TE OGH 1985/9/11 3Ob583/85

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Veröffentlicht am 11.09.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Melber, Dr. Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Pflegschaftssache des am 25.1.1976 geborenen minderjährigen Franz Werner A und des am 22.8.1979 geborenen minderjährigen Gerd A, beide

9020 Klagenfurt, Seegasse 45, infolge Revisionsrekurses der ehelichen Mutter Monika A, Angestellte, 9020 Klagenfurt, Seegasse 45, vertreten durch Dr.Wilhelm Watzke, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 14.Juni 1985, GZ 1 R 266/85-145, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 3.Mai 1985, GZ 1 P 309/81-139, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die ehelichen Eltern der beiden pflegebefohlenen Kinder sind seit Mai 1983 nach § 55 a EheG geschieden. Seit damals sind alle aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten der Mutter zugeteilt. Laut Beschluß vom 7.6.1983, ON 41, ist die Ausübung des Rechtes des Vaters auf persönlichen Verkehr mit den beiden Kindern so geregelt, daß er diese am 1. und 3.Samstag jeden Monats von 14 Uhr bis 17 Uhr zu sich nehmen darf. Die Mutter wurde verpflichtet, die Kinder dem Vater am Beginn der jeweiligen Besuchszeit (an ihrem jeweiligen Wohnsitz) zu übergeben. Aus dem umfangreichen Pflegschaftsakt ergibt sich, daß die Mutter ihrer Pflicht, dem Vater die Ausübung seines Rechtes auf persönlichen Verkehr mit den Kindern zu ermöglichen, von Anfang an nicht voll erfüllt hat, weshalb sich der Vater wiederholt an das Pflegschaftsgericht wendete (ON 46 und 70).

Die Mutter wurde diesbezüglich auch vom Pflegschaftsrichter am 4.4.1984 ausdrücklich belehrt (ON 82), was von ihr als Verwarnung aufgefaßt wurde (ON 84).

Trotzdem mußte sich der Vater auch in der Folge wiederholt wegen Schwierigkeiten bei der Ausübung seines Besuchsrechts an das Pflegschaftsgericht wenden (ON 90, 97, 99, 114, 119 und 122). Auch die Mutter beklagte sich beim Pflegschaftsgericht über das Verhalten des Vaters im Zusammenhang mit der Ausübung seines Besuchsrechts (ON 102 und 112).

Am 8.1.1985 wurde die dazu vorgeladene Mutter vom Pflegschaftsrichter 'gemäß § 19 AußStrG belehrt'. Dabei beantragte sie, auch den Vater über die Ausübung seines Besuchsrechtes zu belehren (ON 126).

Am 31.1.1985 beantragte der Vater, gegen die Mutter Maßnahmen im Sinn des § 19 AußStrG zu ergreifen (ON 127). Am 3.2., 18.2. und 16.3.1985 beklagte sich der Vater neuerlich über Pflichtverletzungen durch die Mutter (ON 128,129 und 133).

Daraufhin wurden beide Elternteile für den 18.4.1985 zum Pflegschaftsrichter vorgeladen. Dabei erklärte der Vater, er habe sein Besuchsrecht bezüglich Franz Werners zuletzt im Juli 1984 ausüben können. Die Mutter erklärte dies für durchaus möglich. Sie glaube, daß dieses Kind reif genug sei, selbst zu entscheiden, ob der Vater das Besuchsrecht ausüben könne. Deshalb habe sie dem Kind die Entscheidung, ob es mit dem Vater mitgehen wolle, in der Folge überlassen. Franz Werner habe auf ihre Fragen erklärt, er wolle nicht mit dem Vater gehen (ON 135).

Am 24.4.1985 erklärte die Mutter dem Pflegschaftsgericht, daß sie aus einem näher dargelegten Grund Gerd 'dem Besuchsrecht nicht nachkommen lassen werde' (ON 138).

