Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl A,
Natursteinhandel und -verlegung, Matrei am Brenner Nr. 19, vertreten durch Dr.Johann Paul Cammerlander, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr.Helmut B, Rechtsanwalt, Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 57, vertreten durch Dr.Walter Kerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen restl. S 98.281,91 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. Jänner 1985, GZ.6 R 318/84-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 31. Dezember 1983, GZ.13 Cg 639/81-21, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.843,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 385,80 USt. und S 600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger verlegte über Auftrag des Beklagten in den Monaten Mai bis Juli 1981 bei dessen neu errichtetem Wohnhaus in Absam auf den Terrassen im Erd- und Obergeschoß Steinböden aus Porphyrplatten, eine Steinstiege im Freien vom Erd- zum Obergeschoß, sowie Randsteine und ein Traufenpflaster an der West- und Nordseite des Hauses.
Der Kläger begehrte zuletzt einen Betrag von S 140.522,-- sA an angemessenem und vereinbartem Entgelt, wobei bereits ein Abzug von S 13.098,-- für Mängel berücksichtigt sei.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete eine Reihe von im einzelenen aufgezählten Mängeln der Arbeiten des Klägers ein.
Nach Vorliegen des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens brachte der Kläger vor, er habe zur Behebung der im Gutachten aufgezeigten Mängel einen Termin für den 20.9.1982 fixiert. An diesem Tag sei er mit zwei Arbeitern im Haus des Beklagten erschienen, der jedoch die Mängelbehebung verweigert habe. Da die in Aussicht genommenen Arbeiten ca. drei Tage in Anspruch genommen hätten, sei der Klagsbetrag spätestens ab 23.9.1982 fällig.
Das Erstgericht sprach dem Kläger S 99.008,-- sA zu und wies das Mehrbegehren von S 41.514,-- sA ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Streitteile einigten sich auf einen Quadratmeterpreis von S 150,-- für auf die Baustelle zugestellte erstklassige Porphyrplatten und einen Preis von weiteren S 240,-- pro Quadratmeter für das Verlegen der Platten, beides zuzüglich Umsatzsteuer. Da verschiedene vom Erstgericht im einzelnen festgestellte Mängel bestehen, die jedoch das Werk nicht unbrauchbar machen, ist der Wert des Werkes um ein Viertel geringer, sodaß nur ein Entgelt von S 99.008,-- angemessen ist. Der Kläger erschien am 20.9.1982 mit zwei Arbeitern im Hause des Beklagten, um die vom Sachverständigen im Prozeß aufgezeigten Mängel zu beheben. Die Gattin des Beklagten ließ die Arbeiten zur Mängelbehebung nicht zu. Schon zuvor hatte der Beklagte mit Schreiben vom 14.9.1982 dem Klagevertreter mitgeteilt, daß er einer Mängelbehebung, wie sie im Gutachten des Sachverständigen festgehalten ist, nicht näher treten könne.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe kein Abgehen vom Vertrag gemäß § 1167 ABGB begehrt. Die Voraussetzungen hiefür längen auch nicht vor. Sein Vorbringen könne nur dahin verstanden werden, daß er Minderung des Entgelts verlange. Auf Grund des Sachverständigengutachtens sei eine Minderung um ein Viertel gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, jener des Beklagten aber teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Kläger S 98.281,91 sA zusprach und das Mehrbegehren von S 42.240,10 sA abwies. Es sprach aus, daß im Umfang der Teilbestätigung die Revision nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Auch das Berufungsgericht ging davon aus, daß die bestehenden Mängel eine Minderung des angemessenen Entgelts um 25 % rechtfertigten. Da jedoch ein 10 %iger Zuschlag für das Traufenpflaster nicht berechtigt sei, betrage das angemessene Entgelt für ein mängelfreies Werk S 131.042,54 und daher S 98.281,91 für das mangelhafte Werk. Soweit sich der Beklagte in seiner Beweisrüge allgemein auf ein Privatgutachten berufe, sei die Berufung nicht gesetzmäßig ausgeführt. Eine Wandlung oder einen Rücktritt vom Vertrag habe der Kläger in erster Instanz nicht behauptet. Bei dieser Sachlage habe für das Erstgericht auch kein Anlaß bestanden, den Beklagten dazu anzuleiten, von seinem Gestaltungsrecht in Richtung Wandlung oder Aufhebung des Vertrages Gebrauch zu machen. Die Pflicht des Richters gehe nicht so weit, daß das Gericht einer rechtsfreundlich vertretenen Partei (hier sogar einem durch einen Rechtsanwalt vertretenen Rechtsanwalt) an die Hand gehen müßte, welches Vorbringen zur Stützung ihres Begehrens oder ihrer Einwendungen ausreiche, oder daß es rechtsfreundlich vertretene Personen über die Rechtsfolgen ihrer Handlungen oder Unterlassungen belehren oder zur Stellung bestimmter Anträge anleiten müsse. Die Entscheidung des Erstgerichtes über die Zahl der zu bestellenden Sachverständigen sei nicht bekämpfbar. Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagsabweisung abzuändern.
