Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl und Dr.Gamerith, sowie die Beisitzer Herbert Bauer und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Horst A, Angestellter, Wien 15.,
Hagengasse 21/8, vertreten durch DDr.Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B C
Gesellschaft mbH in Wien 11., Schemmerlstraße 66, vertreten durch Dr.Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 196.281,12 brutto s.A. (Revisionsstreitwert S 192.303,-- brutto), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 9.Juli 1984, GZ.44 Cg 111/84-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 29.Februar 1984, GZ.6 Cr 320/83-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.280,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 669,15 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1.Jänner 1977 bei der beklagten Partei angestellt. Im Laufe des Jahres 1977 wurde er Leiter der Heizungsabteilung. Am 30.Juni 1983 wurde er wegen geschäftlicher Betätigung für das Konkurrenzunternehmen D E F
entlassen.
Der Kläger behauptet, er sei ungerechtfertigt entlassen worden. Er habe in seiner Freizeit Privatpersonen beraten, für sie geplant und die Lieferung von Installationsmaterial vermittelt, was ihm von der beklagten Partei ausdrücklich gestattet worden sei. Der Kläger begehrte zuletzt Zahlung von S 3.978,12 brutto an laufenden Bezügen, die nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sind, sowie Kündigungsentschädigung Urlaubsentschädigung, Weihnachtsremuneration, Urlaubszuschuß und Abfertigung in der außer Streit stehenden Höhe von S 192.303,-- brutto s.A., zusammen sohin S 196.281,12 brutto s.A.
Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe für die Vermittlung des Verkaufes von Installationswaren durch das Konkurrenzunternehmen D E F Provision
bezogen, was der beklagten Partei erst am 29.Juni 1983 bekannt geworden sei. Die beklagte Partei habe dem Kläger diese Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen nie bewilligt.
Das Erstgericht sprach dem Kläger - insoweit
rechtskräftig - S 3.978,12 brutto s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 192.303,-- brutto s.A. ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Sowohl die beklagte Partei wie auch die Firma D E F betreiben den Großhandel mit Installationsmaterial; sie stehen zueinander im Wettbewerb. Der Kläger plante während seines Dienstverhältnisses zur beklagten Partei insbesondere für privat geworbene Kunden Heizungsanlagen. Er unterbot die Preise von Installateuren, vermittelte den Verkauf der Heizungen bei der Firma D E F und bekam von diesem Unternehmen dafür
Provisionen. Die beklagte Partei wußte von dieser Tätigkeit nichts. Wohl war einmal - etwa 1979 - in Anwesenheit des technischen Vorgesetzten des Klägers, Ing.Franz G, bei einem Gespräch mit Repräsentanten der Firma D E F davon die Rede, ob der Kläger die Produkte der Firma D E F auch weiter 'privat verkaufen' wolle. Es ist aber nicht erwiesen, daß Ing.Franz G, der gar nicht berechtigt gewesen wäre, dem Kläger solche Geschäfte zu gestatten, diesem Teil des Gespräches bewußt zuhörte. Nach diesem Gespräch vermittelte der Kläger weiterhin privat Heizungsanlagen, die von der Firma D E F geliefert
