TE OGH 1985/9/16 1Ob623/85

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Veröffentlicht am 16.09.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot.Fa. S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei prot. Firma E*****, vertreten durch Dr. Anton Mikosch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Räumung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 9. Mai 1985, GZ. 1 R 182/85-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 28. Dezember 1984, GZ. 7 C 721/84-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.997,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.081,95 USt. und S 96,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei vermietete der beklagten Partei mit Untermietvertrag vom 28.7. und 12.8.1980 Wohn- und Geschäftsräume gegen Bezahlung eines am Ersten eines jeden Monats 'bei Einräumung eines fünftägigen Respiros' im vorhinein fälligen (wertgesicherten) Mietzinses von S 22.000,-- zuzüglich anteiliger öffentlicher Abgaben, Betriebs- und Heizungskosten.

Mit Schreiben vom 17.4.1984 mahnte die klagende Partei die fälligen Mietzinse und Betriebskostenakontierungen für März und April 1984 in der Höhe von S 71.233,40 sowie den im Mai 1984 fällig werdenden Zins samt Betriebs- und Heizungskostenakontierung in der Höhe von S 33.331,70, zusammen S 104.565,10 unter Setzung einer Nachfrist bis 21.5.1984 ein und erklärte für den Fall der Nichtzahlung die Auflösung des bestehenden Untermietverhältnisses gemäß § 1118 ABGB. Mit Schreiben vom 21.5.1984 erklärte sich die klagende Partei bereit, die ausgesprochene Auflösung des Bestandverhältnisses zurückzuziehen, wenn der Betrag von S 71.233,40 (samt Zinsen und Kosten insgesamt S 76.002,43) bis 29.5.1984 und der gleichzeitig eingemahnte Zins für Mai und Juni 1984 samt Betriebskosten- und Heizungskostenakontierungen in der Höhe von S 66.663,40 bis 15.6.1984 bezahlt werde. Bei Nichteinhaltung dieser Bedingungen gelte die Auflösungserklärung laut Schreiben vom 17.4.1984. In einem Nachsatz bestätigte die klagende Partei den Eingang des Betrages von S 71.233,40.

Die beklagte Partei zahlte am 15.6.1984 S 39.193,40, und am 2.7.1984 S 18.320,--.

Die klagende Partei begehrte mit Klage vom 2.7.1984 die Räumung des - näher beschriebenen - Bestandobjektes, die sie in der Folge auch auf weitere während des Räumungsstreites entstandene Zinsrückstände der beklagten Partei stützte.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und behauptete, den gesamten Mietzinsrückstand bezahlt zu haben, bei Zustellung der Klage am 9.7.1984 bestand jedoch ein Rückstand von S 9.140,--, für Juni, der am 19.7.1984 abgedeckt wurde. Während des weiteren Verfahrens geriet die beklagte Partei mit der Bezahlung des Mietzinses und der Betriebskosten für die Monate September bis November 1984 in Rückstand. Unter Berücksichtigung geleisteter Teilzahlungen bestand bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (18.12.1984) ein Gesamtrückstand von S 79.890,47. Beide Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.

Beide Vorinstanzen waren der Ansicht, die beklagte Partei habe trotz gehöriger Mahnung, den fälligen Zins zu bezahlen, bis zu dem darauffolgenden Zinsfälligkeitstermin den rückständigen Zins nicht vollständig entrichtet. Auch Zinsrückstände, die erst während des Verfahrens aufgelaufen seien, rechtfertigten das Räumungsbegehren, wenn sie die im Gesetz bestimmte Voraussetzung erfüllten, dass der Bestandnehmer einen rückständigen Mietzins mit Ablauf des folgenden Zinstermines noch nicht vollständig entrichtet habe. Es bedürfe dann keiner neuerlichen Mahnung und Erklärung der Vertragsauflösung, weil der Bestandgeber durch das Aufrechterhalten des Räumungsbegehrens zum Ausdruck bringe, dass er wegen der mangelhaften Erfüllung des Vertrages dessen Aufhebung begehre. Ein derartiger qualifizierter Mietzinsrückstand sei auch während des Verfahrens aufgelaufen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor, weil die Höhe des geschuldeten Zinsen zwischen den Parteien nicht strittig war, daher kein Fall des § 33 Abs 2 Satz 2 und Abs 3 MRG vorliegt und überdies das Unterbleiben des im § 33 Abs 2 Satz 2 MRG vorgesehenen Zwischenverfahrens im Berufungsverfahren nicht gerügt wurde.

