TE OGH 1985/9/10 11Os109/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.September 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Dallinger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB und anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengerichts vom 25. April 1985, GZ 6 Vr 773/84-46, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwalts Dr. Hauptmann als Vertreters des Generalprokurators und des Verteidigers Dr. Renner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.September 1949 geborene beschäftigungslose Alfred A der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (1/ a/, b/ und c/ des Urteilsspruches), der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 1 StGB (I/ d/), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (2/), des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs. 3 Z 1 StGB (3/) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB (4/), ferner des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB (5/) sowie des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs. 1 StGB (6/) schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Braunau/Inn Mitte August 1984 Ingeborg B durch Versetzen eines Stiches in das linke

Schulterblatt, der eine ca 7 cm tiefe Schnittwunde zur Folge hatte, am Körper verletzt zu haben, wobei die Tat mit einem solchen Mittel, nämlich einem Messer mit mindestens 9 cm langer Klinge, und auf eine solche Weise begangen wurde, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist (1/ d/), am 15.Mai 1984 Sachen des Josef B beschädigt zu haben, indem er drei Türen aufbrach und einen Stuhl zertrümmerte (2/), durch Aufbrechen der erwähnten Türen mit Gewalt den Eintritt in das Gastlokal des Josef B erzwungen zu haben (richtig: in dieses Lokal eingedrungen zu sein), wobei er gegen den dort befindlichen Josef B Gewalt zu üben beabsichtigte (3/), und ihn durch die öußerung, er werde ihn aufschlitzen, gefährlich bedroht zu haben, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (4/). überdies wird ihm ua vorgeworfen, er habe gleichfalls in Braunau/Inn am 10.Juni 1984 in Gesellschaft des gesondert verfolgten Günther C als Beteiligter

(§ 12 StGB) sechs Doppelliter Wein und mehrere 'Stifterl' Wein dem Josef B durch Einsteigen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern (5/), und von August 1984 bis Anfang September 1984 die Ingeborg B mit dem Vorsatz, sich aus ihrer gewerbsmäßigen Unzucht eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ausgenützt, indem er seinen Unterhalt zur Gänze aus ihrer gewerbsmäßigen Unzucht bestritt (6/). Gegen dieses Urteil (mit Ausnahme des Schuldspruches wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, 1/ a/ bis c/ des Urteilstenors) richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die er (ausdrücklich) auf die Nichtigkeitsgründe nach den Z 4, 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO stützt.

Zur Urteilstat 1/ d/:

Den abschließenden Ausführungen der Mängelrüge nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zuwider gelangte das Erstgericht zu seiner Annahme, der Angeklagte habe es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß der von oben geführte Messerstich in den Schulterbereich der Ingeborg B zufolge des angewendeten Mittels und der Art der Tatbegehung (in der Regel) Lebensgefahr bewirkte (AS 308), keineswegs willkürlich bloß auf Grund des lediglich die objektive Eignung der Tat im Sinn des § 84 Abs. 2 Z 1 StGB betreffenden medizinischen Gutachtens; vielmehr ist diese Feststellung durch den aktengetreuen Hinweis (AS 309) auf das vom Angeklagten in der letzten Hauptverhandlung (AS 248) abgelegte Geständnis zum betreffenden Anklagevorwurf hinreichend begründet, zumal auch in der vorangegangenen Hauptverhandlung nur der (im § 84 Abs. 2 Z 1 StGB nicht vorausgesetzte) Wille (Vorsatz), das Tatopfer 'schwer' zu verletzen, bestritten wurde (AS 210, 211).

Zu den Urteilstaten 2/ und 3/:

Auch die Ablehnung der Version des Angeklagten, wonach er am 15. Mai 1984 lediglich zum Zweck einer Verteidigung der Ingeborg B vor Tätlichkeiten ihres Gatten in dessen Gastlokal eingedrungen sei, als unglaubwürdig, beruht nicht auf einer willkürlichen Annahme des Erstgerichtes. Wenn es der vom Angeklagten aufgestellten Behauptung, zum betreffenden Zeitpunkt sei Ingeborg D von ihrem Ehemann gewürgt worden (AS 212), angesichts der anderslautenden Zeugenaussagen des Josef und der Ingeborg B (AS 218, 220, 225) den Glauben versagte und annahm, in den Gewalttaten sei nur die Wut über den (zu einer bloß verbalen Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten B führenden) Widerstand des Josef B gegen den vom Angeklagten

angestrebten Auszug der Ingeborg B aus der Ehegemeinschaft zum Ausdruck gelangt, überschritt es nicht den Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO). Einer detaillierten Befassung mit der insgesamt als unglaubwürdig erachteten Verantwortung des Beschwerdeführers, insbesondere mit seiner Behauptung, außerhalb des Lokals Hilferufe der Ingeborg B vernommen zu haben (AS 212, 213), bedurfte es

umsoweniger, als beide Zeugen B sich an solche Hilferufe nicht erinnern konnten (sie allerdings auch nicht mit Sicherheit ausschlossen) und Ingeborg B zudem angab, daß der Angeklagte solche Rufe außerhalb des Lokals gar nicht zu hören vermocht hätte (AS 225).

