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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art6 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der MD in S, vertreten durch Dr. Herwig Trnka, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Hauptplatz 12, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. November 2002, Zl. 0/912-14470/8-2002, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den am 11. Februar 2002 bei ihr eingelangten Antrag der Beschwerdeführerin auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 1, Abs. 4 und Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) ab.
Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde - zusammengefasst - damit, dass die 1975 in Bihac, Bosnien-Herzegowina, geborene Beschwerdeführerin zwar seit Oktober 1992 ununterbrochen bei ihren Eltern in Salzburg gemeldet sei, in der Zeit von September 2001 bis Jänner 2002 aber in Bosnien gelebt und daher erst seit ihrer Rückkehr im Jänner 2002 einen ununterbrochenen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet aufzuweisen habe. Die Beschwerdeführerin habe am 27. Oktober 2001 einen bosnischen Staatsangehörigen geheiratet und im Verfahren vor der belangten Behörde angegeben, sie habe ursprünglich bei ihrem Mann in Bosnien bleiben wollen und sich erst nach zwei Monaten entschieden, wieder nach Österreich zurückzukehren. Während der Zeit ihres Auslandsaufenthaltes sei die Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde weiter - in Österreich nicht sozialversichert gewesen. Ihr Ehemann sei in Bosnien selbständig erwerbstätig. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Beschwerdeführerin während des Auslandsaufenthaltes "den 'animus domiciliandi' ... in Bosnien" gehabt habe und "möglicherweise auch dort bleiben" wolle. Der Umstand, dass sie nach ihrer Rückkehr nicht wieder zu arbeiten begonnen habe, lasse auf ihre beabsichtigte Rückkehr nach Bosnien schließen. Sie erfülle jedenfalls nicht die gesetzliche Voraussetzung eines mindestens zehnjährigen (§ 10 Abs. 1 Z 1 StbG) oder sechsjährigen (§ 10 Abs. 4 Z 1 in Verbindung mit Abs. 5 Z 3 StbG) ununterbrochenen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdefall gleicht in Bezug auf die rechtlich maßgeblichen Voraussetzungen und wesentliche Teile des Sachverhaltes dem Fall des hg. Erkenntnisses vom 29. Juni 2004, Zl. 2003/01/0169, auf das daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Auch im vorliegenden Fall gründet sich die Abweisung des Antrages auf die nur einige Monate dauernde Unterbrechung des im übrigen langjährigen Inlandsaufenthaltes der Antragstellerin durch einen mit einer Eheschließung verbundenen Aufenthalt im Heimatland.
Auch im vorliegenden Fall ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, ob die Ausreise mit einer völligen Aufgabe der Beziehungen zu Österreich verbunden war. Maßgeblich ist, wo die Beschwerdeführerin während des Auslandsaufenthaltes den "Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen" hatte.
Die belangte Behörde hat sich bei der Beurteilung dieser Frage an den Angaben der Beschwerdeführerin in der am 31. Juli 2002 mit ihr aufgenommenen Niederschrift orientiert.
Diese Angaben lauten auszugsweise wie folgt:
"Frau D. gibt an, dass ihr Mann derzeit in Bosnien lebt und dort arbeitet. Es geht ihm dort gut. Er möchte möglicherweise auch dort bleiben.
Frau D. hat angegeben, dass sie die Absicht gehabt hat, nach ihrer Heirat nach Bosnien zurückzugehen. Sie hat sich zur Rückkehr nach Bosnien entschieden. Sie war ca. vier Monate dort und wollte ursprünglich dort bleiben. Nach ca. zwei Monaten hat sie sich jedoch entschieden, wieder nach Österreich zurückzukehren.
Ihr Mann ist in Bosnien selbständig und verlegt Rigips-Platten. Frau D. selbst wollte nicht von jemanden finanziell abhängig sein und wieder eigenes Geld haben und ist daher nach Österreich zurückgekehrt. Derzeit ist sie in Mutterschutz und erhält täglich Wochengeld in der Höhe von EUR 34,20 noch ca. drei Monate lang. Anschließend wird sie ca. EUR 400,- Kindergeld bekommen. Für das Wohnen hat sie keine Ausgaben, da sie bei ihren Eltern wohnhaft ist.
Frau D. ist, seit sie in Österreich lebt, bei ihren Eltern ... wohnhaft und dort auch gemeldet. Während ihres Bosnien-Aufenthaltes ist sie drei Mal auf Besuch nach Österreich gekommen.
