TE OGH 1985/10/9 1Ob599/85

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Veröffentlicht am 09.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Schobel, Dr.Hofmann und Dr.Riedler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jakob A, Baumeister, Gisingen, Bifangstraße 4, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagten Parteien

1.) Detlef B, Kaufmann, 2.) Erika C, Hausfrau, beide Bludenz, Oberdorfweg 35 a, beide vertreten durch Dr.Guntram Lins, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen S 700.000,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5. Dezember 1984, GZ.5 R 253/84-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. Mai 1984, GZ.9 Cg 4406/84-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 18.769,65 (darin enthalten S 1.488,15 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten erteilten dem Kläger auf Grund dessen Anbotes vom 19. Mai 1980 am 20.Mai 1980 den Auftrag, die Baumeisterarbeiten zum Umbau des bestehenden Geschäftshauses Bludenz, Wichnerstraße 31, und für die Errichtung eines Zubaues mit einer gesamten Auftragssumme von S 3,440.746,66 auszuführen. Nach dem Inhalt des Auftragsschreibens waren die Leistungen innerhalb folgender verbindlicher Fristen auszuführen: Altbau-Untergeschoß-Erdgeschoß spätestens 14.August 1980; Neubau-Stahlbeton-Massivdecke über dem

3. Obergeschoß spätestens 31.August 1980. Bei Überschreitung der einvernehmlich festgelegten Ausführungsfristen durch die Schuld des Auftragnehmers war ein Pönale von S 3.000,-- pro Arbeitstag bei der Schlußrechnung abzuziehen. Der Kläger konnte während der Ausführung der Arbeiten unter gleichzeitiger Vorlage einer Teilrechnung dem Baufortschritt entsprechend Teilzahlungen beantragen. Die für die Teilrechnungen erforderlichen Massennachweise waren in zweifacher Ausfertigung beizulegen. Ohne eine solche Massenermittlung war von der Bauherrschaft keine Teilzahlung zu leisten. Der Kläger haftete für die Güte der ausgeführten Arbeiten zwei Jahre vom Tage der Abnahme an. Nach den allgemeinen Vorbemerkungen zu den Baumeisterarbeiten hatte der Kläger über Aufforderung der Beklagten alle während der Haftzeit auftretenden Mängel, die auf unsachgemäße Ausführung oder Verwendung von ungeeigneten Baustoffen oder Materialien zurückzuführen sind, auf seine Kosten zu beheben. Das ganze Gebäude war bei Beginn der Abbruch- und Umbauarbeiten mit einem den einschlägigen Gesetzen entsprechenden Baugerüst einzurüsten und für die Dauer der Staubentwicklung mit einer geeigneten Vorrichtung zur Verhinderung der Staubverbreiterung zu versehen. Das Gerüst hatte während der gesamten Zeit der ersten Umbauphase, das heißt für den Bereich von ca. vier Monaten (Ende September), zur Mitverwendung durch andere Firmen (Setzen der Fenster, Malerarbeiten, Außenverputz usw.) bestehen zu bleiben. Der Kläger hat die Decke oberhalb des dritten Obergeschoßes des Neubaues mit einer Verspätung von 14 Arbeitstagen am 19. September 1980 fertiggestellt. Anfang Oktober 1980 zog der Kläger, da er ein anderes Bauvorhaben übernommen hatte, ungeachtet der Aufforderung des Erstbeklagten, die Fertigstellung der Arbeiten voranzutreiben, Arbeiter von der Baustelle ab. So befanden sich zwei Tage lang auf der Baustelle überhaupt keine Arbeiter. Der Kläger legte mit Schreiben vom 25.September 1980 den zweiten Teilleistungsausweis sowie die dritte Regierechnung. Dem Teilleistungsausweis waren die zur Prüfung notwendigen Aufmaßpläne nicht angeschlossen. Mit Schreiben vom 10.Oktober 1980 gab der Kläger den Beklagten den auf Grund der Teilleistungsnachweise und Regierechnungen unter Berücksichtigung erfolgter Teilzahlungen offenen Saldo von S 895.040,50 bekannt und mahnte eine Zahlung von