Nunmehr verhängte das Erstgericht über die Mutter eine Strafe von 2.000 S, weil sie trotz der Belehrungen durch den Pflegschaftsrichter am 4.4.1984 und 8.1.1985 den unmündigen Franz Werner nicht einfühlend auf die väterlichen Besuche vorbereitet und seiner unberechtigten Ablehnung derselben nicht entschieden entgegengewirkt habe. Im Hinblick auf das mit rund 10.000 S festgestellte monatliche Einkommen der Mutter stelle die verhängte Strafe ein angemessenes Mittel dar, sie zur Befolgung ihrer Pflichten im Zusammenhang mit dem pflegschaftsgerichtlich geregelten väterlichen Besuchsrecht zu bringen (ON 139).

Gegen diesen Beschluß erhob die Mutter durch Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Watzke Rekurs, in dem sie die Aufhebung der Geldstrafe, allenfalls die Erteilung eines Verweises oder die bloße Androhung einer Geldstrafe, allenfalls die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragte.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes. Wegen der wiederholten gerichtlichen Belehrungen müsse die fortgesetzte Weigerung der Mutter, den Vater das Besuchsrecht bezüglich Franz Werners ausüben zu lassen, als bewußter Ungehorsam gewertet werden. Die Geldstrafe sei als Ausdruck einer gesteigerten gerichtlichen Mißbilligung anzusehen und lasse eine nachhaltigere Wirkung auf das Verhalten der gegenüber den bloßen Belehrungen uneinsichtig gebliebenen Mutter erwarten, ohne daß dies das Wohl des Kindes gefährden würde.

Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem erwähnten Vertreter der Mutter am 25.Juni 1985, eine andere der Mutter selbst durch Hinterlegung am 26.6.1985 (erster Tag der Abholfrist) zugestellt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der in erster Linie auf Aufhebung der Geldstrafe, allenfalls auf Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse gerichtete, am 10.7.1985 überreichte außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter. Die offenbare Gesetzwidrigkeit behauptende Rechtsrüge läßt sich dahin zusammenfassen, daß das Verhalten der Mutter im Zusammenhang mit dem väterlichen Besuchsrecht bei Berücksichtigung des vom Vater ihr und den Kindern gegenüber gesetzten Verhaltens nicht als Nichtbefolgung der gerichtlichen Besuchsrechtsregelung angesehen werden könne und daher gegen sie keine Maßnahmen nach § 19 AußStrG rechtfertige.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Nach § 16 Abs.1 AußStrG findet gegen einen bestätigenden Beschluß nur im Fall einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt.

Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde

(EFSlg.44.642 u.v.a.), oder wenn die Entscheidung Grundprinzipien des Rechts widerspricht (EFSlg.44.647 u.v.a.), insbesondere wenn das Wohl pflegebefohlener Personen gänzlich außer acht gelassen wurde (EFSlg.44.648).

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit kann aber grundsätzlich nur Verstöße gegen materielle Bestimmungen, nicht aber verfahrensrechtliche Unrichtigkeiten betreffen (EFSlg.44.644 u.v.a.). Da § 19 AußStrG eine verfahrnsrechtliche Vorschrift ist, die ausschließlich der zwangsweisen Durchsetzung gerichtlicher Verfügungen dient (3 Ob 598/84 u.a.), kann bei der Anwendung von Zwangsmitteln nach dieser Gesetzesstelle grundsätzlich keine offenbare Gesetzwidrigkeit, sondern allenfalls eine Aktenwidrigkeit oder Nullität unterlaufen (EFSlg.35.097; SZ 44/180 u.a.), die jedoch in diesem Fall weder behauptet wurden noch vorliegen. Da sich der außerordentliche Revisionsrekurs also auf keinen zulässigen Rechtsmittelgrund stützen kann, war er als unzulässig zurückzuweisen.

Darauf, ob das unzulässige Rechtsmittel auch verspätet ist, war daher nicht näher einzugehen.

Anmerkung

E06383

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00583.85.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19850911_OGH0002_0030OB00583_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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