wurden, und bezog hiefür 'Entgelt'. Im Jahr 1982 zeigte ein gekündigter Mitarbeiter der beklagten Partei den Kläger wegen unerlaubter Geschäfte mit Kunden an. Der Kläger bestritt gegenüber seinem Vorgesetzten, Werner H, diese Vorwürfe. Mangels Beweisen glaubte damals Werner H diese Vorwürfe nicht. Etwa am 27. Juni 1983 teilte ein Mitglied der Geschäftsleitung der Firma D E F dem Personalchef der beklagten Partei, Wilhelm I, mit, daß der Kläger von diesem Unternehmen Provision beziehe, und übermittelte der beklagten Partei über ihr Ersuchen die Belege über die Provisionszahlungen. Wilhelm I hielt diese Beweise dem Kläger in Gegenwart des zugezogenen Betriebsratsobmannes der beklagten Partei vor und sprach die Entlassung des Klägers aus. Die Tätigkeit für die Firma D E F (Verkauf von Material, das auch die beklagte Partei führt) wurde dem Kläger nie gestattet. Der Kläger ersuchte auch um eine solche Zustimmung nie. Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Tätigkeit des Klägers für ein Konkurrenzunternehmen und insbesondere die Annahme von Provision einen Entlassungsgrund nach dem Angestelltengesetz bilde. Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs.1 Z.3 ArbGG von neuem. Es hatte keine Bedenken gegen die Beweiswürdigung der ersten Instanz und traf dieselben Feststellungen wie diese. Der für personelle und disziplinäre Angelegenheiten zuständige Vorgesetzte des Klägers sei Herbert J gewesen. Der technische Vorgesetzte des Klägers, Ing.Franz G, habe als Zeuge ausgesagt, von den Privatgeschäften des Klägers keine Ahnung gehabt zu haben. Der Kläger könne sich daher nicht auf eine Einwilligung der beklagten Partei berufen. Sein Verhalten bilde einen Entlassungsgrund nach § 27 Z.3 AngG, weil der Kläger im Geschäftszweige seines Dienstgebers mit einem Konkurrenzunternehmen auf eigene Rechnung Geschäfte gemacht habe. Zweifel daran, daß auch die beklagte Partei die Waren (Heizkörper), deren Verkauf der Kläger der Firma D E F vermittelt habe, hätte liefern können, bestünden nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Gemäß § 7 Abs.1 AngG ist es den im § 1 bezeichneten Angestellten unter anderem verboten, ohne Bewilligung des Dienstgebers in dem Geschäftszweige des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechte Handelsgeschäfte zu machen. Die übertretung dieses Konkurrenzverbotes ist gemäß § 27 Z.3 zweiter Fall AngG als ein wichtiger Grund anzusehen, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt. Der Begriff des 'Geschäftszweiges' wurde in der Entscheidung Arb 6.538 (dieser folgend Kuderna, Entlassungsrecht 93; aM Martinek-Schwarz AngG 6 618 unter Berufung auf Arb 7.909) weit gezogen und ausgesprochen, daß sich das Verbot nicht nur auf Geschäfte erstrecke, die der Arbeitgeber betreibe, sondern auch auf solche, die er nach der Zweckwidmung seines Handelsgewerbes betreiben könne, und daß der Angestellte grundsätzlich nur Geschäfte, die völlig aus dem Rahmen der geschäftlichen Betätigung des Dienstgebers fielen, vornehmen dürfe. In der Entscheidung Arb 7.909 wurde allerdings ein Entlassungsgrund nach § 27 Z.3 AngG nicht angenommen, weil die vom Dienstnehmer vertriebenen (zwar in denselben Geschäftszweig fallenden) Waren vom Dienstgeber nicht geführt wurden.
Die Geschäfte des Klägers betrafen Waren, mit denen auch die beklagte Partei handelt, und fielen damit - auch im Sinne eines engeren Verständnisses dieses Begriffes - in den Geschäftszweig des Dienstgebers. Die Berufung des Klägers auf die Zulässigkeit einer von den Beschränkungen der nicht betroffenen Nebenbeschäftigung (vgl. Martinek-Schwarz a.a.O. 616 f.) ist daher verfehlt. Unerheblich ist auch, daß die beklagte Partei den Großhandel betreibt und damit in der Regel (?) nur Großhändler beliefern mag. Abgesehen davon, daß auch das Konkurrenzunternehmen, mit dem der Kläger zusammenarbeitete, Großhändler ist, konnte es schon dadurch zu einer Konkurrenzierung der beklagten Partei kommen, daß der Kläger die Preise von Installateuren unterbot, die sonst den Auftrag erhalten und sich allenfalls bei der beklagten Partei mit den erforderlichen Materialien eingedeckt hätten.
