Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Ernst A und einen anderen wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ernst A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 12.Feber 1985, GZ 11 b Vr 578/84-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Presslauer, des Angeklagten A und des Verteidigers Dr. Stadler zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Anzahl der Tagessätze auf 240 (zweihundertvierzig) Tagessätze und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 (einhundertzwanzig) Tage herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Rechnungsrevident der nö. Landesregierung Ernst A (zu A/I) des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs 1 StGB und (zu A/II) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs 1 (1. Fall), 224 StGB (mit überflüssiger Zitierung auch des § 313 StGB) sowie Peter B (zu B/I) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und (zu B/II) des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach haben
Ernst A
A/I.) am 25.10.1983 in Wolkersdorf mit dem Vorsatz, dem Staat in seinem Rechte auf Strafanspruch bei Verstößen gegen die StVO einen Schaden zuzufügen, als Leiter der Außenstelle Wolkersdorf der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach und sohin als Beamter, seine Befugnis, im Namen des Landes Niederösterreich als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er im Verfahren W-3-K-8045/5 (83) der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach gegen Peter B wegen § 20 Abs 2 StVO
1.) die Entfernung des schriftlichen Berichts des Gendarmeriepostens Gnadendorf vom 6.10.1983 des Inhaltes, Peter
B habe sich vom 27.6. bis 31.6.1983 auf Urlaub befunden, duldete,
2.) einen wahrheitswidrigen Amtsvermerk des Inhaltes, lt. telefonischer Auskunft des Dienstgebers sei Peter B am 29.6.1983 von 14,00 Uhr bis 20,45 Uhr in Wien im Dienst gewesen, anfertigte;
3.) eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen Peter
B wegen § 20 Abs 2 StVO vorerledigte, mit unrichtigem Datum versah und paraphierte, diese in die 'Verkehrssünderkartei' eintrug und sodann den Akt ablegte und II.) als Beamter unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit dadurch, daß er die Paraphe des zuständigen Strafreferenten Dr. C auf der zu I./3.) genannten Einstellungsverfügung nachmachte, eine inländische öffentliche Urkunde mit dem Vorsatz verfälscht (richtig: eine falsche inländische öffentliche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt), daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis der gesetzmäßigen Einstellung des Verfahrens gebraucht werde;
sowie Peter B
B./I.) am 25.10.1983 in Wolkersdorf eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den Erhebungsbericht des Gendarmeriepostens Gnadendorf vom 6.10.1983 betreffend seine Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Motorrad unterdrückt, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum diese Tatsache betreffenden Beweis gebraucht werde und II.) am 2.12.1983 in Mistelbach den Vertragsbediensteten der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, Johann D dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er ihn durch die Angabe vor der Bezirkshauptmannschaft, Johann D habe den zu I.) genannten Gendarmeriebericht aus dem Akt W-3-K-8045/5 (83) der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach genommen, zerrissen und weggeworfen, der von amtswegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung der Urkundenunterdrückung unter Ausnützung einer Amtsstellung nach § 229 Abs 1, 313 StGB falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch ist.
