TE OGH 1985/9/18 8Ob517/85

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Veröffentlicht am 18.09.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehenter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma H*****, vertreten durch Dr. Robert Aspöck, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1) Firma E***** und 2) Ernst F*****, beide vertreten durch Dr. Manfred Traxlmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 194.731,64 s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30. Oktober 1984, GZ. 3a R 122/84-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30. Mai 1984, GZ. 2 Cg 377/83-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.538,57 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 500,- und Umsatzsteuer von S 639,87) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde von der Erstbeklagten (durch deren Prokuristen Günter G*****) am 1. 4. 1983 mit der Vornahme der österreichischen Ausfuhrverzollung und der deutschen Einfuhrverzollung für 900 Kartons Autozubehörteile beauftragt. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 22. 6. 1983 und Begleitschreiben vom 28. 6. 1983 die nunmehr eingeklagte Forderung bei der Erstbeklagten geltend; diese lehnte die Forderung mit Schreiben vom 4. 7. 1983 ab.

Mit der am 25. 7. 1983 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 194.731,64 s.A. im wesentlichen mit der Begründung, in dem Fernschreiben, mit dem der Auftrag an die Klägerin erteilt worden sei, sei festgehalten gewesen, daß die Abrechnung mit dem Auftraggeber erfolgen sollte; lediglich die Abrechnung der deutschen Einfuhrumsatzsteuer sei der Klägerin der Einfachheit halber mit dem deutschen Empfänger freigestellt worden. Die Klägerin habe die Zollgebühr für den Empfänger der Waren, die Firma B*****, in Höhe von DM 25.804,- = S 185.788,80 vorgeschossen. Es sei versucht worden, diese Gebühren von der Firma B***** einzutreiben. Zu diesem Zweck sei auch ein Exekutionstitel beim Landesgericht Salzburg erwirkt worden; von der Firma B***** sei jedoch keine Zahlung zu erlangen gewesen. Die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte als persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten hafteten daher der Klägerin für den offenen Betrag von S 185.788,80 zuzüglich der Kosten des Versäumungsurteiles beim Landesgericht Salzburg von S 8.942,84.

Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, die Klägerin habe keinen Auftrag erhalten, die Einfuhrumsatzsteuer vorzuschießen; derartiges sei auch nicht branchenüblich. Die Klägerin treffe ein Eigenverschulden, weil sie den Fahrer des Transportfahrzeuges weiterfahren gelassen habe, ohne eine Deckung für die Zollgebühren zu haben. Im übrigen wäre die Verzollung nicht zugunsten der Firma B*****, sondern zugunsten der Firma H***** durchzuführen gewesen, an die die Waren geliefert worden seien. Die Klägerin habe es unterlassen, Rückfragen bei der Erstbeklagten darüber zu halten, für welche Firma die Verzollung vorzunehmen sei. Die Klägerin habe auch nicht die erforderlichen und ihr zumutbaren Schritten unternommen, ihre Forderung gegenüber der Firma B***** hereinzubringen. Außerdem sei die Forderung nach den Bestimmungen der CMR verjährt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte – abgesehen von dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt – im wesentlichen folgendes fest:

Es gibt folgende „Firmen F*****“:

1.) Die E***** mit dem Sitz in L*****,

2.) die E***** mit dem Sitz in W***** und

3.) die E***** mit dem Sitz in L*****, die die einzige persönliche haftende Gesellschafterin der beiden erstgenannten Firmen ist.

Die „Firmen F*****“ waren mit der Klägerin 1982 in ständiger Geschäftsverbindung. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Speditionsfirma, die Grenzverzollungen durchführt und von den „Firmen F*****“ laufend mit Zollabfertigungen beauftragt wurde. Die Zusammenarbeit dieser Firmen begann ca. 1975. Während der ersten Jahre verrechnete die Klägerin dem Auftraggeber die Einfuhrumsatzsteuer direkt, in späteren Jahren wurde es dann zur Praxis, daß die Einfuhrumsatzsteuer mit dem Empfänger der Sendungen verrechnet wurde.