Soweit der Angeklagte überdies die angeblich unzureichende Begründung der Feststellung einer bei der Urteilstat 3/ verfolgten Absicht, nach Eindringen in das Gastlokal an Josef B Gewalt zu üben, rügt, übergeht er den zutreffenden Hinweis des Erstgerichtes (AS 309) auf seine geständige Verantwortung; hat er doch die Frage über seine damaligen Vorstellungen von der Art der Hilfeleistung für Ingeborg B dahin beantwortet, er

'hätte Josef B sicher niederschlagen müssen' (AS 213). In seinem Verhalten nach dem Eindringen ins Lokal kam dieses Vorhaben zudem auch deutlich zum Ausdruck (AS 302). Die Ausführungen der Rechtsrüge zu den Fakten 2/ und 3/ des Urteils erschöpfen sich in einer Wiederholung der bereits erörterten Argumentation der Mängelrüge und sind daher nicht als prozeßordnungsgemäße Darstellung der ziffernmäßig herangezogenen Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit a und 10 StPO zu betrachten.

Zur Urteilstat 4/:

Rechtliche Beurteilung

Für die Erhebung der Verfahrensrüge nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO im Zusammenhang mit der Unterlassung der Einvernahme des in der Hauptverhandlung vom 7.März 1985 vom Angeklagten beantragten Zeugen Markus E (AS 237) fehlt es an einer wesentlichen prozessualen Voraussetzung, nämlich an der Wiederholung des Beweisantrages in der am 25.April 1985 gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung (AS 288); auch die Verlesung des Protokolls der vertagten Verhandlung vermag die neuerliche Beweisantragstellung nicht zu ersetzen (Mayerhofer-Rieder 2 , § 281 Abs. 1 Z 4 StPO, E Nr 32, 33; § 276 a StPO, E Nr 6).

Die belastende Aussage des Zeugen Josef B steht auch nicht in unlösbarem Widerspruch zu den Angaben seiner Gattin Ingeborg B, wie der Beschwerdeführer behauptet. Diese Zeugin hatte nämlich die Frage, ob der Angeklagte ihren Ehemann mit dem Aufschlitzen bedrohte, keineswegs eindeutig verneint, sondern mit den Worten 'das weiß ich nicht mehr' offengelassen (AS 231). Einer Erörterung dieses bloß scheinbaren Widerspruches bedurfte es ebensowenig wie der Auseinandersetzung mit jenen Umständen, unter welchen die Zeugin Ingeborg B den Angeklagten einer weiteren - nicht schuldspruchsgegenständlichen - Bedrohung ihres Gatten durch die öußerung 'Ich hau dir den Schädel ein' bezichtigte (AS 228). Mit seinen weiteren Ausführungen zum Fehlen des Motivs für eine Bedrohung des Zeugen Josef B setzt sich der Beschwerdeführer über die Urteilsgründe, wonach er aus Wut ('Rage') handelte (AS 302), völlig hinweg und bekämpft letztlich die Beweiswürdigung des Schöffensenates nach Art einer hier unzulässigen Schuldberufung. Gleiches gilt auch für die Beschwerdebehauptung eines angeblichen logischen Widerspruches des Wortlauts der inkriminierten öußerung zur Tatsache, daß der Angeklagte mit einem abgebrochenen Sesselfuß gegen Josef B vorging: Von einem Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeines menschliches Erfahrungsgut kann schon deswegen keine Rede sein, weil das Erstgericht keineswegs von einem Zusammenhang zwischen der verbalen Drohung und der Verwendung eines abgebrochenen Sesselfußes für einen tätlichen Angriff oder überhaupt von der (im § 107 Abs. 1 StGB nicht vorausgesetzten) Imminenz des angedrohten übels ausging (Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 18 zu § 74).

