TE OGH 1985/10/15 4Ob405/84

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Veröffentlicht am 15.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr.Kuderna und Dr.Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb, *****, vertreten durch Dr.Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G***** KG, *****, vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 250.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6. Juli 1984, GZ 4 R 129/84-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 26. März 1984, GZ 7a Cg 381/83-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

'Die Beklagte ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, ihre dem Verkauf gewidmeten Einrichtungen bzw Geschäftsräumlichkeiten, wie ihren Verkaufs- und Ausstellungsraum, an Samstagen nach 13 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen unverschlossen zu halten und insbesondere während dieser Zeit dort Automobile zur Besichtigung aufzustellen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 25.845,84 (darin S 1.570,-- Barauslagen und S 2.092,84 Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Dem Kläger wird die Ermächtigung erteilt, den Spruch dieses Urteils binnen drei Monaten nach Rechtskraft auf Kosten der Beklagten in Samstag-Ausgaben der Zeitschriften 'OBERÖSTERREICHISCHE NACHRICHTEN', 'G***** ANZEIGER' und 'OBERÖSTERREICHISCHE KAMMERNACHRICHTEN' im Textteil in Normallettern mit Fettdrucküberschrift, Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozessparteien zu veröffentlichen.'

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 7.843,70 (darin S 1.280,-- Barauslagen und S 596,70 Umsatzsteuer) bestimmten Koten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 10.758,75 (darin S 2.880,- Barauslagen und S 716,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte KG betreibt in G***** das Kraftfahrzeug-Mechanikergewerbe sowie den Handel mit Kraftfahrzeugen. Ihr Betrieb besteht aus einem Gebäudetrakt mit den Verwaltungs- und Verkaufsräumlichkeiten, der Kraftfahrzeug-Werkstätte und einer Neuwagenhalle sowie aus einer davon räumlich getrennten Ausstellungshalle für Gebrauchtwagen. Von der G*****-Straße führt eine einzige Zufahrt auf das Firmengelände. Dabei kommt man zuerst zur Ausstellungshalle und dann, an ihr vorbei, zu dem bereits erwähnten Gebäudetrakt. Die Ausstellungshalle ist täglich geöffnet und deshalb mit der Aufschrift: 'Immer offen' gekennzeichnet. In ihr sind versperrte Gebrauchtwagen zur Besichtigung abgestellt, wobei die jeweiligen Fahrzeugdaten auf Schildern an den einzelnen Fahrzeugen vermerkt sind. Weitere Gebrauchtwagen sind in gleicher Weise auch auf dem frei zugänglichen Betriebsgelände abgestellt.

Der klagende Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb beantragt die Verurteilung der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, ihre dem Verkauf gewidmeten Einrichtungen bzw. Geschäftsräumlichkeiten, wie ihren Verkaufs- und Ausstellungsraum, an Samstagen nach 13 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen unverschlossen zu halten und insbesondere während dieser Zeit dort Automobile zur Besichtigung aufzustellen; außerdem verlangt der Kläger die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten in den drei im Spruch angeführten Zeitschriften. Die Ausstellungshalle der Beklagten werde auch an Samstagen nach 13 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen unversperrt gehalten; sie sei damit auch außerhalb der zulässigen Öffnungszeiten nach dem Ladenschlussgesetz, der oberösterreichischen Ladenschlussverordnung und dem Sonn- und Feiertagsruhegesetz für Kaufinteressenten zu Besichtigungszwecken zugänglich, wobei dort auch während der Sperrfristen Verkaufsgespräche geführt worden seien. Darüber hinaus habe die Beklagte am Samstag, den 15.3.1983, nach 20 Uhr in dieser Ausstellungshalle Autofilme vorgeführt sowie Informationen und einen Gedankenaustausch über ihre Leistungen angeboten. Auch die Neuwagenhalle der Beklagten sei im übrigen monatelang nicht versperrt gewesen. Die Übertretung der einschlägigen Ladenschlussvorschriften verstoße zugleich gegen § 1 UWG. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe während der Sperrzeiten weder eine Verkaufsstelle offengehalten noch Verkaufsgespräche geführt. Ebenso wie die - nicht eingezäunte - Freifläche ihres Betriebsgeländes diene auch die Ausstellungshalle nicht dem Verkauf, sondern nur der Besichtigung der zum Verkauf bestimmten Fahrzeuge; in ihr würden demgemäß auch keine Verkaufsgespräche geführt. Die Verwaltungs- und Verkaufsräumlichkeiten der Beklagten seien, von der Ausstellungshalle deutlich getrennt, in einem eigenen Gebäudetrakt untergebracht, welcher während der gesetzlichen Sperrzeiten immer verschlossen gehalten werde. Das Veröffentlichungsbegehren des Klägers gehe in jedem Fall zu weit; mit Rücksicht auf den angesprochenen Interessentenkreis wäre eine Veröffentlichung des Urteilsspruches, wenn überhaupt, dann nur im 'G***** ANZEIGER' gerechtfertigt.

Das Erstgericht wies die Klage ab und nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Karl S***** - ein Fahndungsorgan der oberösterreichischen Handelskammer - führte am Samstag, den 17.9.1983 und am Sonntag, den 18.9.1983 im Betrieb der Beklagten Kontrollen durch, um sich von der Einhaltung der Ladenschlussbestimmungen zu überzeugen. Am erstgenannten Tag stellte er um ca 15 Uhr 15 fest, dass die Ausstellungshalle frei zugänglich war, ds sich aber niemand in ihr aufhielt. Karl S***** konnte jedoch auch die Neuwagenhalle, in welcher sich gleichfalls niemand aufhielt, ungehindert betreten, und zwar deshalb, weil damals eine Glasschiebetür, welche von dieser Halle ins Freie führt, nach einer Beschädigung noch nicht ersetzt worden war. Da die Türe zwei Monate lang nicht lieferbar war, konnte die Beklagte die Neuwagenhalle ebensolange nicht nach außen abschließen. Die in dieser Halle abgestellten Fahrzeuge blieben zwar dort, wurden aber abgeschlossen. Die daneben liegenden, räumlich getrennten Verkaufsräumlichkeiten der Beklagten waren hingegen sowohl nach außen als auch zur Neuwagenhalle hin versperrt.

Am Sonntag, den 18.9.1983 um ca 10 Uhr 15 besichtigte Karl S***** neuerlich das Betriebsgelände der Beklagten. Er konnte wiederum ungehindert die Neuwagenhalle betreten, in welcher sich abermals niemand befand. Danach betrat er auch die Ausstellungshalle, wo sich vier Personen aufhielten und über den Kauf eines Gebrauchtwagens sprachen. Dass es sich dabei um ein Verkaufsgespräch mit einem Angestellten der Beklagten gehandelt hätte, ist nicht erwiesen.

Am Samstag, den 15.10.1983 veranstaltete die Freiwillige Feuerwehr S***** in der Ausstellungshalle der Beklagten eine Modenschau, welche um 20 Uhr begann und sich bis in die Morgenstunden erstreckte. Es wurde zum Tanz aufgespielt, und von der Freiwilligen Feuerwehr wurden Getränke ausgeschenkt. Neben der eigentlichen Modenschau, welche von der Firma K***** abgewickelt wurde, stellte auch die Firma P***** ihre Erzeugnisse aus; auch eine Schuhfirma und ein Friseur stellten Beiträge zur Verfügung. Die Beklagte hatte ihre Halle, aus welcher sie zuvor alle Gebrauchtwagen entfernt hatte, kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Veranstaltung war im 'G***** ANZEIGER' vom 7.10.1983 (Beilage J) angekündigt worden. In den 'OBERÖSTERREICHISCHEN NACHRICHTEN' vom 18.10.1983 (Beilage K) wurde sie sodann in einer als 'Anzeige' gekennzeichneten Einschaltung im Nachhinein wie folgt kommentiert:

'Supershow im Autohaus D*****.

Dass es im Autohaus D***** in G***** die neuesten Mazda-Modelle und dazu ein perfektes Service gibt, hat sich schon herumgesprochen. Neu sind Veranstaltungen, die das Autohaus für seine Kunden organisiert. Sie sollen über das Leistungsangebot des Autohauses D***** informieren und den Gedankenaustausch in geselliger Runde ermöglichen. So z.B. vergangenen Samstag. über 1000 Besucher sahen eine Modenschau der G***** Gewerbetreibenden und interessante Videofilme über Mazda. Anschließend spielten die allseits beliebten 'BACHLER-BUAM' zum Tanz und ließen diesen 'bunten Abend' zu einem vollen Erfolg werden.'

Keine dieser Zeitungsanzeigen stammte von der Beklagten.

Im Zuge der von über 1000 Personen besuchten Veranstaltung wurden über 5 Fernsehgeräte zwei Videofilme - über die technische Produktion der Mazda-Fahrzeuge in der Fabrik und über eine Autorallye in Daytona - abgespielt. Auch Gottfried D***** und zwei seiner Verkäufer befanden sich als Privatpersonen in Gesellschaft von Familie und Freunden unter den Besuchern. Es wurde keine Verkaufswerbung für die Beklagte betrieben, und es wurden insbesondere auch keine Flugzettel verteilt.

Am Freitag, den 23.12.1983 - also an einem Werktag - um ca 10 Uhr 30 führte Franz S***** im Auftrag der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich bei der Beklagten Erhebungen durch. Er besichtigte zunächst die Gebrauchtfahrzeuge in der Ausstellungshalle und wurde sodann vom Verkäufer Günther B*****, welcher die Halle von außen betreten hatte, nach seinen Wünschen gefragt. Dabei legte B***** im wesentlichen die Angaben auf dem Preisetikett des Fahrzeuges dar, weiters Erstbesitz und Motorstärke; er öffnete auf Wunsch auch die Türen und zeigte die Innenausstattung, ebenso auch den Kofferraum. Günther B***** wies auch auf andere Modelle hin. Ein regelrechtes Verkaufsgespräch wurde nicht geführt. Zur selben Zeit wurde in der Ausstellungshalle zwei anderen Herren von einem Verkäufer der Beklagten ein Gebrauchtwagen erklärt. Günther B***** begleitete Franz S***** noch in die Neuwagenhalle, wo er auf die dort ausgestellten Mazda-Modelle und insbesondere auf deren Preise hinwies. Außerdem verwies er in der Werkstätte auf einen anderen Mazda-Gebrauchtwagen.

Von diesen Feststellungen ausgehend, verneinte das Erstgericht einen Verstoß der Beklagten gegen die gesetzlichen Ladenschlussvorschriften. Dass die Neuwagenhalle infolge eines Schadens an der Glasschiebetür, der nicht früher behoben werden konnte, zwei Monate lang offenstand, könne der Beklagten ebensowenig als planmäßiger Wettbewerbsverstoß angelastet werden wie der Umstand, dass die Beklagte deshalb keine besonderen Sicherungsmaßnahmen getroffen, sondern sich mit dem Versperren der in der Halle abgestellten Fahrzeuge sowie der Zugänge zu den eigentlichen Verkaufs- und Büroräumlichkeiten begnügt hatte. Auch in bezug auf die - 'immer offene' - Ausstellungshalle sei eine Verletzung der Ladenschlussbestimmungen zu verneinen: Im Zusammenhang mit den Vorgängen am 17. und am 18.9.1983 könne von einer 'Anbahnung' von Geschäftsabschlüssen nicht gesprochen werden, zumal sich damals kein Verkaufs- oder Beratungspersonal der Beklagten auf dem Betriebsgelände befunden habe. Dass man dabei von Auto zu Auto gehen konnte, ohne freilich diese Fahrzeuge näher prüfen zu können, begründe nur einen gewissen 'Schaufenstereffekt'. Der Begriff der 'Geschäftsräumlichkeiten' im Sinne der Ladenschlussvorschriften dürfe im übrigen nicht so weit ausgelegt werden, dass darunter das gesamte zu einem Unternehmen gehörende Areal zu verstehen wäre; zwischen den in der Ausstellungshalle abgestellten und den auf dem freien Betriebsgelände befindlichen Gebrauchtwagen sei kein wettbewerbsrechtlich bedeutsamer Unterschied zu sehen. Gegen das Aufstellen von Fahrzeugen auf dem Freigelände der Beklagten habe jedoch nicht einmal der Kläger etwas einzuwenden.

Die von Franz S***** am Freitag, den 23.12.1983 in der Ausstellungshalle und in der Werkstätte beobachtete Tätigkeit zweier Verkäufer der Beklagten könnte zwar, soweit diese Gespräche über die auf den Preisschildern angeführten Tatsachen hinausgegangen waren, zumindest als Beratungstätigkeit und damit als Anbahnung von Geschäftsabschlüssen angesehen werden. Damit würden aber die betreffenden Räumlichkeiten immer noch nicht zu 'Verkaufsräumlichkeiten', weil die eigentlichen Verkaufsgespräche und die Geschäftsabschlüsse nur im Verkaufsbüro vorgenommen worden seien. Davon abgesehen, hätten sich diese Vorgänge an einem Werktag während der normalen Geschäftszeit abgespielt, so dass ein Verstoß gegen die gesetzlichen Ladenschlussbestimmungen hier von vornherein ausscheide.

Bei der Veranstaltung der Freiwilligen Feuerwehr S***** am Abend des 15.10.1983 habe die - damals von allen Gebrauchtwagen geräumte - Halle keinen Ausstellungszwecken der Beklagten gedient; sie sei vielmehr von der Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Die damals veranstaltete Modenschau der Firma K*****, an welcher auch andere, nicht der Autobranche angehörende Betriebe teilgenommen hätten, habe mit dem Geschäftsbetrieb der Beklagten überhaupt nichts zu tun gehabt; dabei sei weder eine Verkaufswerbung für die Fahrzeuge der Beklagten getrieben noch eine Information oder ein Gedankenaustausch über die Leistungen der Beklagten angeboten worden. Die Form der (vorherigen) Ankündigung dieser Veranstaltung im 'G***** ANZEIGER' sowie der nachfolgende Bericht in den 'OBERÖSTERREICHISCHEN NACHRICHTEN' könnten die Beklagte schon deshalb nicht belasten, weil beide Anzeigen nicht von ihr stammten. Ein wettbewerbswidriges und damit gegen die guten Sitten verstoßendes Verhalten der Beklagten sei somit nicht erwiesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und die Revision zulässig sei. Von den als unbedenklich übernommenen Tatsachenfeststellungen des Ersturteils ausgehend, billigte das Berufungsgericht auch die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes durch das Prozessgericht erster Instanz.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird vom Kläger mit Revision aus dem Grunde des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO bekämpft. Der Kläger beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass seinem Urteilsantrag vollinhaltlich stattgegeben werde.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist aber auch berechtigt.

Gemäß § 1 Abs 1 des Ladenschlussgesetzes BGBl 1958/156 gilt dieses Bundesgesetz 'für alle ständigen und nichtständigen für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden und sonstige Verkaufsstellen) von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen'. Den Geltungsbereich der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oberösterreichischen Ladenschlussverordnung vom 26.11.1959 LGBl 44 umschreibt deren § 1 Abs 1 mit den gleichen Worten, wobei nach dem 2. Absatz dieser Bestimmung als 'Betriebseinrichtungen' im Sinne des Abs 1 auch 'alle Einrichtungen und Veranstaltungen der in Abs 1 genannten Unternehmungen' zu gelten haben, bei denen 'Warenbestellungen im Kleinverkauf entgegengenommen werden (Verkaufsausstellungen usw.)'; gemäß § 4 Abs 1 der oberösterreichischen Ladenschlussverordnung in der Fassung des § 1 Z 1 der Verordnung LGBl 1964/53 sind am Samstag 'die Verkaufsstellen......ab 13 Uhr geschlossen zu halten'. Schließlich müssen gemäß § 1 Art IX Abs 6 des - hier noch anwendbaren - Sonn- und Feiertagsruhegesetzes RGBl 1895/21 in den Stunden, während deren die Sonntagsarbeit für den Handelsbetrieb nicht gestattet ist, 'die Geschäftsräumlichkeiten geschlossen gehalten werden'. Danach kommt es aber - und zwar nicht nur im Geltungsbereich des Sonn- und Feiertagsruhegesetzes, sondern auch in demjenigen der Ladenschlussvorschriften - auf den Zweck des Offenhaltens nicht an; das Gesetz wird vielmehr auch dann übertreten, wenn die dort genannten Räumlichkeiten nicht zur Anbahnung oder Durchführung von Verkaufsgeschäften, sondern allein zum Zweck der Schaustellung von Waren während der Sperrzeiten an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen offengehalten werden (ÖBl 1984, 109 mit weiteren Hinweisen; im gleichen Sinn ÖBl 1984, 140). Nach dem klaren Wortlaut der oben wiedergegebenen Bestimmungen gelten freilich die dort normierten Verbote immer nur für das gesetzwidrige Offenhalten einer 'Verkaufsstelle' (Ladenschlussgesetz und oberösterreichische Ladenschlussverordnung) bzw einer 'Geschäftsräumlichkeit' (Sonn- und Feiertagsruhegesetz). Die Entscheidung über das Unterlassungsbegehren des Klägers hängt demnach allein davon ab, ob die - nach den Verfahrensergebnissen hier allein in Betracht kommende - Gebrauchtwagen-Ausstellungshalle ungeachtet dessen, dass eine dort ausgeübte Beratungs- oder Verkaufstätigkeit während der Sperrzeit nicht erwiesen ist, dennoch als 'Verkaufsstelle' oder als 'Geschäftsräumlichkeit' im Sinne der angeführten Bestimmungen zu qualifizieren ist. Diese Frage muß aber hier bejaht werden:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde das Fahndungsorgan Franz S***** am Freitag, den 23.12.1983 um ca.10 Uhr 30 bei der Besichtigung eines Gebrauchtwagens in der genannten Ausstellungshalle von einem Verkäufer der Beklagten nach seinen Wünschen gefragt. Dieser Verkäufer legte ihm verschiedene Fahrzeugdaten dar, öffnete auf Wunsch auch die Türen des Fahrzeuges, um die Innenausstattung zu zeigen, und wies überdies auch auf andere Fahrzeugmodelle hin. Zur selben Zeit wurde in derselben Halle auch zwei anderen Interessenten von einem Verkäufer der Beklagten ein Gebrauchtwagen erklärt. Damit kann aber entgegen der - von den Vorinstanzen gebilligten - Meinung der Beklagten nicht mehr davon gesprochen werden, dass die in Rede stehende Halle ausschließlich der Besichtigung der dort ausgestellten Fahrzeuge gedient hätte und dass dort niemals Verkaufsgespräche irgendwelcher Art geführt worden seien. Vielmehr steht fest, dass die Verkäufer der Beklagten auch in dieser Halle zumindest eine beratende Tätigkeit entfaltet haben. Dass diese Aktivitäten auf die Anbahnung späterer Geschäftsabschlüsse gerichtet waren, es sich also tatsächlich um 'Verkaufsgespräche' im weiteren Sinn gehandelt hatte, liegt in der Natur der Sache und ist im übrigen auch vom Zeugen B***** (ON 16 S 72) ausdrücklich bestätigt worden. Ob derartige Verkaufsgespräche für sich allein schon ausreichen würden, um die Halle als 'Verkaufsstelle' im Sinne der Ladenschlussbestimmungen qualifizieren zu können, kann dahingestellt bleiben. Nach dem hier als erwiesen angenommenen Sachverhalt hatte die gegenständliche Gebrauchtwagen-Ausstellungshalle nicht bloß die Funktion eines - nur Ausstellungszwecken dienenden - 'Schaufensters'; sie war vielmehr in das Verkaufsgeschehen integriert und bildete zusammen mit der Neuwagenhalle und den Verwaltungs- und Verkaufsräumlichkeiten eine dem Betrieb des Kraftfahrzeughandels gewidmete räumliche Einheit. Sie muss deshalb - ungeachtet dessen, dass die endgültige Fixierung der Vertragsbestimmungen und der formelle Geschäftsabschluss später in den Büroräumen stattfand - als 'Verkaufsstelle' bzw. 'Geschäftsräumlichkeit' der Beklagten im Sinne der mehrfach genannten Rechtsvorschriften über den Ladenschluss und über die Sonn- und Feiertagsruhe qualifiziert werden. Diese Vorschriften hat die Beklagte durch das dauernde Offenhalten der Ausstellungshalle übertreten und - da es sich dabei um unmittelbar der Beschränkung des Wettbewerbs dienende Vorschriften handelt (ÖBl 1979, 122 mit weiteren Nachweisen; ebenso ÖBl 1984, 140) - damit zugleich gegen § 1 UWG verstoßen.

Da auch die vom Kläger begehrte Urteilsveröffentlichung (§ 25 Abs 3 UWG) ihrem Umfang nach angemessen und zur Aufklärung des Publikums über den Wettbewerbsverstoß der Beklagten geboten erscheint, war der berechtigten Revision des Klägers Folge zu geben und in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im Sinne des auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung gerichteten Klagebegehrens zu erkennen.

Die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der Verfahrenskosten aller drei Instanzen beruht auf §§ 41,50 ZPO.

Textnummer

E06656

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00405.840.1015.000

Im RIS seit

23.09.2015

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2015
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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