Die „Firma F*****“erhielt von ihrem Kunden, der Firma V***** den Auftrag, 900 Kartons Autozubehör an die Firma H***** in der BRD zu versenden.

Die „Firma F*****“ erteilte daraufhin der Erstbeklagten telefonisch und mit Fernschreiben vom 31. 3. 1982 den Auftrag, diese Ware am 1. oder 2. 4. 1982 bei der Firma V***** in G***** zu laden, zu Hans ***** in D***** zu transportieren und die deutsche Einfuhrverzollung durch die Klägerin in F***** durchführen zu lassen.

Mit Fernschreiben vom 1. 4. 1982 beauftragte nun die Erstbeklagte die Klägerin mit der österreichischen Ausfuhr und der deutschen Einfuhrzollabfertigung. Im Text des Auftragfernschreibens heißt es wörtlich: „Österreichische Ausfuhr/deutsche Einfuhrzollabf.“ und „Abrechnung bitte mit uns. Die deutsche EUSt können Sie der Einfachheit halber direkt mit dem deutschen Empf. abrechnen“. Dieses Fernschreiben traf um 11.41 Uhr bei der Klägerin ein.

Die Warensendung wurde noch am selben Tag mit einem LKW der Firma K***** zum Grenzübergang nach F***** transportiert. Dort wurde um 19.00 Uhr von der Klägerin die Zollabfertigung durchgeführt.

Der übliche Ablauf der Grenzverzollung ist folgender:

Der Grenzspediteur erhält die Papiere vom Fahrer, überprüft diese, erstellt die Zollquittung und begibt sich mit Papieren und Fahrer zur Abfertigungsstelle, worauf das Fahrzeug mit den Waren die Grenze passieren darf. Einige Tage später erhält der Grenzspediteur den Eingangsabgabenbescheid. Auf Grund dieses Bescheides ist er verpflichtet, die Einfuhrumsatzsteuer zu bezahlen. Der Grenzspediteur ist nicht Zollbeteiligter, aber der Finanzbehörde haftbar.

In der Warenverkehrsbescheinigung, die von der Klägerin der Zollbehörde vorgelegt wurde und vom Exporteur, der Firma V*****, ausgestellt wurde, ist die Firma B*****, Handelskontor in B*****, als Empfänger der Warensendung angeführt. Die Firma B***** wurde dann auch von der Klägerin in der Einfuhranmeldung als Importeur angeführt.

Es ist bei Grenzspediteuren branchenüblich, daß sie die Einfuhrumsatzsteuer bei Verzollungen nach Deutschland vorfinanzieren. Die Einfuhrumsatzsteuer wird entweder direkt beim deutschen Empfänger oder beim Auftraggeber kassiert.

Nachdem der Klägerin der Eingangsabgabenbescheid zugestellt wurde, stellte sie der Firma B***** den Betrag von DM 25.804,- in Rechnung. Dieser Betrag setzt sich aus DM 25.456,77 an EUSt, DM 255,- Kreditbereitstellungsgebühr, DM 80, Zollabfertigung und DM 12,23 an fixer Taxe zusammen.

Da von der Firma B***** keine Zahlung erfolgte und auch die Firma F***** keine Zahlung leistete, klagte die Klägerin die offene Rechnung ein. Auf Grund des Urteiles des Landesgerichtes Salzburg versuchte die Klägerin, die Forderung in der BRD im exekutiven Wege einzubringen. Diese Versuche scheiterten jedoch.