Der Ansicht des Beschwerdeführers zuwider fehlt es auch nicht an einer zureichenden Begründung seiner Absicht, Josef B durch die inkriminierte öußerung in Furcht und Unruhe zu versetzen. Wird die Urteilsbegründung (AS 310), wonach sich die Feststellungen zur subjektiven Tatseite zwangsläufig aus dem Geschehnisablauf ergeben, nicht aus ihrem Zusammenhang mit den unmittelbar vorangehenden Hinweisen auf die dem Josef B bekannte Brutalität des Angeklagten und auf seine bei den Vorfällen vom 15. Mai 1984 manifestierte Aggressivität gelöst, so ergibt sich hieraus, daß das Erstgericht das innere Vorhaben des Angeklagten in zulässiger Weise aus dem Zusammenhang äußerer Umstände und der Täterpersönlichkeit erschloß.

Soweit sich die - formell auf die Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte - Rechtsrüge des Beschwerdeführers nicht auch zur Urteilstat 4/ in einer Wiederholung der Ausführungen zur Z 5 der erwähnten Gesetzesstelle erschöpft, wird in ihrem Rahmen die objektive Eignung der gegenständlichen öußerung, begründete Besorgnisse einzuflößen, bestritten, doch auch dies zu Unrecht:

Angesichts der vom Angeklagten nicht zuletzt durch sein unmittelbar vorangehendes Verhalten am 15.Mai 1984 erwiesenen Aggressivität und Brutalität konnte ein Durchschnittsmensch in der Lage des Bedrohten bei unbefangener Betrachtung der Situation den Eindruck gewinnen, der Täter sei in der Lage und willens, das angekündigte übel tatsächlich herbeizuführen. Scheint auch das Erstgericht bei der Beurteilung der objektiven Eignung der Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB diesen Durchschnittsmaßstab nicht angelegt, sondern auf die Person des Bedrohten abgestellt zu haben (AS 310 und AS 312), so gelangte es doch zu einer im Ergebnis richtigen Beurteilung der Rechtsfrage; der Feststellung, daß wirklich Besorgnis erweckt wurde, hätte es allerdings hiezu nicht bedurft (vgl insbesondere Leukauf-Steininger 2 , § 74 StGB, RN 18 und die hierin angeführte Judikatur).

Soweit der Nichtigkeitswerber darüber hinaus vorbringt, bei der ihm zugeschriebenen öußerung hätte es sich auch um eine - nicht tatbildliche - krasse übertreibung oder Verwünschung (milieubedingte Unmutsäußerung) handeln können, zumal die Androhung des Aufschlitzens mit einem Sesselfuß kaum in die Tat umgesetzt werden könne, weicht er erneut von den Urteilsfeststellungen ab; denn die Annahme eines Zusammenhanges zwischen der verbalen Drohung und der Verwendung eines abgebrochenen Sesselfußes als Waffe beim Vorfall vom 15.Mai 1984 ist urteilsfremd (vgl obige Stellungnahme zur Mängelrüge). Insoweit entbehrt die Rechtsrüge prozeßordnungsgemäßer Ausführung.

Zur Urteilstat 5/:

Dem Vorwurf der Mängelrüge, das Erstgericht sei auf die Behauptung des Angeklagten, sich auf Grund einer Erlaubnis der Zeugin Ingeborg B als zur Wegnahme von Wein aus dem Gasthaus ihres Gatten berechtigt betrachtet zu haben, nicht eingegangen, ist zu erwidern, daß der Angeklagte diese Verantwortung zwar auch noch in der letzten Hauptverhandlung erneut vorbrachte (AS 248, 249), schließlich aber doch nicht aufrechterhielt, sondern sich zur - unmittelbar zuvor vom öffentlichen Ankläger modifizierten - Anklage wegen Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB ohne Einschränkung schuldig bekannte (AS 250). Das Erstgericht stützte sich daher zu Recht auf das Geständnis des Angeklagten auch hinsichtlich dieser Tat (AS 309) und konnte eine Erörterung der nicht mehr aufrechterhaltenen leugnenden Verantwortung unterlassen. Auch die Rechtsrüge des Angeklagten zu dieser Diebstahlstat bringt keinen der ziffernmäßig angeführten Nichtigkeitsgründe (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit a und 10 StPO) zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, sondern besteht lediglich in einer Wiederholung der Ausführungen zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO.