Zu den Versicherungszeiten gibt Frau D. an, dass sie von September 2001 bis Jänner 2002 beim Arbeitsamt nicht gemeldet war, da sie nicht in Österreich gelebt hat und aus diesem Grund keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte. Erst wie sie wieder nach Österreich zurückgekehrt ist, hat sie sich beim Arbeitsamt gemeldet und anschließend Arbeitslosengeld bezogen.
Frau D. wird informiert, dass ihre Wohnsitzfrist noch einmal überprüft werden muss, da sie vier Monate in Bosnien gelebt hat.
Frau D. wird Akteneinsicht und Parteiengehör gewährt. Nach Einsicht in den Akt erkundigt sich Frau D., ob sie für ihren Sohn noch Unterlagen benötigt. ..."
Diese Niederschrift wurde mit Hilfe eines Tonbandes erstellt, wobei die Beschwerdeführerin schriftlich auf die Verlesung der Niederschrift oder eine Wiedergabe der Tonbandaufnahme verzichtete.
In der Beschwerde wird geltend gemacht, die
Beschwerdeführerin habe "niemals die Absicht gehabt", ihren
"Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg ... aufzugeben". Wenn in der
Niederschrift resümiert werde, sie habe die Absicht gehabt, in
Bosnien zu bleiben, so sei die Beschwerdeführerin "offensichtlich
missverstanden" worden. Tatsache sei, dass sie "mit dem Gedanken
gespielt" habe und "eine gewisse Zeit lang ... tatsächlich
unschlüssig" gewesen sei. Sie habe aber "nie ernstlich in Erwägung gezogen", ihren "Hauptwohnsitz nach Bosnien zu verlegen", und sei auch während des dortigen Aufenthaltes wiederholt zu ihrer Familie in Salzburg gereist, wo sie "die Frage eines allfälligen Wohnsitzwechsels nach Bosnien" erörtert habe. Die "ernstliche Absicht", ihren "Hauptwohnsitz in Österreich aufzugeben", habe sie "nie gehabt", sie habe dies "lediglich kurzfristig überlegt". Auch während des dortigen Aufenthaltes, bei dem es sich in Wirklichkeit um einen verlängerten Urlaub bzw. um die Flitterwochen gehandelt habe, habe sie "nie den Willen" gehabt, "in Bosnien einen Hauptwohnsitz zu begründen". Andernfalls hätte sie sich "selbstverständlich auch polizeilich abgemeldet".
Mit diesen Ausführungen gelingt es der Beschwerde nicht, einen Fehler in der Beurteilung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde aufzuzeigen. Die Niederschrift ist zwar in indirekter Rede gehalten, lässt aber gerade in Bezug auf die Frage einer anfänglichen Absicht der Beschwerdeführerin, bei ihrem Mann in Bosnien zu bleiben, durch die insgesamt dreimalige Erwähnung dieser Absicht in drei aufeinander folgenden Sätzen erkennen, dass diese Frage bei der Aufnahme der Niederschrift mit der erforderlichen Deutlichkeit erörtert und beantwortet wurde. Die nunmehrigen abschwächenden bzw. gegenteiligen - dem Wortlaut nach überdies, worauf es aber nicht entscheidend ankommt, auf die Rechtsfolge der Hauptwohnsitzbegründung und nicht auf die Frage der Rückkehr selbst bezogenen - Ausführungen über die damaligen Absichten der Beschwerdeführerin verstoßen daher gegen das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Ausgehend von den Angaben der Beschwerdeführerin in der am 31. Juli 2002 aufgenommenen Niederschrift ist der Ansicht der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe während des mehrmonatigen Auslandsaufenthaltes über keinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet verfügt, beizupflichten. Die von der belangten Behörde darüber hinaus noch - spekulativ - einbezogene Frage nach allfälligen nunmehrigen Absichten der Beschwerdeführerin, wieder nach Bosnien zurückzukehren, ist angesichts der geringen seit der Rückkehr nach Österreich verstrichenen Zeit unter diesen Umständen nicht mehr entscheidungswesentlich. Aus den im Vorerkenntnis vom 29. Juni 2004 dargelegten Gründen ist für die Beschwerdeführerin auch aus dem Umstand, dass sie während des Auslandsaufenthaltes weiterhin bei ihren Eltern in Salzburg gemeldet war, nichts zu gewinnen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002010597.X00Im RIS seit
01.08.2005