Die Klägerin teilte nun der Erstbeklagten mit, daß sie als Auftraggeber für den offenen Betrag hafte und forderte sie auf, die Zahlung bis spätestens 8. 7. 1983 vorzunehmen. Die Erstbeklagte wies die Forderung als unbegründet zurück.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, es sei zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten zu einem Vertragsverhältnis gekommen. Gemäß § 408 HGB könne sich der Hauptspediteur zur Besorgung des Weitertransportes eines Zwischenspediteurs bedienen, wodurch ein neuer Speditionsvertrag zwischen Haupt- und Zwischenspediteur zustandekomme. Auf dieses Vertragsverhältnis seien die Bestimmungen der AÖSp. anzuwenden. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Aufwendungen, die sie im Rahmen der Geschäftsbesorgung gemacht habe, also auf Ersatz der von ihr bezahlten Einfuhrumsatzsteuer, ergebe sich aus § 407 Abs. 2 im Zusammenhang mit § 396 Abs. 2 HGB. Dies stütze sich auch auf § 12 AÖSp., da die Mitteilung des Auftraggebers, der Auftrag sei für Rechnung eines Dritten auszuführen, die Verpflichtung des Auftraggebers gegenüber dem Spediteur nicht berühre. Da es der Klägerin von der Erstbeklagten ins Belieben gestellt worden sei, die deutsche Einfuhrumsatzsteuer direkt mit dem Empfänger zu verrechnen, umfasse dies jedenfalls den Auftrag bzw. zumindest die Erlaubnis, die Einfuhrumsatzsteuer vorzuschießen. Im übrigen sei hervorgekommen, daß es bei den Geschäften zwischen den Streitteilen zumindest vorgekommen sei, daß die Klägerin die Einfuhrumsatzsteuer vorfinanziert und anschließend dem Empfänger in Rechnung gestellt habe, welcher Umstand gemäß § 346 HGB wahrzunehmen sei. Auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe entgegen dem Auftrag die Verzollung zugunsten der Firma B***** und nicht der im Fernschreiben genannten Firma H***** durchgeführt, könne sie nicht von ihrer Pflicht zum Auslagenersatz entbinden. Denn in der Warenverkehrsbescheinigung sei die Firma B***** als Importeur der Ware genannt worden. Die Klägerin habe daher eher den Frachtpapieren Glauben schenken müssen. Ein Zuwarten bis zum nächsten Tag wäre bei der gegenwärtigen Sachlage kaum vertretbar gewesen und müsse sich die Firma F***** die divergierenden Angaben im Auftrag und in den Begleitpapieren zurechnen lassen. Vor allem aber habe die Klägerin gegenüber dem Frachtführer K***** keinerlei Weisungsrecht gehabt; sie hätte diesen gar nicht zurückhalten können. Der Verjährungseinwand sei nicht begründet, weil es sich beim Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten um keinen Beförderungsauftrag, sondern um einen Verzollungsauftrag gehandelt habe, der nicht den Bestimmungen des CMR-Abkommens unterliege. Es würden somit die allgemeinen gesetzlichen Fristen für die Verjährung gelten. Die Klägerin habe auch geeignete Schritte unternommen, die Forderung von der Firma B***** einzutreiben.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß die Revision nach § 500 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, rechtlich im wesentlichen aus, daß die Verjährungsvorschrift des Art. 32 CMR auf die Klagsforderung nicht anzuwenden sei. Schon aus dem Wortlaut des Art. 1 Z 1 CMR ergebe sich, daß die CMR nur auf Beförderungsverträge anzuwenden sei, nicht aber auch auf bloße Aufträge für die Verzollung, wie dies hier der Fall sei.

Aber auch dann, wenn die CMR auf den vorliegenden Fall anzuwenden wäre, wäre der Klagsanspruch nicht verjährt. Nach Art. 32 Abs. 2 CMR werde nämlich die Verjährung durch eine schriftliche Reklamation bis zu dem Tag gehemmt, an dem der Frachtführer die Reklamation schriftlich zurückweise und die beigefügten Belege zurücksende. Unbeschadet dieser Bestimmung gelte für die Hemmung der Verjährung das Recht des angerufenen Gerichtes. Bei der Hemmung handle es sich um einen von der Rechtsprechung her ausgebildeten besonderen Fall der Ablaufhemmung. In diesem Fall trete nur dann die Verjährung nicht ein, wenn nach Zurückweisung der Reklamation innerhalb angemessener, in der Regel aber nur kurz zu bemessender Frist das Verfahren eingeleitet werde. Im vorliegenden Fall wären die Voraussetzungen für die Hemmung gegeben. Die Klägerin habe nämlich mit Schreiben vom 22. 6. 1983, also noch innerhalb der Verjährungsfrist des Art. 32 CMR, ihre Forderung geltend gemacht und die Erstbeklagte habe mit Schreiben vom 4. 7. 1983 abgelehnt. Die Klage sei sodann in angemessener Frist, nämlich am 25. 7. 1983, bei Gericht eingebracht worden.

