TE OGH 1985/10/8 10Os111/85

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Veröffentlicht am 08.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Stupka als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert A und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Robert A, Hermann B und Manfred C sowie die Berufung

der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten B und C gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Linz vom 4.April 1985, GZ 26 Vr 88/85-93, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug des Angeklagten Manfred C sowie der Verteidiger Dr. Ploderer (für A), Dr. Schmid (für B) und Dr. Lambert (für C), jedoch in Abwesenheit der Angeklagten A und B, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen der Angeklagten wird dahin Folge gegeben, daß die über sie verhängten Freiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt werden:

bei Robert A unter Anwendung des § 41 StGB auf 4 (vier) Jahre, bei Hermann B auf 5 (fünf) Jahre und bei Manfred C auf 6 1/2 (sechseinhalb) Jahre.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe hinsichtlich der Angeklagten B und C auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird ihrer Berufung Folge gegeben und gemäß § 23 StGB die Unterbringung des Angeklagten Manfred C in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden (1.) Robert A, Hermann

B und Manfred C des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB sowie (2.) A überdies des (durch gefährliche Drohung, und zwar durch die öußerung, er werde ihn zusammenschlagen und niedertreten, begangenen) Vergehens der Nötigung (des Wilhelm D zur übergabe von 700 S) nach § 105 Abs. 1 StGB und (3.) C außerdem des Vergehens der (durch das Wegwerfen eines anläßlich des Raubes weggenommenen Reisepasses verübten) Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Als schwerer Raub liegt den Angeklagten zur Last, daß sie am 30. August 1984 in Linz in Gesellschaft als Beteiligte dem Miralim E mit Gewalt gegen seine Person eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz wegnahmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem B und C ihn festhielten und niederschlugen, während ihm A die Brieftasche mit

ca 2.000 S Bargeld aus der Gesäßtasche zog.

Den - von A auf Z 8 und 12 sowie allenfalls Z 6 und 11 lit a, von B auf Z 5 und von C, der den Schuldspruch wegen Urkundenunterdrückung nicht anficht, auf Z 5, 6 und 9 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten - Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu. Zum Faktum 1. hatte B die Vernehmung der Zeugen

F, G und H zum Beweis dafür beantragt, daß

E (vor dem inkriminierten Tatgeschehen) als Gast des

I mit einem Parfumfläschchen im Lokal umhergespritzt und deswegen von der erstgenannten Zeugin (als Kellnerin) einen Schlag erhalten habe; daß jener in der Folge herumgeschrieen habe, ihm sei ein größerer Geldbetrag gestohlen worden, wobei er den Antragsteller verdächtigt habe und deshalb mit ihm in Streit geraten sei; sowie, daß er später auch mit einer Pistole herumgefuchtelt und letzteren bedroht habe, worauf ihm die Waffe von einer Kellnerin abgenommen worden sei (S 412).

Der Schwurgerichtshof hatte die begehrte Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, daß damit nichts 'im Sinne der Anklage gewonnen' (gemeint wohl: in bezug auf die Anklage zu gewinnen) sei, weil - ersichtlich gemeint: im Gegensatz zur Darstellung des Tatopfers, wonach jenem rund 17.000 S geraubt worden seien, ohnehin - nur ein 'Diebstahl' (richtig: Raub) von 2.000 S angeklagt sei und weil es sich außerdem bei den Zeugen um keine unmittelbaren Tatzeugen handle sowie von ihren Aussagen keine nähere Klärung des Tathergangs und auch kein Aufschluß über die Glaubwürdigkeit des Zeugen E zu erwarten sei (S 413).

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 5) des Angeklagten B gegen das abweisende Zwischenerkenntnis geht fehl.

Denn in der Hauptverhandlung hat der Beschwerdeführer, der dies bis dahin stets bestritten hatte, im wesentlichen übereinstimmend mit den Verantwortungen beider Mitangeklagten ebenfalls zugestanden, daß er ihnen vor der Tat angekündigt hatte, er werde E 'heute noch machen', und daß er jenen, nachdem ihm alle Angeklagten beim Verlassen des Lokals gemeinsam gefolgt waren, niedergeschlagen habe;

nunmehr ging seine leugnende Verantwortung dahin, er habe den Genannten nur verletzen wollen, um sich wegen seiner im Verlauf des Lokalbesuchs vorausgegangenen Bedrohung durch ihn zu revanchieren;

lediglich das habe er auch mit seiner zuvor wiedergegebenen öußerung gemeint; und diese Situation müsse (ohne vorherige Verabredung und ohne sein Vorwissen) von den Mitangeklagten dazu ausgenützt worden sein, dem Niedergeschlagenen die Brieftasche wegzunehmen, wovon er indessen erst nach dem gemeinsamen Weglaufen vom Tatort Kenntnis erlangt habe (S 376 bis 383).

