TE OGH 1985/9/10 11Os105/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.September 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider (Berichterstatter) und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Dallinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengerichtes vom 11. April 1985, GZ 18 Vr 3147/83-43, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwaltes Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Strobl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Rudolf A gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem dieser Angeklagte 1. des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB und 2. des Vergehens der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs 1 StGB schuldig erkannt und gemäß dem § 202 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer - unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt worden war, wurde vom Obersten Gerichtshof mit dem am 23.Juli 1985 in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß zurückgewiesen (GZ 11 Os 105/85-6). Dieser Entscheidung kann auch der maßgebende Sachverhalt entnommen werden.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, hingegen den Umstand, daß die Taten schon vor längerer Zeit begangen wurden und der Angeklagte sich seither wohlverhielt, als mildernd.

Gegenstand des Gerichtstages war die auf Herabsetzung der Freiheitsstrafe abzielende Berufung, in welcher der Angeklagte zusätzliche Milderungsumstände reklamiert und behauptet, die - mehr infolge einer besonders verlockenden Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht begangenen Taten (§ 34 Z. 9 StGB) - stünden mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch.

Rechtliche Beurteilung

Dem letztbezeichneten Widerspruch zum sonstigen Verhalten eines Verurteilten kommt bei der Strafbemessung - wie sich aus dem Wortlaut und dem Sinn des § 34 Z. 2 StG ergibt - nur im Fall eines bisher ordentlichen Lebenswandels Bedeutung zu. Ein ordentlicher Lebenswandel stellt nämlich dann einen Milderungsgrund dar, wenn die vom Schuldspruch erfaßte(n) Tat(en) im auffallenden Widerspruch zum sonstigen Verhalten des Täters steht (stehen). Beim Berufungswerber fehlt es aber zur Heranziehung des § 34 Z. 2 StGB schon an der Grundvoraussetzung des ordentlichen Lebenswandels, ist er doch wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch vorbestraft. Da aber dieser Vorstrafe nicht eine Tat zugrundeliegt, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruht wie die dem Angeklagten nunmehr vorgeworfenen Delikte, wurde - zutreffend - der Erschwerungsumstand des § 33 Z. 2 StGB nicht angenommen.

Der - wie vorstehend angeführt, vom Rechtsmittelwerber weiters reklamierte - Milderungsgrund des § 34 Z. 9 StGB liegt nur dann vor, wenn die Gelegenheit die Tatbegehung im besonderen Maß nahelegt, sodaß ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen kann (vgl. dazu u.a. Leukauf-Steininger, Komm. 2 , RN 15 zu § 34 StGB). Dies trifft - der Meinung des Berufungswerbers zuwider - auf den vorliegenden Fall nicht zu. Denn der Umstand, daß eine junge Touristin (ersichtlich aus Geldmangel) in einer frei zugänglichen Baustelle (hier: in einem im Renovierungszustand befindlichen Haus auf dem Kapuzinerberg in Salzburg - s.S. 227) nächtigt, legt für einen vorübergehend Unterstandslosen, der - wie der Rechtsmittelwerber - gleichfalls dort sein Nachtquartier sucht, die Nötigung zum Beischlaf und die anschließende, mehrere Stunden dauernde, auch durch Ansetzen eines Messers an den Hals des Opfers verübte Freiheitsbeschränkung keineswegs nahe.

Zusammenfassend ergibt sich, daß das Schöffengericht die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig anführte und keiner für den Angeklagten nachteiligen Würdigung unterzog. Die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe erweist sich keinesfalls als überhöht, weshalb der Berufung ein Erfolg zu versagen war. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E06455

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00105.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0110OS00105_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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