TE OGH 1985/9/5 13Os130/85

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Veröffentlicht am 05.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Mader als Schriftführerin in der Strafsache gegen Egon A wegen des Verbrechens des Betrugs nach § 146 f. StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 28. Juni 1985, GZ 7 a Vr 2495/83-264, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Nachdem mit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 9. Mai 1985, 13 Os 36/85-8, das im übrigen unberührt gebliebene Urteil des Schöffengerichts vom 5. Dezember 1984, GZ 7 a Vr 2945/83-234, gemäß § 290 Abs 1 StPO im Schuldspruch B I (Verbrechen des schweren Betrugs) und im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen worden war (ON 261), hat die Staatsanwaltschaft am 17. Juni 1985 die Erklärung abgegeben, die Anklage im aufgehobenen Schuldspruch B I zurückzuziehen (§ 227 Abs 1 StPO auch aus dem Grund des § 34 Abs 2 Z. 1 StPO).

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Schöffengericht für die in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche gemäß § 28, 147 Abs 3 StGB über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verhängt. Außerdem wurde die Vorhaft vom 17. September 1981, 10 Uhr, bis 30. September 1981, 15,45 Uhr, vom 30. Juni 1983, 19 Uhr, bis 1. Juli 1983, 12 Uhr, und vom 15. Juli 1983, 12 Uhr, bis 28. Juni 1985, 16 Uhr, gemäß § 38 StGB auf die Strafe angerechnet.

Dieses Urteil ficht der Angeklagte aus § 281 Abs 1 Z. 1 und 3 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde an.

Rechtliche Beurteilung

Der schon in der Hauptverhandlung (Band IV S. 477 f.) und nunmehr auch aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund vorgebrachte Einwand, daß der Vorsitzende, der im ersten Rechtsgang mitgewirkt hatte, deshalb vom zweiten Verfahrensgang insbesondere deshalb ausgeschlossen gewesen wäre, weil nicht nur eine Straffestsetzung, sondern auch die seinerzeit unter § 281 Abs 1 Z. 11 StPO angefochtene Vorhaftanrechnung Gegenstand der neuen Entscheidung sei, ist nicht stichhältig.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen (siehe insbesondere EvBl 1952/79; auch 13 Os 160/83), daß in jenen Fällen, in denen sich der erneute Rechtsgang nur mehr auf die Bemessung der Strafe erstreckt, die Richter, die an der im früheren Rechtsgang erflossenen Entscheidung mitgewirkt haben, nicht ausgeschlossen sind. Dem Beschwerdeführer war spätestens mit dem Erhalt der Ladung zur Hauptverhandlung durch den Hinweis 'Straffestsetzung' (Band IV Seite 173) bekannt, daß die Hauptverhandlung und die Urteilsfällung die Straffestsetzung zum Gegenstand hatte. Sein Vorbringen, es sei in der neuen Hauptverhandlung seines Wissens auch noch um das seinerzeitige Faktum B I gegangen, entbehrt daher der aktenmäßigen Deckung. Da der Ankläger nicht erst nach der Eröffnung der Hauptverhandlung von der diesbezüglichen Anklage zurücktrat, war auch, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, in diesem Punkt kein Freispruch zu fällen (§ 259 Z. 2 StPO).

Dem Beschwerdeführer ist allerdings zuzugeben, daß der Gegenstand der neuen Urteilsfällung nicht allein die Bemessung der Strafe, sondern auch die schon seinerzeit als nichtig ob § 281 Abs 1 Z. 11 StPO angefochtene (Band IV S. 115) Vorhaftanrechnung (ein Ausspruch sui generis: RZ. 1977/8 S. 18 = LSK. 1976/389) war.

Indes: Im Licht der bisherigen Judikatur könnte der Umstand, daß der Ausspruch der Unrechtsfolge im ersten Urteil als nichtig nach § 281 Abs 1 Z. 11 StPO angefochten war, für die Frage des Ausschlusses eines an der Hauptverhandlung im ersten Rechtsgang beteiligt gewesenen Richters (§ 68 Abs 2 Ende StPO) keine Bedeutung beanspruchen (siehe oben). Gleiches muß auch für die (mit dem seinerzeitigen Strafausspruch zugleich kassierte, nun neuerlich vorzunehmende und der Realisierung des Strafausspruchs dienende) Vorhaftanrechnung gelten, die im ersten Rechtsgang aus dem auch für die Bekämpfung des Strafausspruchs vorgesehenen Nichtigkeitsgrund angefochten worden war und prozessual das Schicksal des Strafausspruchs teilte. Schließlich hat die Vorhaftanrechnung als Erkenntnisvorgang (als noetischer Ablauf) mit dem Schuldspruch (Tatsachenfeststellung und folgende Subsumtion) noch weniger zu tun als der Erkenntnisvorgang der Strafverhängung, mögen auch die juristischen Interdependenzen aller drei Aussprüche evident sein. Die nicht weiter als Nichtigkeit relevierte angebliche Differenz von fünf Stunden zwischen der effektiven Vorhaft und der Anrechnung hat auf sich zu beruhen (siehe nochmals RZ. 1977/8 S. 18). Als nichtig nach § 281 Abs 1 Z. 3 StPO wird gerügt, daß die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten vor der Hauptverhandlung am 28. Juni 1985, obwohl durch die Aktenlage indiziert, nicht neuerlich überprüft worden sei. Die Beschwerde selbst vermag eine Vorschrift, die verletzt oder vernachlässigt worden wäre und deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt, nicht zu zitieren. Ein Antrag, die Verhandlungsfähigkeit zu überprüfen, dessen Abweisung oder Nichterledigung dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der allfälligen Geltendmachung einer Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z. 4 StPO eröffnet hätte, wurde nicht gestellt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils (Z. 3) als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO schon in einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Für die Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E06802

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00130.85.0905.000

Dokumentnummer

JJT_19850905_OGH0002_0130OS00130_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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