S 500.000,-- ein. Mit an den Kläger gerichtetem Schreiben vom 16.10.1980 rügte der Erstbeklagte, daß er schon seit einigen Tagen bemerkt, der Kläger ziehe laufend Arbeiter von der Baustelle ab und dirigiere sie auf andere Baustellen, obwohl er infolge Terminüberschreitungen mit dem gesamten Ausbauplan in Verzug geraten sei. Eine Abstimmung mit den Handwerkern sei daher fast nicht mehr möglich. Er stellte dem Kläger eine Nachfrist bis Mittwoch, den 22.10.1980, mit den Baumeisterarbeiten mit einer kompletten Partie von mindestens acht Mann und einem Polier fortzufahren. Werde der neuerliche Arbeitsbeginn nicht eingehalten, werde mit demselben Tag der Auftrag zur Fertigstellung der Bauarbeiten entzogen. Die daraus entstehenden Mehrkosten würden die Beklagten von der Endabrechnung in Abzug bringen. Der Kläger zog nach Erhalt des Schreibens sämtliche Arbeiter von der Baustelle ab und stellte die nicht fertiggestellten Arbeiten ein. Er transportierte auch die Baustelleneinrichtung ab.

Der Kläger begehrte ursprünglich den sich aus seiner Endabrechnung ergebenden Betrag von S 1,345.689,37 samt Anhang. Er schränkte sein Begehren aber in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27.2.1984 'unpräjudiziell und ohne Abstandnahme vom bisherigen Rechtsstandpunkt' auf S 700.000,- samt 14 % Zinsen seit 8.10.1980 zuzüglich 18 bzw. 20 % USt. aus den Zinsen ein. Außer den schriftlich vereinbarten Fristen für die Errichtung der Stahlbetondecke über dem dritten Obergeschoß des Neubaues und dem Erdgeschoß des Altbaues seien keine weiteren Fertigstellungstermine vereinbart worden. Zu einer Verzägerung sei es nur aus von den Beklagten zu vertretenden Gründen gekommen. Der Kläger habe die Durchführung der Arbeiten deshalb abgelehnt, weil die Beklagten fällige Teilrechnungen nicht bezahlt hätten. Die Beklagten hätten bei Auftragsvergabe gewußt, daß die schriftlichen Bestimmungen des Auftragschreibens über das Baugerüst deshalb nicht zum Tragen kämen, weil der Kläger in den Kalkulationspreisen die Aufstellung eines solchen Gerüstes nicht berücksichtigt habe. Die von den Beklagten für die Aufstellung des Gerüstes in Rechnung gestellten Beträge seien auch überhöht. Der Kläger habe den Beklagten ein billigeres Anbot vorgelegt. Soweit ein Pönale überhaupt berechtigt sein sollte, begehre der Kläger die Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes. Auch die weiters von den Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen bestritt der Kläger. Die Beklagten könnten die Kosten der Behebung allfälliger Mängel nicht begehren, weil Mängel im Bautagebuch nicht eingetragen worden seien; einen Teil der Mängel hätten die Beklagten auch verspätet geltend gemacht. Die Erstellung korrigierter Abrechnungen habe der Erstbeklagte vereitelt, weil er zu einem gemeinsamen Aufmaß nicht bereit gewesen sei. Der Kläger habe Anspruch darauf gehabt, von den Beklagten zur Mängelbehebung aufgefordert zu werden. Die Beklagten wendeten, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ein, bei den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger sei von Anfang an klargestellt worden, daß die termingerechte Durchführung des Auftrages absoluten Vorrang habe. Ende August 1980 habe sich klar herausgestellt, daß der Kläger nicht in der Lage sei, die Arbeiten termingerecht zum Abschluß zu bringen. Da der Kläger auf das Schreiben des Erstbeklagten vom 16.10.1980, in dem ihm eine Nachfrist gesetzt worden sei, derart reagiert habe, daß er seine Baustelleneinrichtung abholen ließ, seien die Beklagten genötigt gewesen, andere Unternehmen mit der Fertigstellung der Bauarbeiten zu beauftragen. Dadurch, für die Kosten der notwendigen vom Kläger zu vertretenden Mängelbehebungen, für die Beseitigung von Schäden, die der Kläger verschuldet habe, und auf Grund des vereinbarten Pönales stünden den Beklagten das Klagebegehren übersteigende Gegenforderungen zu. Weitere Teilzahlungen hätten die Beklagten nicht erbracht, weil der Kläger die erforderlichen Massenermittlungen den Teilrechnungen nicht beigelegt habe. Das Erstgericht sprach aus, daß die Forderung des Klägers mit dem Betrag von S 700.00,- samt 4 % Zinsen seit 21.7.1981 zuzüglich Umsatzsteuer zu Recht bestehe. Die von den Beklagten gegen die Klagsforderung eingewendete Gegenforderung bestünde bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht. Demgemäß wies es das Klagebegehren ab. Es stellte fest: Bei den Vertragsverhandlungen habe der Erstbeklagte gegenüber dem Kläger zum Ausdruck gebracht, daß nach seiner Vorstellung der Umbau und die Errichtung des Zubaues möglichst rasch geschehen solle. Der Kläger müsse für den Fall, daß er den Auftrag übernehme, eine Bauzeit von Mai bis August 1980 einhalten. Diese Bauzeit sei in der Auftragserteilung an den Kläger mitumfaßt gewesen. Beiden Vertragsteilen sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Auftrages klar gewesen, daß die Baumeisterarbeiten in der Zeit von Mai 1980 bis August 1980 auszuführen seien. Dies sei vereinbart worden. Die Bauarbeiten seien wegen der nachfolgenden Ausbauarbeiten anderer Handwerker terminlich fixiert worden. Der Kläger habe entgegen der mit den Beklagten getroffenen Vereinbarung mit einer Bauzeit bis etwa Ende Oktober 1980 gerechnet. Die Ursachen für die eingetretenen Verzägerungen seien im Bereich des Klägers gelegen. Der Erstbeklagte habe den Kläger und dessen verantwortliche Poliere mehrfach zur Fortsetzung und Beschleunigung der Arbeiten gedrängt und auf die drohende Verspätung hingewiesen. Er habe diesen Personen gegenüber auch eine Reihe wesentlicher Mängel gerügt; es sei ihm Mängelbehebung zugesagt worden, die nach Beendigung der Baumeisterarbeiten durchgeführt werden sollte. Nach der Einstellung der Arbeiten habe aber der Kläger auch die zugesagte Mängelbehebung nicht mehr durchgeführt. Die Mängel seien in der Folge von anderen Unternehmungen behoben worden. Die Mehrauslagen, die durch die Beendigung der Arbeiten durch andere Unternehmungen entstanden seien, die Kosten der Mängelbehebung, die Kosten der Behebung von dem Kläger zuzurechnenden Schäden, eine Wertminderung von S 60.000,-