Unter den damit gegebenen Umständen wäre aber für B durch die beantragte Zeugenvernehmung tatsächlich nichts zu gewinnen gewesen, weil seine nunmehrige Darstellung über sein äußeres Verhalten bei der Tat mit jener des E keineswegs unvereinbar war und letzterer über die mit diesem Verhalten verbundene, hier entscheidende Zielsetzung des Beschwerdeführers nach Lage des Falles nicht informiert sein konnte; für jenes in Ansehung des Angeklagten B allein aktuelle Thema hätte daher auch eine von ihm erhoffte Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen (als Folge der beantragten Vernehmungen) - die sich nach dem Gesagten nur auf Bekundungen über unentscheidende Einzelheiten des äußeren Tathergangs hätte erstrecken können - keinerlei Relevanz zu entfalten vermocht. Nichts anderes gilt auch für das unter Beweis gestellte äußere Geschehen vor dem Tatablauf als solches, aus dem unmittelbare Rückschlüsse auf das innere Vorhaben des Beschwerdeführers (bei seinem von ihm selbst zugestandenen äußeren Verhalten) gleichfalls nicht abgeleitet werden könnten. Durch die Ablehnung der in Rede stehenden Beweisaufnahme sind daher Verteidigungsrechte des Angeklagten B nicht beeinträchtigt worden.

Der Angeklagte C jedoch ist insoweit entgegen seiner Beschwerdeauffassung mangels eigener Antragstellung zur Verfahrensrüge (Z 5) nicht legitimiert.

Finden doch seine darauf bezogenen Behauptungen, dem vom Verteidiger des zuvor genannten Angeklagten gestellten Antrag seien sämtliche Mitangeklagten 'konkludent beigetreten' und dieses Begehren sei 'im Einvernehmen sämtlicher Verteidiger für alle Mitangeklagten' erhoben worden, im Hauptverhandlungsprotokoll (S 412 f.) insofern keine Deckung, als die betreffende prozessuale Erklärung in ihrer allein maßgebenden, für das Gericht erkennbaren Bedeutung ausschließlich vom Rechtsbeistand des Angeklagten B und lediglich für diesen abgegeben wurde.

Nach dem klaren Wortlaut des § 345 Abs. 1 Z 5 StPO aber ist zur formellen Berechtigung einer darauf gestützten Verfahrensrüge - wie der Beschwerdeführer selbst nicht verkennt - eine dementsprechende eigene Antragstellung in der Hauptverhandlung vorauszusetzen; der Umstand, daß ein von einem Angeklagten gestellter Antrag und damit folgerichtig auch dessen Abweisung aus Gründen des Zusammenhangs für einen anderen möglicherweise gleichfalls materiell- und/oder verfahrensrechtliche Auswirkungen haben mag, ändert an der in Rede stehenden prozessualen Grundvoraussetzung für die Geltendmachung des relevierten Nichtigkeitsgrundes nichts.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) erblickt der Angeklagte C darin, daß der Schwurgerichtshof die Hauptfrage (1) nach schwerem Raub entgegen § 312 Abs. 1 StPO 'pauschal für alle Angeklagten einheitlich formuliert' habe; das habe, so vermeint er, 'zwangsläufig zu einer Vereinheitlichung des Beweisergebnisses führen' müssen.

Von einem - in der Beschwerde mißverständlich unter dem Aspekt eines bloßen 'Formulierungs'-Fehlers behaupteten - inhaltlichen Mangel der bezeichneten Hauptfrage in Ansehung der (zur Ausschaltung der Gefahr einer Doppelverurteilung erforderlichen) Individualisierung oder (die überprüfung der Subsumtion ermöglichenden) Konkretisierung der Tat im Sinn des § 312 Abs. 1 StPO (vgl EvBl 1985/97) kann jedoch im Hinblick darauf, daß nicht nur das inkriminierte Geschehen nach Ort, Zeit, Tatobjekt und Tathandlung eines jeden Angeklagten verwechslungsfrei beschrieben wird, sondern überdies auch den einzelnen Deliktsmerkmalen die ihnen entsprechenden tatsächlichen Gegebenheiten gegenübergestellt werden, überhaupt keine Rede sein. Die Berücksichtigung von Gesichtspunkten hinwieder, die nur für die Strafbemessung innerhalb des aktuellen gesetzlichen Rahmens von Belang sind, wie Umfang und Intensität der Tatbeteiligung, ist - der Beschwerdeauffassung zuwider - bei der Fragengestaltung ebensowenig vorgesehen wie eine sonstige Spezialisierung der Tat durch Anführung von Nebenumständen, die weder für die Schuldfrage noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung sind.

