TE OGH 1985/10/24 13Os144/85

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Veröffentlicht am 24.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Dallinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Albrik A und Grisch B wegen des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels nach § 13, 35 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengerichts vom 15.Mai 1985, GZ 13 Vr 2.500/84-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Rzeszut, der Angeklagten Albrik A und Grisch C, der Verteidiger Dr. Ruschitzer und Dr. Hoffmann sowie des Vertreters des Zollamts Graz, Oberrats Dr. Zenker, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 18.März 1940 geborene angebliche Student und Aushilfskellner Albrik A und der am 23.September 1948 geborene Portier Grisch C wurden des Finanzvergehens des

versuchten Schmuggels nach § 13, 35 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt. Darnach haben sie am 7.Juni 1984 in Spielfeld im bewußten und gewollten Zusammenwirken getrachtet, 17 Seidenghoum-Teppiche iranischer Herkunft im Gesamtausmaß von 41,69 m 2 und im Gesamtwert von 1,104.800 S dem Zollverfahren zu entziehen. Die Angeklagten wurden hiefür nach § 35 Abs 4 FinStrG zu Geldstrafen von je 200.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu je 4 Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Außerdem wurde gemäß § 35 Abs 4 FinStrG in Verbindung mit § 17 (zu ergänzen: Abs 2 lit a) Abs 3 lit a FinStrG auf den Verfall der Teppiche erkannt. Der Angeklagte A bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 4, 5 und '9-11' StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Zweitangeklagten Grisch C richtet sich aus § 281 Abs 1 Z. 4 und 5 StPO gegen den Schuldspruch sowie aus Z. 9 lit a (gemeint Z. 11) gegen den Verfallsausspruch.

Rechtliche Beurteilung

Zur Beschwerde des Angeklagten A:

Als Verfahrensmangel rügt der Erstangeklagte die Abweisung seines (erstmals in der Hauptverhandlung vom 22.April 1985 gestellten und in der Hauptverhandlung vom 15.Mai 1985 wiederholten - S. 126 und 156) Antrags auf Rekonstruktion und Besichtigung der Lagerungsmodalitäten der Teppiche in dem von ihm benützten Personenkraftwagen. Dem vom Beschwerdeführer angestrebten Nachweis dafür, daß zumindest die im Waggeninneren im Bereich der hinteren Sitzbank verstauten fünf Teppiche auffällig gelagert gewesen seien und solcherart als Indiz für das behauptete zollredliche Einreisevorhaben zu werten gewesen wären, fehlt die Relevanz. Abgesehen davon, daß die betreffenden Teppiche nach den durch die zollamtlichen Niederschriften mit Inspektor D (Zollstrafakt Strl. Nr. 387/84, Blatt 10 und verso) sowie mit dem Zweitangeklagten C (Zollstrafakt Strl. Nr. 388/84,

Blatt 9 verso; Verlesung in der Hauptverhandlung S. 156) gedeckten Konstatierungen am Wagenboden, in verschmutztem Kunststoff verpackt, unter einem Sack mit Süßigkeiten, also keineswegs auffällig gelagert waren (S. 165), war der Tatplan der Angeklagten ersichtlich von der Erwartung getragen, anläßlich der notorisch nur stichprobenweisen Grenzkontrollen gar nicht überprüft zu werden (S. 165; zollamtliche Niederschrift mit A im Zollstrafakt Strl. Nr. 387/84, Blatt 7 verso). Haben aber die Täter auf die zwangsläufige Lückenhaftigkeit der routinemäßigen Grenzkontrollen vertraut, so ist der subjektiven Indizwirkung fehlender Tarnung des Schmuggelguts die Bedeutung genommen, weil die bloße Erkennbarkeit von Ladegut der Erwartung unbeanstandeter Grenzüberschreitung im Reiseverkehr keineswegs entgegensteht. Das Zwischenerkenntnis hat folglich Verteidigungsinteressen nicht beeinträchtigt.