Dieses Urteil, das in Ansehung des Angeklagten Peter B in Rechtskraft erwachsen ist, wird lediglich vom Angeklagten Ernst A mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung angefochten.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5) ist die Urteilsfeststellung über die zwischen dem Beschwerdeführer und B seit Jahren bestandene Freundschaft, deren fünfjähriges Bestehen der Beschwerde zuwider vom Erstgericht nicht festgestellt wurde (S 191), und ihre gemeinsam unternommenen Motorradtouren, in welchen Umständen das Erstgericht das Tatmotiv des Beschwerdeführers erblickt, zureichend und auch sonst mängelfrei begründet. Das Erstgericht leitet diese Annahmen nämlich nicht nur aus den in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) für glaubwürdig befundenen Aussagen des Zeugen Johann D (S 7, 49, 90, 176), sondern in ebenso denkrichtiger und lebensnaher Weise auch aus der Tatsache ab, daß der Beschwerdeführer in unüblicher Weise den Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren telefonisch vorgeladen hatte, sowie aus dem weiteren Vorgehen des Beschwerdeführers, der die Wegnahme des die Verantwortung BS widerlegenden Gendarmerieberichtes ohne jegliche Gegenmaßnahme duldete (S 198). Der Beschwerde zuwider hat sich das Erstgericht im gegebenen Zusammenhang aber auch mit den Aussagen des Zeugen Dr. C (S 167, 169, 171) über ein angeblich 'frostiges Verhältnis' zwischen dem Beschwerdeführer und D sowie über ein angebliches Mißverstehen der ersten von D in bezug auf das Freundschaftsverhältnis der Angeklagten dem Zeugen gegenüber abgegebenen Erklärungen (S 7) befaßt (S 196 f). Weitere Erörterungen waren entbehrlich, zumal - was die Beschwerde übergeht - sich der Zeuge Dr. C (andererseits) außerstande erklärte, das Bekanntschaftsverhältnis zwischen den beiden Angeklagten zu beurteilen (S 170). Ebenso überflüssig war eine Behandlung der Aussagen des Zeugen Dr. C über unwahre Angaben (Behauptung, krank zu sein oder sich schlecht zu fühlen), welche D lange vor dem gegenständlichen Vorfall über den Grund einer - im übrigen aber bei Angabe der Wahrheit (Termin bei einem Rechtsanwalt) gerechtfertigten - Abwesenheit vom Dienst dem Bezirkshauptmann gegenüber gemacht hatte (S 168, 171 f.). Denn im Rahmen der Beweiswürdigung sind, abgesehen von der schlüssigen und zureichenden Anführung jener Umstände, welche die überzeugung des Gerichtes von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Behauptung hervorgerufen haben, weitere Verfahrensergebnisse nur dann speziell zu erörtern, wenn sie den Schlußfolgerungen des Gerichtes entgegenstehen. Daß aber der Zeuge D zugestandenermaßen (S 178) in völlig anderem Zusammenhang in einer persönlichen Angelegenheit der Lüge überführt worden war, steht unter Berücksichtigung aller übrigen gegenständlichen Verfahrensergebnisse der Annahme der Glaubwürdigkeit seiner Zeugenaussagen, welche das Erstgericht auf Grund ihrer Widerspruchslosigkeit und des persönlichen Eindruckes des Zeugen für gegeben erachtete (S 196), nicht entgegen. Das Gericht ist zur gedrängten Darstellung der Urteilsgründe gehalten (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deshalb nicht verpflichtet, zu allen Verfahrensergebnissen und im voraus zu jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, in einer Nichtigkeitsbeschwerde später konkret erhobenen Einwand Stellung zu nehmen
(vgl Mayerhofer-Rieder 2 , E 78 104 f zu § 270 StPO u.a.). All das, was der Angeklagte A in seinen Beschwerdeausführungen gegen die Verwerfung seiner und des Erstangeklagten B leugnenden Verantwortung sowie gegen die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Zeugen D einwendet, stellt eine unzulässige (und damit unbeachtliche) Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar; ein Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO verwirklichender Begründungsmangel formaler Natur wird damit nicht aufgezeigt. Dies gilt insbesondere auch für die erstgerichtliche Annahme der wahrheitswidrigen Verfassung des Amtsvermerkes (A/I/2) und in Ansehung der für die subjektive Tatseite des Verbrechens des Amtsmißbrauches bedeutsamen Feststellung der Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) des Befugnismißbrauches, gegen welche der Beschwerdeführer lediglich seiner Ansicht nach denkbare Alternativen anderer Schlußfolgerungen, als sie das Erstgericht - mängelfrei - gezogen hat, ins Treffen führt, womit er aber den relevierten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt.
Die behauptete Aktenwidrigkeit in Ansehung der Feststellungen, der Beschwerdeführer hätte disziplinäre Vergehen zugegeben bzw er hätte einmal in einem Lokal die Gattin des Angeklagten B getroffen, liegt nicht vor, denn das Eingestehen disziplinärer Vergehen behauptet die Beschwerde selbst (S 223), die zweite Feststellung hinwieder findet in der Verantwortung AS ihre Deckung (S 141).
Ob die vom Beschwerdeführer auf die Einstellungsverfügung gesetzte zusätzliche Paraphe (vgl die Fotokopie S 45 d.A und das Original der Verwaltungsstrafakten) dem tatsächlichen Handzeichen des Strafreferenten Dr.C ähnelt - wie dies das Erstgericht als erwiesen annimmt - oder nicht, ist für den Sachausgang an sich nicht entscheidend. In bezug auf die Täuschungstauglichkeit einer Urkundenfälschung kommt es nämlich primär darauf an, ob das Falsifikat den Vorstellungen des Täters entsprechend, also subjektiv täuschungsfähig ist (vgl Kienapfel im WK, Rz 251, 253 zu § 223 StGB), und nicht darauf, ob die Fälschung primitiv oder plump gelungen ist. Auszuschließen von der Täuschungstauglichkeit sind lediglich solche Falsifikate, die generell, gegenüber jedermann und unter allen Bedingungen, also absolut ungeeignet sind, den Anschein der Echtheit oder Unverfälschtheit hervorzurufen (vgl Leukauf-Steininger 2 , RN 35; Foregger-Serini 3 , Erl IV je zu § 223 StGB und die dort jeweils zitierte Judikatur; SSt 53/79). Von einer solchen absoluten Untauglichkeit zur Täuschung kann bei der gegenständlichen Paraphe entgegen allen einschlägigen Beschwerdeausführungen teils in der Mängel-, teils in der Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 bzw 9 lit a StPO) nicht die Rede sein. Für die strafrechtliche Zurechnung der gegenständlichen Unterfertigung der Einstellungsverfügung mit einer zusätzlichen, nicht das Handzeichen des Beschwerdeführers darstellenden Paraphe als Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 (1. Fall), 224 StGB (A/II des Spruches) genügt daher die im Sinne des Erfordernisses der subjektiven Täuschungsfähigkeit vom Erstgericht getroffene Feststellung, daß nach dem Vorhaben des Beschwerdeführers bei künftigen Akteneinsichten die Paraphe für jene des zuständigen Strafreferenten gehalten, solcherart also über die Identität des Ausstellers getäuscht (vgl Kienapfel, WK Rz 149 zu § 223 StGB; JBl 1985, 55) werden sollte.
Nicht der Prozeßordnung gemäß ausgeführt ist die Rechtsrüge Z 9 lit a, soweit darin in Ansehung der Subsumtion des Verhaltens des Beschwerdeführers unter dem Tatbestand des Amtsmißbrauches nach § 302 Abs 1 StGB die danach erforderliche Wissentlichkeit (§ 5 Abs 3 StGB) des Befugnismißbrauches bestritten wird, die vom Erstgericht jedoch - wie schon erwähnt - als erwiesen angenommen wurde. Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes setzt nämlich stets ein Festhalten an dem durch die Urteilsfeststellungen vorgegebenen Tatsachensubstrat voraus, wogegen die Beschwerde verstößt.
Der weitere Vorwurf der Rechtsrüge, mit welchem der Beschwerdeführer die Straflosigkeit des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs 1, 224 StGB mit der Begründung reklamiert, es handle sich um eine bloße Deckungshandlung zum Verbrechen des Amtsmißbrauches, ist sachlich nicht berechtigt. Denn eine Nachtat ist (im Sinne sogenannter Konsumtion) nur straflos, wenn die Haupttat den Unwert der nachfolgenden Deliktshandlung vollständig erfaßt und diese nicht über die bereits mit der Vortat verbundene Rechtsgutverletzung hinausgeht (Leukauf-Steininger 2 , RN 51 zu § 28 StGB u.a.). Wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat, sind die von den Tatbeständen des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB einerseits und die Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223, 224 StGB andererseits geschützten Rechtsgüter nicht kongruent: Anders als die Falschbeurkundung nach § 311 (1. Fall) StGB im Verhältnis zum Amtsmißbrauch nach § 302 Abs 1 StGB verletzt die Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 (Abs 1), 224 StGB das (anders geartete) Rechtsgut der Zuverlässigkeit öffentlicher Urkunden (SSt 50/6; vgl auch SSt 53/16 und 55). Das Erstgericht hat daher ohne Rechtsirrtum im Punkt A/II des Schuldspruches dem Beschwerdeführer das Vergehen nach § 223 Abs 1, 224 StGB strafrechtlich zugerechnet. Anders läge der Fall nur, wenn die Urkundenfälschung eine Phase des Mißbrauchs der Amtsgewalt (und nicht - wie vorliegend - bloß eine den Amtsmißbrauch verdeckende Nachtat) wäre, in welchem Fall allerdings das Sonderdelikt des § 302 das allgemeine Delikt nach § 223, 224 verdrängen würde (ÖJZ-LSK 1979/230).
Im Ergebnis fehl geht letztlich auch der Beschwerdeeiwand gegen die Heranziehung der Bestimmung des § 313 StGB in Ansehung des zuletzt genannten Vergehens.
Zwar ist der vom Erstgericht vertretene Standpunkt verfehlt, wonach es sich bei der Begehung einer auch sonst mit Strafe bedrohten vorsätzlichen Handlung durch einen Beamten unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit, in welchem Fall gemäß § 313 StGB das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe um die Hälfte überschritten werden kann, um einen strafsatzändernden Umstand handle. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung stellt nämlich die Bestimmung des § 313 StGB (wie jene des § 39 StGB) eine bloß fakultativ anzuwendende Strafzumessungsvorschrift dar, die keine Abänderung der Strafsätze bewirkt (Mayerhofer-Rieder StGB 2 , E Nr 1 zu § 313 StGB u.a.), weshalb das Zitat dieser Gesetzesbestimmung im Urteilsspruch (und in der Anklageschrift) überflüssig war. Nichtigkeit (nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO) käme indes nur bei überschreitung der durch § 313 StGB ermöglichten Strafschärfung in Betracht (vgl Mayerhofer-Rieder StPO 2 E Nr 14 zu § 281 Z 11). Gegenständlich wurde die Strafe aber (zu Recht) nach § 302 Abs 1 StGB bemessen, sodaß die Frage der Anwendung des § 313 StGB in bezug auf das Delikt der Urkundenfälschung von vornherein obsolet ist.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über Ernst A nach § 302 Abs 1 StGB unter Anwendung der § 28 Abs 1 und 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen, im Falle der Uneinbringlichkeit 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe; die Höhe des einzelnen Tagessatzes wurde mit 250 S bestimmt.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, als mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und das Wohlverhalten seit der Tat.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung eine Herabsetzung der Geldstrafe, da ihm weitere Milderungsgründe zugute kämen; so habe das Erstgericht sein Tatsachengeständnis nicht berücksichtigt, ebensowenig die Umstände, daß der Staat in seinem Hoheits- und Aufsichtsrecht nur in sehr geringem Maße angegriffen worden sei und der Angeklagte nicht den geringsten Vorteil aus seinen Straftaten gezogen habe.
Die Berufung ist im Ergebnis begründet.
Das Erstgericht hat die besonderen Strafbemessungsgründe im wesentlichen vollständig angeführt; es hat sogar zum Vorteil des Angeklagten das 'Wohlverhalten nach der Tat' als strafmildernden Umstand angenommen. Der Milderungsgrund nach § 34 Z 18 StGB ist nämlich nur dann anzunehmen, wenn die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und der Täter sich seit der Tatbegehung wohlverhalten hat. Vorliegend wurde der Angeklagte am 21.Oktober 1983 straffällig. Seit diesem Zeitpunkt sind nicht einmal zwei Jahre verstrichen; von 'längerer Zeit' im Sinne der genannten Gesetzesstelle kann daher nicht gesprochen werden.
Der Berufung ist zu erwidern, daß das Ablegen eines 'Tatsachengeständnisses' einen Milderungsgrund nicht darstellt. Nach § 34 Z 17 StGB ist nämlich ein strafmildernder Umstand nur dann gegeben, wenn der Täter entweder ein 'reumütiges' Geständnis abgelegt oder wenn er durch seine Angaben wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Daß der Angeklagte ein reumütiges Geständnis ablegte, behauptet nicht einmal die Berufung. Seine Verantwortung hat aber auch nicht wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen, denn in den Fakten A/I.1 und 2 sowie II. hat er die Anfertigung eines wahrheitswidrigen Amtsvermerkes, bzw die Nachmachung der Paraphe Dris.C stets bestritten. Von einem 'wesentlichen' Beitrag zur Wahrheitsfindung kann daher nicht die Rede sein.
Vorliegend ist unentscheidend, in welcher Höhe dem Staat Einkünfte aus der Verhängung von Geldstrafen entgehen sollten. Der Angeklagte hat mit dem Vorsatz gehandelt, das Recht des Staates auf Strafanspruch bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung zu schädigen. Da er dabei in seiner Funktion als Leiter einer Dienststelle den Mißbrauch beging, kommt der Schädigung des genannten staatlichen Hoheitsrechtes und mithin dem Unrechtsgehalt der vom Angeklagten begangenen Straftaten beachtliches Gewicht zu. Daß der Berufungswerber aus seinen strafbaren Handlungen keinen materiellen Vorteil gewonnen hat, stellt einen Milderungsgrund nicht dar; wäre dies der Fall gewesen, läge ein gewichtiger Erschwerungsgrund vor.
Obwohl die besonderen Strafbemessungsgründe eher zum Nachteil, denn zum Vorteil des Angeklagten eine önderung erfahren haben, erachtet der Oberste Gerichtshof unter sorgfältiger Würdigung der eben erörterten Strafbemessungsgründe die vom Schöffengericht über den Angeklagten verhängte Geldstrafe als überhöht. Im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen entspricht eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen - und demnach eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Tagen - dem Verschulden des Täters und dem Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Straftaten.
Einer Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung bedurfte es vorliegend nicht, da die unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zu verhängende Geldstrafe originär zu bemessen ist und nicht aus der Umwandlung einer (allenfalls unter Anwendung des § 41 StGB herabgesetzten) bestimmten Freiheitsstrafe resultiert (vgl Leukauf-Steininger, Komm 2 , RN 9 und 10 zu § 37). Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E06788European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00054.85.1017.000Dokumentnummer
JJT_19851017_OGH0002_0120OS00054_8500000_000