Sofern der Beschwerdeführer aber der Sache nach gegen die Kumulierung der Fragestellung in Ansehung sämtlicher Angeklagten in einer einzigen Hauptfrage remonstriert, läßt die Verfahrensrüge jegliche Bezeichnung jener Beweisergebnisse vermissen, derentwegen es seiner Ansicht nach (im Sinn des § 317 Abs. 2 StPO) erforderlich gewesen wäre, den Geschwornen für jeden Angeklagten eine gesonderte Hauptfrage nach schwerem Raub vorzulegen, um der Gefahr einer gemeinsamen und pauschalen, nicht auf einer sorgfältigen Prüfung der Schuld jedes einzelnen von ihnen nach den für und gegen ihn vorgebrachten Beweisen beruhenden Beurteilung vorzubeugen; insoweit ist die Beschwerde demnach mangels Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich. Eine Urteilsnichtigkeit nach Z 9 des § 345 Abs. 1 StPo schließlich kann nur aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden; der vom Angeklagten C in diese Richtung hin unternommene Versuch, einen Widerspruch zwischen dem Verdikt und der Niederschrift über die hiefür maßgebend gewesenen Erwägungen der Geschwornen (§ 331 Abs. 3 StPO) aufzuzeigen, ist demnach schon deswegen nicht zielführend.

Gleichfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Rechtsrüge (inhaltlich - trotz hilfsweise zusätzlicher Geltendmachung von Z 6 und 11 lit a - ausschließlich Z 12) des Angeklagten A, mit der er (in 'reduzierender und grammatikalischer Interpretation' des Wahrspruchs 'unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens') lediglich auf seine eigene Tathandlung abstellt und die Auffassung vertritt, er habe darnach nur einen 'Bedrängnisdiebstahl' nach § (§ 127 Abs. 1,) 128 Abs. 1 Z 1 StGB zu verantworten.

Dabei übergeht er nämlich die im Verdikt enthaltene Feststellung der Tatbegehung durch sämtliche Angeklagten 'in Gesellschaft als Beteiligte', derzufolge auch das Tatverhalten der übrigen Täter, die mit ihm arbeitsteilig zusammenwirkten, bei der Subsumtion mitzubeurteilen ist; materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können jedoch im geschwornengerichtlichen Verfahren nur durch einen Vergleich des gesamten im Wahrspruch als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden.

In bezug auf das Faktum 2. vermißt der zuletzt genannte Angeklagte in der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung (§ 321 StPO) zur Hauptfrage 3 eine Abgrenzung des Tatbestandsmerkmals 'gefährliche Drohung' von 'bloßen Triebentladungen, wütenden Unmutsäußerungen udgl'; eine zur Irreleitung der Laienrichter geeignete und deshalb einer Unrichtigkeit gleichkommende Unvollständigkeit der Belehrung (Z 8) vermag er damit aber nicht aufzuzeigen.

Wurden doch die Geschwornen durch die Hinweise auf das Erfordernis einer objektiv gleichwie nach den Vorstellungen des Täters gegebenen Eignung einer (auch sonst den Voraussetzungen des § 74 Z 5 StPO entsprechenden) Drohung, dem Bedrohten in Ansehung der tatsächlichen Herbeiführung des angedrohten übels begründete Besorgnisse einzuflößen (S 473/475), welches ihnen zudem noch mündlich zu erläutern war (§ 323 Abs. 1 und 3 StPO), durchaus zureichend in die Lage versetzt zu erkennen, daß drohende öußerungen der in der Beschwerde relevierten Art, bei denen die aufgezeigte Prämisse auf der subjektiven sowie in der Regel auch auf der objektiven Seite fehlt, das tatbestandsrelevante Begriffsmerkmal der Gefährlichkeit nicht erfüllen.

