TE OGH 1985/9/10 2Ob614/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 28. Oktober 1983 verstorbenen Dr. Christo A, zuletzt wohnhaft gewesen in 1190 Wien, Gebhartgasse 1, infolge Revisionsrekurses der Irene B, Radiologisch-technische Assistentin, 1010 Wien, Seilergasse 14, vertreten durch Dr. Walter Strigl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 5. Juni 1985, GZ. 47 R 199/85-40, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 23. April 1985, GZ. 1 A 699/83-35, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren nach Dr. Christo A haben die erblasserische Witwe und die

mj. erblasserische Tochter bedingte Erbserklärungen abgegeben, die vom Gericht angenommen wurden. Die Erbschaftsgläubigerin Irene B begehrte in der Folge die Nachlaßabsonderung und Bestellung eines Separationskurators. Das Erstgericht gab diesem Antrag statt. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der Abweisung des gestellten Antrages ab.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die rekursgerichtliche Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt.

Die Rekurswerberin bekämpft die rekursgerichtliche Ansicht, sie habe eine nach der Judikatur zu § 812 ABGB für die Bewilligung der Nachlaßabsonderung vorausgesetzte subjektive Besorgnis, daß ihrer Forderung durch eine Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen der Erben Gefahr drohe, selbst gar nicht behauptet. Hiezu verweist sie auf ihr Antragsvorbringen, wonach wegen der Erklärung des Erbenmachthabers in seinem Schreiben vom 5. Juli 1984, es gingen entgegen den privaten Aufzeichnungen des Erblassers und somit wider Erwarten nach wie vor Honorarzahlungen ein, hinsichtlich dieser überraschenden Honorareingänge die Gefahr bestehe, daß sie unüberprüfbar den Erben zuflössen, zumal mangels eines Teilinventars nicht ersichtlich sei, wo sich die Nachlaßaktiven befänden. Auch sei darauf hingewiesen worden, daß die Höhe der Aktiva noch gar nicht feststehe, der Rechtsvertreter der Erben aber dennoch bereits mitgeteilt habe, die geltend gemachte Nachlaßforderung würde in den Nachlaßaktiven 'kaum Deckung finden'. Aus all dem ergebe sich doch jedenfalls die begründete Behauptung einer subjektiven Besorgnis, die Nachlaßaktiven könnten mit dem Vermögen der Erben vermengt werden.

Dem ist folgendes zu entgegnen:

Für die subjektive Besorgnis im Sinne des § 812 ABGB genügt es zwar, daß der Gläubiger Befürchtungen für die Einbringlichkeit seiner Forderung hegt. Einer Bescheinigung der Gefährdung bedarf es nicht. Der Gläubiger muß aber doch solche konkrete Umstände anführen, die seine subjektive Besorgnis begründet erscheinen lassen (SZ 23/299; SZ 25/215; NZ 1965, 105; NZ 1969, 156; EFSlg. 33.690; JBl. 1978, 152 u.a.). Allein die abstrakte Möglichkeit, die Erben könnten Verfügungen über den Nachlaß treffen, ist in jedem Falle gegeben und kann daher für sich allein noch nicht die Absonderung der Verlassenschaft vom Vermögen der Erben rechtfertigen (JBl. 1978, 152; 5 Ob 714/78; EFSlg. 33.690; SZ 56/28). Als Rechtfertigungsgrund anzuerkennen ist z.B. die Behauptung, es bestehe die Gefahr, daß die im Ausland wohnhaften Erben Nachlaßgegenstände dorthin verbringen könnten (EvBl. 1958/144) oder daß Einlagebücher bei der Inventarisierung verheimlicht worden seien (RZ 1937, 334); weiters das Vorbringen, der nicht berufstätige und einkommenslose Erbe habe bereits sämtliche Fahrnisse von der Nachlaßliegenschaft entfernt und beabsichtige, die Liegenschaft so rasch wie möglich zu verkaufen (JBl. 1983, 483).

Solche konkrete Umstände, die eine subjektive Besorgnis für die Einbringlichkeit der Nachlaßforderung der Rekurswerberin rechtfertigen könnten, liegen hier aber nicht vor. Irgendein Anhaltspunkt dafür, daß die Erben Honorareingänge dem Verlassenschaftsvermögen tatsächlich zu entziehen beabsichtigten, ist nicht gegeben. Da sie die Rekurswerberin als Erbschaftsgläubigerin vielmehr von selbst auf Honorareingänge aufmerksam machten, ist wohl weit eher die gegenteilige Annahme gerechtfertigt. Jedenfalls fehlt es unter solchen Umständen an konkreten Verdachtsgründen dafür, daß sie solche Eingänge tatsächlich verschweigen könnten. Die bloß abstrakte Möglichkeit, die Erben könnten derartige oder andere Teile des erblasserischen Vermögens bei der Inventarisierung unerwähnt lassen, genügt im Sinne der zitierten Judikatur jedoch noch nicht, um die von der Rekurswerberin behauptete Besorgnis hinreichend motiviert erscheinen zu lassen (vgl. auch Welser in Rummel, ABGB Rdz 14-17 zu § 812). Auch die Erklärung des Rechtsvertreters der Erben, die angemeldete Nachlaßforderung dürfte im Nachlaßverfahren 'kaum Deckung finden', kann nicht schon als konkretes Indiz für eine drohende Vermengung von Nachlaßvermögen mit jenem der Erben zum Nachteil der Erbschaftsgläubigerin gewertet werden.

Dem Revisionsrekurs war demgemäß ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E06499

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00614.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0020OB00614_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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