Nach § 1118 ABGB kann der Bestandgeber die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, dass er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. Lehre und Rechtsprechung verstehen diese Bestimmung dahin, dass der Aufhebungsgrund gegeben ist, wenn der Bestandnehmer trotz erfolgter Mahnung bis zum nächsten Zinstermin in Rückstand bleibt, sodass eine neuerliche Zinszahlung fällig geworden ist, bevor die vorhergehende vollständig entrichtet wurde (MietSlg. 35.226, 30.228, 27.211; SZ 31/115 uva; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 15 zu § 1118; Ehrenzweig2 II/1, 473; vgl. Klang in seinem Komm2 V 123 f). Das Aufhebungsbegehren ist auch dann berechtigt, wenn nur Säumnis mit der Bezahlung eines Teilbetrages vorliegt (MietSlg. 30.474/12, 28.165; Klang aaO 123). Unter den Zinsbegriff des § 1118 ABGB fallen auch Rückstände an Wertsicherungsbeträgen (MietSlg. 28.165), Betriebskosten (JBl.1966,203; MietSlg. 23.187) und Heizungszuschläge (MietSlg. 34.265, 30.226), nicht jedoch an Zinsen und Kosten (EvBl 1971/76; zu allem Würth aaO Rdz 15). Eine Auflösungserklärung im Sinne des § 1118 ABGB wird nicht wirksam, wenn der Mieter den Mietzinsrückstand vor Zustellung der Erklärung oder - falls die Auflösung mit der Klage erklärt wurde - vor der Zustellung der Klage bezahlt hat (MietSlg. 27.209, 24.171; EvBl. 1968/121; Würth aaO Rdz 18; ähnl. Klang aaO 123). Wird der rückständige Bestandzins innerhalb angemessener Frist (oder innerhalb der gesetzten Nachfrist) bezahlt, wird der Vertragsauflösungserklärung des Bestandgebers die rechtliche Grundlage entzogen (MietSlg 30.228). Im vorliegenden Fall hielt die beklagte Partei die ihr mit Schreiben vom 17.4.1984 bei sonstiger Auflösung des Bestandvertrages gesetzte Nachfrist bis 21.5.1984, was die eingemahnten März- und Aprilzinse 1984 in der Höhe von S 71.233,40 betraf, ein. Auf den gleichzeitig miteingemahnten Maizins 1984, den die beklagte Partei nicht bis 21.5.1984 entrichtete, konnte die klagende Partei die erklärte Vertragsauflösung nicht stützen, da der Maizins 1984 im Zeitpunkt seiner Einmahnung noch nicht fällig war. Wirksam eingemahnt im Sinne des § 1118 ABGB kann nur ein Zins werden, der bereits fällig ist (MietSlg 7936). Eine vorauseilende Mahnung löst hingegen die Rechtswirkungen des § 1118 ABGB nicht aus, mag die Aufforderung des Gläubigers auch nur dahin gehen, dass der Schuldner nach eingetretener Fälligkeit zahlen soll. Der gegenteiligen, in der Entscheidung SZ 31/115 vertretenen Ansicht vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Da die Auflösungserklärung vom 17.4.1984 auch nicht wirksam auf rückständige Zinsen und Kosten gestützt werden konnte, war mit der Zahlung von S 71.233,40 am 21.5.1984 der für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist erklärten Vertragsauflösung die Grundlage entzogen. Damit konnte aber die klagende Partei der beklagten Partei auch nicht wirksam mit Schreiben vom 21.5.1984 Bedingungen stellen, unter denen sie bereit sei, die ausgesprochene Auflösung des Bestandverhältnisses zurückzuziehen. Ebensowenig konnte die klagende Partei mit diesem Schreiben den noch nicht fälligen Junizins 1984 wirksam einmahnen, so dass es der beklagten Partei nicht schadete, dass am 9.7.1984 für Juni 1984 noch ein Zinsrückstand von S 9.140,-- offen war. Die Rechtsprechung vertritt aber die Ansicht, dass ein klagbarer Zinsrückstand nicht im Zeitpunkt der Anbringung der auf § 1118 ABGB gestützten Klage vorliegen muss (MietSlg 26.144, 21.230, 18.219 ua), sodass auch im Zuge des Räumungsprozesses aufgelaufene Rückstände das Räumungsbegehren rechtfertigen, wenn der später aufgelaufene Rückstand die Qualifikation des § 1118 zweiter Fall ABGB hat (MietSlg 33.206, 30.223, 21.230; insoweit zustimmend auch Würth in Rummel, ABGB, Rdz 19 zu § 1118). Die klagende Partei brachte in der mündlichen Streitverhandlung vom 24.9.1984 vor, dass 'derzeit' ein Rückstand von S 46.090,67 bestehe. Dieses Vorbringen kommt einer Einmahnung der weiteren Rückstände gleich. Dieser Rückstand (Betriebskosten für August und September 1984 sowie Septemberzins 1984, Beil D, E) wurde von der beklagten Partei nicht in angemessener Frist, sondern erst durch Zahlung von S 60.000,-- am 13.11.1984 (als bereits zwei weitere Monatszinse fällig geworden und nicht bezahlt worden waren) abgedeckt. Damit lagen aber während des Räumungsverfahrens die Voraussetzungen für eine wirksame Vertragsaufhebung vor, so dass der Revision ein Erfolg zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E06486

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00623.85.0916.000

Im RIS seit

25.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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