Die Zurückführung der in die Frage aufgenommenen gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung auf den ihnen zugrunde liegenden konkreten Sachverhalt indessen ist nicht Gegenstand der Rechtsbelehrung, sondern obliegt dem Vorsitzenden des Schwurgerichtshofs bei der im Anschluß an die mündliche Belehrung mit den Geschwornen abzuhaltenden Besprechung (§ 323 Abs. 2 StP0). Materiellrechtlich verfehlt hingegen ist jene Rechtsansicht des Beschwerdeführers (Z 8), wonach zur Verwirklichung des Tatbestands der Nötigung in subjektiver Hinsicht eine Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Täters erforderlich sei, den Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen; denn die begrifflichen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals 'gefährliche Drohung' in § 105 Abs. 1 StGB sind nicht etwa, wie er zu vermeinen scheint, der mit diesem Ausdruck als Deliktsbezeichnung überschriebenen Strafbestimmung des § 107 Abs. 1 StGB zu entnehmen, sondern vielmehr dessen in § 74 Z 5 StGB festgelegter Legaldefinition, für die der in Rede stehende spezielle Vorsatz ebensowenig von Belang ist wie für den Nötigungs-Tatbestand, zu dessen Verwirklichung bedingter Vorsatz (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB) genügt (vgl EvBl 1984/127 ua). Insoweit ist folglich dem Schwurgerichtshof bei der Rechtsbelehrung ebensowenig ein Fehler unterlaufen wie - dem dahingehenden, in Wahrheit die rechtliche Beurteilung des im Wahrspruch festgestellten Sachverhalts (Z 11 lit a) betreffenden Eventualeinwand (Z 6) zuwider - dadurch, daß sich die betreffende Hauptfrage (3) nicht auch auf eine derartige Absicht erstreckte. Sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB, A und C unter Anwendung

des § 28 StGB, zu Freiheitsstrafen, deren Dauer es bei A mit fünfeinhalb, bei B mit sieben und bei C mit acht Jahren festsetzte.

Zur Strafbemessung wertete es bei A sein Geständnis vor dem Untersuchungsrichter sowie bei B und C keinen

Umstand als mildernd, wogegen es bei allen Angeklagten ihre - bei A drei, bei B sieben und bei C

fünfzehn - einschlägigen Vorstrafen, die bei B und C den Voraussetzungen des § 39 StGB entsprechen, bei A und B überdies das jeweilige Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, bei B und C ferner ihren (bei letzterem äußerst) raschen Rückfall sowie bei B zudem seine Urheberschaft zum Raub als erschwerend annahm.

Den Antrag der Anklagebehörde auf Einweisung des Angeklagten C in eine Anstalt nach § 23 StGB wies es mit der Begründung ab, daß zwar die formellen Voraussetzungen für eine derartige Maßnahme gegeben seien, daß jener aber beim Raub nur eine relativ untergeordnete Rolle gespielt habe und daß die Gefährlichkeitsprognose des Sachverständigen Dr. Kaiser zu allgemein gehalten sowie überdies wegen der Höhe der verhängten Freiheitsstrafe nicht anzunehmen sei, C werde nach deren Vollzug weitere strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen mit schweren Folgen begehen.

Sowohl den Berufungen der Angeklagten gegen die Strafdauer als auch der Berufung der Anklagebehörde gegen die Ablehnung des Einweisungsantrags kommt Berechtigung zu.

Mit ihren Einwänden gegen die vom Geschwornengericht angenommenen Erschwerungsumstände und mit der Behauptung weiterer Milderungsgründe sind die Angeklagten allerdings vorwiegend nicht im Recht.

So kann von einer Beteiligung der Angeklagten A und C am Raub in geradezu 'nur untergeordneter Weise' (§ 34 Z 6 StGB) oder von einer bloßen Unbesonnenheit des Erstgenannten bei der Nötigung (§ 34 Z 7 StGB) nach den Verfahrensergebnissen nicht gesprochen werden. Auch kommt weder dem Alter des Angeklagten B von mehr als 26 Jahren zur Tatzeit noch seinem

seitherigen Wohlverhalten in der Untersuchungshaft die Bedeutung von Milderungsgründen zu; mit Recht hinwieder wurden letzterem sein rascher Rückfall (innerhalb von vier Monaten seit seiner letzten Verurteilung), seine Urheberschaft beim Raub und der Umstand als erschwerend angelastet, daß infolge seiner Vorabstrafungen (auch) bei ihm die Voraussetzungen des § 39 StGB vorliegen. Wohl aber sind die in erster Instanz angenommenen Milderungsumstände insoweit zu ergänzen, als A den Raub unter der Einwirkung seiner Komplizen begangen (§ 34 Z 4 StGB) und B durch seine (wiewohl insgesamt leugnende) Verantwortung im Vorverfahren sowie in der Hauptverhandlung letztlich doch immerhin einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet und C zum Faktum 3. ein reumütiges Geständnis abgelegt (jeweils § 34 Z 17 StGB) hat; auch sind dem Angeklagten B unter Bedacht darauf, daß bei seinen Vorverurteilungen in zwei Fällen die Voraussetzungen einer gemeinsamen Aburteilung (§§ 31, 40 StGB) vorlagen, richtigerweise nur sechs einschlägige Vorstrafen als erschwerend vorzuwerfen.