Gemäß § 25 lit d ASPö. habe der Spediteur die Anweisung des Auftraggebers für die zollamtliche Abfertigung genau zu beachten und für den Fall, daß die Zollabfertigung nach den erteilten Weisungen nicht möglich sei, den Auftraggeber unverzüglich zu unterrichten. Im vorliegenden Fall könne aber von einer weisungswidrigen Durchführung der Verzollung durch die Klägerin nicht gesprochen werden. Selbst wenn man nämlich davon ausgehe, daß im Auftragsschreiben Beilage C als Empfänger der Ware die Firma H***** angeführt sei, könne daraus noch nicht auf eine Anweisung geschlossen werden, daß für diese Firma die Verzollung durchzuführen sei. In der Warenverkehrsbescheinigung Beilage D, die vom Auftraggeber der Erstbeklagten ausgefüllt worden und für die Verzollung maßgeblich sei, scheine nämlich als Empfänger, Besteller und Rechnungsempfänger die Firma B***** auf, sodaß die Klägerin begründet annehmen habe können, daß für diese Firma die Verzollung durchzuführen sei. Ein Widerspruch, wer der tatsächliche Empfänger der Ware sei, habe sich für die Klägerin selbst bei Vergleich der Beilagen C und D nicht ergeben müssen, denn sie habe ohne weiteres annehmen können, daß die Firma B*****, die Vertragspartnerin der Firma V*****, die Ware bereits wieder weiterverkauft habe und die Zustellung dann sogleich an den Käufer erfolgen sollte. Wäre hingegen die Verzollung tatsächlich entgegen den Angaben in der Warenverkehrsbescheinigung für die Firma H***** durchzuführen gewesen, dann wäre die Erstbeklagte wohl verpflichtet gewesen, diesbezüglich der Klägerin eine ausdrückliche Weisung zu erteilen, was aber nicht geschehen sei. Eine aufklärende Rücksprache mit der Erstbeklagten sei daher für die Klägerin nicht erforderlich gewesen. Es erübrige sich daher auch ein Eingehen auf die Frage, ob es der Klägerin möglich und zumutbar gewesen wäre, mit der Verzollung allenfalls bis zum nächsten Tag zuzuwarten.

Die Befugnis der Klägerin, die Zollgebühren vorzuschießen, ergebe sich schon aus der bereits erwähnten Bestimmung des § 25 AÖSp., sodaß auf die Frage eines diesbezüglichen Handelsbrauches nicht einzugehen sei. Eine ausdrückliche Weisung, wonach der Klägerin die Bevorschussung der Zollgebühren untersagt worden wäre, sei von der Erstbeklagten nicht erteilt worden. Diesbezüglich habe die Klägerin wohl auch auf die bisher geübte jahrelange Praxis vertrauen dürfen.

Da die Klägerin schließlich die Gebühren bei der Firma B***** nicht einbringen habe können, sei vom Erstgericht die Haftung der Beklagten, die sich auf die Bestimmungen der §§ 407 Abs. 1, 396 Abs. 2 HGB, § 12 AÖSp., aber auch auf § 354 HGB stütze, mit Recht bejaht worden.

Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO gegeben seien, weil insbesondere eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes darüber, ob für einen reinen Verzollungsauftrag die CMR anzuwenden sei, fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie – erkennbar – aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Sinne des § 503 Abs. 2 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, die Revision der Beklagten zurück- bzw. abzuweisen.

Die Revision ist zulässig. Bei der in der Revision der Beklagten relevierten Rechtsfrage, ob Ansprüche eines von einem Spediteur im Rahmen einer der CMR unterliegenden Beförderung herangezogenen Zollspediteure auf Aufwandersatz gegen seinen Auftraggeber der Verjährungsbestimmung des Art. 32 CMR unterliegen, handelt es sich um eine solche im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO; dazu liegt, soweit überblickbar, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Sachlich ist die Revision aber nicht berechtigt.

