Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerinnen 1.) Herta A, Buchhalterin, Wien 11., Simmeringer Hauptstraße 78, 2.) Elfriede B, Sekretärin, Wien 3., Paracelsusgasse 9, beide vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ersichtlichmachung eines Superädifikates ob der Liegenschaft EZ 24 Grundbuch Simmering infolge Revisionsrekurses der Antragstellerinnen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 25. Juni 1985, GZ.46 R 2007/85 (TZ 3329/85), womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Favoriten vom 3.Oktober 1984, GZ.TZ 4681/84, und vom 20.Dezember 1984, TZ 5109/84, abgeändert wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit rechtskräftiger Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes vom 23.1.1984, 6 A 793/83-10, wurde der Nachlaß des am 18.8.1983 verstorbenen Pensionisten Jakob Alois A auf Grund des Gesetzes den Töchtern Herta A und Elfriede B je zur Hälfte eingeantwortet. In der Einantwortungsurkunde sprach das Erstgericht weiter aus, daß nach den Ergebnissen des Verlassenschaftsverfahrens in Ansehung des Superädifikates auf dem Grundstück Nr.1707, inneliegend in der EZ 24, KG Simmering, Grundbuch Favoriten, die Hinterlegung dieser Einantwortungsurkunde zu Zwecken des Eigentumserwerbes durch Herta A und Elfriede B je zur ideellen Hälfte zu bewilligen sein werde. Mit Schriftsatz vom 4.6.1984 beantragten Herta A und Elfriede B (ohne
Zustimmung der Miteigentümer der vorgenannten Liegenschaft Edith C, Hans Dieter D, Birgitt Renate E und Dr.Gustav C) die gerichtliche Hinterlegung dieser Einantwortungsurkunde, welcher Antrag vom Erstgericht mit Beschluß vom 27.6.1984, Uh 19/84, bewilligt wurde.
Am 3.10.1984 beantragten Herta A und Elfriede B
'unter Hinweis auf § 19 Abs 1 F und die Tatsache, daß das Eigentumsrecht der Einschreiterinnen an dem auf dem Grundstück Nr.1707, inneliegend in der EZ 24, KG Simmering, Grundbuch Favoriten, bestehenden Superädifikat durch Bewilligung der gerichtlichen Hinterlegung der am 23.1.1984 erlassenen Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Favoriten, 6 A 793/83, zu Uh 19/84 des Bezirksgerichtes Favoriten nachgewiesen wurde', die Ersichtlichmachung des Superädifikates im Gutsbestandsblatt der EZ 24, Grundbuch Simmering, BG Favoriten ob dem Grundstück Nr.1707 zu bewilligen.
Das Erstgericht gab dem Antrag mit Beschluß vom 3.10.1984, TZ 4681/84, statt.
Dagegen erhoben die Miteigentümer der Liegenschaft gemäß § 19 Abs 2 F mit der Begründung Einspruch, daß weder sie noch ihre Rechtsvorgänger Jakob Alois A andere als Mietrechte an dem Grundstück Nr.1707 eingeräumt hätten.
Das Erstgericht entschied 'auf Grund der gemäß § 19 Abs 2 F vorgenommenen Erhebungen' mit Beschluß vom 20.12.1984, TZ 5109/84, 'daß das auf einem Teil des Grundstückes Nr.1707 ob der EZ 24 KG Simmering ersichtlich gemachte Superädifikat zu Recht besteht'. Gegen diesen Beschluß des Erstgerichtes erhoben die Miteigentümer der Liegenschaft Rekurs.
Das Rekursgericht gab dem als Rekurs gewerteten Einspruch der Miteigentümer der Liegenschaft gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 3.10.1984 sowie dem Rekurs der Miteigentümer der Liegenschaft gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 20.12.1984 Folge. Es änderte den erstgenannten Beschluß des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Antrages auf Ersichtlichmachung des Superädifikates ab (Punkt 1) und behob den zweitgenannten Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos (Punkt 2). Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Rekursgericht aus:
Zu Punkt 1:
Werde die Hinterlegung einer Urkunde über ein Bauwerk im Sinne des § 435 ABGB mit Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft, auf der das Bauwerk als befindlich behauptet werde, beantragt und festgestellt, daß das Bauwerk im Grundbuch nicht ersichtlich gemacht sei, so sei gemäß § 19 Abs 1 F von Amts wegen im Gutsbestandsblatt ersichtlich zu machen, daß ein Bauwerk im Sinne des § 435 ABGB bestehe. Aus dieser Gesetzesbestimmung ergebe sich klar, daß unabdingbare Voraussetzung der Ersichtlichmachung eines Bauwerkes die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers zum Antrag des Bauwerksberechtigten auf Urkundenhinterlegung sei. Fehle es an einer derartigen Zustimmung, dann sei die Ersichtlichmachung unzulässig. Im gegenständlichen Falle hätten nun die Antragstellerinnen im Verfahren Uh 19/84 des Erstgerichtes die Hinterlegung der Einantwortungsurkunde betreffend den Erwerb des Eigentums an dem auf dem Grundstück Nr.1707 der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Bauwerk ohne Zustimmung der Miteigentümer beantragt und bewilligt erhalten. Eine Ersichtlichmachung im Grundbuch, daß ein Bauwerk im Sinne des § 435 ABGB bestehe, sei daher nach dem klaren Wortlaut des § 19 Abs 1 F ausgeschlossen. Hieran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschluß über die Urkundenhinterlegung, der im übrigen dem Miteigentümer Dr.Gustav C entgegen der Bestimmung des § 12 Abs 1 F bisher noch gar nicht zugestellt worden sei, unbekämpft geblieben sei. Da der Grundbuchsrichter nicht befugt sei zu prüfen, ob das Bauwerk, auf das sich die zu hinterlegende Urkunde beziehe, ein Bauwerk im Sinne des § 435 ABGB sei (vgl.die in MGA 25 3 unter Nr.1 zu § 9 F abgedruckten Entscheidungen), könnten sich die Eigentümer der Liegenschaft auch nicht mittels Rekurses unter Hinweis darauf gegen die Urkundenhinterlegung zur Wehr setzen, daß es sich bei dem von der Hinterlegung betroffenen Bauwerk nicht um ein Superädifikat handle. Der Streit um die rechtliche Qualifikation des Bauwerkes sei nicht im Grundbuchsverfahren, sondern auf dem ordentlichen Rechtsweg auszutragen. Unabhängig davon, ob die Miteigentümer Rekurs gegen die Bewilligung der Urkundenhinterlegung erhoben hätten, müsse ihnen daher das Rekursrecht gegen eine gesetzwidrig bewilligte Ersichtlichmachung eines Superädifikates zugebilligt werden. Die Bewilligung der Ersichtlichmachung des Superädifikates entbehre daher im gegenständlichen Falle mangels Zustimmung der Eigentümer der Liegenschaft zum Hinterlegungsantrag der gesetzlichen Grundlage.
Zu Punkt 2:
§ 19 F regle die Ersichtlichmachung des Bauwerkes im Grundbuch. Der Abs 1 der genannten Gesetzesstelle ersetze die durch das Vermessungsgesetz überholten §§ 7 Abs 2 und 18 Abs 1 Hinterlegungsverordnung BGBl.1927/326 und halte ihren Kern, nämlich die Ersichtlichmachung des Bauwerkes im Gutsbestandsblatt der Liegenschaft, aufrecht. Das Bauwerk sei von Amts wegen durch das Grundbuchsgericht ersichtlich zu machen, wenn - wie ausgeführt - die Urkundenhinterlegung mit Zustimmung der Grundeigentümer beantragt worden sei. Von der Ersichtlichmachung seien gemäß § 19 Abs 2 F auch die Buchberechtigten zu verständigen. Sie könnten gegen die Ersichtlichmachung des Bauwerkes Einspruch erheben, wenn ein Bauwerk überhaupt nicht oder nicht im behaupteten Umfang bestehe. Den Buchberechtigten stehe somit das Recht zu, sich in einem Verfahren, das an § 14 LiegTeilG angelehnt sei, zur Wehr zu setzen (vgl.1106 BlgNR 13.GP 9; Feil, Bauwerke, nicht verbücherte Liegenschaften und Urkundenhinterlegung 45 f). Aus der Formulierung des § 19 F und insbesondere aus dem Verweis auf § 14 LiegTeilG ergebe sich, daß unter 'Buchberechtigten' nicht die Eigentümer zu verstehen seien. Der Sinn des Einspruchsrechtes der Buchberechtigten sei darin zu erblicken, daß diesen eine Möglichkeit geboten werden solle, das Zusammenwirken von Grundeigentümer und angeblich Superädifikatsberechtigtem zum Nachteil der Gläubiger hintanzuhalten. Wenn der Gesetzgeber zur Ersichtlichmachung eines Bauwerkes die Zustimmung des Eigentümers zur Urkundenhinterlegung verlange, gehe er davon aus, daß zwischen dem Superädifikatsberechtigten und dem Eigentümer über Bestand und Umfang des behaupteten Bauwerkes übereinstimmung bestehe. Die Behauptung, daß das Bauwerk nicht oder nicht im behaupteten Umfang bestehe, solle daher nicht vom Eigentümer (als Buchberechtigtem im weiteren Sinne), sondern nur von den übrigen Buchberechtigten mittels Einspruches nach § 19 Abs 2 F geltend gemacht werden können. Dem Eigentümer hingegen stehe das Recht zu, sich gegen eine gesetzwidrige Ersichtlichmachung mittels Rekurses zur Wehr zu setzen. Diese Auslegung finde auch im § 14 Abs 1 LiegTeilG ihre eindeutige Stütze. Nach dieser Bestimmung könne ein 'Buchberechtigter' gegen die lastenfreie Abschreibung Einspruch erheben, wenn er behaupte, daß eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abschreibung nicht gegeben sei. Die Bestimmung des § 14 Abs 1 LiegTeilG sei in den neu geschaffenen § 19 Abs 2 F im wesentlichen übernommen worden. Aus dem Gesamtzusammenhalt der Bestimmungen des Liegenschaftsteilungsgesetzes (insbesondere aus der Bestimmung des § 4, welcher den 'Eigentümer' der Liegenschaft den 'Buchberechtigten' gegenüberstelle) ergebe sich zweifelsfrei, daß der Liegenschaftseigentümer nicht 'Buchberechtigter' im Sinne des § 14 Abs 1 LiegTeilG sei. Handle es sich aber bei dem Verfahren nach § 19 Abs 2 F um ein dem § 14 Abs 1 LiegTeilG nachgebildetes Verfahren und berücksichtige man den Sinn und Zweck der Bestimmung des § 19 F, dann könnten auch ernsthafte Zweifel darüber, daß unter 'Buchberechtigten' im Sinne des § 19 Abs 2 F die Liegenschaftseigentümer nicht zu verstehen seien, nicht bestehen. Wenn das Erstgericht über den Einspruch der Liegenschaftseigentümer dennoch verhandelt und entschieden habe, sei dies daher ohne gesetzliche Grundlage geschehen. Der vom Erstgericht als Ergebnis eines nach § 19 Abs 2 F unzulässigen Verfahrens gefaßte Beschluß habe demnach ersatzlos behoben werden müssen. Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Einschreiterinnen Herta A und Elfriede B mit dem Antrag, in Abänderung der angefochtenen
Entscheidung sowohl dem als Rekurs behandelten Einspruch als auch dem Rekurs der Grundeigentümer nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittellegitimation der Einschreiterinnen ist zu bejahen, weil sie sich dagegen wenden, daß die vom Erstgericht im Gutsbestandsblatt der EZ 24 KG Simmering bewilligte Ersichtlichmachung des behauptetermaßen ihnen gehörenden Bauwerkes und der Ausspruch des Erstgerichtes, daß das derart ersichtlich gemachte Bauwerk 'zu Recht bestehe', durch das Rekursgericht beseitigt wurden. Ihr Rechtsmittel ist auch zulässig. Die Rechtzeitigkeit ihres zwar nach Ablauf von 14 Tagen, aber vor Ablauf von 30 Tagen ab Zustellung des rekursgerichtlichen Beschlusses beim Erstgericht eingelangten Rechtsmittels ist schon deshalb gegeben, weil es sich bei der rekursgerichtlichen Abweisung des Ersichtlichmachungsantrages um einen Grundbuchsbeschluß handelt, für dessen Anfechtung § 123 GBG gilt, sodaß die Frage, ob bei Anfechtung der rekursgerichtlichen Behebung der erstgerichtlichen Einspruchsentscheidung, wenn diese rekursgerichtliche Entscheidung gesondert ergangen wäre, die 14-tägige Frist des § 11 AußStrG einzuhalten gewesen wäre (siehe dazu die Anm.2 zu § 14 LiegTeilG in MGA GBG 3 ), auf sich beruhen kann (siehe die a.a.O. unter Nr.6 zu § 32 LiegTeilG abgedruckten Entscheidungen).
Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Gegen die Abweisung ihres Antrages auf Ersichtlichmachung des Bauwerkes durch das Rekursgericht führen die Einschreiterinnen ins Treffen, es sei unerheblich, daß das Erstgericht die Ersichtlichmachung ihres Bauwerkes, dessen Bestand unbestritten sei, ohne Zustimmung der Liegenschaftseigentümer und ohne Vornahme von amtswegigen Erhebungen bewilligt habe, weil in der Folge über Einspruch eines wenngleich nicht Berechtigten solche Erhebungen durchgeführt worden seien, welche die Richtigkeit der zunächst ohne Erhebungen bewilligten Ersichtlichmachung bestätigt hätten. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Es trifft nicht zu, daß der Bestand des Superädifikates unbestritten wäre. Dies läßt sich auch nicht daraus ableiten, daß hinsichtlich des Superädifikates Urkundenhinterlegungen stattgefunden haben, ohne daß die Miteigentümer der Liegenschaft dagegen etwas unternommen hätten. Im Urkundenhinterlegungsverfahren bleibt unerörtert, ob das Bauwerk, auf das in der zu hinterlegenden Urkunden Bezug genommen wird, überhaupt rechtlich existent ist (Lentner in NZ 1974,55). Fehlt die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers, dann muß die Ersichtlichmachung auch in bezug auf Bauwerke unterbleiben, die bereits Gegenstand von Hinterlegungen waren (Bydlinski, Das Recht der Superädifikate 11). Zur übertragung oder Belastung eines Bauwerkes durch Urkundenhinterlegung ist die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers nicht erforderlich, ebenso nicht zum diesbezüglichen Hinterlegungsantrag (Bydlinski aaO). Eine mangels Zustimmung des Liegenschaftseigentümers unzulässige Ersichtlichmachung kann mangels gesetzlicher Grundlage hiefür nicht durch nachträgliche Erhebungen saniert werden.
Gegen die ersatzlose Behebung der erstgerichtlichen Einspruchsentscheidung durch das Rekursgericht bringen die Einschreiterinnen vor, daß die Liegenschaftseigentümer, wenn sie - wie das Rekursgericht vermeine - nicht dem Kreis der Buchberechtigten im Sinne des § 19 Abs 2 F zuzuzählen seien, durch eine auf diese Gesetzesstelle gestützte Entscheidung nicht beschwert sein könnten. Auch diesem Argument ist nicht beizupflichten.
Die Rekurslegitimation kann dem Liegenschaftseigentümer weder in Ansehung einer zu Unrecht nach § 19 Abs 1 F bewilligten Ersichtlichmachung noch in Ansehung einer zu Unrecht nach § 19 Abs 2 F erfolgten Aufrechterhaltung dieser Ersichtlichmachung abgesprochen werden. Eine unberechtigte Ersichtlichmachung würde in die Rechtssphäre des Liegenschaftseigentümers eingreifen (§ 9 AußStrG), auch wenn eine Ersichtlichmachung in keiner Weise rechtsbegründend wirkt (SZ 46/120, 8 Ob 651/84), weil sie dem Liegenschaftseigentümer die Klägerrolle im Feststellungsprozeß aufzwingen würde.
Da der angefochtenen Entscheidung auch sonst ein Rechtsirrtum nicht anhaftet, war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E06837European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00081.85.1022.000Dokumentnummer
JJT_19851022_OGH0002_0050OB00081_8500000_000