Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27.August 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer in der Strafsache gegen Ludwig A wegen des Vergehens der Begehung einer strafbaren Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§ 15, 269 Abs 1 erster Fall) StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24.April 1985, GZ 2 c Vr 2461/85-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Gehart, und des Verteidigers Mag. Martin, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ludwig A wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung gemäß § 287 Abs 1 (§ 15, 269 Abs 1 erster Fall) StGB nach der zuerst angeführten Strafbestimmung zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Dabei wertete das Erstgericht die Tatsache, daß er bereits fünfmal wegen der Begehung strafbarer Handlungen im Zustand voller Berauschung und mehrmals wegen verschiedener Gewaltstraftaten verurteilt wurde, sowie seinen die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllenden Rückfall als erschwerend, seinen Beitrag zur Wahrheitsfindung in bezug auf die fahrlässige Versetzung in den Vollrausch und den Umstand, daß das Grunddelikt beim Versuch blieb, hingegen als mildernd.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil ist mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 30.Juli 1985, GZ 10 Os 74/85-6, schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen worden. Auch seiner Berufung, mit der er eine Herabsetzung des Strafmaßes anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Die familiären Schwierigkeiten und psychischen Spannungen, unter denen der Berufungswerbers litt, seine Alkoholminderverträglichkeit und die Erfolglosigkeit seiner Entwöhnungsbehandlung als Rauschtrinker wurden vom Erstgericht keineswegs übergangen (vgl. US. 5, 7), sondern ersichtlich auch im Rahmen der allgemeinen Grundsätze zur Strafbemessung (§ 32 StGB) berücksichtigt, doch hob es hervor, daß er trotz schlechter Erfahrungen und 'wider sein mahnendes Gewissen' in solchen Situationen zum Alkoholmißbrauch neigt und daher als 'schwer zu bessernde Täterpersönlichkeit' anzusehen ist (US. 15); als besondere Milderungsgründe (§ 34 StGB) aber hat es die zuvor relevierten Umstände mit Recht nicht gewertet.
Entgegen dem Berufungsvorbringen hinwieder wurde die Strafschärfungsermächtigung nach § 39 StGB ohnedies nicht angewendet; dementsprechend liegt darin, daß der (gleichwohl die Voraussetzungen dieser Strafbestimmung erfüllende) Rückfall als Erschwerungsgrund herangezogen wurde, keine unzulässige Doppelverwertung eines Tatumstands.
Bei dem Hinweis darauf schließlich, daß seit dem Vollzug der letzten auf derselben schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafe des Angeklagten bis zur vorliegenden Tat bereits ein Zeitraum von 91 Monaten verstrichen sei, wird offenbar allein auf die Begehung strafbarer Handlungen durch ihn im Zustand voller Berauschung abgestellt und übergangen, daß er auch in diesem Zeitraum eine Reihe von Aggressionsdelikten beging, die auf einen gleichen Charaktermangel wie die Rauschtaten zurückzuführen sind und somit auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruhen. Da wiederholte Bestrafungen des Berufungswerbers wegen Gewalttätigkeitsdelikten (mit Freiheitsstrafen bis zu 15 Monaten) und wegen der Begehung strafbarer Handlungen im Zustand voller Berauschung (mit Freiheitsstrafen bis zu 8 Monaten) bisher ohne nachhaltigen Erfolg blieben, ist vor allem aus Erwägungen der Spezialprävention eine angemessene Reaktion notwendig, um seine Neigung zum Alkoholmißbrauch und zu dadurch ausgelösten Aggressionsdelikten allenfalls doch noch zielführend zu bekämpfen; besonders unter diesem Gesichtspunkt erscheint das vom Erstgericht gewählte Strafausmaß auch nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) nicht als überhöht. Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E06318European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00074.85.0827.000Dokumentnummer
JJT_19850827_OGH0002_0100OS00074_8500000_000