Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A, Techniker, 2551 Enzesfeld-Lindabrunn, Triestinggasse 594, vertreten durch Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwalt in Schwechat, wider die beklagte Partei Renate A, Hausfrau,
2551 Enzesfeld-Lindabrunn, Triestinggasse 594, vertreten durch Dr. Norbert Wittmann, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 4. Juni 1985, GZ 11 R 106/85-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 11. Februar 1985, GZ 3 Cg 723/85-15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat dem Kläger die mit S 3.637,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,95 Umsatzsteuer und S 240,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Erstgericht gab der vom Kläger gegen die Beklagte erhobenen Scheidungsklage statt und sprach aus, daß das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe die Beklagte treffe. Das Berufungsgericht gab der lediglich von der Beklagten erhobenen Berufung teilweise Folge und sprach in Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles aus, daß das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe beide Parteien zu gleichen Teilen treffe. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die Beklagte eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung, in eventu auf Scheidung der Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Nach den erstgerichtlichen Feststellungen verlief die im Jahre 1969 geschlossene Ehe der Streitteile bis zum Sommer 1982 durchaus harmonisch. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Streitteile - die Beklagte war seit der Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1970 nicht mehr berufstätig - noch gemeinsam einen Urlaub verbracht und sich gut verstanden. Im Sommer 1982 kam es anläßlich eines gemeinsamen Partybesuches im Hause eines Freundes des Klägers im Verlaufe der Unterhaltung dazu, daß der Kläger die Ehefrau des Freundes umarmte. Sowohl die Streitteile als auch ihre Gastgeber waren zu diesem Zeitpunkt bereits alkoholisiert. Nachdem der Freund die vorgenannte Annäherung des Klägers bemerkt hatte, versuchte er sich seinerseits der Beklagten zu nähern, was diese jedoch ablehnte. Am nächsten Tage machte die Beklagte, welche sich schon früher mitunter unbegründet eifersüchtig gezeigt hatte, dem Kläger wegen dieses Vorfalles Vorhaltungen, welche dazu führten, daß die Streitteile zu jenem Ehepaar in der Folge keinen Kontakt mehr hatten. Der Kläger unterhielt zu irgendwelchen anderen Frauen keine ehewidrigen Beziehungen. Dennoch verstärkte der vorgenannte Vorfall die Eifersucht der Beklagten. In der Folge lebten sich die Streitteile völlig auseinander. Die Gründe hiefür lagen teils darin, daß sich die Beklagte, manchesmal als Folge ihrer Eifersucht, gegen den Kläger immer wieder ausfällig und aggressiv verhielt, teils darin, daß sie schon seit dem Jahre 1981 in zunehmendem Maße dem Alkohol zusprach, was wiederum einerseits auf eine Neigung zum übermäßigen Trinken, andererseits darauf zurückzuführen war, daß sie sich durch die Haushaltsführung 'ausgelastet' fühlte. Im Jahre 1981 hatte die Beklagte täglich durchschnittlich vier Flaschen Bier getrunken, anfangs des Jahres 1982 begann sie zusätzlich Wein zu trinken, wobei sich der Alkoholkonsum auf den ganzen Tag verteilte. Der Kläger, der selbst wenig trank, beanstandete zunächst unter Hinweis auf die Gesundheitsschädlichkeit, daß die Beklagte seit dem Jahre 1981 bereits am frühen Morgen eine Flasche Bier trank. In der Folge steigerte die Beklagte ihren Alkoholkonsum immer mehr, sodaß sie schließlich ganz offensichtlich dem Alkohol verfiel. Auch Vorhaltungen ihrer Mutter blieben erfolglos. Schon in leicht alkoholisiertem Zustand verhielt sich die Beklagte gegenüber dem Kläger besonders aggressiv, eifersüchtig und streitsüchtig. Seit dem Jahre 1982 kam es zwischen den Streitteilen zunehmend zu Auseinandersetzungen. Im August 1983 unternahm die Beklagte einen Selbstmordversuch. Das Verhältnis der Streitteile verschlechterte sich, es kam wöchentlich mehrmals zu Auseinandersetzungen, wobei die Beklagte den Kläger mit schweren Schimpfwörtern belegte. Im September 1983 war die Ehe bereits tiefgreifend zerrüttet. Der Kläger verließ damals auch das eheliche Schlafzimmer, nachdem ihn die Beklagte mit den Füßen aus dem Bett getreten