TE OGH 1985/10/2 9Os73/85

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Veröffentlicht am 02.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Oktober 1985 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gitschthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Roland A wegen des Vergehens der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs. 1 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Jugendschöffengericht vom 28.Feber 1985, GZ. 21 Vr 103/85-10, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO. das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Angeklagte wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 17-jährige, mithin jugendliche Angeklagte Roland A des Vergehens der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit von Juli 1984 bis 5.Dezember 1984 in Vorarlberg, insbesondere in Wolfurt, Lauterach und Bregenz, in der Absicht, dem österreichischen Staat in seinem konkreten Recht auf Ausschluß solcher Kraftfahrzeuge von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr, die nicht alle Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 KFG. erfüllen, einen Schaden zuzufügen, dadurch Beamte des Straßenaufsichtsdienstes durch Täuschung über Tatsachen zur Duldung seiner Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zu verleiten versucht, daß er in sein Moped der Marke Vespa PK 50 S, Kennzeichen

V 34.301, einen 75-ccm-Zylinder mit dazupassendem Kolben montierte und damit Fahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr unternahm.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z. 5, 9 lit. a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, aus deren Anlaß sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugen mußte, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten mit einem von diesem nicht gerügten Feststellungsmangel im Sinn der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. behaftet ist, der eine Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO. erforderlich macht.

Das Vergehen der Täuschung nach § 108 Abs. 1 StGB. begeht, wer einem anderen in seinen Rechten dadurch absichtlich einen Schaden zufügt, daß er ihn oder einen Dritten durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, die den Schaden herbeiführt. In subjektiver Hinsicht genügt darnach zwar für die Verleitung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung durch Täuschung über Tatsachen jede Vorsatzform, mithin auch bedingter Vorsatz; für die Schadenszufügung ist hingegen Absicht im Sinn des § 5 Abs. 2 StGB. gefordert.

Das Erstgericht stellt zwar fest, daß der Angeklagte in der Absicht gehandelt hat, die Straßenaufsichtsorgane zu täuschen, indem er den Anschein erweckte, es handle sich bei dem von ihm zu Fahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendeten Fahrzeug um ein nicht führerscheinpflichtiges und ordnungsgemäß haftpflichtversichertes Motorfahrrad, wiewohl er es durch den Einbau eines 75-ccm-Motors zu einem führerscheinpflichtigen Motorrad umgebaut hatte (S. 37), und geht in objektiver Beziehung der Sache nach (im Einklang mit der Rechtsprechung; vgl. ZVR. 1984/343, ZVR. 1978/125, 11 Os 39/85, 10 Os 5/85 u.a.m.) davon aus, daß durch das Tatverhalten des Angeklagten der Staat in seinem konkreten Recht auf Ausschluß solcher Kraftfahrzeuge von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr, die nicht ordnungsgemäß zugelassen sind, geschädigt worden ist, läßt aber jegliche Feststellung darüber vermissen, ob der Angeklagte diese Schädigung beabsichtigt hat, das heißt, ob es ihm darauf angekommen ist (§ 5 Abs. 2 StGB.), mittels der angewendeten Täuschung das bezeichnete konkrete staatliche Recht zu beeinträchtigen (und nicht etwa bloß eine Abstrafung hintanzuhalten). Daß im Urteilsspruch die Absicht, den Staat in dem in Rede stehenden konkreten Recht zu schädigen, angeführt ist, vermag die in den Entscheidungsgründen fehlenden bezüglichen Konstatierungen nicht zu ersetzen, weil durch die Bezeichnung der Tat im Spruch nur dem in § 260 Z. 1 StPO. normierten Urteilserfordernis entsprochen wird (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO. 2 Nr. 8 zu § 281 Z. 9 a und Nr. 94 a zu § 270).

Somit leidet das angefochtene Urteil - wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend aufzeigt - in Ansehung des subjektiven Tatbestands des dem Angeklagten zur Last gelegten Vergehens nach § 108 Abs. 1 StPO. an einem Feststellungsmangel, demzufolge gemäß § 290 Abs. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 e StPO. der Schuldspruch zu kassieren und die Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen war, während der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen war. Nur der Vollständigkeit halber sei zum Beschwerdevorbringen des Angeklagten darauf verwiesen, daß der Oberste Gerichtshof keinen Anlaß findet, die Strafvorschrift des § 108 Abs. 1 StGB. hinsichtlich ihrer übereinstimmung mit Art. 7 MRK. durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen und daß im vorliegenden Fall von einer atypisch geringen Schuld des Täters (und damit von einer mangelnden Strafwürdigkeit der Tat im Sinn des § 42 StGB.) nicht gesprochen werden kann (vgl. hiezu ZVR. 1984/343).

Aus der Kassierung (auch) des Strafausspruchs folgt, daß der Angeklagte auch mit seiner Berufung auf die getroffene Entscheidung zu verweisen war.

Anmerkung

E06584

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0090OS00073.85.1002.000

Dokumentnummer

JJT_19851002_OGH0002_0090OS00073_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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