Der Kläger meint weiters, die Bestimmung des § 27 Z.3 zweiter Fall AngG komme deshalb nicht zur Anwendung, weil er Handelsgeschäfte für andere Personen lediglich vermittelt habe, sodaß mangels Gewerbsmäßigkeit der Vermittlung keine Handelsgeschäfte im Sinne des den Bestimmungen der §§ 7 Abs.1, 27 Z.3 AngG zugrundeliegenden Art.272 Z.4 AHGB ('die Vermittlung oder Abschließung von Handelsgeschäften für andere Personen .....') vorlägen.
Dem ist nicht zu folgen. Wohl hat die Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffes der 'Handelsgeschäfte' nach § 7 Abs.1 und § 27 Z.3 AngG die Bestimmungen des früher in Geltung gestandenen Allgemeinen Handelsgesetzbuches herangezogen und ausgesprochen, daß Handelsgeschäfte nur solche im Sinne der Art.271 und 272 AHGB vor der Handelsgesetznovelle BGBl.1928/63 zu verstehen seien (SZ 43/66 = Arb 8.742; SozM I A/d 1.241; dem folgend Kuderna a.a.O. 92; vgl. auch Martinek-Schwarz a.a.O. 218). Unter die genannten Bestimmungen fallen jene Rechtsgeschäfte, die nach der Systematik des AHGB schon ihres Inhaltes wegen als Handelsgeschäfte angesehen wurden (Art.271; sog. absolute oder objektive Handelsgeschäfte), und weiters jene Rechtsgeschäfte, die über einen bestimmten Inhalt hinaus die Eigenschaft eines Handelsgeschäftes dadurch erlangen, daß sie gewerbsmäßig ausgeführt werden (Art.272; sog. relative Handelsgeschäfte; vgl. dazu Pisko in Staub, HGB II 2). Sie setzen also, anders als nach geltendem Recht (§ 343 Abs.1 HGB) und nach der dritten Kategorie des AHGB (Art.273 Abs.1: 'Alle einzelnen Geschäfte eines Kaufmannes, welche zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören, sind als Handelsgeschäfte anzusehen'), die Kaufmannseigenschaft des Abschließenden, die ja der Angestellte bei einem Verstoß gegen § 27 Z.3 zweiter Fall AngG nicht hat, nicht voraus.
Auf die Frage, ob der Begriff des Handelsgeschäftes nach § 7 Abs.1 und § 27 Z.3 zweiter Fall AngG wegen des regelmäßigen Fehlens der Kaufmannseigenschaft bei Angestellten im Hinblick auf die Zielsetzung dieser Bestimmungen, eine dem Geschäfte des Dienstgebers abträgliche Konkurrenzierung durch seine Angestellten zu verhindern, anders definiert werden müßte, braucht diesmal nicht eingegangen zu werden, weil der Kläger ohnehin durch mehrere Jahre wiederholt Handelsgeschäfte über ein Konkurrenzunternehmen der beklagten Partei gegen Provision abwickelte und damit gewerbsmäßig Handelsgeschäfte für andere vermittelte. Er schloß diese Geschäfte in der erkennbaren Absicht, sich dadurch eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen (Pisko a.a.O. I 24 ff. und II 20). Die wiederholte Vermittlung von Handelsgeschäften durch den Kläger an die Firma D E F fällt somit, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, unter den Tatbestand des § 27 Z.3 zweiter Fall AngG, sodaß die Frage, ob das Verhalten des Klägers auch weitere Entlassungsgründe verwirklicht, nicht entscheidungswesentlich ist. Das Verhalten des Klägers hätte übrigens jedenfalls das gleiche Gewicht eines in § 27 AngG genannten Entlassungsgrundes, weil er durch sein Verhalten den Interessen der beklagten Partei grob zuwidergehandelt hat. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E06522European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00090.85.0910.000Dokumentnummer
JJT_19850910_OGH0002_0040OB00090_8500000_000