Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z. 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Krems als Schöffengerichts vom 25.April 1985, GZ 10 c Vr 182/84-27, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Marenzi, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 7.Juni 1957 geborene Hilfsarbeiter Peter A wurde der Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 2, 84 Abs 2 Z. 2 StGB (1), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (2) und der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB (3) schuldig erkannt. A erhebt Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z. 4 und 9 lit a StPO Laut Schuldspruch 1 hat der Angeklagte am 7.März 1983 in der Strafvollzugsanstalt Stein in verabredeter Verbindung mit den abgesondert Verfolgten Karl B und Erich C den Mithäftling Milan D durch Versetzen von Faustschlägen und Fußtritten vorsätzlich am Körper mißhandelt und ihm dadurch fahrlässig ein Monokelhämatom rechts, Schwellungen am Kopf und an der Rippe sowie eine Bißverletzung an der Zunge zugefügt.
Rechtliche Beurteilung
Diesbezüglich rügt der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel die Abweisung seines Antrags auf Beiziehung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen zum Beweis dafür, daß Milan D, wäre er von ihm geschlagen worden, ärgere Verletzungen erlitten hätte. Er argumentiert dahin, daß bei seinem Körpergewicht von 90 kg mehrere starke Faustschläge gegen Kopf und Brust des D, wenn dieser zudem von C und B gehalten wurde, jedenfalls zu weit schwereren als den festgestellten Verletzungen hätte führen müssen. Dabei verkennt der Rechtsmittelwerber, daß kein stärkerer Kräfteeinsatz angenommen wurde als jener, der zu den konstatierten Folgen führte. Auch ein Sachverständiger könnte die Frage, mit welcher Intensität die Faustschläge geführt worden sind, nur an Hand der Verletzungsfolgen eruieren. Das begehrte Gutachten konnte daher zur Wahrheitsfindung nichts Wesentliches beitragen. Daß auch der Angeklagte Verletzungen an den Fäusten hätte davontragen müssen, war nicht Gegenstand des Beweisantrags in erster Instanz, weshalb auf dieses erst in der Beschwerde genannte Beweisthema nicht einzugehen war.
Inhaltlich des Schuldspruchs 2 liegt dem Angeklagten zur Last, im Mai 1983 den Mithäftling Erich C durch die öußerung, er werde ihn für jeden Tag, den er 'wegen dieser Sache' (wegen der an D begangenen Körperverletzung) sitzen muß, hineinstechen und ihn umbringen, gefährlich mit dem Tod bedroht zu haben, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen. In seiner Rechtsrüge zieht der Beschwerdeführer die Eignung der Drohungen, dem Bedrohten mit Rücksicht auf die Verhältnisse oder auf die Wichtigkeit des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen, mit der Behauptung in Zweifel, es habe sich 'lediglich um eine in der Strafanstalt Stein durchaus übliche Unmutsäußerung gehandelt'. Das Erstgericht ist davon ausgegangen, daß die öußerungen des Angeklagten eine Reaktion auf den seiner Meinung nach verübten 'Verrat' des Bedrohten, nämlich auf dessen den Nichtigkeitswerber belastenden Angaben in bezug auf die an D begangenen Mißhandlungen gewesen seien; ferner davon, daß C gewußt habe, daß der in der Begleitung des Angeklagten befindliche Karl B im Verdacht stand, einen anderen Mithäftling mit einem Messer gestochen zu haben. Daraus konnte das Gericht frei von Rechtsirrtum ableiten, daß die Drohung des Angeklagten, mit der dieser beabsichtigt hat, C in Furcht und Unruhe zu versetzen, von jenem als Drohung mit dem Tod durchaus ernst zu nehmen und nicht als bloße Unmutsäußerung abzutun und mithin geeignet war, bei dem Bedrohten den Eindruck zu erwecken, der Angeklagte sei willens, das angekündigte übel irgendwann selbst oder durch einen anderen auszuführen; dies trotz des Umstands, daß der Angeklagte sich zur Tatzeit in Strafhaft befand.
Der Sache nach aus § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO reklamiert der Beschwerdeführer hinsichtlich des Schuldspruchs 3, wonach er vor dem Kreisgericht Krems am 17.April 1984 im Verfahren gegen Heinz E, AZ. 9 c E Vr 184/84, und am 8.November 1984, im Verfahren gegen Karl B, AZ. 10 c Vr 891/82, bei seiner förmlichen Vernehmung als Zeuge zur Sache jeweils nach Belehrung gemäß § 153 StPO über den Vorfall vom 7.März 1983 (Faktum 1) vorsätzlich falsche Aussagen abgelegt hat, Aussagenotstand (§ 290 Abs 1 StGB). Dieser Entschuldigungsgrund kommt dem Angeklagten jedoch nicht zustatten. Nach dem Inhalt der Hauptverhandlungsprotokolle wurde der Beschwerdeführer über sein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 153 StPO ausreichend belehrt, der Befreiungsgrund war ihm somit bekannt (S. 104 und 127). § 290 Abs 1 Z. 2 StGB setzt voraus, daß jemand den Befreiungsgrund nicht geoffenbart hat, um die schon aus der Offenbarung drohenden Folgen abzuwenden. Die Furcht vor anderen Nachteilen als weitere Folgen der Zeugnisentschlagung vermag indes keine gemäß § 290 StGB beachtliche Konfliktsituation zu begründen (siehe Pallin im WK. RN. 20, 21 zu § 290 StGB). Außerdem war der Befreiungsgrund des § 153 StPO zu Gunsten des Angeklagten bereits bekannt, sodaß dessen 'Offenbarung' gar nicht mehr möglich war.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht bestrafte Peter A nach § 84 Abs 1 (§ 28) StGB mit achtzehn Monaten Freiheitsentzug und nannte dazu nur Erschwerungsgründe: die Wiederholung der falschen Beweisaussage und (damit) das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen der gleichen wie auch verschiedener Art sowie die einschlägigen Vorstrafen.
Der Angeklagte beruft gegen die Strafhöhe. Er vermißt die Berücksichtigung des Milieus, in dem die Straftaten begangen wurden, nämlich während der Strafhaft in der Justizanstalt Stein. Damit zeigt sich der Berufungswerber als hartnäckiger Rückfallstäter, der den Zweck des Strafvollzugs ins Gegenteil zu wenden trachtet: Er will aus einem Ort der Resozialisierung einen Tummelplatz für strafbare Handlungen machen. Das nötigt dazu, ihm ausreichend Zeit zu geben, um sich den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens anzupassen und eine Lebenseinstellung zu gewinnen, die ihn abhält, schädlichen Neigungen nachzugehen (§ 20 StVG.).
Anmerkung
E06472European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00140.85.1003.000Dokumentnummer
JJT_19851003_OGH0002_0130OS00140_8500000_000