TE OGH 1985/8/28 1Ob579/85

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Veröffentlicht am 28.08.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel (Vorsitz) und Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Wurz und Dr. Hofmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A

B Gesellschaft mbH, Salzburg, Fanny von Lehnert

Straße 1, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Firma Brüder C OHG, Wien 7., Mariahilferstraße 106, 2.) Karin D, Geschäftsfrau, Wien 12., Untere Meidlingerstraße 79/3/4/13, 3.) Maria E, Geschäftsfrau, Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 58, sämtliche vertreten durch Dr. Theo Petter, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 140.428,20 samt Anhang infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 19. Dezember 1984, GZ 32 R 331/84-23, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 2. August 1984, GZ 17 C 934/82-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die beklagten Parteien schlossen mit der klagenden Partei einen 60 Monate laufenden Leasingvertrag über ein bestimmtes Modell einer F - Registrierkasse ab. Die erstbeklagte Partei unterfertigte zwar am 28.5.1980 den Gegenschein, die beklagten Parteien übernahmen aber die Registrierkasse nicht. Der klagenden Partei waren Absprachen zwischen den beklagten Parteien und der Firma F Registrierkassen Vertriebs-GesmbH über ein bestimmtes Programm der Registrierkasse nicht bekannt.

Die klagende Partei begehrt den ihr aus der Endabrechnung des Vertrages der Höhe nach außer Streit gestellten Betrag von S 140.428,20 samt Anhang. Die klagende Partei sei immer bereit gewesen, allfällige gegen die Firma F gerichtete Garantie- und Gewährleistungsansprüche gemäß den Bestimmungen des Leasingvertrages an die beklagte Partei abzutreten. Dies sei aber von den beklagten Parteien negiert worden. Im übrigen habe die Firma F die von den beklagten Parteien behaupteten Zusagen nicht gemacht. Einwendungen aus allfälligen Nebenabreden konnten der klagenden Partei nicht entgegengehalten werden. Die klagende Partei habe keine Gewähr für das Vertragsobjekt übernommen und keine bestimmten Eigenschaften zugesichert. Die erstbeklagte Partei habe die übernahmsbestätigung unterfertigt, die Firma F aber ersucht, die Kasse auf Depot zu stellen, weil sie derzeit keinen Platz habe, sie aufzustellen. Die beklagten Parteien wendeten ein, sie hätten bei der Firma F am 20.3.1980 eine Registrierkasse mit 'Programmierung nach Kundenwunsch' bestellt. Dieser Auftrag sei von der Firma F angenommen worden. Die besondere Programmierung sollte darin bestehen, daß zum Zwecke der Steuerhinterziehung gewisse Bonierungen nicht auf dem Hauptstreifen übernommen werden sollten, so daß diese Umsätze bei der Tagesabrechnung nicht berücksichtigt worden wären. Diese Zusage habe die Firma F nicht einhalten können. Die klagende Partei müsse sich alle Einwendungen der beklagten Parteien gegen die Lieferfirma gefallen lassen, da die rechtliche Situation bei Leasingverträgen die gleiche sei wie bei Konsumfinanzierungsgeschäften. Infolge Akzessorietät müßten die beklagten Parteien den mit der klagenden Partei geschlossenen Vertrag daher nicht erfüllen. Die übernahme der Kasse sei am 28.5.1980 abgelehnt worden, weil sie nicht dem Auftrag entsprochen habe. Die Lieferfirma sei nicht in der Lage gewesen, den geschlossenen Vertrag zu erfüllen. Das gesamte Geschäft sei überdies nichtig, da es sich um eine Vorbereitungshandlung für einen Steuerbetrug gehandelt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Nichtigkeit des Vertrages wegen krimineller Handlungen und Nichtlieferung des gewünschten Vertragsgegenstandes könne von den beklagten Parteien ihrem Financier gegenüber nicht eingewendet werden, da sich diese Einwände lediglich auf das Grundgeschäft zwischen der Firma F und den beklagten Parteien bezögen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge, die Revision erklärte es für zulässig. Die klagende Partei habe den beklagten Parteien jenen Gegenstand verschafft, über den die Streitteile den Leasingvertrag abgeschlossen hätten. Daß die so verschaffte Registrierkasse als solche unbrauchbar wäre, hätten die beklagten Parteien nicht behauptet. Es sei ihnen von