Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***-B***-W*** Aktiengesellschaft, Wels, Buxbaumstraße 2, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Karl E*** & Sohn KG, 2) Karl E***, geboren 1909, Kaufmann, 3) Karl E***, geboren 1941, Kaufmann, alle Groß-Steinbach, alle vertreten durch Dr. Gerhard Engin Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung, Gesamtstreitwert S 1,050.000,-- (Streitwert im Revisionsverfahren S 1,000.000,--) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13. Juni 1985, GZ 3 R 83/85-30, womit infolge Berufungen beider Parteien das Teilurteil des Handelsgerichtes Wien vom 19. Februar 1985, GZ 19 Cg 67/83-23, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
1.) Die Revision der zweit- und drittbeklagten Partei wird zurückgewiesen.
2.) Der Revision der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.878,97 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.200,-- an Barauslagen und S 1.788,99 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei, welche Inhaberin des österreichischen Patentes Nr. 304.920 betreffend einen Abladehäcksler ist, begehrt mit der Behauptung, die erstbeklagte Partei greife durch die Herstellung und den Vertrieb von Abladehäckslern in die Patentrechte der klagenden Partei ein, die erstbeklagte Partei schuldig zu erkennen, es ab sofort zu unterlassen, die in der Klage näher bezeichneten Abladehäcksler in Österreich herzustellen, feilzuhalten und in Verkehr zu bringen, wenn der Auffangboden und gegebenenfalls die Auffangwand mit dem Gehäuse der Einlegelade lösbar verbunden ist. Die klagende Partei begehrt ferner, die erstbeklagte Partei zur Rechnungslegung und die erst-, zweit- und drittbeklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines angemessenen Entgeltbetrages von S 50.000,-- s.A. zu verurteilen. (Die Zweit- und Drittbeklagten sind persönlich haftende Gesellschafter der erstbeklagten Partei.) Schließlich begehrt sie die Erteilung der Ermächtigung, "den Spruch des über diese Klage ergehenden Urteils" auf die näher bezeichnete Weise zu veröffentlichen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13.2.1985 dehnte die klagende Partei das Unterlassungsbegehren dahin aus, daß die erstbeklagte Partei weiters schuldig erkannt werden möge, die Herstellung, Feilhaltung und Inverkehrsetzung des gegenständlichen Abladehäckslers auch dann zu unterlassen, wenn der Auffangboden lose eingelegt wird. Die erstbeklagte Partei anerkannte in dieser Tagsatzung das Unterlassungsbegehren in dem vor der Klagsausdehnung bestandenen Umfang sowie das Rechnungslegungsbegehren. Sie beantragte die Abweisung des von der Ausdehnung betroffenen Unterlassungsbegehrens mit der Begründung, das Unterlassungsbegehren wäre ohne diese Ausdehnung spruchreif und das lose Einlegen des Auffangbodens falle nicht unter den Schutz des Klagepatents. Beide Parteien erstatteten in der Folge noch ein Vorbringen zum gesamten Klagebegehren, doch stellte die klagende Partei keinen Antrag auf Fällung eines Teilanerkenntnisurteils. Diese Frage blieb nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls unerörtert.
Das Erstgericht entschied mit Teilurteil im Sinne des vor der Klagsausdehnung erhobenen Unterlassungsbegehrens sowie des Rechnungslegungsbegehrens und wies den von der Ausdehnung betroffenen Teil des Unterlassungsbegehrens ab. Es ermächtigte ferner die klagende Partei, "den Spruch dieses Urteils" auf die näher bezeichnete Weise veröffentlichen zu lassen und behielt die Entscheidung über das Zahlungsbegehren sowie die Kostenentscheidung der Endentscheidung vor. Den dem Klagebegehren stattgebenden Teil seiner Entscheidung (mit Ausnahme der Urteilsveröffentlichung), begründete das Erstgericht mit dem Anerkenntnis der erstbeklagten Partei.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung lediglich in ihrem die Urteilsveröffentlichung betreffenden Teil dahin ab, daß es das diesbezügliche Begehren hinsichtlich des Rechnungslegungsanspruches abwies. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes nicht S 15.000,--, der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes hingegen S 300.000,-- übersteigt.