Damit geht auch das Mängelvorbringen (Z. 5), das eine detaillierte Erörterung der Angaben beider Angeklagten über die Lagerungsmodalitäten vermißt, ins Leere. Der zollrechtlichen Stellungspflicht (§ 35 Abs 1 FinStrG) entspricht nämlich nur, wer die Waren den Zollorganen vorführt, d.h. körperlich vorweist (§ 48 Abs 1 ZollG; SSt 45/31). Soweit der Erstangeklagte eine Konstatierung fehlender Verheimlichungstendenzen in bezug auf das Ladegut anstrebt, erschöpft sich sein Vorbringen in einer unzulässigen Anfechtung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung. Die als erwiesen angenommene Bekundung des A, dem Zweitangeklagten abgeraten zu haben, die Teppiche nach Österreich zu schmuggeln, ist mit dem Schmuggelvorsatz des Beschwerdeführers durchaus vereinbar. Ergibt sich doch aus der zollamtlichen Verantwortung des Erstangeklagten sowie aus dem Folgesatz der Urteilsbegründung, daß sich der Ratschlag auf das Risiko des von C ursprünglich ins Auge gefaßten Schmuggels per Eisenbahn beschränkte und daß beide Angeklagten daraufhin die Benützung des Kraftwagens beschlossen.

Als unvollständig begründet rügt der Beschwerdeführer die Urteilsannahme betreffend die Ankunft der Angeklagten beim Grenzzollamt Spielfeld zur Eingangsabfertigung. Er vermeint, das Tatfahrzeug sei durch den Zollbeamten D bereits zehn Meter vor dem Zollhaus (sohin vor der österreichischen Staatsgrenze) angehalten worden. Da ein Anhaltspunkt dafür, daß das intervenierende Zollorgan unbefugt auf fremdem Staatsgebiet amtiert hätte, weder dem Akteninhalt zu entnehmen noch vom Beschwerdeführer behauptet worden ist, war der Gerichtshof nicht verhalten, auf die Örtlichkeit der Eingangsabfertigung mit Meterangaben einzugehen. Die Rechtsrüge ('Z. 9-11') releviert der Sache nach ausschließlich Feststellungsmängel (Z. 9 lit a). Auch sie versagt. Die Einwände, es fehlten Konstatierungen über das Zusammenwirken beider Angeklagten, über den (Mit-)Gewahrsam des Erstangeklagten an den vom Zweitangeklagten in das Kraftfahrzeug eingebrachten 12 Teppichen sowie darüber, daß A bei dem ersten Kontakt mit dem einschreitenden Zollbeamten mündlich und durch Gesten auf die Teppiche hingewiesen habe, negieren den gegenteiligen Urteilssachverhalt (S. 163 bis 166, 173, 176) und bringen den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Schließlich ist A auch nicht im Recht, wenn er im Rahmen der Berufungsausführung sinngemäß mangelnde Strafwürdigkeit nach § 25 Abs 3 (nicht Abs 1) FinStrG bzw. § 42 StGB und damit den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO geltend macht. Es mangelt nämlich sowohl die Voraussetzung einer bloß geringfügigen Schuld des Täters als auch die Entbehrlichkeit einer Bestrafung aus generalpräventiver Sicht.

Letztendlich wendet sich der Erstangeklagte in seiner Berufungsschrift gegen den Verfallsausspruch, indem er dem Wert der Teppiche die Abgabenverkürzung gegenüberstellt und auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 14.Dezember 1983, G 34/83 (BGBl. Nr. 113/1984), Bezug nimmt. Der Verfall ist in der gegenständlichen Sache gemäß § 35 Abs 4 Ende, 17 Abs 2 lit a FinStrG zwingend. Folglich ist das soeben wiedergegebene Vorbringen als eine Rüge ob Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z. 11 StPO aufzufassen. Allein sie greift nicht. Die Tatzeit liegt vor dem 1.Dezember 1984, das angefochtene Urteil erging nach dem 21. Dezember 1984 (vgl. AnwBl. 1985 S. 495 = LSK. 1985/88). Es ist daher gemäß § 4 Abs 2 FinStrG die Rechtslage zur Tatzeit (in ihrer Gesamtauswirkung) mit derjenigen zur Zeit der Entscheidung in erster Instanz zu vergleichen (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, 8. Lfg., S. 70/4, Punkt c oben). Der Vergleich ergibt keinen Unterschied, weil die seit der Novellierung des § 17 Abs 2 lit a FinStrG mit BGBl. Nr. 532/1984 vorgeschriebene Zehntelberechnung den Verfall der Teppiche bestehen läßt: Die Bemessungsgrundlage (§ 5 UStG 1972, § 2 ff. WertzollG 1980) ist mit 1,104.800 S anzunehmen, das Zehntel hievon beläuft sich auf

110.480 S, der strafbestimmende Wertbetrag aber auf 361.648 S (sonach nicht auf weniger als ein Zehntel der für seine Ermittlung maßgebenden Bemessungsgrundlage). Im übrigen kann bei geschmuggelten Waren (das Versuchsstadium ist nicht entscheidend: Dorazil u.s.w. P. 3 zu § 17 FinStrG) der strafbestimmende Wertbetrag niemals weniger als ein Zehntel der Bemessungsgrundlage sein (Dorazil u. s.w., 8. Lfg., S. 70/2, Punkt b oben und Erl. d. BMF. v. 14. Nov.1984, FS-110/65-III/9/84, Abschnitt III Absatz 6). Mithin bleibt nur noch zu sagen, daß der Passus in der Rechtsmittelschrift, das Erstgericht hätte neben dem Verfall von der im § 35 Abs 4 FinStrG primär (!) angedrohten Geldstrafe 'Abstand nehmen müssen', sich einem rechtlichen Verständnis entzieht.

Zur Beschwerde des Angeklagten C:

Der Verfahrensrüge des Zweitangeklagten, mit der er sich gleichfalls gegen das Unterbleiben einer Rekonstruktion und Besichtigung der Lagerungsmodalitäten der Teppiche im Bereich der Sitzbank des Tatfahrzeugs wendet, fehlt die formale Voraussetzung einer Antragstellung in der Hauptverhandlung. Dem Beweisantrag des Angeklagten A hat sich der Beschwerdeführer nicht angeschlossen. Aus § 281 Abs 1 Z. 5 StPO wendet sich der Zweitangeklagte gegen die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite. Er macht im wesentlichen geltend, der Zeuge D habe ein unverständliches 'Gemurmel' des Erstangeklagten als Antwort auf die Frage nach stellungspflichtigem Ladegut bekundet, was im Hinblick auf die spätere Klarstellung des Wortlauts 'nicht zu wenig' als der Beginn einer zollredlichen Stellung und Erklärung auszulegen gewesen wäre. Damit vernachlässigt der Beschwerdeführer aber, daß der Zeuge D die mündliche Einlassung des A erst einem zeitlich späteren Stadium der Amtshandlung zugeordnet (S. 166 i.V.m. S. 121, 122 und 123) und das Erstgericht die diesbezüglich abweichende Verantwortung beider Angeklagten für widerlegt erachtet hat (S. 171, 172).

Nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt wird auch die Rechtsrüge, das (sachlich) auf die § 35 Abs 4, 17 Abs 2 lit a, Abs 3 lit a FinStrG gestützte Verfallserkenntnis entbehre geeigneter Feststellungen zur Frage der auffallenden Sorglosigkeit der (von den Tätern verschiedenen) Eigentümer der Teppiche. Die Bekämpfung des Verfallsausspruchs mit Nichtigkeitsbeschwerde (richtig § 281 Abs 1 Z. 11 StPO) setzt voraus, daß der Verfall als solcher unzulässig ist. Das scheidet hier aus. Die - vorliegend reklamierte - Verletzung des Eigentumsrechts Dritter kann nur mit Berufung angefochten werden (§ 238 lit a FinStrG), doch erweist sich das in Rede stehende Beschwerdevorbringen auch nicht als tauglicher Berufungsgrund. Die Berücksichtigung des Eigentums einer anderen Person zöge nämlich gemäß § 19 Abs 1 lit b FinStrG die Verurteilung der Angeklagten zum Wertersatz (samt Ersatzfreiheitsstrafe) nach sich, weshalb eine Berufung in diesem Punkt gar nicht zum Vorteil des Rechtsmittelwerbers (§ 283 Abs 2 StPO) ausgeführt ist (EvBl 1969 Nr. 279, 11 Os 172/77, 12 Os 176/79).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Zu den Berufungen:

Bei der Bemessung der eingangs angeführten Strafen war bei beiden Angeklagten nichts erschwerend, mildernd hingegen, daß es beim Versuch geblieben ist, beim Angeklagten C überdies seine Unbescholtenheit.

Der Angeklagte A meint in seiner Berufung, das Gericht hätte angesichts des Verfalls der Teppiche im Wert von 1,104.800 S, der ja als Strafe anzusehen sei und überdies ein Mehrfaches der hinterzogenen Abgaben (361.648 S) erreiche, in Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von der Verhängung einer Geldstrafe Abstand nehmen, diese aber jedenfalls bedingt nachsehen müssen. Der Angeklagte C strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung des Strafmaßes an.

Beide Berufungen versagen.

Sowohl die Geldstrafe (§ 35 Abs 4 FinStrG) wie auch der Verfall des Schmuggelguts (§ 35 Abs 4 Ende FinStrG, i.V.m. § 17 Abs 2 lit a Abs 3 lit a FinStrG) sind legale Unrechtsfolgen, die nebeneinander bestehen können. Während der Verfall in seinem Ausmaß durch das Schmuggelgut absolut feststeht, kann sich die Geldstrafe je nach dem Ermessen des Gerichts bis zu einem Höchstmaß des Zweifachen des auf die Ware entfallenden Abgabenbetrags bewegen. Angesichts eines hier möglichen Maximums von 723.296 S (2 x 361.648 S) ist die Geldstrafe mit 200.000 S ohnedies sehr maßvoll ausgefallen.

Zum Begehren nach einer Anwendung des § 25 Abs 1 (gemeint Abs 3) FinStrG bzw. § 42 StGB wurde schon in Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A Stellung genommen. Der in der Berufung des weiteren zitierte § 187 FinStrG betrifft das Gnadenrecht des Bundesministers für Finanzen in Ansehung von Strafen, die durch die Finanzstrafbehörde, nicht von solchen, die durch das Gericht verhängt wurden. Daß die Tat nur beim Versuch blieb, wurde ausreichend berücksichtigt. Gegen die des weiteren begehrte bedingte Strafnachsicht sprechen generalpräventive Belange, was bei einem Schmuggelunternehmen in der Größenordnung von mehr als einer Million Schilling nicht weiter begründet werden muß. Auch dem Angeklagten C ist zu erwidern, daß die Geldstrafe nur ein bescheidenes Maß erreicht und daher zeigt, daß alle auch von seiner Berufung als mildernd reklamierten Aspekte im Ergebnis Berücksichtigung gefunden haben. Die prozessualen Konsequenzen der in der Berufung berührten Eigentumsfrage wurden unter einem mit der Verwerfung der Nichtigkeitsbeschwerde dargetan (siehe oben). Der Berufungsantrag des Zweitangeklagten, den Verfall zu eliminieren, ist gleichfalls auf das oben Gesagte zu verweisen.

Anmerkung

E06797

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0130OS00144.85.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19851024_OGH0002_0130OS00144_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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