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L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde 1. der Lore Hanzlik und 2. des Willibald Hanzlik, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck und Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Doblhoffgasse 7/12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. Dezember 2002, Zl. RU1-V-02160/00, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 21. Oktober 1999 erteilte das Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern den Auftrag, die bei einer baupolizeilichen Verhandlung auf der Liegenschaft EZ. 688, KG Kierling, Grundstück Nr. 1356 festgestellten drei Bauwerke, nämlich ein Wochenendhaus, eine Lagerhütte sowie die Hütte für ein Stromaggregat, innerhalb von 6 Monaten zu entfernen, weil die Liegenschaft die Widmung "Grünland-Landwirtschaft" aufweise und kein Bauwerk einer landwirtschaftlichen Nutzung diene. Dagegen brachten die Beschwerdeführer am 10. November 1999 Berufung ein, über die nicht entschieden wurde.
Mit einem Bauansuchen vom 19. Juni 2000 beantragten die Beschwerdeführer die nachträgliche Genehmigung der aktenkundig auf dem gegenständlichen Grundstück befindlichen Gebäude. Als Begründung gaben sie an, dass sie die Baulichkeiten im Rahmen der von ihnen geplanten Landwirtschaft (Nebenerwerb) benötigen würden. Sie beabsichtigten "u.a.", auf gegenständlicher Liegenschaft eine Kleintierzucht (Hühner, Hasen) einzurichten, welche eine ausreichende Betätigung im Sinne der landwirtschaftlichen Widmung darstelle. Über Aufforderung der Baubehörde, im Einzelnen bezeichnete Unterlagen, insbesondere einen Nachweis der Notwendigkeit dieser Baulichkeiten im Grünland (z.B. durch ein Betriebskonzept) vorzulegen, gaben die Beschwerdeführer in ihrem Schreiben vom 11. September 2000 an, dass sie die Gebäude zur ganzjährigen Haltung und Zucht von Enten und Hühnern benötigten. Sie hätten bislang die Zucht von Kleintieren auf einem Grundstück des Kleintierzuchtsvereines betrieben. Durch die akute Raumnot sei es nunmehr notwendig, einen Teil der Kleintiere auszulagern und deren Haltung und Zucht auf der gegenständlichen Liegenschaft durchzuführen. Das Bestreben der Beschwerdeführer sei es, nur jene Rassen von Hühnern und Enten zu züchten, die vom Aussterben bedroht seien, um sie der nachfolgenden Generation zu erhalten. Die Haltung und Betreuung erfolge ausschließlich durch die Beschwerdeführer selbst und sei "nicht gewinnorientiert ausgerichtet".
In einem darauf von der Baubehörde in Auftrag gegebenen Gutachten verneinte der Amtssachverständige für Agrartechnik die landwirtschaftliche Nutzung der gegenständlichen Liegenschaft, weil eine landwirtschaftliche Tätigkeit nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes nachhaltig, planvoll und auf Erzielung von Einnahmen gerichtet, ausgeübt werden müsse. Die beabsichtigte Hühner- und Entenzüchtung sei jedoch nach eigenen Angaben der Beschwerdeführer nicht gewinnorientiert ausgerichtet, weshalb keine Grundlage für eine Bauführung im Grünland bestehe.
Mit Bescheid vom 19. Februar 2002 wies das Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz den Antrag der Beschwerdeführer um nachträgliche Genehmigung mit der Begründung ab, die Genehmigung der Gebäude stehe mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der mitbeteiligten Gemeinde im Widerspruch. Die Liegenschaft der Beschwerdeführer sei als Grünland-Landwirtschaft gewidmet. Auf diesem sei die Errichtung von Gebäuden nur dann und in jenem Umfang zulässig, als dies für eine landwirtschaftliche Nutzung und eine nachhaltige Bewirtschaftung erforderlich sei. Hier sei aber die Ausübung eines Hobbys beabsichtigt.
