Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Wurz und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl A, Kaufmann in Vorchdorf, Feldham 87, vertreten durch Dr. Peter Posch, Rechtsanwalt in Wels, und den ihr beigetretenen Nebenintervenienten
1.) Gerald B, Dachdecker in Amstetten, Viehdorferstraße 26, vertreten durch Dr. Alfred Lukesch und Dr. Eduard Pranz, Rechtsanwälte in St. Pölten, 2.) Konkursmasse Alois C, Spenglermeister in Amstetten, Hart 55, und 3.) prot. Fa. Alfred D, Eisengroßhandlung in Ried im Innkreis, Schärdingerstraße 63, vertreten durch Dr. Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Hubert E, Pensionist in Linz, Lärchenauerstraße 28, vertreten durch Dr. Helmut Werthner, Rechtsanwalt in Linz, wegen restl. 624.810 S samt Nebengebühren, infolge Revision des ersten Nebenintervenienten auf Seite der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20. März 1985, GZ 2 R 14/84-58, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Handelsgerichtes vom 27. Oktober 1982, GZ 11 Cg 424/79-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.184,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin keine Barauslagen und 1.471,35 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger errichtete Ende 1977/Anfang 1978 im Auftrag des Beklagten unter Mitwirkung seiner Nebenintervenienten ein Werkstättengebäude mit einer Dachhaut aus sogenanntem Thyssenblech. Er begehrt die Zahlung des restlichen Werklohnes. Der Beklagte bestreitet die Fälligkeit wegen Mängeln, die nicht verbessert wurden. Im Aufhebungsbeschluß vom 17. November 1983, 7 Ob 657/83, billigte der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß dem Werkbesteller gemäß § 1167 ABGB grundsätzlich das Recht zusteht, die Verbesserung des mangelhaften Werkes auch bei Vorliegen unwesentlicher behebbarer Mängel zu fordern und die Zahlung des Entgeltes bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrages durch Vornahme der geforderten Verbesserung zu verweigern. Dieses Recht hat allerdings eine Grenze nicht nur im Schikaneverbot, sondern auch darin, daß die Verbesserung nicht einen geradezu unverhältnismäßigen Aufwand erfordern darf. Der Aufwand an Kosten und Arbeit darf nicht mit dem Vorteil für den Besteller in einem solchen Mißverhältnis stehen, daß sich die Beseitigung der Mängel nicht lohnt. Hohe Kosten des Verbesserungsaufwandes reichen hingegen für die Unverhältnismäßigkeit ebensowenig aus wie für sich allein die Tatsache, daß die Kosten der Mängelbeseitigung den Wert des Werkes sogar übersteigen. Der Oberste Gerichtshof erklärte die Rechtssache nur für den Fall der übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen für spruchreif im Sinne einer Bestätigung des Ersturteiles und trug dem Berufungsgericht die Prüfung der Beweis- und Mängelrüge des Beklagten auf.
Das Berufungsgericht wiederholte nun den Sachverständigenbeweis über die Art und den Umfang der vorliegenden Mängel, die Möglichkeit ihrer Behebung und deren Kosten und gelangte neuerlich zur Abänderung des Ersturteiles im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens. Nach den Tatsachenfeststellungen der zweiten Instanz hätte die Lebensdauer des Daches der Werkstätte des Beklagten bei sachgemäßer Verlegung mindestens 20 Jahre betragen. Infolge der unsachgemäßen Lagerung der Stahlprofilbleche im Winter nahe einer Straße kamen nach der Verlegung nicht nur an der (inzwischen sanierten) Unterseite, sondern auch an der Oberseite Korrosionen in Gang, die sich, durch das Fehlen einer Dampfsperre begünstigt, progressiv entwickelten. An zwei zur Prüfung geöffneten Stellen der Dachhaut sind die Trapezblechprofile derart korrodiert, daß die Schutzschichtbildung der verzinkten Oberfläche an zahlreichen Stellen in ihrer Fernwirkung bereits aufgehoben ist. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, daß an anderen Stellen der Oberseite die Rostschädigung ähnlich hoch ist. Der Zustand ist sanierungsbedürftig, weil eine weiterhin progressive Schadensentwicklung zu befürchten ist und schädliche Auswirkungen auf die Baustatik der Konstruktion nicht ausgeschlossen werden können. Die Lebensdauer des Daches in seinem derzeitigen Zustand wird nicht weit über 10 Jahre hinausreichen und kann sogar darunter liegen. Ob eine Behebung der Mängel durch Teilsanierung möglich ist oder das ganze Dach - mit einem Kostenaufwand von mindestens 1 Mio. S - erneuert werden muß, kann erst nach einer genauen statischen und bauphysikalischen Untersuchung festgestellt werden. Nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes rechtfertigen die festgestellten Mängel an der noch unsanierten Oberseite der Profilbleche die Zurückbehaltung des Werklohnes durch den Beklagten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des ersten Nebenintervenienten der klagenden Partei ist nicht berechtigt.
Die Mängelrüge richtet sich mit der Behauptung, die bisherigen Untersuchungen des im Berufungsverfahren beigezogenen Sachverständigen seien ungenügend und dessen Angaben zu wenig sicher, sodaß eine weitere, genauere überprüfung durch das Berufungsgericht notwendig gewesen wäre, in Wahrheit gegen die im Revisionsverfahren nicht mehr anfechtbare Beweiswürdigung der letzten Tatsacheninstanz (SZ 22/126 uva.). Wenn das Berufungsgericht das Sachverständigengutachten für ausreichend erachtet hat, um auf Grund der Teilbefunde Feststellungen über den Zustand der gesamten Dachhaut zu treffen, dann kann diesen, keineswegs denkgesetzwidrigen Feststellungen nicht entgegengetreten werden.
Auch der Rechtsrüge kann auf Grund der vom Obersten Gerichtshof bereits im Aufhebungsbeschluß bindend geäußerten Rechtsansicht kein Erfolg zukommen. Es stehen nunmehr gewichtige Mängel des Werkes fest, die dessen Lebensdauer verkürzen und selbst die statische Sicherheit gefährden, sodaß eine Sanierung erforderlich ist. Ob eine Teilsanierung möglich ist, konnte das Berufungsgericht mit Recht offen lassen, weil selbst die hohen Kosten einer vollständigen Neuherstellung nicht in einem unverhältnismäßigen Mißverhältnis zu dem für den Beklagten zu erwartenden und ihm gebührenden Vorteil eines tauglichen Daches für sein Werkstättengebäude stehen. Soweit der Revisionswerber dies auch im Tatsächlichen bezweifelt, ist sein Rechtsmittel nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Kostenersatzpflicht trifft die unterliegende Hauptpartei (EvBl 1974/71 ua.); ein Streitgenossenzuschlag steht jedoch nicht zu, weil sich am Revisionsverfahren nur noch der erste Nebenintervenient des Klägers beteiligt hat.
Anmerkung
E06564European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00622.85.0912.000Dokumentnummer
JJT_19850912_OGH0002_0070OB00622_8500000_000