Index
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1994 §31 Abs5 idF 1998/070;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Mag. Peter Gastberger in St. Wolfgang im Salzkammergut, vertreten durch Bichler & Zrzavy, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Weyrgasse 8, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. November 2003, Zl. BauR-013054/4-2003-Ka/Pa, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:
1. Josef Zeppetzauer in Pfandl Bad Ischl, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef Walter Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55,
2. Marktgemeinde St. Wolfgang im Salzkammergut), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bezüglich des ersten Rechtsganges des hier gegenständlichen Bauverfahrens wird auf die Darstellung im Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2003/05/0017, verwiesen, wobei der nunmehr beschwerdeführende Nachbar in jenem Fall Mitbeteiligter, der nunmehr erstmitbeteiligte Bauwerber in jenem Fall Beschwerdeführer war:
"Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 28. Mai 2001 die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage für 13 Wohnungen mit 10 Garagenplätzen auf den Grundstücken Nr. .101/1 und .101/2, EZ 8, Grundbuch St. Wolfgang. Dem Mitbeteiligten gehört das seitliche Nachbargrundstück Nr. 98/2.
Bei der Bauverhandlung vom 19. Dezember 2001 wurde zunächst festgehalten, dass das Baugrundstück die Flächenwidmung Bauland-Kerngebiet aufweise, für das Nachbargrundstück des Mitbeteiligten bestehe die Widmung Bauland-Tourismusbetrieb. Im Norden und Westen befänden sich Betriebsanlagen (Hotel, Kino, Pizzeria) im Kur- und Fremdenverkehrsgebiet. Im Südwesten grenze das Baugrundstück direkt an den Wolfgangsee.
Der Mitbeteiligte erhob bei der Verhandlung eine Reihe von Einwendungen, wobei hier nur mehr der Einwand gemäß § 31 Abs. 5 Oö. BauO (heranrückende Bebauung) gegenständlich ist. Er betreibe auf seinem Grundstück Nr. 98/2 ein Veranstaltungshotel mit rund 400 Betten. Dafür liege eine Betriebsanlagengenehmigung, die auch den Betrieb einer Flüssiggasanlage und eines selbstfahrenden Wasserliftes umfasse, vor. Außerdem bestünden Genehmigungen für die Errichtung und Benützung von zwei Schifffahrtsanlagen auf der Seeparzelle Grundstück Nr. 514/19, die unmittelbar an das Grundstück Nr. 98/2 angrenze. Es dürften Fahrgastschiffe bis zu einer Länge von 35 m anlegen. Durch den Betrieb des Hotels, des Wasserliftes, der Flüssiggasanlage und der Schifffahrtsanlage sowie durch Veranstaltungen würden Immissionen in Form von Lärm, Licht und Geruch auftreten, die auf das geplante Bauvorhaben einwirken würden. Zuvor hätten sich auf den Baugrundstücken ebenfalls Gewerbebetriebe (Bar, Kegelbahn, Hotelwäscherei sowie eine Reihe von Gebäuden befunden, die als Nebengebäude zum Hotelbetrieb des Hotels "C" (Wirtschaftsräume, Weinkeller, Getränkelager und sonstige Lagerräume, Müllräume) dienten. Darüber lägen Betriebsanlagengenehmigungen vor. Indem nunmehr ein Wohngebäude statt eines Gewerbebetriebes auf den gegenständlichen Grundstücken errichtet werden solle, bestünde die Gefahr, dass für den Betrieb des Hotels samt der übrigen genannten Anlagen und für die Durchführung von Veranstaltungen strenge Auflagen durch die Gewerbebehörde wegen der dadurch auftretenden Belästigungen der Bewohner der angrenzenden Wohngebäude auferlegt würden.
...
Mit Bescheid vom 29. April 2002 erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde St. Wolfgang im Salzkammergut die begehrte Baubewilligung. Bezüglich der hier gegenständlichen Einwendung wurde ausgeführt, dass sich unter Berücksichtigung der derzeitigen Baubestände keine geringeren Abstände ergäben, weshalb von keiner heranrückenden Bebauung auszugehen sei. Es wurde auf das in der Folge ergänzte Gutachten des Bausachverständigen verwiesen.
