TE OGH 1985/9/10 4Ob367/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.1985
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C D, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E

Gesellschaft m.b.H., Perchtoldsdorf, Zwingenstraße 5, vertreten durch Dr. Fritz Leon, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsrekursstreitwert S 100.000,-) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 20.Juni 1985, GZ 1 R 100/85-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 28. März 1985, GZ 37 Cg 98/85-5, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.243,80 (darin S 385,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die beklagte K-GmbH betreibt den Einzelhandel mit Bekleidung, insbesondere auch mit Pelzbekleidung. Sie veröffentlichte am 1.2.1985 in zwei Wiener Tageszeitungen folgendes Inserat (Beilagen F, G):

'Sie sparen 15.000.-

K bringt

das unglaubliche Pelz-Sonderangebot Nerz-Preissensation!

200 Nerzmäntel in den Naturfarben

Pastell, Demi Buff und Dark

Statt bisher 44.980?

jetzt 29.980.-

Kürschnerwertarbeit!

......'

Die 200 Nerzmäntel wurden auf alle 26 Filialen der Beklagten, die Damenmode führen, verteilt. In der Filiale Wien 6., Mariahilferstraße 111, bot die Beklagte im Rahmen der beanstandeten Aktion 9 Mäntel an. Diese waren von Kürschnern gefertigt und von der Beklagten in fertigem Zustand gekauft worden. Die Beklagte selbst ist nicht zur Ausübung des Kürschnergewerbes berechtigt. Als der Kürschnermeister Kommerzialrat Walter F noch am 1.2.1985 um ca. 14 Uhr die Filiale in der Mariahilferstraße aufsuchte, waren nur noch 4 Mäntel des Sonderangebotes ausgestellt. Jeder dieser Mäntel war zumindest S 45.000 wert; das entsprach dem von der Beklagten vor dem Beginn der Sonderaktion verlangten Preis. Der Wert des Mantels sagt nichts über die Qualität der Arbeit aus. Im Verfahren 37 Cg 661/84 hatte das Handelsgericht Wien auf Antrag des G B C D der Beklagten

mit einstweiliger Verfügung (u.a.) verboten, im geschäftlichen Verkehr bei Ankündigungen unter Hinweis auf das eigene Unternehmen den Slogan 'Wertarbeit aus Kürschnerhand' zu verwenden, ohne zum Kürschnergewerbe berechtigt zu sein. Infolge Rekurses der Beklagten wies das Oberlandesgericht Wien diesen Sicherungsantrag - rechtskräftig - ab.

Mit der Behauptung, daß die von der Beklagten im Rahmen des hier beanstandeten Sonderangebotes angepriesenen Mäntel billige, schlecht gearbeitete Konfektionsware gewesen seien, welche der heutigen Mode nicht mehr entsprochen und in bezug auf Fellqualität, Materialverarbeitung und Ausfertigung des Kleidungsstückes die an eine 'Kürscherwertarbeit' zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt hätten, beantragt der klagende A B C

D, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches der Beklagten mit einstweiliger Verfügung (u.a.) zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Pelzwaren Pelzmäntel mit dem Slogan 'Kürschnerwertarbeit' oder sinnähnlichen Slogans, die den Eindruck des Anbotes hoher Qualität vermitteln, anzukündigen, wenn die unter einer solchen Werbung angebotenen Pelzwaren schlecht gearbeitete oder überhaupt nur einfache Konfektionsware sind, dies insbesondere im Zusammenhang mit Preisverbilligungsankündigungen.

Die Beklagte hat sich gegen diesen Sicherungsantrag ausgesprochen. Das beanstandete Inserat enthalte keinen qualitätsbezogenen Hinweis, sondern es stelle neben der Herkunft der Ware ('Kürschnerwertarbeit') nur deren besondere Preisgünstigkeit in den Vordergrund. Bei den angebotenen Mänteln habe es sich um tadellos verarbeitete Qualitätsware gehandelt; die gegenteiligen Behauptungen des Klägers entsprächen nicht den Tatsachen. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag unter Hinweis auf das zu 37 Cg 661/84 des Handelsgerichtes Wien gegen die Beklagte ausgesprochene, damals noch aufrecht bestehende Unterlassungsgebot wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses ab.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes S 15.000, der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes aber nicht S 300.000 übersteigt und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es nahm ergänzend folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die vier am 1.2.1985 in der Filiale der Beklagten in Wien 6., Mariahilferstraße 111, vorhandenen Pelzmäntel der in den Zeitungsanzeigen angekündigten Preiskategorie waren schlecht gearbeitete Konfektionsware; es handelte sich durchwegs um Modelle, die der heutigen Mode sowohl in der Länge als auch in den örmellöchern nicht entsprachen. Bei allen vier Mänteln fehlten objektiv die wesentlichen Qualitätsmerkmale einer Kürschnerwertarbeit. Eine solche liegt nur dann vor, wenn sie nachstehenden Anforderungen entspricht:

a) Das verwendete Fellmaterial muß von guter bis erstklassiger Qualität sein;

b) das Material muß in fachlich richtiger und einwandfreier Weise verarbeitet sein: Die Kreuze müssen in gleicher Höhe liegen;

die Auslaßschnitte dürfen nicht markieren; von den vorderen Pfotenpartien muß genügend weggeschnitten sein; die Köpfe müssen gleichmäßig abgeglichen sein, damit der Halsausschnitt, die Achselnähte und die örmellöcher gleichmäßig und sauber verarbeitet werden können;

c) das Kleidungsstück muß fachlich richtig ausgefertigt sein:

