TE OGH 1985/9/10 4Ob356/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C D

E, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch

Dr.Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F G N.V., Vösendorf, Eisgrubergasse 2, vertreten

durch Dr.Erich Zeiner und Dr.Hans Georg Zeiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 200.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 25.April 1985, GZ 2 R 84/85-10, womit infolge Rekurse beider Parteien der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 1. März 1985, GZ 37 Cg 72/85-3, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verbot der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung,

1. Ein Rätselspiel, insbesondere das 'Riesen-Gewinnspiel' der beklagten Partei anzukündigen und durchzuführen, bei dem jene Konsumenten, die nach Betreten des Geschäfts eines Fotohändlers die Fragen auf der Gewinnspielkarte, die nur nach Kauf oder Ansicht einer Batteriepackung der beklagten Partei beantwortet werden können, lösen und die Gewinnkarte für die beklagte Partei dort abgeben, an der Verlosung von Preisen nicht ganz unbedeutsamen Wertes teilnehmen;

2. ohne in Geschäftsverbindung mit allen österreichischen Fotohändlern bezüglich Fotobatterien F zu stehen, in öffentlichen Bekanntmachungen anzukündigen, daß jeder Beworbene gegen Abgabe eines gleichzeitig abgedruckten Gutscheines eine Fotobatterie F MN 1500 bei seinem Fotohändler erhalte. Hingegen wies das Erstgericht, soweit dies für die Entscheidung für den Revisionsrekurs noch von Bedeutung ist, den weiteren Sicherungsantrag, der beklagten Partei zu verbieten, im Rahmen des unter 1. erwähnten Gewinnspiels auch dem Personal des Fotohändlers für die Einsendung von ausgefüllten und mit dem Firmenstempel versehenen Gewinnspielkarten Geschenke verschiedenwertig nach der Anzahl der eingesendeten Karten anzukündigen und zu gewähren, ab. Das Erstgericht nahm folgenden noch wesentlichen Sachverhalt als bescheinigt an:

Die klagende Partei ist ein Verband, dessen Zweck die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist. Dieser Zweck soll nach der Satzung durch Intervention bei Wettbewerbsverstößen bzw. durch Einschreiten bei den Organen der Rechtspflege erreicht werden. Bei der klagenden Partei sind u.a. das Landesgremium Wien für den Handel mit Waren für Kino, Fotos und Optik, ferner das Landesgremium Wien für den Handel mit Elektrowaren, Radioapparaten, deren Bestandteilen und Zubehör und Musikinstrumenten sowie die Landesinnung Wien der Fotografen Mitglieder. Die beklagte Partei beschäftigt sich mit der Erzeugung und dem Handel von Batterien.

Im Dezember 1984 sandte die beklagte Partei an Fotohändler ein Schreiben, in dem sie diese aufforderte, sich an dem F 'Riesengewinnspiel' zu beteiligen. Der Fotohändler spielt mit, indem er die beiliegende Box mit den Gewinnkarten auf seinem Verkaufspult aufstellt und das beiliegende Plakat, auf dem für das Gewinnspiel geworben wird, sichtbar anbringt. Das Plakat trägt folgenden Text:

'Was wissen Sie über F-Batterien? Riesengewinnspiel; dazu eine Batterie gratis; Teilnahmekarten für alle, die gewinnen wollen!

Erster Preis: Fotosafarie nach Kenia für zwei Personen

Zweiter Preis: Wochenende in Paris für zwei Personen

Dritter Preis: H I J Ski!'