In seiner dagegen erstatteten Berufung machte der Mitbeteiligte zum gegenständlichen Einwand geltend, es komme im Gegensatz zur Auffassung der Baubehörde erster Instanz nicht auf allfällige Abstände zwischen dem Bauvorhaben und dem Gewerbebetrieb an. Im Übrigen verwies er zum Altbestand auf den Baugrundstücken und zu den Aktivitäten auf seinem Grundstück auf sein bisheriges Vorbringen; ergänzend brachte er vor, dass zahlreiche genehmigte Feuerwerke veranstaltet worden seien und dass es immer wieder Außenlandungen und Außenabflüge mit Wasserflugzeugen vor seinem Hotel gegeben hätte. Das Hotel des Mitbeteiligten sei ein Veranstaltungshotel, in dem und um das dem Gast etwas geboten werde. Für den Betrieb des Hotels, des Wasserlifts und der Schifffahrtsanlage, für die Durchführung von Veranstaltungen und Feuerwerken sei mit strengeren Auflagen durch die Gewerbebehörde zu rechnen oder würden derartige Veranstaltungen überhaupt verboten werden, da sich die Bewohner des angrenzenden Wohngebäudes durch Lärm-, Licht- und Geruchsimmissionen belästigt fühlen würden. Gerügt wurde insbesondere, dass nicht festgestellt worden sei, ob die Baugrundstücke betrieblich oder zu Wohnzwecken genutzt worden wären.
Der Gemeinderat der Marktgemeinde St. Wolfgang im Salzkammergut gab mit Bescheid vom 28. August 2002 der Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters "vollinhaltlich". Bezüglich der heranrückenden Bebauung verwies er auf das Schätzgutachten des DI H., wonach es sich beim gegenwärtig bestehenden Objekt um ein Wohnobjekt handle, welches nunmehr ebenfalls durch ein Wohnobjekt ersetzt werden solle. Lediglich die Vinothek sei als Gewerbebetrieb geführt worden.
Einer dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge, hob den Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde. Bezüglich der übrigen im Verfahren erhobenen Einwendungen schloss sich die belangte Behörde den Ausführungen im Berufungsbescheid an; eine Verletzung bauordnungsrechtlich geschützter Nachbarrechte habe insofern nicht festgestellt werden können. Bezüglich der heranrückenden Bebauung sei der Mitbeteiligte in seinem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens verletzt worden. Unter Bedachtnahme auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei es von entscheidender Bedeutung, ob auf dem nun zu bebauenden Grundstück "betriebliche Anlagen" vorhanden seien bzw. gewesen seien. Die nicht von vornherein unglaubwürdig oder unschlüssigen Angaben des Mitbeteiligten über den derzeitigen Baubestand auf den Baugrundstücken stünden zu den diesbezüglichen Begründungsausführungen des Berufungsbescheides in Widerspruch; die Baubehörden hätten es unterlassen, den für die Erledigung dieser Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhalt zweifelsfrei festzustellen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Baubehörde zweiter Instanz bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre."
Über Aufforderung durch die Baubehörde legte der Erstmitbeteiligte in dem auf Gemeindeebene fortgesetzten Verfahren Bestanddokumentationen, betreffend das "Wohnhaus 1-Markt 119" (Parzelle .101/2) und das "Wohnhaus 2-Markt 14" (Parzelle .101/1), Baubewilligungen aus 1962, 1971 und 1974, Meldebestätigungen und weitere Planunterlagen vor. Im Auftrag der Baubehörde besichtigte der Amtssachverständige des Bezirksbauamtes Gmunden am 3. Februar 2003 die Bauliegenschaft zum Zweck der Bestandsaufnahme. Das Ergebnis dieser Bestandsaufnahme lautet zusammengefasst wie folgt:
"Auf Grund der beim Lokalaugenschein vorgenommenen Raumeinrichtungen können die in der Bestanddokumentation vom 20. Jänner 2003 der (Erstmitbeteiligter) ausgewiesenen Raumnutzungen bestätigt werden. Der überwiegende Teil der beiden Gebäude dient Wohnzwecken und wurden diese Gebäude auch im Sinne der zitierten Bescheide der Marktgemeinde St. Wolfgang i. S. vom 20. Jänner 1962, Zl. ...., vom 10. Juli 1971, Zl. ... und vom 28. Oktober 1974, Zl. ..., also Wohngebäude teilweise in Verbindung mit Personalzimmern bewilligt. Nur ein kleiner untergeordneter Teil wurde einer gewerblichen Nutzung zugeführt. Insgesamt handelt es sich daher um eine Wohnhausanlage bestehend aus zwei Gebäuden mit überwiegend Wohnfunktionen, teilweise mit Personalzimmern."
Mit Schreiben vom 14. Februar 2003 forderte die Baubehörde den Beschwerdeführer auf, entsprechende Nachweise darüber zu erbringen, dass von seinem gewerbebehördlich genehmigten Betrieb Emissionen ausgingen, die die gegenständlich zu errichtende Wohnhausanlage des Erstmitbeteiligten beeinträchtigen könne.