Der Kläger beantragt die außerordentliche Revision zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil die darin aufgeworfene Frage, ob eine Berufung zur Verbesserung zurückzustellen ist, wenn der anwaltlich vertretene Rechtsmittelwerber sich auf den Inhalt eines Privatgutachtens als sein Vorbringen beruft, seit dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen der Zivilverfahrensnovelle 1983 über die Verbesserung befristeter Schriftsätze noch nicht entschieden wurde. Sie ist jedoch nicht berechtigt.
Der Beklagte bringt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision folgendes vor:
1.) Das Berufungsgericht hätte den Beklagten, wenn es der Meinung gewesen wäre, dieser habe von seinem Gestaltungsrecht nicht hinreichend Gebrauch gemacht, entsprechend anleiten müssen. Damit wird in Wahrheit ein Mangel des Verfahrens erster Instanz behauptet. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, welche das Berufungsgericht für nicht gegeben erachtete, können auch im Rahmen einer außerordentlichen Revision nicht mit Erfolg geltend gemacht werden (ÖBl.1984,109 ua).
2.) Das Berufungsgericht hätte dem Beklagten die Verbesserung der Berufung auftragen müssen, wenn es der Ansicht gewesen sei, das vorgelegte Privatgutachten könne nicht als Teil der Berufungsausführungen berücksichtigt werden.
Auch diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Daß es unzulässig war, bei der Bekämpfung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens auszuführen, der Inhalt des in erster Instanz vorgelegten Privatgutachtens werde zum Inhalt der Berufung gemacht und die Begründung sei den Ausführungen im Privatgutachten zu entnehmen, wird in der Revision nicht bestritten. Dieser Mangel der Berufungsschrift war entgegen der Ansicht des Beklagten nicht verbesserungsfähig. Wohl lassen die §§ 84, 474 Abs.2 und 495 ZPO in der Fassung der Zivilverfahrensnovelle 1983 auch eine Verbesserung einer Berufungsschrift zu, in der vorgeschriebenes Vorbringen fehlt. Inhaltliche Mängel eines Schriftsatzes im Sinne sachlich unrichtiger oder unschlüssiger Ausführungen sind jedoch auch nach dem neuen Recht nicht verbesserungsfähig (Petrasch, die Zivilverfahrensnovelle 1983 in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, ÖJZ 1985,260 und 299 f; Beispiele in RV 669 Blg NR 15.GP 49). Auch Fasching (Zivilprozeßrecht Rz 513) hält nur das Fehlen von Inhaltserfordernissen, welche das Gesetz für bestimmte Prozeßhandlungen vorschreibt, für verbesserungsfähig, nicht aber Unvollständigkeiten des Sachvorbringens, welche die Folge einer unrichtigen Beurteilung sind. Ebenso wurde nach der bisherigen Praxis des Obersten Gerichtshofs bei mangelhafter Ausführung der Revision ein Verbesserungsverfahren nach den §§ 84 ff ZPO nicht eingeleitet. Der weitergehenden Ansicht von Konecny (Zur Erweiterung der Verbesserungsvorschriften, JBl.1984,13), der auch Unschlüssigkeiten für verbesserbar hält, kann nicht gefolgt werden. Im vorliegenden Fall wurde die Beweisrüge, soweit damit die auf Grund des Sachverständigengutachtens getroffenen Feststellungen bekämpft wurden, in einigen Punkten ausgeführt. In der danach erfolgten allgemeinen Verweisung auf das Privatgutachten lag nur eine mangelhafte Ausführung der Beweisrüge, die nicht verbesserungsfähig war.
3.) Das Berufungsgericht vertrete zu Unrecht die Auffassung, daß die Ablehnung, einen weiteren Sachverständigen zuzuziehen, nicht bekämpft werden könne.
Der Beklagte übersieht, daß er in erster Instanz keinen Antrag auf Zuziehung eines weiteren Sachverständigen gestellt, sondern zum Beweis für die Unrichtigkeit des vom Gericht eingeholten Gutachtens nur ein Privatgutachten vorgelegt hat. Die bezeichnete Rechtsfrage ist demnach hier ohne Bedeutung.
4.) Die Vereinbarung 'Quadratmeterpreis von S 150... für auf die
Baustelle zugestellte ... Porphyrplatten' sei richtigerweise so
auszulegen, daß nur die verlegte Fläche, nicht aber der Verschnitt zu bezahlen sei.
Der Frage, wie eine solche in einem Einzelfall getroffene Vereinbarung auszulegen ist, kommt keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zu (§ 502 Abs.4 Z 1 ZPO),
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E06391European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00521.85.0910.000Dokumentnummer
JJT_19850910_OGH0002_0040OB00521_8500000_000