die festgestellten Malversationen des Angeklagten im Bereich des der Hoheitsverwaltung zuzurechnenden Budgetrechts der Gemeinde gesetzt und dadurch vorsätzlich Prüfungsrechte des Kontrollausschusses und des Gemeinderats, somit konkrete Rechte der Gemeinde geschädigt wurden, weshalb ein Schuldspruch nach § 302 StGB. und nicht nach dem (hiezu nur subsidiären) Tatbestand des § 311 StGB. zu fällen gewesen wäre. Der Oberste Gerichtshof führte schon in seinem im ersten Rechtsgang erflossenen Urteil vom 12.Jänner 1984, 13 Os 170/83 (LSK. 1984/68), aus, daß die öffentlich-rechtlichen Normen des Haushaltsrechts für sich allein zwar nichts darüber aussagen, in welcher Stellung das Organ in den die Buchung und die Verrechnung betreffenden Amtsverrichtungen dem anderen Rechtssubjekt jeweils gegenübertritt (SSt. 50/6), daß aber - bei entsprechenden Tatsachenfeststellungen - neben der (zunächst im Vordergrund gestandenen) Schädigung an Vermögensrechten auch die Beeinträchtigung sonstiger konkreter Rechte der Gemeinde zu einer Verantwortlichkeit nach § 302 StGB. führen könnte; etwa wenn durch die Verfälschung der Tages- und Jahresabrechnungen das gesetzliche Prüfungsrecht des Gemeinderats und das damit zusammenhängende Recht auf Geltendmachung allfälliger Schadenersatzansprüche vorsätzlich frustriert würden (S. 154 bis 157/II). Insoweit kommt es nämlich nicht darauf an, aus welchem Titel die Einnahmen gezogen und zu welchem gesetzlichen Zweck die Ausgaben getätigt wurden, zumal - im Ergebnis - überhaupt kein unverfälschtes Rechnungswesen in der Gemeinde mehr bestand.

Rechtliche Beurteilung

Die Amtshandlungen eines in der Buchhaltung oder im Rechnungswesen einer Gebietskörperschaft, auch einer Gemeinde, tätigen Beamten sind - jedenfalls grundsätzlich, schon im Hinblick auf die Abgabenhoheit (§ 6 Z. 4 und 5 F.D. 1948) - im Bereich der Vollziehung der Gesetze und nicht in dem der Privatwirtschaftsverwaltung angesiedelt (vgl. Ent, Die Organhaftpflicht, S. 71; RZ. 1985/56). Diese in der Verfassungsordnung (§ 16 Abs. 1 F.D. 1948, Art. 13, 115 Abs. 2, 116, 118, 119 a B.D.) vielfach abgegrenzte Verwaltungstätigkeit ist, sofern die Gebietskörperschaft nicht als Träger von Privatrechten auftritt (vgl. Art. 17 B.D.) und soweit sich ihre Verrechnung nicht auf Einnahmen und Ausgaben privatwirtschaftlicher Art bezieht (dazu Foregger-Serini StGB. 3 S. 616 II), mit Befehls- und Zwangsgewalt ausgestattet (vgl. SZ. 43/167, 45/134) und darum der Hoheitsverwaltung zuzurechnen. Da der Angeklagte nach dem Auftreten und Erkennen der Kassenfehlbeträge, deren Entstehungsursache nicht aufgeklärt wurde, die Tagesabschlüsse und damit auch die Jahresrechnungsabschlüsse bewußt verfälschte, um den Prüfungsorganen der Gemeinde, in der weiteren Folge aber auch der überörtlichen Prüfung eine ordnungsgemäße Kassengebarung vorzutäuschen, beeinträchtigte er Gemeinde, Land und Bund in ihren Kontrollrechten (§ 16 Abs. 1 F.D. 1948, Art. 119 a Abs. 1 bis 4

B.D., §§ 77, 80, 90 AGO. a.F., §§ 60 bis 62 C. mit Art. III LGBl. 10/1979). Durch diesen wissentlichen Befugnismißbrauch hat der Gemeindesekretär in Vollziehung der Gesetze die aufgezeigten Kontrollrechte der angeführten Gebietskörperschaften vorsätzlich geschädigt und damit alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB. erfüllt.

Der Angeklagte war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen spruchgemäß schuldig zu erkennen.

Der Privatbeteiligtenvertreter beantragte am Ende der Hauptverhandlung einen Zuspruch von 380.948 S an die Gemeinde Maria Rain. Unter Zugrundelegung der Urteilsfeststellungen setzt sich der Betrag aus der ungeklärten Verwendung einer Zinsengutschrift von

81.618 S, die anläßlich der Auflösung eines Sparbuchs bei der E F (am 12.Dezember 1978, S. 67, 69/II) anfiel, und dem anläßlich der Überprüfung festgestellten Geldfehlbetrag mit Jahresende 1978 von 299.330,86 S zusammen (S. 275 bis 277/II).

