Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kristina A, Arbeiterin, Griesgasse 10, 9170 Ferlach, vertreten durch Dr. Gert Paulsen und Dr. Gerd Tschernitz, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Franz A, Werksarbeiter, Lindenhammergasse 10, 9170 Ferlach, vertreten durch Dr. Dieter Huainigg, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 383.000 S s. A. infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 18. April 1985, GZ 6 R 58, 59/85-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 18. Jänner 1985, GZ 17 Cg 391/84-5, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.036,65 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 1.185,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 383.000 S und brachte vor, die Ehe der Streitteile sei mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 14. Juni 1984
rechtskräftig geschieden worden. Die Klägerin habe zur Errichtung eines Zubaues samt Garage auf einer anteilsweise auch dem Beklagten gehärigen Liegenschaft durch finanzielle Zuwendungen und ihre Arbeitsleistungen beigetragen; der Zubau sei als Ehewohnung bestimmt gewesen und auch als solche benützt worden. Da der Zubau einschließlich der Einrichtung und abzüglich darauf lastender Kredite einen Wert von 766.000 S repräsentiere und dieser Wert zumindest zur Hälfte auf ihren Beitrag zurückzuführen sei, habe ihr der Beklagte den halben Wert als Bereicherung herauszugeben. Der Beklagte beantragte die Zurückweisung der Klage wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache bzw. Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges; hilfsweise begehrte er die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht wies die Klage zurück. Es meinte, die Streitteile hätten im Scheidungsfolgenvergleich gemäß § 55 a Abs. 2 EheG bekundet, daß sie sich über die gegenseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche vollständig geeinigt hätten. Da der Vergleich verfahrensrechtliche Voraussetzung des Scheidungsbeschlusses gewesen sei, stünde er der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges entgegen. Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß in Stattgebung des Rekurses der Klägerin dahin ab, daß es aussprach, der streitige Rechtsweg sei unzulässig, die Rechtssache werde an das als Außerstreitgericht zuständige Bezirksgericht Ferlach überwiesen. Es führte aus, die Klägerin mache einen Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens geltend, der nur infolge eines ihr unterlaufenen Rechtsirrtums nicht in die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen einbezogen worden sei. Sei die Aufteilung infolge eines solchen Irrtums unvollständig geblieben, bestehe der Aufteilungsanspruch, sofern er nicht verfristet sei, weiterhin aufrecht. Über solche Ansprüche habe das Außerstreitgericht zu befinden, an das die Rechtssache gemäß § 235 Abs. 1 AußStrG zu überweisen gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Beklagten gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist zwar zulässig (6 Ob 610/85), aber nicht berechtigt. Ob ein Anspruch zwischen Ehegatten im streitigen Rechtsweg oder im außerstreitigen Verfahren (hier gemäß den §§ 81 ff. EheG) auszutragen ist, hängt allein vom Vorbringen in der Klage (bzw. im Antragsschriftsatz) ab. Entscheidend ist die Natur des geltend gemachten Anspruches, wie sie sich aus der Klage und dem vom Kläger vorgebrachten Sachverhalt ergibt. Auf die Einwendungen des Beklagten und die sachliche Berechtigung des behaupteten Anspruches ist nicht Bedacht zu nehmen; hierüber ist erst in der Sachentscheidung abzusprechen (MietSlg. 36.722 u.a.).
Die Einigung der Eheleute über die wesentlichen Scheidungsfolgen ist zwar unabdingbare Voraussetzung für den Ausspruch der einvernehmlichen Scheidung der Ehe gemäß § 55 a EheG; nach Absicht des Gesetzgebers sollen Auseinandersetzungen mit all den sie begleitenden Mißhelligkeiten vermieden werden. Stellt sich jedoch nachträglich heraus, daß - wie von der Klägerin behauptet - die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens bzw. der ehelichen Ersparnisse aus dem Irrtum oder der Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile einzelne dem Aufteilungsverfahren unterworfene Vermögensbestandteile nicht erfaßt hat und insofern unvollständig geblieben ist, widerspräche es dem Zweck des Aufteilungsverfahrens (§§ 81 ff. EheG; §§ 229 ff. AußStrG), den von dem Irrtum oder der Unkenntnis betroffenen Ehegatten von der Durchsetzung dieses restlichen, noch nicht durch Zeitablauf erloschenen Aufteilungsanspruches vor dem Außerstreitrichter nach der genannten Aufteilungsordnung auszuschließen (RZ 1985/21). Da bei Zutreffen der Klagsbehauptungen eheliches Gebrauchsvermögen noch nicht aufgeteilt ist und die Antragsfrist (§ 95 EheG) bei Klagseinbringung noch nicht verstrichen war, hat das Rekursgericht zu Recht gemäß § 235 Abs. 1 AußStrG die Überweisung der Rechtssache an den Außerstreitrichter angeordnet.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E06960European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00664.85.1030.000Dokumentnummer
JJT_19851030_OGH0002_0060OB00664_8500000_000