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10 VerfassungsrechtNorm
AHG §6Leitsatz
Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags "zur Einbringung einer VfGH-Beschwerde gegen das Amt d. Tir LG" infolge eines Schreibens der Tiroler Landesregierung betreffend Ablehnung von Amtshaftungsansprüchen wegen Verjährung als offenbar aussichtslos; der Einscheiter hätte die Zurückweisung eines allfälligen Individualantrags auf Aufhebung der Verjährungsbestimmung des §6 Abs1 erster Satz AHG wegen Zumutbarkeit des ordentlichen Rechtsweges bzw die Zurückweisung einer allfälligen Beschwerde mangels Bescheidqualität des erwähnten Schreibens (vgl §8 ff AHG) zu gewärtigen.Spruch
Der Antrag des A M auf Bewilligung der Verfahrenshilfe "zur Einbringung einer VfGH-Beschwerde gegen das Amt d. Tir. LG" wird a b g e w i e s e n.
Begründung
Begründung:
1. Der Einschreiter beantragt, ihm "wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vor dem Gesetz in Verjährungsangelegenheiten" Verfahrenshilfe zu gewähren. Dem Antrag liegt ein Schreiben der Tiroler Landesregierung vom 2. Juli 2001, ..., bei, in dem dem Einschreiter mitgeteilt wurde, daß die von ihm gegen das Land Tirol erhobenen Amtshaftungsansprüche von diesem abgelehnt würden; dies zumal allfällige Ansprüche - selbst bei Begründetheit - inzwischen längst verjährt wären.
2. Der Verfassungsgerichtshof wertet das Vorbringen des Einschreiters dahin, daß es ihm vorrangig um die unmittelbare Anfechtung der Verjährungsbestimmung des §6 Abs1 erster Satz des Amtshaftungsgesetzes (AHG), BGBl. Nr. 20/1949, geht.
Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt zu sein, dann aber auch, daß dieses Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist sohin, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten kommt aber die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist vielmehr erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein solcher, die Antragslegitimation begründende Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen. Ein "unmittelbarer" Eingriff ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesetzes zugefügten - Rechtsverletzung zur Verfügung steht (VfSlg. 10.251/1984, 10.511/1985, 10.606/1985, 11.823/1988).
Wie bereits mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10.877/1986 für einen Individualantrag auf Aufhebung einer anderen Bestimmung des AHG ausgesprochen, steht dem Einschreiter ein solcher zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit grundsätzlich offen. Gemäß den §§8 ff AHG hat der Einschreiter nämlich die Möglichkeit, nach Durchführung des Aufforderungsverfahrens Klage gegen den Rechtsträger auf Ersatz des Schadens im ordentlichen Rechtsweg zu erheben und nach der zu gewärtigenden Abweisung des Klagebegehrens bereits im Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung seine verfassungsrechtlichen Bedenken mit der Anregung auf Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages zu unterbreiten.
Gemäß Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG wäre dieses Gericht, falls es die Bedenken des Einschreiters ob der Verfassungsmäßigkeit des anzuwendenden Gesetzes teilt, zur Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof verpflichtet. Daß der Einschreiter diesfalls seine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsvorschrift nicht unmittelbar beim Verfassungsgerichtshof vorbringen kann, vermag an der Zumutbarkeit dieses Verfahrenswegs nichts zu ändern.
Die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich daher als offenbar aussichtslos, zumal der Einschreiter die Zurückweisung eines allfälligen Individualantrags auf Aufhebung einzelner Bestimmungen des AHG zu gewärtigen hätte (vgl. VfSlg. 14.458/1996).
3. An diesem Ergebnis würde sich schließlich auch nichts ändern, wenn es dem Einschreiter darum ginge, das zuvor (Pkt. 1.) erwähnte Schreiben der Tiroler Landesregierung zu bekämpfen:
Gemäß Art144 Abs1 erster Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate. Dem erwähnten Schreiben kommt aber keine Bescheidqualität zu:
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist aus der Regelung des §8 AHG ersichtlich, daß der Rechtsträger über einen geltend gemachten Schadenersatzanspruch nicht in einem Verwaltungsverfahren bescheidmäßig zu erkennen hat, sondern nur eine privatrechtliche Erklärung über die Anerkennung oder Nichtanerkennung des Anspruches abgeben kann (zB VfGH 24.11.1983, B314/83; VfSlg. 10.725/1985, 11.534/1987 mwN). Um eine solche Erklärung handelt es sich hier. Damit fehlt es aber an einem für ein Bescheidbeschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof in Frage kommenden Anfechtungsobjekt.
Da der Einschreiter somit die Zurückweisung einer allfälligen, gegen das erwähnte Schreiben gerichteten Beschwerde wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs zu gewärtigen hätte (vgl. VfSlg. 11.534/1987), erweist sich sein Antrag auch unter diesem Blickwinkel als offenbar aussichtslos.
4. Der Antrag war daher, da er die Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VerfGG 1953) nicht erfüllt, abzuweisen (§35 Abs1 VerfGG 1953 iVm §72 Abs1 ZPO).
Schlagworte
Amtshaftung, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1110.2001Dokumentnummer
JFT_09989186_01B01110_00