und das Pönale für 14 Arbeitstage von S 42.000,- ergeben einschließlich der Umsatzsteuer den Betrag von S 821.802,47,-. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß der Kläger seine vertraglichen Verpflichtungen aus dem Werkvertrag nicht erfüllt habe. Er habe vielmehr die Arbeiten zunächst mit einer Verzägerung ausgeführt, trotz mehrmaligen Aufforderungen von Seiten der Beklagten habe der Kläger nicht zur Beschleunigung der Fertigstellung der Arbeiten beigetragen. Die Reaktion des Klägers auf das Rücktrittsschreiben des Beklagten sei die Einstellung der Arbeiten an der Baustelle gewesen. Der Kläger habe auch die Mängelbehebung und Verbesserung nicht mehr durchgeführt. Die Beklagten seien gezwungen gewesen, um eine Fertigstellung der Ausbauarbeiten erreichen zu können, diese Mängelbehebung durch andere Unternehmen ausführen zu lassens. Da der Kläger seine Baumeisterarbeiten entgegen dem mit den Beklagten abgeschlossenen Werkvertrag nicht mehr fertiggestellt habe, und trotz Aufforderung der Beklagten, die Arbeiten fortzusetzen und zu beenden, nicht mehr an der Baustelle erschienen sei, habe der Kläger die dadurch den Beklagten entstandenen Mehraufwendungen verschuldet. Die Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes bei Bestimmung der Konventionalstrafe sei nicht berechtigt, weil der Kläger ungeachtet des schon länger andauernden Verzuges auf die wiederholten Aufforderungen und Mahnungen der Beklagten überhaupt keine Rücksicht nahm. Zur Aufstellung eines Gerüstes habe sich der Kläger verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm sämtliche Feststellungen des Erstgerichtes. Die vom Erstgericht als Gegenforderung angesehene Wertminderung sei als eine die Klagsforderung mindernde Position anzusehen, so daß sich die Forderung des Klägers auf S 731.061,88 vermindere. Die Klagsforderung sei erst mit dem dem Tage der Klagszustellung folgenden Tag zu verzinsen, da der Kläger seiner Endabrechnung keine prüffähigen Unterlagen beigelegt habe. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes habe der Kläger die ihm obliegenden Leistungen teils unvollständig, teils mangelhaft erbracht und auch gegen vertragliche Nebenpflichten verstoßen. Daß diese Vertragsverstäße vom Kläger und seinen Arbeitern, für die er gemäß § 1313 a ABGB einzustehen habe, verschuldet worden seien, könne nicht zweifelhaft sein, habe doch der Kläger von vornherein eine Bauzeit zugesichert, mit deren Überschreitung er selbst gerechnet habe. Abgesehen davon wäre es gemäß § 1298 ABGB ihm oblegen, den Entlastungsbeweis zu führen und zu erbringen, daß ihn oder seinen Erfüllungsgehilfen am Schaden der Besteller kein Verschulden treffe. Der Kläger habe die Fortführung der Arbeiten unbegründet eingestellt. Wegen des Verzuges des Klägers und des Vorhandenseines zahlreicher schwerwiegender, erfolglos gerügter Baumängel seien die Beklagten aber auch berechtigt gewesen, die geforderte Teilzahlung von S 500.000,- bis zur Behebung der Mängel und Vervollständigung des Werkes zurückzuhalten. Die Verweigerung dieser Teilzahlung habe den Kläger keineswegs zur Baueinstellung berechtigt. Der Schaden, der über den am Werk bestehenden Mangel hinausgehe, könne auch in einem Verbesserungsaufwand bestehen. Der Kläger sei im Rahmen der ihn treffenden Verpflichtung zur Leistung des Schadenersatzes auch verbunden, die Kosten der Sanierung der Mängel zu tragen. Der Schadenersatz des Klägers wegen Nichtvollendung der Arbeiten stütze sich auf § 921 ABGB. Es läge kein beiderseitiges Handelsgeschäft vor, weil die Zweitbeklagte nicht Kaufmann sei. Die Rügevorschriften des § 377 Abs 3 HGB gelten daher nicht. Wegen der erst nach Baueinstellung entdeckten Mängel sowie wegen der fehlenden Arbeiten könne sich der Kläger aber durch das allfällige Unterbleiben einer Aufforderung zur Verbesserung oder Ergänzung schon deshalb nicht für beschwert erachten, weil er einerseits die Arbeiten unbegründet eingestellt habe und andererseits im Rechtsstreit das Vorliegen ihn belastender Mängel und Minderleistungen bestritten habe. Im übrigen komme es auf eine Aufforderung zur Leistung vo. Instandsetzungen und Verbesserungsarbeiten gar nicht an. Der geschädigte Besteller sei nämlich nicht verplichtet, dem Unternehmer Gelegenheit zu geben, den schuldhaft verursachten Schaden durch Verbesserung und Ergänzung seiner Arbeiten selbst zu beheben. Zu Unrecht vertrete der Kläger die Auffassung, daß die Beklagten verpflichtet gewesen wären, für die von ihnen anderweitig in Auftrag gegebenen Arbeiten Kostenvoranschläge einzuholen, so daß in ihrer Vorgangsweise eine Verletzung der Schadensminderungspflicht zu erblicken sei. Die Heranziehung befugter und geeigneter Gewerbetreibender zu diesen Arbeiten durch die Beklagten müsse unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht als ausreichend angesehen werden. Der Kläger habe die Verpflichtung zur Aufstellung eines Gerüstes auch im Hinblick auf dessen beabsichtigte Verwendung durch nachfolgende Professionisten übernommen. Die Zubilligung eines Teilbetrages von S 18.800,- als Gegenforderung für Fertigstellungsarbeiten habe zwar gegen den Grundsatz des § 405 ZPO verstoßen, weil die Beklagten eine derartige Gegenforderung im Verfahren nur angekündigt, aber nicht eingewendet hätten, dies hätte aber nur im Rahmen einer Verfahrensrüge, an der es fehle, wahrgenommen werden können. Berechtigung komme der Berufung allerdings zu, soweit sie sich gegen die Zubilligung eines Beuleitungsmehraufwandes von S 11.591,- im Rahmen der Gegenforderungen der Beklagten wende. Die Gegenforderungen verminderten sich daher einschließlich Umsatzsteuer auf S 737.325,36. Damit überstiegen sie aber noch immer die Klagsforderung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers gegen die von den Beklagten eingewendete Gegenforderung - der Klagsanspruch wurde ohnehin zur Gänze anerkannt - ist nicht berechtigt.

Der Kläger befans sich zum Zeitpunkt des Zuganges des Schreibens vom 16.10.1980 bereits mehr als eineinhalt Monate im Verzug mit der Fertigstellung der Arbeiten. Die Beklagten waren daher gemäß § 918 ABGB berechtigt, nach Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag zu erklären. Der Kläger hat innerhalb der gesetzten Frist die Arbeiten nicht wieder aufgenommen, sondern nahm vielmehr das Schreiben vom 16.10.1980 zum Anlaß, sämtliche Arbeiter von der Baustelle abzuziehen und die Arbeiten einzustellen. Die dem Kläger gesetzte Nachfrist und das Verlangen, mit einer vollen Arbeitspartie zu arbeiten, war jedenfalls, da der Kläger schon geraume Zeit in Verzug war, angemessen. Der berechtigte Rücktritt der Beklagten vom Vertrag ließ gemäß § 921 ABGB den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Der Kläger war gemäß § 1298 ABGB dafür beweispflichtig, daß er an der Erfüllung seiner vertragsgemäßen Verbindlichkeiten ohne sein Verschulden verhindert war (SZ 55/186 mwN). Diesen Beweis erbrachte der Kläger nicht. Die Beklagten haben Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 34). Im Falle der konkreten Schadensberechnung ergibt sich der zu ersetzende Schaden aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Werklohn und den Kosten der infolge Nichterfüllung eingegangenen Deckungsgeschäfte. Der Kläger meint, daß die Beklagten bei Abschluß der Deckungsgeschäfte ihre Schadensminderungspflicht dadurch verletzt hätten, daß sie ohne Einholung weiterer Kostenvoranschläge zu unangemessen hohen Preisen abgeschlossen hätten. Die Frage einer allfälligen Vernachlässigung der Schadensminderungspflicht ist nicht von Amts wegen zu prüfen (SZ 55/84; SZ 52/84 ua). Den Vorwurf der Verletzung der Schadensminderungspflicht erhob der Kläger aber, und auch dies nur andeutungsweise, nur für die durch das Aufstellen eines Gerüstes verursachten Mehrkosten. Feststellungen, auf Grund derer eine Verletzung der Schadensminderungspflicht abgeleitet werden könnte, wurden aber von den Vorinstanzen nicht getroffen. Da der Kläger in seiner Revision nun selbst davon ausgeht, er wäre zur Aufstellung des Gerüstes vertraglich verpflichtet gewesen, liegt in der Unterlassung des Aufstellens des Gerüstes eine vom Kläger zu vertretende Vertragsverletzung.

Bei subjektivem Verbesserungsverzug wird der Anspruch auf Ersatz der Verbesserungsarbeiten als Schadenersatzanspruch anerkannt (SZ 55/29; SZ 53/107 je mwN). Durch die gänzliche Arbeitseinstellung und den Abtransport der Baustelleneinrichtung nach der unter Setzung einer angemessenen Nachfrist erfolgten Rücktrittserklärung mußten die Beklagten davon ausgehen, daß der Kläger die von ihm durchzuführende Verbesserung nicht durchführen werde. Weiterer Mahnungen nach diesem Zeitpunkt, das mangelhafte Werk zu verbessern, bedurfte es dann aber nicht. Auf § 377 HGB kann sich der Kläger nicht berufen, weil er ein Werk zu errichten hatte. § 377 HGB gilt aber nur für den Bereich des Handelskaufes und des Werklieferungsvertrages (SZ 55/79 ua; Schlegelberger-Hefermehl. HGB 5 Rz 8 zu § 377).

Die Vorinstanzen haben detailliert festgestellt, welche Mehraufwendungen die Beklagten durch den Abschluß der Deckungsgeschäfte hatten und wie hoch die Kosten der dem Kläger obliegenden Mängelbehebung waren. Es kann daher keine Rede davon sein, die Beklagten wären für die Feststellung dieser Schadenersatzbeträge der ihnen obliegenden Beweispflicht nicht nachgekommen. Daß eine Gegenforderung ohne Einwendung berücksichtigt worden wäre, hätte der Kläger schon in der Berufung mit Mängelrüge bekämpfen müssen. Die unterlassene Mängelrüge kann er in der Revision nicht nachholen.