Der Händler macht den Kunden auf das Gewinnspiel aufmerksam und wird gleichzeitig angewiesen, dem Interessenten durch Vorlage einer F-Blister-Packung beim Ausfüllen der Karte zu helfen. Die Gratisbatterie wird dem Kunden nach dem Ausfüllen der Karte übergeben. Drei näher angeführte Sätze müssen vervollständigt werden. Diese Aufgaben können nur mit Hilfe einer F-Blister-Packung gelöst werden. Die fehlenden Worte ergeben sich aus dem auf der Rückseite dieser Packung abgedruckten Text. Die Gewinnkarte nimmt sowohl bei der Zwischenverlosung vom 25.1.1985 als auch an der Schlußverlosung vom 22.2.1985 teil. Bei der Zwischenverlosung werden ebenfalls drei näher festgestellte Preise verteilt. Der Teilnehmer muß auf der Gewinnkarte seinen Namen und Telefonnummer angeben. Weiters ist auf der Karte Raum für den Firmenstempel und für den Namen des den Kunden betreuenden Angestellten. Für jede ausgefüllte Gewinnkarte erhält der Händler von F oder seinem Großhändler eine Batterie MN 1500 ersetzt, die als Gratisgabe verschenkt worden ist. Bei jeder Bestellung werden zusätzliche Gewinnkarten dem Händler zugesendet. Dieser kann aber unabhängig von Bestellungen Gewinnkarten anfordern. Der Händler oder sein Angestellter erhält für 40 ausgefüllte Karten ein Geschenk nach seiner Wahl, nämlich einen PARKER-Kugelschreiber, eine K Taschenlampe oder ein Weinset; für weitere 120 Karten einen elektrisch betriebenen Hasen, eine Tischuhr oder ein Pizzaset; für 200 zusätzliche Karten eine Sporttasche, einen Autostaubsauger oder einen Reisewecker. Der Händler oder Angestellte, der die meisten Karten eingesendet hat, bekommt ein Farbfernsehgerät nach freier Wahl. Am 14.12.1984 kündigte die beklagte Partei in der KRONEN-Zeitung ihr 'Riesengewinnspiel' an. Jedem Fotohändler steht es frei, ob er sich an dem Gewinnspiel beteiligen will oder nicht. Rund 60 % der Fotohändler Österreichs führen die Batterien, die von der beklagten Partei hergestellt werden.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, die - von der beklagten Partei bestrittene - Aktivlegitimation der klagenden Partei sei gegeben, weil die Klageführung in übereinstimmung mit der Satzung der klagenden Partei im Interesse ihrer Mitglieder erfolge. Wenn auch das beanstandete Gewinnspiel unabhängig vom Warenbezug sei, verstoße es doch gegen die guten Sitten (§ 1 UWG), weil sich die Kunden im Hinblick auf die Notwendigkeit, zur Teilnahme an dem Spiel ein Geschäft aufzusuchen und sich vom Verkäufer beraten zu lassen oder eine Packung Batterien einem Verkaufsständer zu entnehmen, gedrängt sehen, eine Packung Batterien zu kaufen. Sie seien daher einem psychischen Kaufzwang ausgesetzt. Da die beklagte Partei ankündige, der Gutschein für eine Gratisbatterie könne 'bei Ihrem Fotohändler eingelöst werden', die gegenständlichen Batterien der beklagten Partei aber nicht von allen Fotohändlern geführt werden, würden diese Händler, um die Wünsche ihrer Kunden erfüllen zu können, dazu verhalten, Produkte der beklagten Partei anzuschaffen. Die Ausdehnung der Werbung auf Händler, die nicht Vertragsmitglieder der beklagten Partei seien, verstoße ebenfalls gegen den § 1 UWG.