Bei sachgerechter Würdigung der solcherart korrigierten Strafzumessungsgründe erscheint die Dauer der verhängten Freiheitsstrafen, der Auffassung der Anklagebehörde zuwider, ungeachtet des (vor allem bei C erheblich) getrübten Vorlebens der Angeklagten insbesondere deshalb als deutlich zu hoch ausgemessen, weil die Bedeutung des (strafsatzbestimmenden) Raubes nach dessen ausführungs- und schadensorientierter Intensität innerhalb der Bandbreite derartiger Straftaten doch eher im unteren Bereich einzuordnen ist.

Nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld der Angeklagten (§ 32 StGB) erweist sich darnach eine Herabsetzung des Strafmaßes bei A - bei dem die Milderungsgründe dem Gewicht nach überwiegen und mit Rücksicht auf die erstmalige Verhängung einer längerdauernden Freiheitsstrafe die begründete Aussicht auf künftiges Wohlverhalten besteht (§ 41 Abs. 1 Z 3 StGB) - auf vier, bei B auf fünf und bei C auf sechseinhalb Jahre, womit auch der unterschiedlichen Belastung der Angeklagten von ihrem Vorleben und vom Ausmaß ihrer Tatbeteiligung her entsprechend Rechnung getragen wird, als gerechtfertigt.

Demgemäß war ihren Berufungen wie im Spruch Folge zu geben und die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung hinsichtlich der Strafdauer bei B und C darauf zu verweisen.

Mit Recht dagegen remonstriert die Anklagebehörde gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Einweisung des Angeklagten C in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter.

Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung dieser Maßnahme im Sinn des § 23 Abs. 1 Z 1 und Z 2 StGB liegen, wie das Geschwornengericht zutreffend erkannt hat und vom genannten Angeklagten in seiner Gegenäußerung gar nicht bestritten wird, jedenfalls vor; eine Negativprognose nach Z 3 der bezeichneten Gesetzesstelle indessen kann entgegen der Auffassung des Erstgerichts gleichfalls nicht zweifelhaft sein.

Denn der Hang des Angeklagten C zur Begehung von schweren Vermögensdelikten bei jeder sich ihm darbietenden und ihm als günstig erscheinenden Gelegenheit (vgl ÖJZ-LSK 1978/40 ua) liegt im Hinblick auf die Erfolglosigkeit zahlreicher und schwerer einschlägiger Vorstrafen, auf das immer kürzer werdende Intervall zwischen seiner jeweils letzten Haftentlassung und dem nächsten Rückfall, welches zuletzt nur noch drei Tage betrug, sowie auf die Intensivierung seiner kriminellen Energie zur Erreichung des angestrebten verpönten Erfolges (vom Diebstahl zum Raub) klar auf der Hand; nach dem insoweit durchaus eindeutigen Gutachten des Sachverständigen Dr. Kaiser ist aber auch nahezu mit Sicherheit zu befürchten, daß er wegen dieses Hanges ohne eine Anstaltseinweisung weiterhin solche strafbare Handlungen mit schweren Folgen begehen werde (S 285 f., 394 f.).

Die Verhängung einer langdauernden Freiheitsstrafe hinwieder steht, wie auch aus § 24 Abs. 2 StGB folgt, der Anordnung einer Anstaltsunterbringung nach § 23 StGB keineswegs entgegen (vgl EvBl 1980/147, 13 Os 14/81 ua).

Alles in allem ist der Angeklagte C sehr wohl als einer jener qualifiziert gefährlichen Hangtäter anzusehen, vor dem die Allgemeinheit über die Dauer der Strafzeit hinaus geschützt werden muß (vgl ÖJZ-LSK 1977/19, 374 ua). In (teilweiser) Stattgebung der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Berufung war demnach gemäß § 23 StGB seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter anzuordnen.

Anmerkung

E06705

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00111.85.1008.000

Dokumentnummer

JJT_19851008_OGH0002_0100OS00111_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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