Zur Urteilstat 6/:

Der insoweit prozeßordnungsgemäß ausgeführten - der Sache nach allerdings nur den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO relevierenden - Rechtsrüge des Angeklagten, derzufolge er durch Annahme freiwilliger Zuwendungen einer Prostituierten das Tatbestandsmerkmal des Ausnützens nach § 216 Abs. 1 StGB (in der Fassung der Strafgesetznovelle 1984, BGBl 295) nicht erfüllen konnte, kommt keine inhaltliche Berechtigung zu: Ziel der erwähnten Novelle war es, mit dem Begriff des Ausnützens auch das Schmarotzertum im Vorfeld der Ausbeutung zu erfassen. Zur Herstellung dieses Tatbestandsmerkmals genügt es, daß der Täter materielle Vorteile von einer die Prostitution ausübenden Person annimmt, wenn den Vorteilen keine entsprechenden (materiellen) Gegenleistungen gegenüberstehen oder sonst Interessen der der Prostitution nachgehenden Person verletzt oder beeinträchtigt werden. Lediglich trinkgeldartige Einnahmen sind hievon nicht erfaßt (JA Bericht 326 Blg NR XVI. GP). Die dem Beschwerdeführer vorschwebende Einschränkung auf Zuwendungen, die von Prostituierten nicht freiwillig geleistet werden, ist weder durch den Wortlaut noch durch den Sinn des maßgebenden Strafgesetzes (§ 216 StGB) gedeckt, alle Erscheinungen zu erfassen, die im Sinn der Kriminalwissenschaft und des allgemeinen Sprachgebrauchs als Zuhälterei verstanden werden (JA Bericht wie oben). Wohl ist - wie der Beschwerdeführer an sich zutreffend ausführt - auch zur Herstellung des Zuhältereitatbestands nach § 216 Abs. 1 StGB in der geltenden Fassung ein Tatverhalten erforderlich, das über ein bloßes Zusammenleben mit der Prostituierten hinausgeht; von einem solchen Verhalten ging das Erstgericht hier jedoch ohnehin aus, indem es feststellte, der Angeklagte habe bis Anfang September 1984 von einem beträchtlichen Teil der Einkünfte der Ingeborg B aus der gewerbsmäßigen Ausübung des Straßenstrichs in Braunau gelebt, auf welche er mangels eines eigenen Einkommens angewiesen gewesen sei, und sich hiedurch eine fortlaufende Einnahme verschafft, für die er keine entsprechenden Gegenleistungen erbrachte (AS 305, 306). Mit seinem abschließenden Beschwerdevorbringen zur Urteilstat 6/, das Erstgericht habe ihm zu Unrecht den Schuldausschließungsgrund nach § 9 StGB nicht zugute gehalten, weicht der Angeklagte prozeßordnungswidrig von der Tatsachengrundlage des angefochtenen Urteils ab, welches eine Feststellung des Inhalts, er habe irrtümlich die Rechtswidrigkeit seines (erst ab 1.August 1984 strafbaren) Verhaltens verkannt, nicht enthält. Das Erstgericht traf allerdings auch keine gegenteilige Annahme, sondern setzte sich mit der Frage des Rechtsirrtums überhaupt nicht auseinander. Zu Feststellungen in dieser Richtung bestand jedoch auch keinerlei Anlaß, weil sich nicht einmal der Angeklagte selbst in seiner Verantwortung auf den nunmehr behaupteten Irrtum (der sich nach § 9 StGB nicht allein auf die Strafbarkeit, sondern darüber hinaus auf die Rechtswidrigkeit des Tatverhaltens beziehen muß) nie berief. Sohin kann diesbezüglich auch kein Feststellungsmangel im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO (Mayerhofer-Rieder 2 , E Gr 18, 19 zu Z 9 lit a sowie E Gr 34 zu Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO) wahrgenommen werden. Die zum Teil nicht gesetzmäßig ausgeführte, im übrigen aber sachlich unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Alfred A nach dem § 129 StGB, gemäß den §§ 31, 40 StGB auch unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 19. November 1984, U 435/84, und unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und elfeinhalb Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen von mehreren strafbaren Handlungen sowie die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das teilweise Geständnis als mildernd.

Der Angeklagte begehrt mit seiner Berufung die Herabsetzung der Freiheitsstrafe 'auf siebzehneinhalb Monate'.

Die Berufung ist nicht begründet.

Die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe wird der Schuld des Angeklagten, seiner - vor allem auch durch Gewalttätigkeitsdelikte - belasteten Täterpersönlichkeit sowie dem Unrechtsgehalt seiner Tathandlungen gerecht. Insbesondere in Anbetracht der sich aus der Wirkungslosigkeit bisher verbüßter Freiheitsstrafen und dem raschen Rückfall nach einer mehrjährigen Strafhaft ergebenden Ausgeprägtheit der deliktischen Neigungen bestand bei Alfred A aus spezialpräventiven Gründen für eine Korrektur der ausgesprochenen Strafe kein Anlaß. Auch der Berufung des Angeklagten war somit der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E06599

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00109.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0110OS00109_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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