der klagenden Partei die vereinbarte Sache vertragsgemäß in brauchbarem Zustand verschafft worden. Dadurch, daß den beklagten Parteien von dritter Seite Zusagen über Programmierungsmöglichkeiten einer derartigen Registrierkasse gemacht worden seien, die sich nicht einhalten ließen, von denen die klagende Partei aber nichts wußte, werde das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht berührt. Die aufgezeigte Akzessorietät liege somit nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Parteien ist berechtigt. Nach dem von der klagenden Partei in den Rechtsmittelverfahren nicht bekämpften Sachverhalt übernahm die erstbeklagte Partei von der Firma F die geleaste Registrierkasse nicht. Beim Finanzierungsleasing gehört die Verschaffung des ordnungsgemäßen Gebrauches der Sache zur unabdingbaren Verpflichtung des Leasinggebers im Austauschverhältnis zu den Leasingraten (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 32 zu § 1090; Jud, Factoring und Leasing, in Krejci, Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz 526; Westphalen, Der Leasingvertrag 2 130, 133). Der Leasinggeber hat dafür einzustehen, daß sich die Sache zu Beginn des Leasingverhältnisses in brauchbarem und für den Fall besonderer Zusagen in vertragsgemäßem Zustand befindet (SZ 53/128; SZ 52/157; SZ 52/71; zuletzt 7 Ob540/85; Würth aaO; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts 12 II 457). Die Firma F war für die klagende Partei bei der von ihr vertragsgemäß übernommenen Verpflichtung, dem Leasingnehmer die Nutzung des Leasinggutes zu verschaffen, Erfüllungsgehilfe der klagenden Partei (Westphalen aaO 129 f, 132). Damit erweist sich als entscheidend, ob die erstbeklagte Partei die übernahme der Registrierkasse zu Recht ablehnte, weil sie nicht dem Leasingvertrag entsprach. Auch wenn der der klagenden Partei zugekommene Antrag der erstbeklagten Partei auf Abschluß eines Leasingvertrages allfällige ihr gemachte mündliche Zusagen der Firma F nicht enthalten hätte, muß sich dies nicht unter allen Umständen zum Nachteil der beklagten Parteien auswirken. Den Vorinstanzen kann nicht darin gefolgt werden, daß die Firma F bei Abschluß des Leasingvertrages ein außerhalb der vertraglichen Beziehungen der Streitteile stehender Dritter gewesen sein muß, so daß ihr gegenüber abgegebene, vom Leasingvertrag abweichende Erklärungen für das zwischen den Streitteilen bestehende Vertragsverhältnis unbeachtlich wären. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung SZ 55/75 mwN und ihr folgend in den Entscheidungen MietSlg. 35.085, 34.114, u.a. zuletzt 4 Ob 578/83 und 6 Ob 713/83, ausführte, ist der Hersteller oder Lieferant des Investitionsgutes bzw. dessen Vertreter anläßlich des Abschlusses des Leasingvertrages ein Empfangsbote des Leasingunternehmers, wenn er vom Leasingunternehmen mit der Entgegennahme von Offerten zum Abschluß von vorformulierten Leasingverträgen ermächtigt war und Offerte auch tatsächlich entgegengenommen hat. Er ist als Empfangsbote das 'Ohr seines Herrn', eine unrichtige übermittlung geht also zu Lasten des Erklärungsempfängers. Hätte die klagende Partei die Firma F etwa dadurch, daß sie ihre Vertragsformulare durch sie verwenden ließ, mit der Entgegennahme von Offerten beauftragt, müßte sie einer unrichtigen oder unvollständigen übermittlung der wahren Vertragsbestätigungen gegen sich gelten lassen. Nichts anderes gälte dann, wenn sie auf andere Weise, aus der Sicht der erstbeklagten Partei gesehen, mit der Firma F eine wirtschaftliche Einheit bildete (Westphalen aaO 132). Hätte dann die erstbeklagte Partei ein Anbot nur so, wie sie es behauptet, abgegeben, hätte die Registrierkasse den von der Firma F gemachten Zusagen entsprechen müssen. Die klagende Partei müßte die im Verhältnis zwischen Leasingnehmer und Lieferanten bzw. Hersteller des Leasinggutes ausgehandelten technischen Besonderheiten des geplanten Investitionsvorhabens, aber auch die allfällige Unmöglichkeit oder Unzulässigkeit ihrer Herstellung gelten lassen (vgl. Westphalen aaO 128). Sie wäre dann nicht in der Lage gewesen, den Leasingvertrag zu erfüllen; die erstbeklagte Partei hätte dann berechtigt die übernahme des nicht dem Vertrag entsprechenden Leasinggegenstandes abgelehnt.