In der dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, dass die beabsichtigte Tierzucht über ein Hobby hinausgehe und eine nebenberufliche landwirtschaftliche Tätigkeit (Tierhaltung als Urproduktion) darstelle. Der geforderte "strenge Maßstab" sei mit der hier gegebenen Fläche geringen Ausmaßes unvereinbar; es könne nicht sein, dass nur Großflächen für eine landwirtschaftliche Nutzung in Betracht kämen. Für eine Nutzung kleinerer Flächen müssten entsprechende Gebäude zulässig sein. Eine landwirtschaftliche Nutzung liege auch dann vor, wenn kein Gewinn erzielt werde.
Mit Bescheid vom 28. August 2002 gab der Stadtrat der mitbeteiligten Partei der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge. Beim Halten von Nutztieren zur Zucht handle es ich zwar um eine landwirtschaftliche Tätigkeit; zur Abgrenzung zum Hobby müsse die Tätigkeit aber betriebliche Merkmale aufweisen und auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtet sein. Es sei daher vom Vorliegen eines Hobbys auszugehen, weshalb die gegenständlichen Gebäude unzulässig und nicht bewilligungsfähig seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. In der Begründung verweist die belangte Behörde darauf, dass für eine Hobbytierzucht die Widmungsart "Bauland-Agrargebiet" vorgesehen sei. Da die Tätigkeit der Beschwerdeführer nicht auf Gewinn ausgerichtet sei, liege im konkreten Fall im Lichte der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 19 Abs. 4 NÖ ROG lediglich eine Hobbytierhaltung vor. Entscheidend sei allein das Betriebskonzept, nicht aber die Größe einer landwirtschaftlich genutzten Fläche.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 (NÖ BauO) ist eine Baubewilligung zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den im § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 leg. cit. angeführten Bestimmungen besteht.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. hat die Baubehörde bei Anträgen nach § 14 (bewilligungspflichtige Bauvorhaben) vorerst unter anderem zu prüfen, ob dem Bauvorhaben die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstückes entgegensteht. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat sie, wenn sie ein in Abs. 1 genanntes Hindernis feststellt, das Bauansuchen abzuweisen.
Hier erfolgte die Abweisung wegen Widerspruches des Bauvorhabens zur Flächenwidmung des gegenständlichen Grundstücks; der diesbezügliche § 19 NÖ Raumordnungsgesetz 1976, in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. 8000-15 (NÖ ROG), lautet auszugsweise:
"§ 19
Grünland
(...)
(2) Das Grünland ist entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in folgende Widmungsarten zu gliedern:
1.a. Land- und Forstwirtschaft: Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und der Errichtung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft und deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung dienen. Bei den im Hofverband bestehenden Wohngebäuden sind zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sowie zur Privatzimmervermietung durch die Mitglieder des eigenen Hausstands als häusliche Nebenbeschäftigung bis höchstens 10 Gästebetten im Hofverband die Wiedererrichtung von Wohngebäuden, sonstige Zubauten, Abänderungen sowie die Errichtung eines Ausgedingewohnhauses im Hofverband zulässig.
(...)
(4) Im Grünland ist ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß der NÖ Bauordnung 1996 nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für die Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und in den Fällen des Abs. 2 Z. 1a und 1b eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt. Bei der Erforderlichkeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen.
(...)"
In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Beantwortung der Frage, ob eine Baulichkeit für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung erforderlich ist, an die hiefür maßgeblichen Kriterien einen strengen Maßstab angelegt, weil verhindert werden soll, dass die Bestimmungen über die Flächenwidmung dadurch umgangen werden können, dass jemand lediglich einem Hobby und nicht einer zumindest nebenberuflichen landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht und auf diese Weise die für die Landwirtschaft bestimmten Grundflächen zersiedelt. Zur Vermeidung einer missbräuchlichen Aushöhlung der Ziele der Raumordnung, insbesondere zur angeführten Vorkehrung gegen eine Zersiedelung, hat der Verwaltungsgerichtshof daher das Vorliegen betrieblicher Merkmale, d.h. eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit für wesentlich erachtet, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen landwirtschaftlichen (d.h. der Urproduktion dienenden) Betriebes rechtfertigen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2002/05/1013, mwN).
