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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §113;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 3/10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 5. September 2003, Zl. FA11A-65-22x1/6-2003, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 34 Abs. 1 BSVG (mitbeteiligte Partei: P in N), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem an den Mitbeteiligten gerichteten Bescheid vom 23. April 2003 hat die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt ausgesprochen, dass dieser als Pächter eines näher bezeichneten Fischereirechtes vom 1. April 1996 bis 28. Februar 2003 in der Unfallversicherung pflichtversichert sei, dass er gemäß § 30 Abs. 6 BSVG in Verbindung mit § 27 der Satzung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern Beiträge zur Unfallversicherung in näher bezeichnetem Ausmaß zu entrichten habe und dass er gemäß § 34 Abs. 1 BSVG für die Zeit vom 1. Jänner 1997 bis 31. Dezember 2001 für die nachzuzahlenden Beiträge zur Unfallversicherung einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 113,74 zu entrichten habe.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid "Bescheidberufung gegen die Höhe der mir vorgeschriebenen Unfallversicherung für Fischereipächter im Besonderen gegen den Beitragszuschlag", wobei in der Begründung dieses Rechtsmittels ausdrücklich klargestellt ist, dass sich die "Bescheidberufung" (nur) gegen den Ausspruch des Beitragszuschlages richte. § 34 Abs. 1 BSVG sei eine so genannte Kannbestimmung, der Versicherungsträger könne diesen Beitragszuschlag vorschreiben, wobei er insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen habe. Aus näher dargestellten Gründen vertrat der Mitbeteiligte die Auffassung, dass angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse die Vorschreibung des Beitragszuschlages nicht gerechtfertigt sei.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch des Beschwerdeführers Folge gegeben und ausgesprochen, dass "der angefochtene Bescheid zur Gänze behoben" werde.
Nach der Begründung dieses Bescheides dürfe der Beitragszuschlag die Höhe der Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG nicht unterschreiten. Es sei zwar angesichts des Sachverhaltes (der Mitbeteiligte hatte ein Fischereirevier zugepachtet und es habe unbestrittenermaßen Pflichtversicherung in der bäuerlichen Unfallversicherung bestanden) die Vorschreibung des Beitragszuschlages gerechtfertigt. Da den Mitbeteiligten als "Pensionist die nachzuzahlenden Beiträge zur Unfallversicherung bereits finanziell erheblich belasten und er außerdem die pachtweise Überlassung des Fischereirechts gekündigt hat und es damit auch zukünftig zu keinen weiteren Meldeverstößen kommen kann, ist die Einspruchsbehörde zur Ansicht gelangt, dass im gegenständlichen Fall die Erlassung des Beitragszuschlages gerechtfertigt ist".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und erklärt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen.
Der Mitbeteiligte hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 34 BSVG lautet:
"Beitragszuschlag
§ 34. (1) Wird die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht oder verspätet erstattet, kann der Versicherungsträger den gemäß § 16 meldepflichtigen Personen folgenden Beitragszuschlag vorschreiben:
1. Wenn eine Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht erstattet worden ist, kann ein Beitragszuschlag bis zur Höhe des nachzuzahlenden Beitrages vorgeschrieben werden.
2. Wenn eine Anmeldung zur Pflichtversicherung verspätet erstattet worden ist, kann ein Beitragszuschlag bis zur Höhe der Beiträge, die auf die Zeit des Beginnes der Pflichtversicherung bis zum Eintreffen der verspäteten Meldung entfallen, vorgeschrieben werden.
Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen. Der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nicht unterschreiten.
(2) Werden die Beiträge zur Pflichtversicherung nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Fälligkeit eingezahlt, ist der rückständige Betrag einzumahnen. Die Mahnung wird durch Zustellung eines Mahnschreibens (Postauftrages) vollzogen, in dem der Beitragsschuldner unter Hinweis auf die eingetretene Vollstreckbarkeit aufgefordert wird, den Beitragsrückstand binnen zwei Wochen, von der Zustellung an gerechnet, zu bezahlen. Ein Nachweis der Zustellung des Mahnschreibens ist nicht erforderlich; bei Postversand wird die Zustellung des Mahnschreibens am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post vermutet.
(3) Nach erfolgloser Mahnung gemäß Abs. 2 hat der Versicherungsträger einen Beitragszuschlag im Ausmaß von 5 v. H. des eingemahnten Beitrages vorzuschreiben. Der Beitragszuschlag kann bis zum Ausmaß des eingemahnten Beitrages erhöht werden.
(4) Erfolgt die Bekanntgabe der Einnahmen nach § 20 Abs. 2 Z 2 nicht bis zu der in dieser Bestimmung genannten Frist, kann der Versicherungsträger einen Beitragszuschlag im Ausmaß von 10 % des nachzuzahlenden Betrages vorschreiben."
Die Beschwerde ist begründet:
Zwischen den Parteien ist unbestritten, dass die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt den strittigen Beitragszuschlag lediglich in der Höhe der Verzugszinsen im Sinne des § 59 Abs. 1 ASVG ausgemessen hat.
Die belangte Behörde scheint davon auszugehen, dass es in ihrem Ermessen liegt, den von der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt vorgeschriebenen Beitragszuschlag auch aufzuheben. Sie verkennt damit die Rechtslage:
Nach den letzten beiden Sätzen des § 34 Abs. 1 BSVG hängt die Zulässigkeit eines Beitragszuschlages nicht von wirtschaftlichen Verhältnissen der Partei ab. Diese sind vielmehr erst bei der Bemessung des Beitragszuschlages zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang schreibt das Gesetz aber eine nicht unterschreitbare Mindesthöhe des Beitragszuschlages, nämlich das Ausmaß der Verzugszinsen im Sinne des § 59 Abs. 1 ASVG, vor.
Angesichts dessen kommt auch im Rahmen der dem Landeshauptmann zustehenden Rechtmäßigkeitsprüfung ein völliges Absehen von der Vorschreibung eines Beitragszuschlages unter Berufung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners nicht in Betracht (so im Ergebnis auch schon das zur gleichartigen Beschränkung der Bemessung des Beitragszuschlages nach § 113 ASVG ergangene Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0050).
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid daher schon deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet, weil sie den der Höhe nach bereits auf die Verzugszinsen beschränkten Beitragszuschlag unter Berufung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners behoben hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Damit erübrigt es sich, auf den weiteren Vorwurf der Beschwerde einzugehen, die belangte Behörde habe durch die Fassung des Spruches des angefochtenen Bescheides den erstinstanzlichen Bescheid in einem von der Anfechtungserklärung des Rechtsmittels des Mitbeteiligten nicht erfassten, zu weiten Umfang aufgehoben.
Die Kostentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003; da das Kostenbegehren der am 22. Oktober 2003 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde hinter dem Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand nach der am 18. Juli 2003 ausgegebenen Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003 zurückblieb, war nur der begehrte Betrag zuzusprechen.
Wien, am 29. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080204.X00Im RIS seit
01.08.2005Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008