hatte. Am 14.9.1983 wurde die gegenständliche Scheidungsklage eingebracht, das Verfahren kam sodann kurzfristig zum Ruhen, weil die Streitteile beabsichtigten, die Ehe im Interesse der Kinder fortzusetzen, wobei sie übereinkamen, künftig Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen. Ab Mitte Mai 1984 kam es aber dennoch immer wieder zu Auseinandersetzungen, welche stets von der Beklagten eingeleitet wurden, indem sie den Kläger schwer beschimpfte und sich unbegründet eifersüchtig zeigte. Sie setzte ihm nach seiner Heimkehr von der Arbeit auch nur mehr zum Teil eine Mahlzeit vor und nahm nur ausnahmsweise auch selbst beim Tisch Platz. Wenn sie dies tat, dann verhielt sie sich dabei aber streitsüchtig und beschimpfte den Kläger, auch warf sie ihm grundlos Beziehungen zu anderen Frauen vor. Seit Mitte Mai 1984 trinkt die Beklagte noch mehr, nämlich täglich zwei bis drei Flaschen Bier und einen Liter Wein. Im November 1984 hielt die Beklagte dem Kläger wiederum unbegründeterweise Beziehungen zu einer anderen Frau vor. Der Kläger versuchte den Auseinandersetzungen dadurch aus dem Wege zu gehen, daß er nach der Heimkehr von der Arbeit zwei- bis dreimal wöchentlich die Ehewohnung wieder verließ und eine Gaststätte oder ein Kino besuchte. In solchen Fällen sperrte die Beklagte die Wohnung häufig von innen zu. Das Verhältnis der Streitteile wurde weiters durch eine Reihe von Bosheitsakten der Klägerin getrübt. So schleuderte sie eine Wursthaut mitten in den Teller des Klägers, sodaß die Soße auf ihn spritzte. Auch nahm sie ihm eine Tasse Kaffee weg und schüttete sie in den Garten mit der Bemerkung, der Kaffee für den Kläger komme ihr zu teuer. Seit Mitte Mai 1984 hat sie mehrfach Hemden oder Pullover des Klägers zerrissen, ein- oder zweimal geschah dies, nachdem der Kläger seine Hand drohend gegen sie erhoben hatte. Ein anderes Mal schüttete die Beklagte wiederum den Kaffee des Klägers aus, worauf er ihr einen Stoß gegen den Hals versetzte. Als sie über Beschwerden klagte, brachte er sie ins Krankenhaus, wo sie eine Untersuchung jedoch ablehnte. Anfang Oktober 1984 beschimpfte die Beklagte den Kläger, versetzte ihm mehrere Ohrfeigen und trat ihm gegen das Schienbein. Durch die Abwehrbewegungen des Klägers kam sie sodann selbst zu Sturz und verletzte sich leicht. Im Jahre 1984 fuhr der Kläger allein auf Urlaub, ohne die Beklagte hievon vorher in Kenntnis zu setzen. Bis zum Mai 1984 verbrachte der Kläger nur einen Teil seiner Freizeit allein, und zwar besuchte er Sonntag vormittags den Fußballplatz, bis Herbst 1983 ging er Montag abends zum Turnen, seit eineinhalb Jahren nimmt er zwei- bis dreimal wöchentlich an Sportveranstaltungen in Bad Vöslau teil und kommt dann, um Auseinandersetzungen mit der Beklagten zu vermeiden, erst zwischen 23 und 24 Uhr nach Hause. Wenn die Beklagte seit Mai 1984 wiederholt zum Kläger äußerte, er sei die ganze Woche nicht zu Hause, so nahm er dies zur Kenntnis, widmete sich jedoch weiterhin in gleichem Umfang seinen Sportbetätigungen. Eine Einschränkung oder Abstellung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte 'konkret aber nie verlangt'. Die Beklagte hatte im August 1982 einen Unfall und war sodann länger leidend, auch derzeit hat sie noch mitunter Schmerzen im Bereiche des damals verletzten Brustwirbels.
In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, beide Streitteile treffe ein Verschulden an der Zerrüttung der Ehe, wobei jenes der Beklagten jedoch überwiege. Der Kläger habe durch den Vorfall anläßlich des Partybesuches nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß sich die Beklagte in der Folge eifersüchtig und streitsüchtig verhalten habe. Auch sei ihm anzulasten, daß er trotz der Vorhaltungen der Beklagten, er sei die ganze Woche nicht zu Hause, seine sportlichen Betätigungen nicht eingeschränkt habe. Diesem Fehlverhalten stünde jedoch eine Fülle schwerwiegender Eheverfehlungen der Beklagten gegenüber. Sie habe ihn immer beschimpft, ihm unbegründet Vorhaltungen über Beziehungen zu anderen Frauen gemacht, zahlreiche Bosheitsakte und Attacken gegen ihn gesetzt und bis zuletzt dem Alkohol zugesprochen. Bei Gegenüberstellung des beiderseitigen Verhaltens der Streitteile ergebe sich, daß die Eheverfehlungen der Beklagten jene des Klägers an Gewicht und Bedeutung bei weitem überträfen.
Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen als unbenklich, hielt aber die Rechtsrüge der Beklagten teilweise für berechtigt. Die nicht berufstätige Klägerin sei durch die häufigen, sportlich bedingten Abwesenheiten des Klägers am Abend und am Sonntag offensichtlich frustriert gewesen, habe zu nörgeln und schimpfen begonnen und Zuflucht beim Alkohol gesucht. Dadurch habe sie den Kläger noch mehr außer Haus gedrängt. Sie gebe selbst zu, nach einem Unfall im Jahre 1982 wegen der dadurch bedingten Beschwerden 'launisch' gewesen zu sein. Der Unfall könne zwar einen Teil ihrer Nörgeleien noch verständlich erscheinen lassen, nicht aber ihre Bosheitsakte gegenüber dem Kläger entschuldigen. Diesem sei allerdings vorzuwerfen, daß er für die Zustände seiner Frau offenbar zu wenig Verständnis aufgebracht habe. Es hätte ihm klar sein müssen, daß seine häufige Abwesenheit ihren Zustand zu verschlimmern geeignet gewesen sei. Schon gar nicht könne ihr Verhalten aber seine Tätlichkeiten entschuldigen. Durch das Verhalten beider Streitteile hätten sich die Mißstimmigkeiten zwischen ihnen immer mehr 'aufgeschaukelt' und schließlich zur völligen Zerrüttung der Ehe geführt. Durch das ehewidrige Verhalten des Klägers auf der Party sei die Eifersucht der Beklagten noch verstärkt worden und sie habe sich durch diesen eher harmlosen Vorfall in der Folge zu ungerechtfertigten und nicht zu entschuldigenden dauernden Vorhaltungen und Beschimpfungen hinreißen lassen, die wiederum den Ehewillen des Klägers zerstört hätten. Es zeige sich somit, daß auf Grund an sich eher harmloser Vorfälle und Verhaltensweisen beider Teile durch das Verschulden beider Teile gegenseitige Aggressionen entstanden seien, welche zur völligen Zerrüttung der Ehe geführt hätten. Betrachte man das Gesamtverhalten beider Teile und die Ursachen für den Beginn der Zerrüttung, so zeige sich, daß der Beklagten ein beträchtliches Verschulden anzulasten sei, das die Scheidung jedenfalls rechtfertige. Es ergebe sich aber auch, daß das Verschulden keines Teiles so überwiege und jenes des anderen Teiles so in den Hintergrund treten lasse, daß es den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens eines der Streitteile rechtfertigen könnte.
In der Revision bringt die Beklagte vor, das Berufungsgericht habe nicht festgestellt, wer mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe den Anfang gemacht und wie weit spätere Eheverfehlungen des einen Gatten die Folge der bereits durch das Verhalten des anderen Ehegatten eingeleiteten Zerrüttung der Ehe gewesen seien. Die erste Eheverfehlung habe zweifellos der Kläger im Jahr 1981 gesetzt, als er gegen die Beklagte tätlich geworden sei. Nach diesem Vorfall habe er die Beklagte immer mehr allein gelassen und stelle ihr nörgelndes Verhalten nur eine Reaktion hierauf dar. Auch der entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes keinesfalls harmlose Vorfall auf der Party im Jahre 1982 habe die Ehezerrüttung eingeleitet. Die anschließenden Nörgeleien und Beschimpfungen der Beklagten seien nur eine Folge der durch die Eheverfehlungen des Klägers bereits schuldhaft zerrütteten Ehe und zudem berechtigte Reaktionen auf das Alleinlassen der Beklagten durch den Kläger gewesen. Jedenfalls sei die Zerrüttung der Ehe der Streitteile durch den Kläger eingeleitet und sodann auch durch seine Eheverfehlungen unheilbar geworden. Somit sei bei der Verschuldensabwägung zu berücksichtigen, daß der Kläger an der Zerrüttung der Ehe jedenfalls in höherem Grade schuldig sei. Die Beklagte halte jedoch trotz allem an der Ehe fest, weil die Verfehlungen des Klägers nur eine 'temporäre Krise' darstellten und eine dem Wesen der Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft durchaus wiederhergestellt werden könne. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Im Hinblick auf die von der Beklagten nicht bekämpfte erstgerichtliche Feststellung, daß die Ehe der Streitteile bis zum Sommer 1982 durchaus harmonisch verlaufen ist und sich die Streitteile bis zu diesem Zeitpunkt gut verstanden haben, sind die - dem Berufungsvorbringen entsprechenden - Revisionsausführungen über behauptetermaßen im Jahre 1981 vom Kläger gesetzte, jedoch vom Erstgericht nicht festgestellte Ehewidrigkeiten bedeutungslos. Daß die ernstlichen Ehestreitigkeiten nach dem Vorfall beim Partybesuch im Sommer 1982 begannen und dem Kläger diese erste Ursache für die Zerrüttung der Ehe zur Last fällt, wurde von den Unterinstanzen ohnehin zugrundegelegt. Ebenso wurde ihm seine häufige sportbedingte Abwesenheit von zu Hause als Eheverfehlung angelastet. Diese Verhaltensweisen des Klägers rechtfertigten jedoch keinesfalls die im einzelnen dargestellten, zahlreichen Eheverfehlungen der Beklagten, durch welche die vom Kläger eingeleitete Zerrüttung der Ehe schließlich unheilbar wurde. Richtig ist, daß nach der ständigen Rechtsprechung bei der Beurteilung der Bedeutung beiderseitiger Eheverfehlungen u.a. wesentlich erscheint, wessen Verfehlungen die erste Ursache für die weiteren waren. Nach ebenfalls ständiger Judikatur (EvBl 1961/428; EFSlg 7027; 1 Ob540/81; 2 Ob 628,629/84 u. v.a.) ist aber von ausschlaggebender Bedeutung auch, wodurch die Zerrüttung der Ehe unheilbar wurde. Vorliegendenfalls hat der Kläger festgestelltermaßen nach dem Vorfall beim Partybesuch im Sommer 1982 keinen ehewidrigen Umgang mit anderen Frauen mehr geführt und die Beklagte hat ihm seine häufigen sportbedingten Abwesenheiten auch nicht als die Ehe gefährdendes Verhalten vorgeworfen. Sie hat vielmehr als Folge ihrer - unbegründeten - Eifersucht immer wieder Streit vom Zaun gebrochen, wobei insbesondere ihrem übermäßigen Akoholkonsum eine streitauslösende Wirkung zukam. Solcherart nahmen die ehelichen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf die Beklagte den Kläger auch mit schweren Schimpfworten belegte, immer mehr zu. Als die Beklagte den Kläger mit den Füßen aus dem Ehebett trat, verließ er im September 1983 das eheliche Schlafzimmer. Nach der Einleitung des gegenständlichen Scheidungsstreites im September 1983 vereinbarten die Streitteile Ruhen des Verfahrens. Nach einer Beruhigung des ehelichen Verhältnisses kam es ab Mai 1984 aber wiederum zu häufigen Auseinandersetzungen, welche stets von der Beklagten eingeleitet wurden. Sie begann noch mehr zu trinken, sperrte den Kläger häufig aus der Wohnung aus und setzte auch mehrfach Bosheitsakte. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte wurden gegeneinander auch tätlich. Unter diesen Umständen kann entgegen der Meinung der Revisionswerberin aber keine Rede davon sein, daß allein der Kläger die Ursache für die Zerrüttung der Ehe gesetzt und ihr ehewidriges Verhalten demgegenüber als bloße Reaktion zu werten sei oder jedenfalls in den Hintergrund trete. Dem Berufungsgericht ist vielmehr darin beizupflichten, daß die Eheverfehlungen der Beklagten für die Zerrüttung der Ehe von erheblicher Bedeutung waren und ihnen bei Gegenüberstellung mit jenen des Klägers auch ein Gewicht zukommt, welches den Ausspruch gleichteiligen Verschuldens an der Zerrüttung der Ehe jedenfalls rechtfertigt. Der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens eines der Ehegatten setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß das Verschulden des anderen Ehegatten fast völlig in den Hintergrund tritt (1 Ob 193,194/75; 3 Ob 560/80, 1 Ob 558/84; 8 Ob 646/84 ua.), was bei den zahlreichen Verfehlungen der Beklagten aber nicht gesagt werden kann.
Demgemäß war der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E06629European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00630.85.1008.000Dokumentnummer
JJT_19851008_OGH0002_0020OB00630_8500000_000