TE OGH 1985/8/28 6Ob25/85

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Veröffentlicht am 28.08.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Zehetner und Dr.Riedler als weitere Richter in der Handelsregistersache zu HRB 30.276 des Handelsgerichtes Wien über die Verhältnisse der A G***G***Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Wien 13., Gobergasse 54, wegen Ablehnung der von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Wien beantragten Einleitung eines Verfahrens zur amtswegigen Löschung der Firma, infolge Rekurses der genannten Kammer gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 31.Mai 1985, GZ.5 R 138/84-12, womit der von der Rechtsmittelwerberin gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 6.September 1984, GZ.7 HRB 30.276-9, erhobene Rekurs zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird stattgegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird aufgetragen, über den gegen den registergerichtlichen Beschluß vom 6.September 1984 erhobenen Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.

Text

Begründung:

Die A B Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Hannover, ein Hamburger Kaufmann und ein Isenkamper Ingenieur gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 5.April 1983 eine Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien und der in Anknüpfung an den Namen der Mehrheitsgesellschafterin (90 %) festgelegten Firma 'A B Gesellschaft mbH'. Der im Handelsregister

(HRB 7.166 des Amtsgerichtes Hannover) eingetragene Unternehmensgegenstand der deutschen Gesellschaft ist 'die übernahme der Betriebsgarantie für Gebrauchtwagen aller Art'. Unternehmungsgegenstand der inländischen Gesellschaft sind nach dem Gesellschaftsvertrag

'1.) der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Mineralölen und chemischen Additiven;

2.) alle Geschäfte, die den oben genannten Zwecken mittelbar oder unmittelbar dienen;

3.) die Beteiligung an und die Geschäftsführung von anderen Unternehmungen, sowie deren Pachtung und Verpachtung; ausgenommen vom gesamten Betriebsgegenstand sind Bankgeschäfte.'

Die beiden Einzelpersonen unter den drei Gründungsgesellschaftern wurden gesellschaftsvertraglich zu einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Sie meldeten die Gesellschaft am 11.April 1983 zur Eintragung in das Handelsregister an. Das Registergericht sah sich im Eintragungsverfahren nicht veranlaßt, gemäß § 23 Abs.1 HRV eine gerichtliche Stellungnahme der Handelskammer einzuholen. Es verfügte am 13.April 1983 die Eintragung, die am 18.April 1983 vollzogen wurde. Eine Ausfertigung der Eintragungsverfügung wurde der Handelskammer nach ihrem eigenen Antragsvorbringen am 24.August 1983 zugestellt.

Am 20.Oktober 1983 langte beim Registergericht ein Antrag der Handelskammer auf Einleitung des Verfahrens nach §§ 142 ff FGG zur Löschung der im Sinne des § 18 Abs.2 HGB als zur Täuschung geeignet bemängelten Firma ein.

Das Registergericht wies den Antrag ab.

Das Rekursgericht wies den von der Handelskammer dagegen erhobenen Rekurs mangels Rechtsmittelbefugnis zurück.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Handelskammer gegen die Zurückweisung ihres Rechtsmittels erhobene Rekurs ist zulässig. Er ist auch, soweit er sich gegen die nach der zweitinstanzlichen Formalentscheidung derzeit allein zu beurteilende Verneinung der Rechtsmittelbefugnis wendet, berechtigt.

Mit der verfahrensrechtlichen Stellung der Organe des Handelsstandes nach § 126 FGG in Angelegenheiten, die einem registergerichtlichen Vorgehen nach § 142 FGG unterliegen, hatte der Oberste Gerichtshof sich bereits in seinem Beschluß vom 11. Juli 1985, 6 Ob 20/85, auseinanderzusetzen. Er hält seine darin dargelegte Auffassung aufrecht und wiederholt daher die in der Vorentscheidung getroffenen Ausführungen:

Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft ist als ein im § 126 FGG genanntes Organ des Handelsstandes nicht nur verpflichtet, die Registergerichte unter anderem 'beim Einschreiten gegen unzulässigen Firmengebrauch zu unterstützen', sondern ausdrücklich als berechtigt erklärt, 'zu diesem Zwecke Anträge bei den Registergerichten zu stellen und gegen Verfügungen der Registergerichte das Rechtsmittel der Beschwerde zu erheben'. Das nach § 126 FGG den Organen des Handelsstandes im öffentlichen Interesse eingeräumte Mitwirkungsrecht beschränkt sich im Falle eines Einschreitens gegen unzulässigen Firmengebrauch nicht auf das Ordnungsstrafverfahren nach § 37 Abs.1 HGB, § 140 FGG, sondern umfaßt im Rahmen des im § 126 FGG umschriebenen Aufgabenbereiches (der dort erwähnten 'Zwecke') auch ein registergerichtliches Vorgehen nach § 142 FGG.

Ein im Rahmen des nach § 126 FGG umschriebenen Aufgabenkreises von einem Organ des Handelsstandes gestelltes Verlangen um registergerichtliches Vorgehen nach § 142 FGG ist zum Unterschied eines Einschreitens einer anderen, nicht durch § 126 FGG oder eine vergleichbare Norm zum Formalbeteiligten berufenen Person nicht bloß als Anregung aufzufassen, die als solche keine verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung mit Rekursrecht zu verschaffen vermöchte, sondern als formelle Antragstellung mit verfahrensrechtlichem Anspruch auf Erledigung. Eine solche Verfahrensstellung verleiht Beteiligtenstellung mit Anfechtungsbefugnis im Sinne des § 9 AußStrG. Die Organe des Handelsstandes sind zur Wahrung öffentlicher Interessen nicht nur zur Unterstützung der Registergerichte, sondern auch zur Ermöglichung einer Kontrolle der pflichtgemäßen Ermessungsübung im Instanzenzug durch die Regelung nach § 126 FGG auch in das - im übrigen - amtswegige Verfahren nach § 142 FGG eingeschaltet.

Wegen dieser gesetzlich angeordneten Sonderstellung ist die vom Rekursgericht zitierte Rechtsprechung (SZ 21/81, SZ 24/49, GesRZ 1983,36; siehe auch NZ 1982,124 u.v.a.) über die Unanfechtbarkeit einer gerichtlichen Erledigung, mit der die Anregung auf Einleitung eines amtswegigen Verfahrens nach § 142 FGG abgelehnt wird, auf entsprechende Anträge einer nach § 126 FGG hiezu berufenen Kammer nicht anwendbar. Diese Auslegung stimmt mit der in der Bundesrepublik Deutschland herrschenden Auffassung überein (vgl. Jansen FGG 2 § 126 Rz 13; Schlegelberger FGG 7 § 126 Rz 4 in Verbindung mit § 141 Rz 6;

Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil A 11

§ 126 Rz 24; Schlegelberger-Hildebrandt-Steckhan § 8 Rz 11;

Hüffer in Großkomm HGB 4 § 8 Rz 14).

§ 126 FGG räumt in dem dort umschriebenen Bereich den Organen des Handelsstandes auch in den einem amtswegigen Einschreiten des Registergerichtes nach § 142 FGG vorbehaltenen Fällen die formelle Beteiligtenstellung nach § 9 AußStrG mit Anspruch auf Antragserledigung und Rechtsmittelbefugnis ein.

Der rekursgerichtliche Zurückweisungsbeschluß war aus diesen Erwägungen aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz die Entscheidung über den von der Kammer gegen die registergerichtliche Erledigung eingebrachten Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Anmerkung

E06268

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00025.85.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19850828_OGH0002_0060OB00025_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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