Das Einspannen von Händlern und Angestellten in Werbeaktionen könne gegen die guten Sitten verstoßen, wenn dadurch ein Anreiz geschaffen werde, den Kunden nicht nach sachlichen Gesichtspunkten zu beraten, um ihm die Ware aufzudrängen. Da die Verkäufer im gegenständlichen Fall eine Prämie nicht für den Verkauf von Waren, sondern für das Ausfüllen der Gewinnkarte erhalten, bestehe keine Gefahr, daß sie Kunden in diesem Zusammenhang sachwidrig beraten. Dieser Teil des Sicherungsantrages sei daher nicht berechtigt. Das Rekursgericht bestätigte die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung und änderte den abweislichen Teil des erstgerichtlichen Beschlusses dahin ab, daß es den das Verbot der Ankündigung und Gewährung von Geschenken an das Personal des Fotohändlers betreffenden Sicherungsantrag erließ. Es sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes S 15.000 übersteigt, wogegen der Wert des gesamten Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, S 300.000 nicht übersteigt. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes für einen solchen Sachverhalt zu § 10 UWG nicht vorliege. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sei es gleichgültig, ob die den Verkäufern von der beklagten Partei gewährten Vorteile vom Warenumsatz oder von der Einsendung einer bestimmten Anzahl ausgefüllter Gewinnkarten abhängig gemacht werde, weil in jedem Fall Kunden zum Warenbezug bewogen werden sollen. Die in Aussicht gestellten Vorteile seien geeignet, den Verkäufer zu einer unsachlichen Bevorzugung der beklagten Partei zu veranlassen, indem er die Aufmerksamkeit der Kunden auf das Gewinnspiel und damit zwangsläufig auch auf die Waren der beklagten Partei richte und damit deren Mitbewerber benachteilige.

Gegen den bestätigenden und den abändernden Teil dieser Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag zur Gänze abgeändert werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß dem § 528 Abs 1 Z 1 ZPO sind Rekurse gegen

Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz unzulässig, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden ist (§ 502 Abs 3). In diesen Fällen ist auch ein Revisionsrekurs aus den Gründen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO unzulässig. Der Revisionsrekurs der beklagten Partei war daher, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen, ohne daß der von der beklagten Partei aufgeworfenen Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO eine Bedeutung zukäme. Der Revisionsrekurs ist aber auch im übrigen, also soweit er sich gegen den abändernden Teil der Rekursentscheidung richtet, unzulässig. Die klagende Partei beantragte in diesem Punkt (lit c des Sicherungsantrages), der beklagten Partei zu verbieten, 'im Rahmen des zu lit a und b beschriebenen 'Riesen-Gewinnspiels' auch dem Personal des Fotohändlers für die Einsendung von ausgefüllten und mit dem Firmenstempel versehenen Gewinnspielkarten Geschenke verschiedenartig nach der Anzahl der eingesendeten Gewinnspielkarten anzukündigen und zu gewähren'.

Für die Erlassung des in diesem Teil des Sicherungsantrages angestrebten Verbots besteht jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis, weil das darin bezeichnete wettbewerbswidrige Verhalten der beklagten Partei einen Bestandteil des ihr bereits unter

lit a - rechtskräftig - verbotenen 'Riesen-Gewinnspiels' bildet. Ob die in lit c inkriminierte Ankündigung und Gewährung von Geschenken für sich allein einen selbständigen wettbewerbswidrigen Charakter hat, ist hier nicht zu entscheiden, weil die klagende Partei dieses Verhalten der beklagten Partei ausdrücklich nur im Rahmen des Gewinnspiels verboten wissen will. Dieses Verbot wird jedoch bereits von dem Verbot des Gewinnspiels umfaßt, weil die näher bezeichnete Ankündigung und Gewährung von Geschenken einen Teil dieses Gewinnspiels bildet. Der Sicherungsantrag wäre daher in seinem Punkt lit c mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen gewesen. Fehlt aber hinsichtlich dieses Teiles des Sicherungsantrages der klagenden Partei aus den dargelegten Gründen das Rechtsschutzsbedürfnis, dann ist die beklagte Partei durch das vom Rekursgericht dennoch im Punkt c erlassene selbständige Verbot nicht beschwert, weil die Rechtsstellung der beklagten Partei durch dieses Verbot nicht mehr beeinträchtigt werden kann, als dies durch das rechtskräftige Verbot des Gewinnspiels zu lit a bereits geschehen ist (siehe zur Beschwer Fasching, Rdz 1715). Dem zu lit c begehrten Verbot kommt, wie bereits erwähnt, keine über das Verbot des Gewinnspiels zu lit a hinausreichende Bedeutung zu.

Der Revisionsrekurs ist daher auch in diesem Punkt unzulässig, sodaß er zur Gänze zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 78, 393 Abs 1, 402 EO, 40, 50, 52 ZPO begründet.

Anmerkung

E06524

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00356.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0040OB00356_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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