Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. September 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak, Dr.Reisenleitner, Dr.Lachner und Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Zimmermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Werner A wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau als Jugendschöffengericht vom 12. März 1985, GZ 8 Vr 352/84-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird dahin Folge gegeben, daß der Ausspruch über die dem Angeklagten Werner A gemäß § 43 Abs. 1 StGB gewährte bedingte Strafnachsicht aufgehoben wird. Der Berufung wird dahin Folge gegeben, das der genannte Angeklagte unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen, im Falle deren Uneinbringlichkeit 90 (neunzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt wird; der Tagessatz wird mit 150 (einhundertfünfzig) Schilling bestimmt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. August 1966 geborene Spenglerlehrling Werner A (im zweiten Rechtsgang) des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 (Abs. 3) und Abs. 4 zweiter Fall (§ 81 Z 1) StGB schuldig erkannt und unter gleichzeitiger Festsetzung der Strafe gemäß § 13 Abs. 2 JGG für seinen Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und Abs. 4 erster Fall StGB und der Täuschung nach § 108 Abs. 1 StGB laut dem Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau vom 12. Oktober 1983, GZ 8 Vr 658/83-13, nach dem höheren Strafsatz des § 88 Abs. 4 StGB unter Anwendung des § 11 JGG und des § 28 Abs. 1 StGB zu drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt; gemäß § 43 Abs. 1 StGB wurde diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Dieses Urteil wird von der Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde allein im Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht bekämpft; dies zu Recht:
Rechtliche Beurteilung
Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. etwa ÖJZ-LSK 1976/242 = EvBl. 1976/266; ÖJZ-LSK 1978/99; 13 Os 107/84), von der abzugehen die gegenteiligen Ausführungen im Ersturteil keinen Anlaß bieten, ist es unzulässig, die gemäß § 13 Abs. 2 JGG nachträglich ausgesprochene (Freiheits- oder Geld-)Strafe, auch wenn die Straffestsetzung gemeinsam mit der Bestrafung wegen neuer Straftaten erfolgt, gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachzusehen. Ist doch Voraussetzung einer derartigen Straffestsetzung i.S. § 13 Abs. 2 JGG stets die Annahme, daß eine Besserung des Verurteilten nicht erreicht werden kann, ohne die Strafe auszusprechen und zu vollziehen. In einem Verfahren, in welchem - wie hier - außer über eine neue Straftat (auch) über einen Straffestsetzungsantrag nach §§ 13 Abs. 2, 46 Abs. 4 JGG abzusprechen ist, könnte das Gericht allerdings entweder den Straffestsetzungsantrag der Staatsanwaltschaft abweisen, wenn es zur überzeugung kommt, daß bei dem gemäß § 13 Abs. 1 JGG (echt) bedingt Verurteilten trotz Rückfälligkeit innerhalb der Probezeit dennoch die erwähnten Voraussetzungen für eine Straffestsetzung mangeln, oder aber die getrennte Führung beider Verfahren (§ 57 StPO) verfügen und bezüglich der während der gemäß § 13 Abs.1 JGG bestimmten Probezeit begangenen neuen Tat(en) dem Angeklagten bedingte Strafnachsicht gewähren, falls es die erforderlichen Bedingungen insoweit für gegeben erachtet.
Nach dem Gesagten hat mithin das Erstgericht durch die in Frage stehende Vorgangsweise seine Strafbefugnis überschritten (§ 281 Abs. 1 Z 11 StPO), weshalb in Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Nichtigkeitsbeschwerde die bezüglich der verhängten (Gesamt-)Freiheitsstrafe gewährte bedingte Strafnachsicht auszuschalten war. (Entgegen der Ansicht der Anklagebehörde kam eine Aufhebung des Ausspruches über die gleichzeitige Straffestsetzung zum Schuldspruch des Kreisgerichtes Krems/Donau vom 12. Oktober 1983 und die Abweisung des bezüglichen Straffestsetzungsantrages in Erledigung ihrer Nichtigkeitsbeschwerde deshalb nicht in Betracht, weil nur eine gesetzwidrige Ausmessung der Strafe unter Nichtigkeitssanktion steht !vgl. ÖJZ-LSK 1977/369 zu § 46 Abs. 4 JGG; Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht 2 E Nr 16 zu § 46 JGG .) Berechtigung muß aber auch der von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten ergriffenen Berufung zuerkannt werden, soweit sie damit die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe nach § 37 Abs. 1 StGB anstrebt. Denn in der Tat sind den Akten weder spezial- noch generalpräventive Gründe zu entnehmen, welche im vorliegenden Fall die Verhängung einer (kurzfristigen) Freiheitsstrafe als erforderlich erscheinen ließen. Die Höhe des festgesetzten Tagessatzes entspricht der wirtschaftlichen Leistungskraft des Angeklagten, der für niemand sorgepflichtig ist, im elterlichen Haushalt lebt und nach den Akten während der Saison ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 7.000 S bezieht.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E06437European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0090OS00111.85.0911.000Dokumentnummer
JJT_19850911_OGH0002_0090OS00111_8500000_000