Die Beschwerdeführer wenden sich in ihrer Beschwerde insbesondere gegen das Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht als Merkmal eines landwirtschaftlichen Betriebs. Der Begriff "nachhaltig" in § 19 Abs. 4 NÖ ROG sei nicht identisch mit gewinnorientiert. Er bedeute vielmehr dauerhaft oder nachdrücklich, setze aber nicht die Erzielung regelmäßiger Einnahmen voraus.
Richtig ist, dass mit der seit 16. September 1999 wirksamen Novelle LGBl. 8000-13 § 19 Abs. 4 NÖ ROG neu gefasst wurde; nunmehr stellt eine "nachhaltige" Bewirtschaftung eine Voraussetzung für die Bewilligung eines Bauvorhabens dar.
§ 19 Abs. 4 NÖ ROG lautete in der Stammfassung:
"(4) Im Grünland dürfen Neu-, Zu-, und Umbauten nur vorgesehen werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind."
Durch die Novelle LGBl. 8000-5 wurde das Wort "vorgesehen" durch "errichtet" ersetzt.
Seit der Novelle LGBl. 8000-10 lautete § 19 Abs. 4 NÖ ROG:
"(4) Im Grünland dürfen Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden sowie die Herstellung und Abänderung von baulichen Anlagen nur dann bewilligt werden, wenn sie für die Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich sind."
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber schon im Erkenntnis vom 31. März 1978, VwSlg. 9513/A, ausgeführt, es gehöre zum Begriff "Landwirtschaft", dass sie eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit darstellt. Dies wurde in weiterer Folge immer wieder wiederholt (so beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1990, Zl. 90/05/0075, hg. Erkenntnis vom 25. Januar 2000, Zl. 98/05/0163 und hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/05/0002).
Wenn nun der Landesgesetzgeber das Merkmal der Nachhaltigkeit ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut aufgenommen hat, ändert dies nichts daran, dass bisher stets geforderte Voraussetzungen, wie etwa die auf Erwerb von Einnahmen gerichtete Tätigkeit, aufrecht bleiben; vielmehr wird nun auch vom Gesetz zusätzlich (siehe Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht6, Anm. 24) die nachhaltige Bewirtschaftung verlangt. Keineswegs will der Gesetzgeber nun eine hobbymäßige Ausübung genügen lassen, was schon mit dem Begriff "Bewirtschaftung" unvereinbar erschiene.
Eine Betätigung, die überhaupt keine Erzielung von Gewinn vor Augen hat und reinen Hobbycharakter hat, stellt nach hg. Judikatur also keine nachhaltige landwirtschaftliche Beschäftigung dar (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Januar 2000).
Auch im vorliegenden Fall ist bei der von den Beschwerdeführern beabsichtigten Tätigkeit nach eigenen Angaben keine Gewinnerzielungsabsicht gegeben. Der einzige Zweck der Tierhaltung im Beschwerdefall besteht darin, vom Aussterben bedrohte Hühner- und Entenrassen der nachfolgenden Generation zu erhalten. Wenn somit keine nachhaltige Bewirtschaftung im Sinne des § 19 Abs. 4 NÖ ROG vorliegt, ist in der Abweisung des Antrags der Beschwerdeführer auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung der drei verfahrensgegenständlichen Gebäude durch die Gemeindebehörden keine Rechtsverletzung zu erkennen; ob diese Gebäude für den von den Beschwerdeführern beabsichtigten Zweck "erforderlich" sind, war bei diesem Ergebnis nicht mehr zu prüfen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch des Kostenersatzes gründet sich auf die §§ 47ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 28. Juni 2005
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003050012.X00Im RIS seit
17.08.2005