TE OGH 1985/10/17 13Os151/85

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Veröffentlicht am 17.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Dallinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 24.Juni 1985, GZ 25 Vr 3355/84-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Ersten Generalanwalts Dr. Nurscher, und des Verteidigers Dr. Riemer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 17.Juni 1957 geborene Baggerfahrer Walter A

wurde mit dem von ihm in Beschwerde gezogenen Schuldspruch des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Er hat am 22.März 1984 in Alpbach Waltraud B auf ein Bett geworfen, ihre Arme an den Handgelenken niedergedrückt, sich auf sie gekniet, ihr den Mund zugehalten und an ihr den Geschlechtsverkehr vollzogen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z. 4, 5, 9 lit a und b sowie 10 StPO geltend.

Einen Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines Antrags auf Einvernahme des Zeugen Hans N., Koch im Gasthaus 'HORNBODEN' in Alpbach. Durch diesen Zeugen wäre zu erweisen gewesen, daß der Beschwerdeführer die Nacht vom 22. auf den 23. März 1984 nicht mit Waltraud B verbracht, sondern vielmehr mit dem Zeugen vom Gasthaus 'HORNBODEN' ins Tal nach Alpbach abgefahren sei (S. 80). Das Erstgericht hat die Ablehnung des Beweisantrags in der Hauptverhandlung damit begründet, daß selbst dann, wenn sich herausstellen sollte, daß der Angeklagte entgegen der Darstellung der Zeugin B nicht die erwähnte Nacht bei ihr verbracht hat, die Aussage der Zeugin über die vor Einbruch der Nacht stattgefundenen Ereignisse nicht entkräftet werden könnte (S. 81). In den Urteilsgründen wird ergänzend beigefügt (S. 105), daß eine Fahrt des Angeklagten ins Tal nach der Nötigung zum Beischlaf die Glaubwürdigkeit der Waltraud B über die dem Geschlechtsverkehr vorangegangenen Gewalttätigkeiten nicht beeinträchtigen könne.

Dieser Begründung muß beigepflichtet werden. Im Beweisantrag wurde nicht behauptet, daß der Zeuge Hans N. in dem für das Sittlichkeitsverbrechen in Frage kommenden Zeitraum mit dem Angeklagten beisammen war. Im übrigen hat der Schöffensenat die Fahrt ins Tal gar nicht ausgeschlossen.

Mit seiner Mängelrüge versucht der Beschwerdeführer bloß unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffensenats zu bekämpfen. Dieser hat sich in den Urteilsgründen ausführlich mit der Aussage der Waltraud B befaßt und auch die darin enthaltenen Widersprüche nicht unerwähnt gelassen (S. 103 f.). Mit entscheidungsunwesentlichen Details wiederum hatten sich die Urteilsgründe nicht zu befassen (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO). Die gesamte Rechtsrüge gründet der Beschwerdeführer auf die überlegung, daß er als Lebensgefährte der Waltraud B einem Ehemann gleichgestellt sei, der gegenüber seiner Frau weder das Verbrechen der Notzucht (§ 201 StGB) noch jenes der Nötigung zum Beischlaf (§ 202 StGB) begehen könne. Damit werden der Sache nach die Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und (allenfalls) Z. 10 StPO ausgeführt, je nachdem, ob man davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen seine Straflosigkeit (Z. 9 lit a) dartun will oder bloß seine Strafbarkeit wegen eines mit geringerer Strafe bedrohten Vergehens (der Nötigung) behauptet (dann Z. 10). Indes irrt der Beschwerdeführer.

Zwar sind Personen verschiedenen Geschlechts, die miteinander in außerehelicher Gemeinschaft leben, gemäß § 72 Abs 2 StGB wie Angehörige zu behandeln. Doch heben Notzucht (§ 201 StGB) und Nötigung zum Beischlaf (§ 202 StGB) nicht auf die Angehörigeneigenschaft, sondern ausschließlich auf die Ehe ab, welche zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Opfer nicht bestanden hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte A für das von ihm

begangene Verbrechen der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB und das von ihm überdies begangene Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 129 Z. 1 und 2 StGB (6 Fakten) nach § 202 Abs 1, 28 StGB zu einer zweiundzwanzigmonatigen Freiheitsstrafe. Erschwerend fielen ins Gewicht die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, die mehrfache Qualifikation und die Wiederholung der Diebstähle, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen und der äußerst rasche Rückfall; mildernd war demgegenüber das teilweise Geständnis. Walter A beruft gegen das Strafmaß.

Der Berufungswerber ist damit im Recht.

Die bisher vorwiegend, nämlich achtmal über ihn verhängten Geldstrafen, der Umstand, daß die zum Beischlaf genötigte Waltraud B nicht nur seine ehemalige Lebensgefährtin, sondern auch die Mutter seines Kindes ist, sowie die Tatsache, daß nur ein einziges Diebstahlsfaktum (II B 1) die Bedachtnahme (§ 31 StGB) auf die letzte Verurteilung (BG. Kufstein, 15.10.1984, U 689/84, § 125 StGB) hindert, erlaubten eine maßvolle Strafreduktion).

Anmerkung

E06611

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00151.85.1017.000

Dokumentnummer

JJT_19851017_OGH0002_0130OS00151_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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