Keine entscheidende Bedeutung käme dann dem Umstand zu, daß die erstbeklagte Partei den Gegenschein vom 28.5.1980 unterfertigte. Es ist zwar richtig, daß die erste Leasingrate grundsätzlich dann fällig wird, wenn der Leasingnehmer die geschuldete Empfangs- bzw. übernahmsbestätigung zugunsten des Leasinggebers ausstellte, weil diese Bestätigung den Leasingnehmer seinerseits zur Auszahlung des Kaufpreises an den Hersteller bzw. Lieferanten veranlaßt (Westphalen aaO 169, 177; Canaris in Großkomm. HGB 3 Bankvertragsrecht

2. Bearbeitung Rz 1733, 1742). Im vorliegenden Fall übergab aber die erstbeklagte Partei eine unrichtige Empfangsbestätigung an die Firma F, die bei gemachter Zusage damals bereits gewußt hätte, daß sie diese nicht einzuhalten in der Lage wäre. Sie hätte daher den Gegenschein nicht an die klagende Partei weiterleiten dürfen, um dadurch die Auszahlung eines Kaufpreises zu erreichen, der ihr nicht zustand. Auch dieses Verhalten ihres Erfüllungsgehilfen und Empfangsboten müßte sich die klagende Partei zurechnen lassen, weil die Firma F auch in dieser Phase noch die (juristische) Person ihres Vertrauens gewesen wäre.

Anders wäre die Rechtslage, wenn die Firma F erst nach Aufnahme der Bestellung durch die erstbeklagte Partei im Einvernehmen mit dieser die klagende Partei als Leasinggeber ausgesucht hätte. Dann wäre die Firma F Bote der erstbeklagten Partei gewesen, übermittlungsfehler müßten daher zu Lasten der beklagten Parteien gehen. Sie hätten eine Lieferung, die dem Leasingvertrag entsprach, übernehmen müssen, auch wenn eine Zusage des Lieferanten nicht eingehalten war. Wegen ungerechtfertigter Verweigerung der übernahme wäre das Klagebegehren berechtigt. Die Vorinstanzen trafen, da von den Parteien nicht einmal der Leasingvertrag vorgelet wurde, keine Feststellungen, welchen Inhalt er hat und welche allenfalls für die Lösung der anstehenden Rechtsfragen bedeutsamen Bedingungen er enthält. Es steht weiters nicht fest, wie es zum Abschluß des Leasingvertrages kam, wer die Vertragsverhandlungen führte und welche Erklärungen dabei abgegeben wurde. Schon aus diesem Grunde ist eine abschließende rechtliche Beurteilung durch das Revisionsgericht nicht möglich. Der Revision ist daher Folge zu geben, die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Rechtssache, da es offenbar einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, an das Prozeßgericht erster Instanz zurückzuverweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E06480

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00579.85.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19850828_OGH0002_0010OB00579_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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