Die Beklagten versuchen zunächst unter Hinweis auf die in SZ 49/3 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes darzutun, daß die Klagsforderung der Verjährungsvorschrift des Art. 32 CMR unterliege, weil der ihr zugrundeliegende Auftrag mit einem der CMR unterliegenden Beförderungsvertrag im Zusammenhang stehe.

Dem ist folgendes zu entgegnen:

Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß alle Ansprüche, die sich aus einer der CMR unterliegenden Beförderung ergeben, also unter Umständen auch solche Ansprüche, die gar nicht aus der CMR selbst abgeleitet werden, der Verjährungsregelung des Art. 32 CMR unterworfen sind (SZ 49/3; RZ 1978/99; 6 Ob 740/80; EvBl. 1982/162; 6 Ob 767/81; 7 Ob 682/84). In allen diesen Fällen handelte es sich aber um Ansprüche direkt an einem der CMR unterliegenden Beförderungsvertrag beteiligter Personen. Aus dieser Rechtsprechung ist entgegen der von den Beklagten vertretenen Rechtsmeinung nicht abzuleiten, daß die Verjährungsvorschrift des Art. 32 CMR für jeden Anspruch zu gelten hätte, der nur irgendwie mit einer der CMR unterliegenden Beförderung im Zusammenhang steht. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner in SZ 54/165 veröffentlichten Entscheidung, auf deren ausführliche Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann (die dort angeführte Literatur wäre noch durch den Hinweis auf Glöckner, Leitfaden zur CMR6 202 f zu ergänzen), ausgeführt, daß der Zweck der CMR darin liegt, den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr zu regeln, sodaß bei einer Auslegung ihrer Bestimmungen, die zu einer Beschneidung der Rechte am Frachtvertrag nicht beteiligter Dritter führen würde, Vorsicht am Platz ist. Es seien daher Deliktsansprüche zwischen Personen, die auch Ansprüche aus dem Frachtvertrag hätten oder am Frachtvertrag doch wenigstens insofern beteiligt seien, als der Absender für sie in verdeckter Stellvertretung oder mit ihrem Einverständnis das Frachtgut der Gefährdung ausgesetzt habe, der Verjährungsbestimmung des Art. 32 CMR unterworfen, nicht aber Deliktsansprüche anderer Personen. Diese Unterscheidung ist aber aus den gleichen grundsätzlichen Erwägungen auf alle mit einer den Bestimmungen der CMR unterliegenden Beförderung im Zusammenhang stehenden Ansprüche anzuwenden. Dies führt zu dem Ergebnis, daß derartige Ansprüche unterliegen, wenn sie zwischen Personen bestehen, die auch Ansprüche nur dann der Verjährungsvorschrift des Art. 32 CMR aus dem Frachtvertrag besitzen oder am Frachtvertrag zumindest insoweit beteiligt sind, als der Absender für sie in verdeckter Stellvertretung oder mit ihrem Einverständnis über das Frachtgut verfügte.