In Ausführung dieses Auftrages legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14. März 2003 die seine Betriebsanlage betreffenden Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. September 1995, 12. September 1997, 8. Oktober 1999, 15. Februar 2002 und 13. März 2003 vor. Er beantragte, die Baubehörde möge Befund und Gutachten über die durch die bestehenden genehmigten Betriebsanlagen entstehenden Luft-, Licht- und Geruchsimmissionen durch einen Sachverständigen aus dem Bereich des Immissionsschutzes und der Medizin einholen.
Von Seiten der Baubehörde selbst wurden weitere Unterlagen von der BH Gmunden beigeschafft und im Gemeindeamt befindliche Bauakten angeschlossen. Das Ergebnis dieser Beweisaufnahme fasste die Baubehörde im Schreiben vom 13. Mai 2003, gerichtet an den Beschwerdeführer, zusammen. Danach sei bei der Erteilung der betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung für die Hotelanlage des Beschwerdeführers die Gewerbebehörde bei den hier gegenständlichen Grundparzellen des Erstmitbeteiligten von "Nachbarwohn- und Geschäftsliegenschaften" ausgegangen. Im Zuge der Erhebungen sei festgestellt worden, dass bei den Objekten St. Wolfgang, Markt 14 und Markt 119 fast ausschließlich von Wohnobjekten ausgegangen wurde. Eine Ausnahme davon bilde der mit Bescheid der BH Gmunden vom 6. Juli 1995 genehmigte Gastgewerbebetrieb in Form einer Vinothek im Objekt St. Wolfgang, Markt 14.
Der Beschwerdeführer äußerte sich dazu mit Schriftsatz vom 26. Mai 2003, darin verwies er zunächst auf den zuletzt ergangenen Bescheid der BH Gmunden vom 13. März 2003, wonach in seinem Hotel nunmehr regelmäßige Veranstaltungen im "C-C" durchgeführt würden und sich in diesem Restaurant eine Musikanlage befände. Auch im Gastgarten dürfe Hintergrundmusik gespielt werden. Diese somit erlaubten Emissionen seien für das gegenständliche Verfahren beachtlich. Zur vorhandenen Bebauung verwies der Beschwerdeführer auf die Betriebsanlagengenehmigung für die Vinothek, dieser Gastgewerbebetrieb sollte in einem Anbau des bestehenden Wirtschaftsgebäudes errichtet und betrieben werden, was sich sowohl aus dem Bescheid als auch aus einer Verhandlungsschrift vom 22. Mai 1995 ergebe. Daraus folge eindeutig, dass es sich bei dem Gebäude auf dem Grundstück Nr. .101/1 nicht um ein Wohnhaus, sondern um ein Wirtschaftsgebäude zum Hotel C. gehandelt habe. Das Gebäude St. Wolfgang Nr. 14 "Scheffelhaus" sei als Vinothek und als Wirtschaftsgebäude des Hotel "C"., somit gewerblich genutzt worden. Das Gebäude auf dem Grundstück Nr. .101/2, St. Wolfgang Nr. 119, sei überwiegend als Personalhaus und nur von untergeordneter Bedeutung als Privathaus genutzt worden. Dass sich im Gebäude Personalwohnungen befunden hätten, ergebe sich aus einem Bescheid der BH Gmunden vom 22. Jänner 1981. Darüber hinaus befände sich in dem Gebäude eine inzwischen stillgelegte Kegelbahn. Insgesamt habe die gewerbliche Nutzung eine Fläche von 2.819,16 m3 in Anspruch genommen, das Wohnhaus aber bloß einen Raum von 505,06 m3.
Mit Bescheid vom 21. Juli 2003 gab der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Gemeinde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 29. April 2002 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich. Nach Wiedergabe der vorliegenden Beweisergebnisse einschließlich der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 26. Mai 2003 gelangte der Gemeinderat abschließend zum Ergebnis, es handle sich beim gegenwärtig bestehenden Objekt um ein Wohnobjekt, welches nunmehr durch ein Wohnobjekt ersetzt werden solle. Es sei daher von keiner heranrückenden Bebauung auszugehen.
In seiner dagegen erstatteten Vorstellung verwies der Beschwerdeführer zunächst darauf, dass der Bescheid der BH Gmunden vom 13. März 2003 zufolge Abweisung einer Berufung u.a. des Erstmitbeteiligten mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. Juni 2003 rechtskräftig geworden sei. Entgegen der Annahme der Berufungsbehörde befänden sich auf den gegenständlichen Baugrundstücken nicht großteils Wohnungen, sondern würden die Gebäude vor allem betrieblich genutzt. Es handle sich um Wirtschaftsgebäude des Hotel "C" (Hotelwäscherei, Bügelraum, Personalhaus, Weinkeller, Getränkelager, Magazin, Werkstätten). Daneben befänden sich dort Garagen, eine alte Kegelbahn und eine stillgelegte Vinothek mit Barbetrieb. Unter Wohngebäude würden hingegen Gebäude zu verstehen sein, die ausschließlich oder zumindest vorwiegend für Wohnzwecke bestimmt seien. Auch der Umstand, dass im gegenständlichen Gebäude Personalzimmer untergebracht seien, mache das Gebäude noch nicht zum Wohngebäude. Unter Hinweis auf schon genehmigte bzw. zu genehmigende Veranstaltungen hinsichtlich des Veranstaltungshotels "S" des Beschwerdeführers hätte die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung zum Ergebnis kommen müssen, dass der Tatbestand der heranrückenden Bebauung gegeben sei, weshalb die Baubewilligung nicht hätte erteilt werden dürfen. Die entsprechenden Nachweise seien vom Beschwerdeführer erbracht worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge. Die hier entscheidende Frage, ob auf den zu bebauenden Grundstücken schon bisher Wohngebäude bestanden, könne nicht anhand von gewerberechtlichen Bescheiden, Gutachten und Stellungnahmen entschieden werden, sondern nur anhand von vorhandenen Baubewilligungen für Wohngebäude. Tatsächlich lägen Baubewilligungen vom 20. Jänner 1962 für den Umbau und Zubau des bestehenden Wohnhauses auf der Parzelle Nr. .101/2, Markt 119, vom 10. Juli 1971 für den Umbau des Nebengebäudes auf der Parzelle Nr. .101/2, Markt 119 und vom 28. Oktober 1974 für die Aufstockung des Anbaus beim Haus Markt Nr. 14 vor. Mit allen drei zitierten Bescheiden seien Bewilligungen zu An- und Umbauten für Wohnzwecke erteilt worden. Es sei daher erwiesen, dass für das zu bebauende Grundstück konsumierte Baubewilligungen für Wohngebäude vorlägen, daraus folge, dass ein weiteres Wohngebäude keine heranrückende Bebauung mehr sein könne.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, dass dem Erstmitbeteiligten keine Baubewilligung erteilt werde, weil heranrückende Bebauung im Sinne des § 31 Abs. 5 Oö. BauO vorliege. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie der Erstmitbeteiligte, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unstrittig ist auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers eine gewerbebehördlich bewilligte Betriebsanlage vorhanden, weshalb zu prüfen ist, ob er die Nachbareinwendung der "heranrückenden Bebauung" geltend machen kann. Die Nachbareinwendung der "heranrückenden Bebauung" ist im § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 (in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998; BO) geregelt. Diese Bestimmung lautet:
"(5) Beim Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen."
Nach der vom Verwaltungsgerichtshof geteilten Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. Nr. 15.891; siehe das eingangs zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage) ist der Begriff "unbebautes Grundstück folgendermaßen auszulegen:
"Das Grundstück gilt nur dann als bisher unbebaut, wenn es bisher keine in Bezug auf die jeweils relevante Immission empfindliche Bebauung aufweist. Unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes besteht ein gravierender Unterschied, ob das Nachbargrundstück einer Betriebsanlage zum Zeitpunkt der Baubewilligung dieser Betriebsanlage mit einem Wohn- oder Betriebsgebäude bebaut war. Grenzte bereits damals ein Wohngebäude an die Betriebsanlage an, so waren allfällige schädliche Umwelteinwirkungen der Betriebsanlage auf das angrenzende Wohngebäude im gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren zu berücksichtigen. War das an die Betriebsanlage angrenzende Grundstück damals ebenfalls betrieblich genutzt und bedurfte der Betrieb keines besonderen Immissionsschutzes, so waren im gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren eine allfällige Beeinträchtigung oder Belästigungen eines Betriebes auf den anderen zu beurteilen. Wird hingegen auf einem Grundstück, das damals betrieblich genutzt wurde und an einen Betrieb grenzte, ein Wohngebäude errichtet, so lassen die nun beabsichtigten Wohnbauten strengere Auflagen durch die Gewerbebehörde auf Grund der mit dem Gewerbebetrieb verbunden Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des angrenzenden Wohngebäudes erwarten. Im früheren Betriebsanlagengenehmigungsverfahren war bei der Beurteilung der Immissionen auf das Nachbargrundstück davon auszugehen, dass dieses ebenfalls betrieblich genutzt wird und keines besonderen Immissionsschutzes bedarf."
Wie gleichfalls im Erkenntnis vom heutigen Tage ausgeführt, ist die belangte Behörde im ersten Rechtsgang zu Recht mit einer Aufhebung des Berufungsbescheides vorgegangen, weil der derzeitige Baubestand auf den Grundstücken des Erstmitbeteiligten unter Bedachtnahme auf die nach dieser Rechtslage erforderliche Unterscheidung nicht hinreichend geklärt worden war.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Vorstellung des Beschwerdeführers mit ihrer Rechtsauffassung begründet, es komme diesbezüglich ausschließlich auf vorhandene und konsumierte Baubewilligungen an. Sie nannte drei Baubewilligungsbescheide aus den Jahren 1962, 1971 und 1974, womit jeweils Baubewilligungen zu An- und Umbauten für Wohnzwecke erteilt worden seien. Es sei daher erwiesen, dass für das zu bebauende Grundstück konsumierte Baubewilligungen für Wohngebäude vorlägen, sodass ein weiteres Wohngebäude keine heranrückende Bebauung sein könne.
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Rechtsauffassung aus folgenden Erwägungen an:
Der Beschwerdeführer betreibt auf der Nachbarliegenschaft eine gewerberechtlich genehmigte Betriebsanlage. Die § 74 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und 2, § 75 Abs. 2 sowie § 79 Abs. 1 bis 3 (auszugsweise) GewO 1994 haben folgenden Wortlaut:
"§ 74. (1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...
§ 75.
(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
§ 79.
(1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; ...
(2) Zugunsten von Personen, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 geworden sind, sind Auflagen im Sinne des Abs. 1 nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind. Auflagen im Sinne des Abs. 1 zur Vermeidung einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung durch Luftschadstoffe, Lärm oder gefährliche Abfälle sind, sofern sie nicht unter den ersten Satz fallen, zu Gunsten solcher Personen nur dann vorzuschreiben, wenn diese Auflagen im Sinne des Abs. 1 verhältnismäßig sind.
(3) Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden."
Wie sich aus den oben wiedergegebenen Darlegungen des Verfassungsgerichtshofes, denen sich der Verwaltungsgerichtshof anschließt, ergibt, dient § 31 Abs. 5 BO dem Schutz des Vertrauens des Inhabers einer Betriebsanlage. Er darf in einem Fall wie dem vorliegenden darauf vertrauen, dass in der Nachbarschaft seiner Betriebsanlage nicht nur derzeit (d.h. im Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage) keine Wohngebäude bestehen und daher eine Gefährdung oder unzumutbare Belästigung von Nachbarn im Sinn des § 74 Abs. 2 GewO 1994 durch Immissionen, die von der Betriebsanlage ihren Ausgang nehmen, nicht zu befürchten ist, sondern auch darauf, dass ihm auch nicht als Folge einer späteren Verbauung mit Wohngebäuden die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen, allenfalls sogar die Verpflichtung zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes iSd § 79 GewO 1994 droht. Ein solches Vertrauen ist auch dann zu schützen, wenn zwar das Nachbargrundstück nicht (wie nach dem reinen Wortlaut des § 31 Abs. 5 BO gefordert) unbebaut ist, die vorhandene Bebauung aber nur den vorübergehenden Aufenthalt von Personen (die somit vom Schutzbereich des § 74 Abs. 1 Z 1 und 2 GewO 1994 nicht umfasst sind) zulässt. Besteht aber auf dem Nachbargrundstück bereits eine für Zwecke des Wohnens bewilligte Bebauung, so war zwar nach der Eigenart des gewerberechtlichen Genehmigungsverfahrens bei der gewerberechtlichen Genehmigung der Betriebsanlage auf den Schutz von Personen iSd des § 74 Abs. 2 Z 1 und 2 GewO 1994 nicht Bedacht zu nehmen, wenn sich tatsächlich dort Personen nur vorübergehend aufgehalten haben. Der Inhaber der Betriebsanlage musste aber im Hinblick auf die bestehende bewilligte Widmung des Gebäudes damit rechnen, dass sich dort in der Zukunft einmal Personen aufhalten werden und zu deren Schutz gegebenenfalls Maßnahmen nach § 79 GewO 1994 gesetzt werden.
An dieser Vertrauenslage ändert sich nichts, wenn auf dem Nachbargrundstück an Stelle des bisherigen Wohngebäudes ein anderes oder neben diesem ein weiteres Wohngebäude errichtet wird.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Juni 2005
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003050243.X00Im RIS seit
17.08.2005Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009