Wenngleich das Gericht nicht feststellen konnte, daß der Angeklagte die Gelder veruntreut hat (S. 120, 121/II), geht es doch ersichtlich davon aus, daß die ungeklärten Kassenfehlbeträge vom schuldtragenden Kassenverwalter zu ersetzen sind (S. 297/II), wofür § 55 Abs. 4 C. eine Rechtsgrundlage bilden könnte. Daraus erhellt aber, daß die Schadenersatzpflicht nicht unmittelbar aus dem dem nunmehrigen Schuldspruch zugrundeliegenden kriminellen Verhalten (Verfälschungen) erwächst, vielmehr der Amtsmißbrauch zu dem Zweck begangen wurde, die infolge (vorsätzlicher oder fahrlässiger) Vernachlässigung der Pflichten eines Kassenverwalters entstandenen Kassenfehlbeträge zu verschleiern und sich der Ersatzverpflichtung zu entziehen. Der Adhäsion liegt somit eine Schadenersatzforderung zugrunde, die der Rechtsträger gegen sein Organ nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts unter Zugrundelegung des OrganhaftpflichtG. BGBl. 181/1967 durchsetzen kann, die aber nicht durch das nunmehr abgeurteilte Verbrechen verursacht wurde (siehe § 47 Abs. 1 StPO.). Die Privatbeteiligte war somit als Folge der Entscheidung in der Hauptsache mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Beschwerde des Angeklagten:

Soweit Günther A in seiner Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.) die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den Tatbestand des § 311 StGB. als rechtsirrig moniert und seinen (gänzlichen) Freispruch begehrt, ist er auf die - reformatorische - Sachentscheidung zu verweisen.

Die Mängelrüge des Günther A schließlich, mit der er die auch für den nunmehr gefällten Schuldspruch nach § 302 Abs. 1 StGB. wesentlichen Urteilskonstatierungen als unzureichend begründet bezeichnet und neuerlich vorbringt, die fehlerhafte Kassengebarung sei bloß eine Folge von Arbeitsüberlastung gewesen (S. 284/II), ist unbegründet. Im Einklang mit den Denkgesetzen legte der Schöffensenat dem Urteilssachverhalt die Prüfungsberichte, die Aussage des Zeugen G und das Gutachten des Sachverständigen H zugrunde. Darnach ist infolge der vom Beschwerdeführer zum Teil gar nicht in Abrede gestellten Kassenabgänge aus den Vorjahren eine - wie der Angeklagte meint - zufällige übereinstimmung zwischen Ist- und Sollstand zu den einzelnen Prüfungsterminen (siehe insbes. die Prüfung durch das Amt der Kärntner Landesregierung vom 17. November 1980, S. 287/II) auszuschließen (S. 285 bis 289/II). Mängelfrei zog daraus das Gericht den Schluß, daß der Angeklagte diese übereinstimmungen zur Täuschung der Kontrollorgane jeweils durch Verfälschungen der Kassentagesabschlüsse herbeigeführt hat, was zwingend unrichtige Jahresrechnungsabschlüsse zur Folge hatte. Gleichermaßen mängelfrei, nämlich gestützt auf die als glaubwürdig erachteten Aussagen der Zeugen Michael I und Johann J, gelangte der Gerichtshof auch zu der Annahme, daß die Verantwortung des Beschwerdeführers, während der in Rede stehenden Zeit (1978-1980) infolge Arbeitsüberlastung nicht in der Lage gewesen zu sein, die Kassengebarung ordnungsgemäß durchzuführen, widerlegt ist, zumal der in den Jahren vorher (1976, 1977) infolge des Volksschulneubaus aufgetretenen überlastung des Rechtsmittelwerbers durch Bewilligung (bezahlter) überstunden wirksam begegnet wurde (S. 278; 284, 285/II).

Die Beschwerde des Angeklagten war daher, soweit darin der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. geltend gemacht wird, zu verwerfen.

Strafneubemessung:

Bei der nunmehr nach § 302 Abs. 1 StGB. vorzunehmenden Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof im Einklang mit dem Landesgericht als erschwerend die Fortsetzung der Malversationen durch mehrere Jahre, als mildernd hingegen die bisherige Unbescholtenheit und die (nicht den Vorschriften entsprechende) mangelnde Kontrolle durch den Kontrollausschuß und den damaligen Bürgermeister Michael I.

Bei der Abwägung dieser Strafzumessungsgründe wird das aus dem Spruch ersichtliche, deutlich über der Mindeststrafe angesetzte Strafausmaß sowohl der Täterschuld als auch dem Unrechtsgehalt der Tat gerecht. Die Voraussetzungen für die bedingte Strafnachsicht erachtet auch der Oberste Gerichtshof für gegeben. Die Vorhaftanrechnung wurde unverändert aus dem Ersturteil übernommen. Auf die Strafneubemessung und die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche war der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen.

Anmerkung

E06091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00054.85.0801.000

Dokumentnummer

JJT_19850801_OGH0002_0130OS00054_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten