Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Otto Trenks, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Firma Leonie M*****, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert, Rechtsanwalt in Wels, wegen sfr 21.653,26 s.A. (Revisionsstreitwert S 183.359,80), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 26. Mai 1983, GZ 5 R 48/83-48, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 13. Jänner 1983, GZ 3 Cg 395/80-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.430,70 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 2.240,-- und Umsatzsteuer von S 653,70) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Schillinggegenwertes von sfr 21.653,26 s.A. im wesentlichen mit der Begründung, sie habe der Beklagten auf deren Bestellung zu vereinbarten und angemessenen Preisen Spannteppiche zur Weiterveräußerung verkauft und am 18. 3. 1980 geliefert. Auf den fälligen Rechnungsbetrag von sfr 41.653,26 habe die Beklagte nur eine Teilzahlung von sfr 20.000,-- geleistet, sodaß der Klagsbetrag noch unberichtigt aushafte. Es sei zwischen den Parteien vereinbart worden, daß die Zahlungen der Beklagten mit schuldbefreiender Wirkung an das Bankhaus B***** in W***** zu leisten seien; dieses Bankhaus habe die Klagsforderung an die Klägerin rückzediert. Das Vorliegen von Mängeln bei der gelieferten Ware werde bestritten. Soweit Mängel vorhanden gewesen seien, seien sie behoben worden. Die Mängelrüge sei verspätet erfolgt.
Die Beklagte wendete ein, daß die Klägerin zur Klagsführung nicht legitimiert sei. Der Vertragspartner der Beklagten sei nicht die Klägerin, sondern die „I*****“ gewesen. Die Kaufpreisforderung der Klägerin sei an die I***** AG W***** und/oder an die B***** AG zediert worden. Die Beklagte habe unmittelbar nach der Lieferung offensichtliche Mängel der Ware festgestellt und sie rechtzeitig gerügt. Ende 1980 bzw. Anfang 1981 habe sie versteckte Mängel der Ware entdeckt, die bei der Lieferung nicht erkennbar gewesen seien. Auch diese Mängel habe sie unverzüglich angezeigt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (abgesehen von der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens und eines Begehrens auf Umsatzsteuer aus den Zinsen) statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von sfr 21.653,26 s.A., zahlbar zum Tageskurs der Wiener Börse, Devise (Ware) Zürich, am Zahlungstag.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Bereits vor dem hier zu beurteilenden Geschäftsfall hatte die Beklagte nach Anbotslegung durch die I***** bei der Klägerin Teppichböden bestellt und an die I***** bezahlt. Am 7. 1. 1980 bestellte sie neuerlich telefonisch bei der I***** Teppichböden; die Bestellung wurde von der I***** bestätigt. Die Klägerin lieferte in der Folge Teppichböden an die Beklagte, die von dieser am 19. 3. 1980 übernommen wurden. Diese Teppichböden wurden von der Klägerin mit Rechnungen vom 14. und 18. 3. 1980 mit sfr 39.745,27 und sfr 1.907,99 fakturiert. Beide Rechnungen trugen den Vermerk: „Wir haben diese Forderung an die I***** abgetreten; Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung sind daher ausschließlich an die I*****, Konto Nr. *****, zu leisten“. Mit Fernschreiben vom 21. 3. 1980 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß die Zession an diese Bank gegenstandslos und die Forderung an die B***** in W***** abgetreten sei, weshalb sie ersuche, die Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung an diese Bank zu Konto Nr. ***** vorzunehmen.
Mit Fernschreiben vom 20. 3. 1980 erhob die Beklagte gegenüber der Klägerin Mängelrüge, worin sie ausführte: „... wir stellen fest, daß es sich nicht wie letztes Mal um qualitativ hochwertige Auslaufware handelt, sondern zum größten Teil um minderwertige Restgarnqualitäten ...“. Dem erwiderte die Klägerin mit Fernschreiben vom 21. 3. 1980, die Reklamation nicht anerkennen zu können. Darauf antwortete die Beklagte mit Telex vom 21. 3. 1980, wobei sie zunächst auf einzelne Teile der Lieferung einging und sodann unter anderem ausführte: „... in der gesamten zweiten Lieferung ist nicht ein einziger Teppich dabei, welchen man mit Fug und Recht als hochwertige teure Ware bezeichnen könnte“. In der Folge kam es am 29. 4. 1980 in ***** zu einer Aussprache zwischen Christian R***** als Vertreter der Klägerin und den Herren K*****, Rene M***** jun. und Rene M***** für die Beklagte, bei welcher folgende Vereinbarung geschlossen wurde: „Vereinbarung zwischen Lieferfirma W***** Gesellschaft mbH, vertreten durch Herrn R***** jun., W***** und der Käuferin Fa. Leonie M***** ... Die Lieferfirma liefert der Käuferin ohne Verrechnung Läufer ... 5 Rollen a 67 cm Warenbreite, 5 Rollen a 100 cm Warenbreite zum Quadratmeterpreis von sfr 15,50, total 250 m2. Die Rechnungen vom 14. 3. 1980, Franken 39.745,27 und vom 18. 3. 1980, Franken 1.907,99, insgesamt Franken 41.653,36 sind dann in Ordnung. Beide Fakturen werden vereinbarungsgemäß auf den 29. April 1980 datiert ...“. Die Formulierung dieser Vereinbarung erfolgte durch die Vertreter der Beklagten. Daß bei Abschluß dieser Vereinbarung die Vertreter der Beklagten irgendwelche Vorbehalte dahin gemacht hätten, daß nur ein Teil der gelieferten Ware bis dahin hätte überprüft werden können und daß Christian R***** hinsichtlich des anderen Teiles bestimmte Qualitätszusagen gemacht hätte, konnte nicht festgestellt werden.
In der Folge lieferte die Klägerin entsprechend der Vereinbarung vom 29. 4. 1980 Teppichböden nach. Da in der Folge von der Beklagten keine Zahlungen geleistet wurden, mahnte der seinerzeitige Klagevertreter am 2. 10. 1980 den offenen Betrag ein. Dem erwiderte die Beklagte, daß Zahlungen nur an die B***** geleistet werden könnten. Am 10. 10. 1980 wurden von der Beklagten auf das Konto der Klägerin bei der zuletzt genannten Bank sfr 20.000,-- bezahlt.
Daß die von der Klägerin an die beklagte gelieferten Teppichböden versteckte Mängel aufwiesen oder daß von der Beklagten gegenüber der Klägerin nach der Vereinbarung vom 29. 4. 1980 weitere Mängel gerügt worden wären, konnte nicht festgestellt werden.
Die Klägerin beauftragte die Firma D***** Gesellschaft mbH Inkassodienst, mit der Einbringlichmachung ihrer restlichen Forderung. Dieser Firma gegenüber wandte die Beklagte ein, die Waren seien mangelhaft.
Die Forderungen der Klägerin aus den beiden Rechnungen wurden zunächst an die I***** abgetreten, von dieser jedoch an die Klägerin rückabgetreten. In der Folge wurde die Forderung von der Klägerin am 21. 3. 1980 an die B***** KG abgetreten. Die Klägerin ist auf Grund ihrer Vereinbarungen mit dieser Bank berechtigt und verpflichtet, die Forderung einbringlich zu machen. Am 13. 11. 1980 richtete sie an die Ö***** AG einen Antrag auf Anerkennung des Haftungsfalles. In diesem Antrag teilte sie unter anderem mit, daß die Ansprüche aus der Garantie an die B***** KG abgetreten worden seien. Gleichzeitig richtete die Klägerin an die Ö***** AG folgendes Anbot auf Abtretung der Exportforderungen: „Für den Fall der Anerkennung des Haftungsfalles treten wir Ihnen die in der beiliegenden Zusammenstellung angeführten Exportforderungen aus umseitig beschriebenen Geschäftsfall zur Sicherung des Anspruches der Republik Österreich auf Rückführung des auszuzahlenden Garantiebetrages ab. Die Abtretung wird mit schriftlicher Annahme dieses Angebotes wirksam. Nach Annahme dieses Angebotes werden wir in unseren Geschäftsbüchern neben der Buchung der abzutretenden Forderung unter Anführung des Datums ihrer Annahmeerklärung die erfolgte Abtretung vermerken. ... Wir nehmen zur Kenntnis, daß wir verpflichtet bleiben, die gegenständlichen Exportforderungen nach ihren Weisungen treuhändig einzuziehen. Es gelten weiterhin die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Garantievertrag zugrundeliegen. „Dieses Anbot auf Abtretung wurde am 14. 11. 1980 von der B***** KG mitunterfertigt. Von der Ö***** AG wurde am 29. 4. 1981 der Haftungsfall anerkannt und das Anbot auf Abtretung der Exportforderungen angenommen. Mit Fernschreiben vom 14. 10. 1981 teilte die B***** AG der Beklagten mit, daß die Forderung der Klägerin weiterhin an sie abgetreten und nicht zurückzediert worden sei und daß Zahlungen weiterhin an sie zu leisten seien; diese Auskünfte sind unrichtig.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß, da eine Rechtswahl von den Parteien nicht getroffen worden sei, der Rechtsstreit gemäß § 36 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei zu bejahen. Sie habe ihre Forderung zunächst der Bank für Außenhandel zediert, jedoch sei diese Forderung wieder rückzediert worden. In der Folge habe die Klägerin die Forderung an die B***** KG zediert, die durch Unterfertigung des Anbotes auf Abtretung der Exportforderungen die Forderung an die Ö*****-AG weiterzediert habe. Die Klägerin wiederum habe sich in diesem Anbot verpflichtet, die Exportforderungen für die Kontrollbank treuhändig einzuziehen. Es liege sohin eine Treuhänderstellung der Klägerin vor, auf Grund derer sie zur Klagsführung berechtigt sei.
Der weitere Einwand der Beklagten, sie habe mit der I***** kontrahiert, schlage ebenfalls nicht durch, da sich die Beklagte und in der Vereinbarung vom 29. 4. 1980 eindeutig widerspruchslos zur Bezahlung der Rechnungen der Klägerin verpflichtet habe. Diese Vereinbarung sei als Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB zu qualifizieren. Ein Irrtum im Sinne des § 1385 ABGB liege nicht vor. Da die Beklagte als Kaufmann zur unverzüglichen Mängelrüge gemäß § 377 HGB verpflichtet gewesen sei, hätte sie bei Vergleichsabschluß aufzeigen müssen, daß ihr aus bestimmten Gründen eine Überprüfung der gesamten Lieferung noch nicht möglich gewesen wäre. Die Beklagte sei daher auf Grund der Vereinbarung vom 29. 4. 1980 zur Bezahlung des Restes zu verurteilen gewesen.
Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als unbedenklich. Rechtlich führte es im wesentlichen aus, daß der Rechtsstreit gemäß § 36 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Es reiche aus, daß die Aktivlegitimation der Klägerin im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz vorgelegen sei. Selbst wenn man die Abtretung der Forderung an die Ö***** AG als Sicherungsabtretung und als stille bzw. nicht verständigte Abtretung auffasse und selbst wenn man weiter davon ausgehe, daß Zedent dieser Forderung nicht die Klägerin, sondern die B***** KG gewesen sei, habe die Klägerin die Forderung im eigenen Namen gerichtlich geltend machen können, da sie auf Grund einer Vereinbarung mit dem Zessionar verpflichtet gewesen sei, die Forderung im eigenen Namen als Treuhänder des Zessionars einzutreiben. Sie sei daher materiell berechtigt und nicht durch eine bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes legitimiert. Gegen diese Einziehungsermächtigung bestünden trotz bestehender Vorbehalte in der Lehre keine praktischen Bedenken.
Die Klägerin habe zwar zu dieser Form der Einziehungsermächtigung, insbesondere zu ihrer Treuhänderstellung, in erster Instanz kein ausdrückliches Prozeßvorbringen erstattet. Dies schade aber nicht, weil die betreffende Urkunde Beilage XI (Anbot auf Abtretung der Exportforderung) von beiden Parteien als echt und richtig anerkannt worden sei. Wenngleich die Urkundenvorlage ein Parteienvorbringen nicht ersetzen könne, handle es sich hier doch um die Außerstreitstellung des Urkundeninhaltes. Werde aber ein Sachverhalt außer Streit gestellt – die Tatsache, daß das Zessionsanbot von der Kontrollbank angenommen wurde, sei ebenfalls unbestritten –, dann bedürfe es keines weiteren Tatsachenvorbringens. Daß also die Klagsforderung von der B***** KG nicht an die Klägerin rückzediert, sondern an die Ö***** AG weiterzediert worden sei, stehe der getroffenen rechtlichen Beurteilung nicht entgegen.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO begründete das Berufungsgericht damit, daß zur Frage der Klagslegitimation auf Grund einer Treuhandstellung eines früheren Gläubigers trotz mehrfacher Zession nur vereinzelt Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vorlägen, die in der Lehre kritisiert worden seien.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. DSe bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Sinne des § 503 Abs. 2 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie Aufhebungsanträge.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil es sich bei der Rechtsfrage, ob der Zessionar den Zedenten zur Einziehung der abgetretenen Forderung im eigenen Namen ermächtigen kann, um eine solche im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO handelt.
Sachlich ist sie aber nicht berechtigt.
Der erstmals in der Revision der Beklagten erhobene Einwand der Verjährung der Klagsforderung widerspricht dem im § 504 ZPO normierten Neuerungsverbot (1 Ob 109/57; 6 Ob 562/80 ua.); auf ihn kann daher nicht eingegangen werden.
Es ist sicher richtig, daß es dem Kläger im Sinne des § 226 ZPO obliegt, die Tatsachen, auf welche sich ein Anspruch gründet, im einzelnen kurz und vollständig anzugeben. Ob aber im vorliegenden Einzelfall aus einer Erklärung der Parteien über die Echtheit und Richtigkeit einer von einem Zeugen vorgelegten Urkunde die Außerstreitstellung des Urkundeninhaltes abzuleiten ist, sodaß sich weiteres Tatsachenvorbringen einer Partei dazu erübrigt, ist nur für diesen Einzelfall von Bedeutung und keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO. Auch auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rechtsmittel der Beklagten ist im Rahmen des Verfahrens über eine Zulassungsrevision nicht einzugehen.
Soweit die Beklagte in ihrem Rechtsmittel darzutun versucht, daß die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen unklar, widersprüchlich und einer erschöpfenden rechtlichen Beurteilung nicht zugänglich seien, ist ihr nicht zu folgen.
Wie sich aus dem Zusammenhalt der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen ergibt, erfolgte die Abtretung der Kaufpreisforderung gegen die Beklagte an die Ö***** AG durch die Klägerin im Zusammenhang mit einem Haftungsfall im Sinne des Ausführungsförderungsgesetzes bzw. der Ausfuhrförderungsverordnung. Wenn nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Klägerin ihre Kaufpreisforderung gegen die Beklagte für den Fall der Anerkennung des Haftungsfalles an die Ö***** AG abtrat und das diesbezügliche Anbot auf Abtretung von der B***** AG, der die Klägerin ihre Kaufpreisforderung vorher abgetreten hatte, mitunterfertigt wurde, wobei sich dieses Bankinstitut die Ansprüche der Klägerin aus der Garantie abtreten ließ (Beilage XI), kann darin nur eine Rückzession der Klagsforderung durch die B***** KG an die Klägerin und eine Abtretung dieser Forderung durch die Klägerin an die Österreichische Kontrollbank AG im Sinne des mit dieser getroffenen Übereinkommens erblickt werden.
Ob die Klägerin trotz dieser Übertragung ihrer Kaufpreisforderung gegen die Beklagte an die Ö***** AG berechtigt blieb, diese Forderung im eigenen Namen gegen die Beklagte geltend zu machen, ist nach den zwischen ihr und der Ö*****-AG bestehenden materiellrechtlichen Beziehungen zu beurteilen.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seiner in SZ 42/105 veröffentlichten Entscheidung, auf deren ausführliche Begründung im einzelnen verwiesen werden kann, dargestellt, daß die bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes, also eine solche ohne Bestehen irgendwelcher sonstiger materiellrechtlicher Beziehungen, dem österreichischen Recht fremd ist. Es hat zwar grundsätzlich jede echte Zession zur Folge, daß der Zedent nicht mehr berechtigt ist, den Schuldner im eigenen Namen auf Zahlung zu klagen. Entsprechend dem im österreichischen Recht herrschenden Grundsatz der Vertragsfreiheit gibt es aber auch Fälle der abgeschwächten Abtretung, insbesondere Vereinbarungen des Inhaltes, wonach sich der Zedent verpflichtet, die Forderung im eigenen Namen als indirekter Stellvertreter des Zessionars einzutreiben und sodann die vom Schuldner erhaltene Leistung dem Zessionar abzuführen (sogenannte stille Abtretung). Es sind mehrere Typen materiellrechtlicher Beziehungen zwischen Zedenten und Zessionar denkbar, welche den ursprünglich Forderungsberechtigten zur Klage im eigenen Namen legitimieren: Es kann sich von vornherein um eine stille (abgeschwächte) Abtretung gehandelt haben; es kann die ursprünglich als Vollzession vereinbarte Abtretung in eine derartige abgeschwächte Abtretung umgewandelt worden sein; dem ursprünglichen Zedenten kann die Forderung zum Inkasso rückzediert worden sein und schließlich kann er auch als Treuhänder des Zessionars auftreten (siehe dazu insbesondere Kastner in Hämmerle-FS 172 ff). Eine Erklärung des Zessionars mit dem Inhalt, daß die Prozeßführung dem Zedenten in dessen Namen obliege, hat daher regelmäßig ihre Grundlage in den zwischen Zedenten und Zessionar bestehenden Beziehungen des materiellen Rechtes. Sofern es sich bei einer derartigen Erklärung nicht aus besonderen Gründen des Einzelfalles um die bloße abstrakte Übertragung des Prozeßführungsrechtes handelt, ist der Zedent aus Gründen der zwischen ihm und dem Zessionar bestehenden materiellrechtlichen Beziehungen aktiv zur Klage legitimiert, falls der Zessionar der Einklagung ausdrücklich zustimmt.
Diesen in SZ 42/105 dargelegten Grundsätzen ist die Rechtsprechung später teils ausdrücklich gefolgt (1 Ob 200/73; 5 Ob 865/76; 3 Ob 619/82 ua.); sie hat sich auch in anderem Zusammenhang wiederholt auf diese Entscheidung berufen (1 Ob 675/80; SZ 54/104 ua.).
Die in der Literatur dagegen vorgebrachten Argumente (siehe dazu insbesondere Grillberger in ÖJZ 1978, 141 f) vermögen nicht zu überzeugen. Kastner hat aaO darauf hingewiesen, daß im österreichischen Recht die Form der Ermächtigungstreuhand im Rahmen der Vertragsfreiheit allgemein als zulässig anzusehen ist. Schuldnerschutzerwägungen sprechen nicht gegen die Richtigkeit der dargestellten Rechtsprechung, weil der Schuldner ohne Zessionsverbot immer damit rechnen muß, daß ihm ein neuer Gläubiger entgegentritt. Allfällige Schwierigkeiten auf dem Gebiet des Prozeßrechtes sind kein überzeugendes Argument gegen die dargelegten materiellrechtlichen Erwägungen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich, wie bereits eingangs ausgeführt, um die Abtretung der Kaufpreisforderung der Klägerin gegen die Beklagte an die Ö***** AG im Zusammenhang mit einem Haftungsfall im Sinne des Ausfuhrförderungsgesetzes bzw. der Ausfuhrförderungsverordnung. § 13 AusfFV 1981 (früher AusfFV 1977) ordnet bezüglich der Abtretung der Forderungen nach Eintritt des Haftungsfalles an, daß der Garantienehmer zu verpflichten ist, in dem Umfang, in dem der Bund den Haftungsfall anerkennt, den dem Garantiebetrag entsprechenden Anteil der Forderungen gegen den ausländischen Vertragspartner an den Bund spätestens nach Anerkennung des Haftungsfalles abzutreten; für den Fall, daß die Forderung vom Bund nicht selbst vertreten wird, ist der Garantienehmer zu verpflichten, alle zur Durchsetzung der vertraglichen Rechte gegen den ausländischen Vertragspartner notwendigen Maßnahmen im eigenen Namen, jedoch mit Zustimmung des Bundes für anteilige Rechnung des Bundes vorzunehmen. Dem entsprach nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Formulierung des Anbotes, mit dessen Annahme durch die Ö***** AG die Abtretung der Kaufpreisforderung der Klägerin gegen die Beklagte erfolgte. Nach den zwischen der Klägerin und der Ö***** AG getroffenen Vereinbarungen blieb die Klägerin verpflichtet, ihre Kaufpreisforderung gegen die Beklagte „... nach ihren Weisungen treuhändig einzuziehen“.
Gerade dann, wenn diese Vorgangsweise auf Grund besonderer materiellrechtlicher Vorschriften vereinbart wird, kann nicht die Rede davon sein, daß sie auf Grund allgemeiner dogmatischer Überlegungen nicht zulässig wäre.
Es ist daher auch im vorliegenden Fall im Sinne der in SZ 42/105 dargestellten Grundsätze davon auszugehen, daß die Klägerin im Rahmen ihrer mit der Ö***** AG bestehenden Rechtsbeziehungen befugt war, die Klagsforderung gegen die Beklagte trotz der erfolgten Abtretung im eigenen Namen geltend zu machen und daß es sich hier nicht um eine bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes handelte.
Der Revision der Beklagten mußte unter diesen Umständen ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E131422European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00557.850.1010.000Im RIS seit
05.05.2021Zuletzt aktualisiert am
05.05.2021