Was die Vertragsstrafe betrifft, so trifft es zwar zu, daß im Bestreiten des Anspruches auch die Bekämpfung ihrer Angemessenheit liegt (SZ 54/4; SZ 53/117 je mwN). Nach § 1336 Abs 2 ABGB hat aber der Schuldner die Übermäßigkeit des Vergütungsbetrages zu erweisen. Ihn trifft demnach die Behauptungsund Beweislast für jenen Sachverhalt, der rechtlich als Übermaß zu qualifizieren wäre (RdA 1984/8 mit zustimmender Glosse von Steinbauer aaO 155; RZ 1976/90; RZ 1974/42; SZ 42/57; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 18 zu 1336). In dieser Richtung brachte der Kläger in erster Instanz nichts vor. Darüber hinaus enthalten seine Rechtsmittelschriften keine Ausführungen, warum die vom Erstgericht herangezogenen Kriterien, daß die Vertragsstrafe nicht übermäßig sei, unrichtig wären.

Es kann auch nicht gesagt werden, daß die Konventionalstrafe schon dem Grunde nach nicht zu Recht bestünde, weil die Beklagten erst, nachdem der Kläger bereits geraume Zeit in Verzug gewesen war, von ihrem im § 918 ABGB normierten Wahlrecht Gebrauch machten und nach Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklärten. Wohl sprach der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung HS 6331 und ihr folgend in 4 Ob 572/78 und 6 Ob 517/82 aus, daß nach Rücktritt vom Vertrag gemäß § 921 ABGB ein Anspruch auf Ersatz des Verzägerungsschadens nicht bestehe, daher eine nur für den Fall der Verzägerung vereinbarte Konventionalstrafe mangels gültiger Hauptverbindlichkeit nicht begehrt werden könne. Diese Rechtsansicht wird aber nicht nur von der Lehre (Wolff in Klang 2 VI 184; Reischauer in Rummel aaO Rdz 8 zu § 921), sondern auch vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 3.10.1985, 7 Ob 632/85, abelehnt. Ein Nacheinander von Verspätungsschaden und Nichterfüllungsschaden sind gerade dann denkbar, wenn der Gläubiger zunächst auf Erfüllung besteht und der Schuldner erst später die Leistung endgültig verweigert. Die Abhängigkeit der Nebenabrede über die Vertragsstrafe von einem gültig geschlossenen und nicht später wieder ex tunc beseitigten Vertrag schadet daher dem Gläubiger im Fall des Rücktrittes nach schuldhaftem Verzug des Schuldners nicht, weil die Konventionalstrafe während des Verzuges bereits verfallen ist und die Vereinbarung der Vertragsstrafe auch nach redlicher Verkehrsübung nicht so verstanden werden kann, daß der Verzug und die Verzugsfolgen durch einen späteren berechtigten Rücktritt des Gläubigers beseitigt werden. Dem Gläubiger können nicht deshalb geringere Rechte zustehen, weil der Schuldner, der für nicht gehärige Erfüllung eine Strafe versprochen hat, überhaupt nicht erfüllt. Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an. Dem Revisionswerber ist auch nicht darin zu folgen, daß bei Berechnung der Schadenersatzbeträge die Umsatzsteuer deshalb nicht berücksichtigt werden könnte, weil die Beklagten vorsteuerabzugsberechtigt seien. Aus der allgemeinen Erwägung, Steuerfragen aus dem Schadenersatzprozeß auszuklammern, bestimmt Art. XII Z 3 EGUStG einleitend, der Umstand, daß jemand, der Anspruch auf Ersatz für eine Sache oder Leistung hat, als Unternehmer zum Abzug von Vorsteuern berechtigt ist, berühre an sich die Bemessung des Ersatzes nicht. Ist nach den zivilrechtlichen Bestimmungen Schadenersatz einschließlich Umsatzsteuer zu leisten, so gebührt diese Ersatzleistung dem Geschädigten ohne Rücksicht darauf, ob er vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht (SZ 53/154; SZ 50/8 ua).

Die Gegenforderung der Beklagten besteht daher bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht. Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E06899

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00599.85.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19851009_OGH0002_0010OB00599_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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