Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Werner A
wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde (soweit über sie nicht bereits in nichtöffentlicher Beratung entschieden wurde) sowie über die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 1. März 1985, GZ. 26 Vr 2601/83-41, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Katary zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie sich auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. stützt, verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner A 1.
des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. und 2. des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB. schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er in Linz
1. am 24.August 1983 den Michael Manfred B durch
Versetzen von Faustschlägen in das Gesicht, wodurch dieser zu Boden stürzte, am Körper verletzt hat, wobei die Tat eine an sich schwere Körperverletzung und zwar einen doppelten Unterkieferbruch, verbunden mit einer Schädelprellung und eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zur Folge hatte;
2. im Oktober 1983 den Michael Manfred B durch
gefährliche Drohung, und zwar durch die Erklärung, er werde ihn wegen Raubes bei der Polizei anzeigen, zu einer Handlung, nämlich zur Zurückziehung seiner Anzeige wegen Körperverletzung und zur Leistung einer monatlichen Zahlung von 1.500 S, die Werner A für seine Lebensgefährtin Manuela C glaubte
rückfordern zu dürfen, zu nötigen versucht hat.
Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde angefochten. Der Strafausspruch wird sowohl vom Staatsanwalt als auch vom Angeklagten mit Berufung bekämpft.
Die Beschwerde wurde, soweit sie einen formellen Nichtigkeitsgrund geltend macht, vom Obersten Gerichtshof bereits in nichtöffentlicher Beratung am 29.August 1985, GZ. 12 Os 112/85-6, zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. rügt der Angeklagte, daß die Eignung der Drohung, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen, nicht festgestellt worden sei. Das Schöffengericht hat festgestellt, daß der Angeklagte den Zeugen mit einer Anzeige wegen des Verbrechens des Raubes gedroht hat. Ob diese Drohung die im § 74 Z. 4 StGB. geforderte Eignung hatte, ist eine Rechtsfrage, die vom Schöffengericht zutreffend gelöst wurde. Denn es kann nicht zweifelhaft sein, daß die Drohung mit einer Anzeige wegen Raubes, also wegen eines mit schwerer Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechens, eine Bedrohung mit einer Verletzung an der Freiheit und am Vermögen darstellt, die geeignet ist, dem Bedrohten gegründete Besorgnis einzuflößen (Leukauf-Steininger Komm. 2 § 74 RN. 18, Mayerhofer-Rieder 2 § 75 Z. 5 StGB. ENr. 1-5).
Die auf einen materiellen Nichtigkeitsgrund gestützte Beschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 84 Abs. 1, 28 Abs. 1 StGB. zu acht Monaten Freiheitsstrafe. Dabei erachtete es das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, die neun (richtig acht) einschlägigen Vorstrafen sowie den raschen Rückfall als erschwerend; als mildernd berücksichtigte es den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, sowie ein gewisses Wohlverhalten des Angeklagten nach der Tat. Gegen diesen Strafausspruch richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte begehrt eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht, während die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe anstrebt.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig angeführt und gewertet. Der vom Angeklagten in seiner Berufung ins Treffen geführte Umstand, daß die ihm zur Last gelegten Taten schon längere Zeit (über 2 Jahre) zurückliegen, wurde vom Erstgericht ohnehin berücksichtigt, denn es hat das Wohlverhalten des Angeklagten nach der Tat als Milderungsgrund (§ 34 Z. 18 StGB.) angenommen (S. 114). Die Strafe wurde im Gegensatz zur Auffassung seiner Berufung nicht zu hoch bemessen. Die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall stehen einer günstigen Zukunftsprognose entgegen und schließen demgemäß bedingte Strafnachsicht aus.
Aber auch die Berufung der Staatsanwaltschaft ist nicht berechtigt.
Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte nicht heimtückisch (im Sinne des § 33 Z. 6 StGB.) sein Opfer verletzt. Er hat ihm vielmehr von vorne, wenn auch ohne Vorwarnung, einen Faustschlag versetzt. Von einer besonderen Brutalität, die das bei diesem Delikt übliche Maß wesentlich übersteigt, kann gleichfalls keine Rede sein. Schließlich kann ihm auch nicht als erschwerend zur Last gelegt werden, daß das Urteilsfaktum 2 'lediglich' als versuchte Nötigung qualifiziert wurde. Mit Rücksicht auf den doch nicht unerheblichen Zeitraum, in dem sich der Angeklagte nach der Tat wohlverhalten und ständig gearbeitet hat, ist die vom Erstgericht verhängte Strafe noch schuldangemessen. Beiden Berufungen war daher ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E06604European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00112.85.1003.000Dokumentnummer
JJT_19851003_OGH0002_0120OS00112_8500000_000