Zu dieser Personengruppe zählte die Klägerin aber nicht. Sie war nicht als Absender, Versender, Frachtführer oder Empfänger an der der CMR unterliegenden Beförderung beteiligt, sondern nur von der Erstbeklagten mit der Durchführung der Verzollung der von dieser als Spediteur versendeten Waren beauftragt. Bei der Verzollung ins Ausland versendeter Ware handelt es sich grundsätzlich um eine vom Spediteur für den Auftraggeber im Rahmen des Speditionsvertrages vorzunehmende Geschäftsbesorgung (§ 25 AÖSp.; siehe dazu Hämmerle-Wünsch Handelsrecht3 III 320; Helm in RGR-Kommentar zum HGP3 Anm. 49 zu §§ 407-409), auf die grundsätzlich die gesetzlichen Bestimmungen über den Bevollmächtigungsvertrag (§§ 1002 ff ABGB) anzuwenden sind (7 Ob 531/77). Wenn im vorliegenden Fall die Erstbeklagte nur diese grundsätzlich ihr als Spediteur obliegende Geschäftsbesorgung vertraglich der Klägerin übertrug, dann wurde dadurch zwischen ihr und der Klägerin ein Rechtsverhältnis begründet das, soweit nicht die Regelung des § 25 AÖSp. darauf sinngemäß anzuwenden ist, den Bestimmungen der §§ 1002 ff ABGB (insbesondere auch des § 1014 ABGB) unterliegt; dadurch wurde die Klägerin aber keineswegs in der oben dargestellten Weise an dem zwischen der Erstbeklagten und der Firma K***** geschlossenen Frachtvertrag beteiligt. Mit Recht haben daher die Vorinstanzen die Anwendbarkeit der Verjährungsvorschrift des Art. 32 CMR auf die Klagsforderung verneint. Auf die Rechtsnatur der in Art. 32 Z 2 CMR normierten Hemmung der Verjährung ist unter diesen Umständen nicht einzugehen.

Auf eine andere Verjährungsbestimmung berufen sich die Beklagten nicht; es ist auch nicht erkennbar, daß die Klagsforderung auf Grund einer anderen Verjährungsvorschrift verjährt sein könnte.

Im übrigen versuchen die Beklagten in ihrer Revision nur noch darzutun, daß die Klägerin deswegen keinen Anspruch auf Rückersatz ihrer Auslagen habe, weil sie es entgegen § 25 lit d ASPö. unterlassen habe, die Erstbeklagte von der Unmöglichkeit der zollamtlichen Abfertigung nach den ihr erteilten Weisungen zu unterrichten.

Dazu kann aber im Rahmen einer Zulassungsrevision nicht Stellung genommen werden, weil mit diesen Ausführungen die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht aufgezeigt wird.

Eine ausdrückliche Anweisung der Erstbeklagten an die Klägerin über die zollamtliche Abfertigung ist nämlich dem Fernschreiben Beilage C nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat auf Grund der im vorliegenden Fall gegebenen Umstände verneint, daß die Klägerin aus dem Fernschreiben Beilage C eine Weisung der Erstbeklagten, die Verzollung für die Firma H***** durchzuführen, entnehmen konnte.

Die für die Revisionszulässigkeit im Zulassungsbereich maßgebliche Erheblichkeit der Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO bestimmt sich nach objektiven Umständen. Es kommt zunächst darauf an, ob das anstehende Rechtsproblem auch andere Personen und vergleichbare Fälle berührt. Die auf den Einzelfall beschränkte Kasuistik schließt in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus (Petrasch in ÖJZ 1983, 177; 3 Ob 625/83; 8 Ob 29/84 ua.). Allerdings ist auch in einem singulären, in seiner Tragweite über die Regelung der Rechtsverhältnisse der Streitteile nicht hinausgehende Fall zur Wahrung der Rechtssicherheit der Einzelfallgerechtigkeit insoweit Rechnung zu tragen, als die Revision dann für zulässig zu erachten ist, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage beruht (1 Ob 795/83; 3 Ob 30/84).

Wenn nun im vorliegenden Fall das Berufungsgericht auf Grund der nur hier gegebenen festgestellten Umstände zu dem Ergebnis kam, daß die Erstbeklagte der Klägerin keine (schlüssige) Weisung erteilte, die Verzollung für die Firma H***** (und nicht für die Firma B*****) durchzuführen, so wirkt diese rechtliche Beurteilung weder über den vorliegenden Einzelfall hinaus noch ist erkennbar, daß dem Berufungsgericht bei dieser Beurteilung eine wesentliche Verkennung der Rechtslage unterlaufen wäre.

Lag aber eine derartige Weisung nicht vor, dann kommt eine Verpflichtung der Klägerin zur Unterrichtung ihrer Auftraggeberin im Sinne des § 25 lit. d AÖSp. nicht in Betracht.

Der Revision der Beklagten mußte unter diesen Umständen ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E131165

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00517.850.0918.000

Im RIS seit

13.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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