Die Maschinnähte müssen in richtiger Spannung genäht sein, damit sie nicht aufbrechen können; das Kleidungsstück muß handgebandelt und handpikiert, die Kanten mit einer Einlage ausgearbeitet, Kragen und Kanten unterschlagen sowie das Futter handstaffiert sein. Rechtlich meinte das Rekursgericht, daß der qualitätsbezogene Hinweis 'Kürschnerwertarbeit' deshalb zur Irreführung geeignet sei, weil diese Angabe einen - hier tatsächlich nicht

gegebenen - handwerklichen Standard vortäusche; da sie zugleich auch den Kaufentschluß des Kunden beeinflussen könne, verstoße die beanstandete Werbung gegen § 2 UWG.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen, hilfsweise die Entscheidung des Rekursgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Mit Rücksicht auf den Streitwertausspruch des Rekursgerichtes wäre das Rechtsmittel der Beklagten gemäß § 528 Abs 2 Satz 1 in Verbindung mit § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechtes abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Das Rekursgericht hat die wesentlichen Merkmale einer 'Kürschnerwertarbeit' auf Grund eines Schreibens des Kürschnermeisters Kommerzialrat Walter F - eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen - vom 1.2.1985 als bescheinigt angenommen. Die Richtigkeit dieser Feststellung wird auch im Revisionsrekurs nicht in Zweifel gezogen; die Beklagte meint aber, daß eine solche 'Aufzählung' im Verein mit der 'Pauschalbehauptung', daß diese Merkmale bei den beanstandeten Pelzmänteln gefehlt hätten, noch nicht ausreiche, um die in Rede stehenden Mäntel als 'schlecht gearbeitete Konfektionsware' beurteilen zu können. Sie entfernt sich damit von den tatsächlichen Annahmen der zweiten Instanz, welche es - gleichfalls auf Grund eines Schreibens von Kommerzialrat Walter F (Beilage K) - als glaubhaft gemacht angesehen hat, daß alle 4 im Rahmen der beanstandeten Aktion in der Filiale Mariahilferstraße angebotenen Mäntel schlecht gearbeitete Konfektionsware gewesen waren, der die wesentlichen Merkmale einer 'Kürschnerwertarbeit' gefehlt hätten. Diese Sachverhaltsfeststellungen des Rekursgerichtes hat auch der Oberste Gerichtshof - welcher im Provisorialverfahren gleichfalls nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist - seiner Entscheidung zugrunde zu legen (SZ 54/76 = ÖBl.1981, 157; ÖBl.1980, 40; ÖBl.1983, 42 u.v.a.). Das gegenteilige Rechtsmittelvorbringen der Beklagten erschöpft sich in einem nach dem Gesagten unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen.

Auch mit ihren weiteren Ausführungen, welche sich gegen das Verbot richten, 'einfache Konfektionsware' als 'Kürschnerwertarbeit' zu bezeichnen, zeigt die Beklagte keine erhebliche, über den konkreten Rechtsstreit hinausreichende Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auf. Wie dem Zusammenhang der Begründung des angefochtenen Beschlusses und insbesondere der Gegenüberstellung mit der 'schlecht gearbeiteten' Konfektionsware deutlich zu entnehmen ist, hat das Rekursgericht den Begriff der 'einfachen Konfektionsware' hier nicht als Gegensatz zur Maßarbeit verstanden; es hat dabei vielmehr offenkundig nur jene Pelzmäntel im Auge, deren Fellmaterial - trotz möglicherweise einwandfreier Verarbeitung und Ausfertigung - nicht von guter bis erstklassiger Qualität ist. Daß aber die Bezeichnung eines aus qualitativ minderwertigem Material hergestellten Pelzmantels als 'Kürschnerwertarbeit' gegen § 2 UWG verstößt, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede. Da somit die Entscheidung über den Revisionsrekurs der Beklagten nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO abhängt, war das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.

Der Kläger hat in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen; er hat daher gemäß §§ 41, 50, 52 ZPO Anspruch auf Ersatz der Kosten dieses Schriftsatzes, und zwar auf der Grundlage eines Revisionsrekursstreitwertes von S 100.000,-.

Anmerkung

E06377

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00367.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0040OB00367_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten