TE OGH 1985/10/15 4Ob112/85

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Veröffentlicht am 15.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Hon.Prof. Dr. Gottfried Winkler und Hon.Prof. Dr. Hanns Waas als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinz A, Flugkapitän, Wien 23., Rudolf Zeller-Gasse 48/D/2, vertreten durch Dr.Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B C Österreichische Luftverkehrs AG., Wien 10., Fontanastraße 1, vertreten durch Dr.Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 200.000; für Gerichtsgebühren S 2.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 4.Februar 1985, GZ 44 Cg 2/85-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 10.Mai 1984, GZ 4 Cr 1319/82-14, bestätigt wurde, in nichtäffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.360,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 669,15 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der K l ä g e r ist als Flugkapitän im Unternehmen der beklagten Partei angestellt. Er begehrt mit der vorliegenden Klage, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, bei der Erstellung der den Kläger betreffenden Einsatzpläne es zu unterlassen, Abwesenheiten des Klägers von Wien in der Dauer von mehr als sechs aufeinanderfolgenden Tagen vorzusehen. Mit diesem Hauptbegehren verbindet er folgende Eventualbegehren:

1. 'Es ist der beklagten Partei nicht gestattet, bei der Erstellung der den Kläger betreffenden Einsatzpläne Abwesenheiten des Klägers von Wien in der Dauer von mehr als sechs aufeinanderfolgenden Tagen vorzusehen.' 2. 'Tage, die der Kläger auf Grund des von der beklagten Partei erstellten Einsatzplanes auf Außenstationen verbringt und in denen er weder zum Flugdienst noch zum Bereitschaftsdienst herangezogen wird, sind als Zeiten planmäßiger Zwischenaufenthalte zu 50 % als Arbeitszeit anzurechnen.' Der Kläger stützt sein Begehren auf den § 5 Z. 5 des Kollektivvertrages für das Bordpersonal der B C, Österreichische Luftverkehrs AG (KV), wonach die maximal zulässige Anzahl unmittelbar aufeinanderfolgender geplanter Einsatztage sechs betrage. Der Zweck dieser Bestimmung bestehe darin, dem Bordpersonal zu gewährleisten, daß eine sechs Tage übersteigende Abwesenheit von der Home Base, also von Wien, nicht erfolge. Die beklagte Partei verstoße bei der Erstellung der Einsatzpläne auch in bezug auf den Kläger gegen diese Bestimmung, indem sie längere Abwesenheiten von Wien vorsehe. Entgegen der Meinung der beklagten Partei habe der jeweilige Arbeitnehmer der beklagten Partei auf den sogenannten Außenstationen zwischen den Flügen keine freien Tage. Er müsse sich nämlich auf Anordnung der beklagten Partei an einem von ihm nicht freiwillig gewählten Ort aufhalten und er unterstehe den Anordnungen des Flugkapitäns, dem seinerseits die Obsorge über die Besatzung obliege. Die b e k l a g t e Partei beantragte Klagsabweisung. Die Zeiten der Zwischenaufenthalte seien freie Tage; sie seien gemäß dem § 7 Z 5 Abs 3 KV auf den freien Kalendertag anzurechnen, wobei 36 zusammenhängende Stunden in allen Fällen als ein freier Kalendertag zählten. Die Tage der Zwischenaufenthalte seien jedenfalls keine Arbeitszeit. Die im § 5 Z 5 genannten Einsatztage seien Tage, die nicht einem freien Tag gleichgesetzt werden kännten. Der Flugkapitän behalte während der Zeit des Aufenthaltes seine Stellung als Vorgesetzter bei und sei verpflichtet, allfällige Mißstände zu melden oder abzustellen. Die Besatzungsmitglieder dürften sich vom Ort des Zwischenaufenthalts entfernen, müßten aber bekanntgeben, wohin sie sich begeben. Einsatztage seien nur Zeiten mit dienstlicher Beanspruchung, die aber bei den Zwischenaufenthalten nicht gegeben seien.

Die Parteien stellten außer Streit, daß der Kläger vom 17.8.1982 bis 24.8.1982 einen Einsatz für einen Flug nach Teneriffa hatte. Das E r s t g e r i c h t gab dem Hauptbegehren statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Bei Flugeinsätzen zu weiter entfernten Bestimmungsorten erfolgt seit der Anschaffung der DC 9 81 die Planung so, daß die Abwesenheit der Besatzung von der Home Base länger als sechs Tage dauert. Infolge der gräßeren Reichweite dieser Maschinen ist es nicht mäglich, an einem Tag hin- und zurückzufliegen. Die beklagte Partei hat daher zwangsläufig längere Aufenthalte der Besatzung geplant. Aus diesem Grund wurde am 21.7.1981 zwischen der beklagten Partei und dem Betriebsrat-Bord für die Zeit bis zum 30.6.1982 eine Vereinbarung getroffen, wonach die maximal zulässige Anzahl unmittelbar aufeinanderfolgender geplanter Einsatztage im Rahmen der Einsätze von Wien über Assuan nach Mombasa in Abweichung von § 5 Z 5 KV neun Tage beträgt.

Bei Flügen nach Teneriffa haben die Besatzungen fünf Tage frei; der Rückflug fand vom 7. auf den 8. Tag (gerechnet vom Abflug von Wien) statt. Während des Zwischenaufenthalts in Teneriffa hatte die Besatzung keine dienstlichen Verpflichtungen. Der Einsatz des Klägers für den Flug nach Teneriffa dauerte vom 17.8. 16,50 Uhr bis 24.8.1982 8,10 Uhr. Heute kehrt die Besatzung von Flügen nach Teneriffa innerhalb von sechs Tagen zurück.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, aus der Einbindung der Bestimmung des § 5 Z 5 KV in die Bestimmungen über die Arbeitszeit ergebe sich, daß unter dem Begriff 'Einsatztag' nicht nur Flugzeiten und ähnliche Zeiten zu verstehen seien, sondern auch solche Zeiten, die bei planmäßigen Zwischenaufenthalten frei von dienstlichen Verpflichtungen sind.

Das B e r u f u n g s g e r i c h t bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 30.000 übersteige. Es führte das Verfahren neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Zusätzlich traf es noch folgende Feststellungen:

Nach Punkt 233 der (unter anderem für Arbeitnehmer der beklagten Partei geltenden) D (Flight Operation Manual) ist der Flugkapitän vom jeweiligen Aufenthaltsort eines Besatzungsmitgliedes zu verständigen, wenn dieses das Hotel am Ort des Zwischenaufenthalts für mehr als 24 Stunden verläßt; andere Transport- und Übernachtungsmäglichkeiten dürfen nur mit Genehmigung des Kapitäns , in Anspruch genommen werden, wobei eine solche Erlaubnis nur erteilt werden darf, wenn auch diese Unterkunft innerhalb der Stadt oder deren unmittelbarer Umgebung sich befindet; Adresse und Telefonnummer sind ebenfalls zu hinterlassen (Punkt 235). Das Berufunsgericht vertrat gleich dem Erstgericht die Rechtsauffassung, die Tage des Zwischenaufenthalts seien aus den näher dargelegten Gründen keine vollwertigen Freizeiträume und stimmten mit dem Begriff eines freien Tages auf der Home Base nicht überein. Entgegen der Meinung der beklagten Partei habe der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Unterlassung, weil weitere Rechtsverletzungen der gegenständlichen Art durch die beklagte Partei nicht auszuschließen seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in klagsabweisendem Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die R e v i s i o n ist nicht berechtigt.

Gegenstand des Hauptbegehrens ist lediglich die Unterlassung durch die beklagte Partei, bei der Erstellung der den Kläger betreffenden Einsatzpläne Abwesenheiten des Klägers von Wien in einer sechs Tage überschreitenden ununterbrochenen Dauer vorzusehen. So wie jedes Unterlassungsbegehren setzt auch dieses das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr voraus. Entgegen der Meinung der Revisionswerberin ist diese Gefahr hier gegeben, weil die beklagte Partei in einem Fall dem Kläger gegenüber, wie noch näher auszuführen sein wird, die Bestimmung des § 5 Z 5 KV verletzt hat und weitere Verletzungen dieser Bestimmung im Hinblick darauf zu besorgen sind, daß die beklagte Partei in diesem Verfahren bis zuletzt eine solche Verletzung in Abrede gestellt und sich zu der beanständeten Einsatzplanung für berechtigt gehalten hat (JBl 1982, 25; JBl 1984, 18 ua).

Gemäß dem § 5 Z 5 KV beträgt die maximal zulässige Anzahl unmittelbar aufeinanderfolgender geplanter Einsatztage sechs Tage. Wenn auch diese Bestimmung einen Bestandteil der die Arbeitszeit regelnden Bestimmung des § 5 KV bildet, muß ein Einsatztag nicht unbedingt als Arbeitszeit angesehen werden. Er kann Arbeitszeiten im Sinne des § 5 Z 2 lit A und/oder lit B aufweisen, doch kann er auch Freizeit enthalten. (Da im vorliegenden Fall - für die Entscheidung über das Hauptbegehren - nur die Frage entscheidend ist, ob die beklagte Partei berechtigt ist, bei der Erstellung der für den Kläger bestimmten Einsatzpläne Abwesenheiten des Klägers von Wien in einer sechs Einsatztage übersteigenden Dauer vorzusehen, kann die Frage auf sich beruhen, ob die Zeiten des Zwischenaufenthalts auf die Arbeitszeit zu 100 % oder nur zu 50 %

oder allenfalls auch gar nicht anzurechnen sind.) Entscheidend ist, daß sich die Mitglieder der Besatzung während des mehrtägigen Zwischenaufenthalts im Ausland aufhalten - mägen dazu auch Tage gehären, die nicht auf die Arbeitszeit anzurechnen sind - sowie daß sie von der Home Base aus dienstlichen Gründen abwesend sind und damit insoweit im Einsatz stehen. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts und der beklagten Partei kommt daher der Frage, ob die Tage des Zwischenaufenthalts im Ausland als schlechthin freie Tage im Sinne des § 7 Z 5 KV oder allenfalls als 'nicht vollwertige Freizeiträume' anzusehen sind und ob irgendeine dienstliche Inanspruchnahme in diesen Zeiten, wenn auch in stark abgeschwächter Form erfolgt, in diesem Zusammenhang keine rechtliche Bedeutung zu. Daraus folgt, daß die Feststellungen über die D nicht entscheidungsrelevant sind, sodaß schon aus diesem Grund die Verfahrensrüge nicht berechtigt ist.

Der Bestimmung des § 5 Z 5 KV kann die Absicht der Kollektivvertragsparteien entnommen werden, die Abwesenheit der Besatzungsmitglieder von der Home Base (und damit von zu Hause) zu begrenzen. Gäbe es diese Bestimmung nicht, kännte die beklagte Partei Einsatzpläne erstellen, die eine mehrwächige Abwesenheit von der Home Base vorsehen. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch läge dann aber ein ebenso langer geplanter Einsatz vor. Die von diesen Auffassungen abweichenden, zum Teil bloß auf wirtschafts- und sozialpolitische Erwägungen beruhenden Ausführungen der Revisionswerberin sind verfehlt. Daß die Bestimmung auch bei richtiger Auslegung nicht etwa unanwendbar ist, zeigt der Umstand, daß die beklagte Partei ihre Einsatzpläne für die Flüge nach Teneriffa nunmehr unter Vermeidung einer sechs Tage übersteigenden Abwesenheit erstellt. Sollten aber tatsächlich organisatorische und finanzielle Umstände eine andere Regelung geraten erscheinen lassen, läge es an den Kollektivvertragsparteien, den Kollektivvertrag entsprechend zu ändern.

Der Revision muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E06833

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00112.85.1015.000

Dokumentnummer

JJT_19851015_OGH0002_0040OB00112_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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