Das Berufungsgericht vertrat - soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist - die Auffassung, das Erstgericht sei berechtigt gewesen, über den anerkannten Teil des Klagebegehrens mit kontradiktorischem Urteil zu entscheiden, obwohl die klagende Partei einen Antrag auf Fällung eines Anerkenntnisurteils nicht gestellt habe. Unter Ablehnung der Lehrmeinung Faschings war das Berufungsgericht der Meinung, daß die Unterlassung eines solchen Antrages nicht zu einem Ruhen des Verfahrens geführt habe, weil die Parteien auch nach dem Teilanerkenntnis verhandelt hätten. Die Parteien seien daher nicht säumig im Sinne des § 133 Abs 2 ZPO gewesen. Das Gesetz sehe eine Verpflichtung zur Stellung eines solchen Antrages nicht vor. Daraus folge, daß die Unterlassung eines solchen Antrages nicht als Nichtverhandeln anzusehen sei. Da die erstbeklagte Partei ihre Einwendungen (durch das Teilanerkenntnis) insoweit habe fallen lassen, sei die Sache spruchreif gewesen. Das Teilanerkenntis bilde daher in diesem Umfang eine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Gegen den Teil der Entscheidung, mit dem der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge gegeben wurde, richtet sich die von allen drei beklagten Parteien aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision mit dem Antrag, das gesamte Klagebegehren (gemeint: den noch nicht abgewiesenen Teil des Unterlassungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehrens sowie das Rechnungslegungsbegehren) abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der zweit- und drittbeklagten Partei ist unzulässig; jene der erstbeklagten Partei ist zwar zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Die den Gegenstand des Teilurteils und der Revision bildenden Unterlassungs-, Urteilsveröffentlichungs- und Rechnungslegungsbegehren richten sich nur gegen die erstbeklagte Partei. Lediglich das Zahlungsbegehren, über das aber bisher noch nicht entschieden worden ist, richtet sich gegen alle drei beklagten Parteien. Daraus folgt, daß die Zweit- und Drittbeklagten durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert sind, so daß die von diesen Parteien erhobene Revision unzulässig ist (JBl. 1969, 616, ua). Sie war daher in diesem Umfang zurückzuweisen. Vorauszuschicken ist, daß die Meinung der erstbeklagten Partei, der die Abänderung des erstgerichtlichen Teilurteils hinsichtlich des Urteilsveröffentlichungsbegehrens betreffende Teil der Berufungsentscheidung sei im Hinblick auf die Eigenschaft als Nebenanspruch ungeachtet des Ausspruchs, der diesbezügliche Wert des Streitgegenstandes übersteige nicht S 15.000,--, anfechtbar, schon deshalb verfehlt ist, weil die erstbeklagte Partei den diesbezüglichen klagsabweisenden Teil weder bekämpft noch mangels Beschwer bekämpfen konnte. Die klagende Partei hat aber ein Rechtsmittel nicht erhoben, so daß sich diese in der Revision aufgeworfene Frage hier gar nicht stellt.
In der Sache selbst vertritt die erstbeklagte Partei weiterhin die Auffassung, infolge Unterlassung des Antrages auf Fällung eines Teilanerkenntnisurteils sei "ein ruhensähnlicher Zustand" eingetreten, welcher der Fällung eines Urteils entgegenstehe. Ein Anerkenntnis schließe die Fällung eines kontradiktorischen Urteils aus.
Diesen Ansichten kann nicht zugestimmt werden.
Die Fällung eines Anerkenntnisurteils (Teilanerkenntnisurteils) setzt ein Anerkenntnis (Teilanerkenntnis) bei der ersten Tagsatzung oder mündlichen Streitverhandlung sowie den Antrag des Klägers voraus, "dem Anerkenntnis gemäß durch Urteil zu entscheiden", also ein Anerkenntnisurteil zu fällen. Ohne einen solchen Antrag darf daher ein Anerkenntnisurteil nicht ergehen. Die klagende Partei ist berechtigt, jedoch mangels jeglicher gesetzlicher Grundlage nicht verpflichtet, einen solchen Antrag zu stellen. Die Unterlassung eines derartigen Antrages führt, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden nicht zu einem Ruhen des Verfahrens. Ein solcher Verfahrensstillstand ist, wie sich aus den §§ 168 bis 170 ZPO ergibt, entweder die Folge einer darauf gerichteten Parteienvereinbarung oder einer Säumnis beider Parteien (Fasching, Lehrbuch, Rdz 596, 609).
Der Fall einer Vereinbarung scheidet im vorliegenden Fall von vornherein aus. Eine Säumnis beider Parteien liegt aber ebenfalls nicht vor, weil beide Parteien in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anwesend waren, weil die erstbeklagte Partei ein Anerkenntnis abgegeben und sodann beide Parteien weiterverhandelt haben (vgl. dazu Fasching, Rdz 612 gegenüber Rdz 1319). Eine Säumnis im Sinne des § 133 Abs 2 ZPO setzt aber voraus, daß die Partei entweder nicht zur Tagsatzung erscheint oder, wenn sie erschienen ist, nicht verhandelt oder sich nach dem Aufruf der Sache wieder entfernt. Diese Voraussetzungen liegen aber hier nicht vor. Die Unterlassung des Antrages auf Fällung eines Teilanerkenntisurteils hat zur Folge, daß der Kläger kein Anerkenntnisurteil mit dessen besonderen Eigenschaften (sofortiger Wirksamkeitsbeginn, wenn beide Parteien bei der mündlichen Verkündung anwesend waren; Zustellung an den Kläger nur auf Verlangen - § 416 Abs 3 ZPO; besondere Form der Abfassung und Ausfertigung - §§ 417 Abs 3, 418 Abs 1 ZPO) erreicht, nicht aber, daß das Anerkenntnis bei der Fällung und Begründung des über den anerkannten Anspruch (Teilanspruch) ergehenden kontradiktorischen Urteils nicht verwertet werden dürfte. Das Gericht kann hiebei ein solches Anerkenntnis, das in der Regel auch ein Geständnis von Tatsachen im Sinne des § 266 ZPO umfaßt, verwerten und für die Begründung seiner Entscheidung heranziehen. Daß diese Begründung im gegenständlichen Fall unrichtig wäre und das anerkannte Begehren ungeachtet des Anerkenntnisses aus anderen Gründen abzuweisen gewesen wäre, wird in der Revision nicht behauptet. Der Revision der erstbeklagten Partei konnte somit ein Erfolg nicht beschieden sein. Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E08900European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00368.85.1015.000Dokumentnummer
JJT_19851015_OGH0002_0040OB00368_8500000_000