TE OGH 1985/10/30 3Ob114/85

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Veröffentlicht am 30.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien Johann und Theresia A, Pensionisten,

3270 Scheibbs, Gaminger Straße 51, vertreten durch Dr. Erwin Bär, Rechtsanwalt in Scheibbs, wider die verpflichteten Parteien

1. Margarete A, Gastwirtin, 3242 Texing, Plankenstein 9, vertreten durch Dr. Alfred Lukesch und Dr. Eduard Pranz, Rechtsanwälte in St. Pölten, 2. Rudolf A, Arbeitnehmer, 4241 Kirnberg/Mank, Wolfsbach 12, wegen S 128.102,49 samt Nebengebühren, infolge Revisionsrekurses der erstverpflichteten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes St. Pölten als Rekursgerichtes vom 6. Juni 1985, GZ R 273/85-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mank vom 30. April 1985, GZ E 1606/85-4, formell aufgehoben, inhaltlich abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die erstverpflichtete Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Im Beschluß über die Bewilligung der Zwangsversteigerung vom 1.4.1985, On 2, forderte das Erstgericht die betreibenden Parteien auf, binnen 3 Wochen einen Vorschuß von S 25.000,-- zur Deckung der für die Schätzung und den Verkauf voraussichtlich auflaufenden Kosten bei ihm zu erlegen, widrigenfalls das Versteigerungsverfahren gemäß § 200 Z 3 EO eingestellt werden würde. Dieser Beschluß wurde dem Vertreter der betreibenden Parteien am 5.4.1985 (Freitag) zugestellt, so daß die Erlagsfrist am 26.4.1985 (Freitag) ablief. Mit Beschluß vom 30.4.1985, ON 4, stellte das Erstgericht die Exekution nach § 200 Z 3 EO mit der Begründung ein, daß der Kostenvorschuß nicht erlegt worden sei.

Aus dem überweisungsträger (Gutschrift) der Sparkasse in Scheibbs, ON 5, ergibt sich, daß der Vertreter der betreibenden Parteien dieser Sparkasse am 26. April 1985 (Freitag) den Auftrag gab, von seinem dortigen Konto 2881 S 25.000,-- als 'Kostenvorschuß E 1606/85 Hebenstreit-Hebenstreit' auf das Postscheckkonto 5461.163 des Erstgerichtes zu überweisen, und daß diese überweisung am 29.4.1985 (Montag) bei der Girozentrale Wien und am 30.4.1985 (Dienstag) bei der Postsparkasse gebucht wurde.

Die betreibenden Parteien erhoben gegen den Einstellungsbeschluß Rekurs, verwiesen auf den am 26.4.1985 erteilten überweisungsauftrag und beantragten, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß das Zwangsversteigerungsverfahren fortzusetzen sei. Die zweite Instanz gab dem Rekurs Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens auf, weil der aufgetragene Kostenvorschuß fristgerecht erlegt worden sei.

Auf Grund des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 24. Juli 1985, 3 Ob 86/85-15, ergänzte das Rekursgericht seine Entscheidung mit Beschluß vom 25. September 1985, R 273/85-16, durch den nach § 78 EO und den §§ 526 Abs. 3, 528 Abs. 2 und 500 Abs. 3 ZPO nötigen Ausspruch, wobei es den Revisionsrekurs für zulässig erklärte und dies damit begründete, daß die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der zur Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukomme, und eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

In ihrem als 'Rekurs, in eventu ao. Rekurs' bezeichneten (ordentlichen) Revisionsrekurs beantragt die Erstverpflichtete, den angefochtenen Beschluß (- der kein echter Aufhebungsbeschluß im Sinn des § 527 Abs. 2 ZPO ist, sondern mit dem der von Amts wegen gefaßte Einstellungsbeschluß des Erstgerichtes von der den Einstellungsgrund verneinenden zweiten Instanz durch ersatzlose Aufhebung abgeändert wurde -) durch Wiederherstellung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses abzuändern, allenfalls ihm zwecks neuerlicher Entscheidung nach Verfahrensergänzung durch eine der Vorinstanzen aufzuheben.

Die Rechtsmittelwerberin vertritt die Rechtsansicht, daß der Kostenvorschuß nur dann fristgerecht erlegt worden wäre, wenn die Einzahlung innerhalb der Frist entweder direkt an das Gericht oder auf dessen Postsparkassenkonto vorgenommen worden wäre. Nur so könne das Gericht die Rechtzeitigkeit der Einstellung unverzüglich überprüfen und den Einstellungsbeschluß fassen, was nach Einlangen des verspätet erlegten Kostenvorschusses nicht mehr zulässig wäre.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht begründet. In bürgerlichen Rechtssachen, zu denen auch Exekutionssachen gehören, soll das Gericht die Vornahme jeder mit Kosten verbundenen Amtshandlung von dem Erlag eines Kostenvorschusses abhängig machen, wenn die Partei, welche die Amtshandlung beantragt oder in deren Interesse sie vorzunehmen ist, nicht die Verfahrenshilfe genießt (§ 3 GEG 1962).

Zu diesen mit Kosten verbundenen Amtshandlungen zählen die mit der Beschreibung und Schätzung einer zu versteigernden Liegenschaft und dem Versteigerungsedikt verbundenen Kosten von Amtshandlungen außerhalb des Gerichts, Vollzugs- und Wegegebühren, Gebühren von Sachverständigen und Einschaltungskosten (§ 1 Z 5 leg. cit.). Das Exekutionsgericht kann daher die Vornahme der für den Fortgang einer Zwangsversteigerung in der Regel nötigen Beschreibung und Schätzung sowie Einschaltung des Versteigerungsediktes, die im Interesse der betreibenden Partei vorzunehmen sind, von dem Erlag eines Kostenvorschusses durch diese Partei abhängig machen. Nach jahrzehntelangem Gerichtsgebrauch (vgl. zB das Formbuch zur Zivilprozeßordnung und Exekutionsordnung, 5. Auflage (1931) S. 202 Anm. 2 zu E-Form Nr. 196 und das in diesem Verfahren verwendete E-Form 196 oder Heller-Trenkwalder, Die österreichische Exekutionsordnung in ihrer praktischen Anwendung 3 , 395) wird der betreibende Gläubiger anläßlich der Zustellung des Beschlusses über die Anordnung der Schätzung aufgefordert, binnen einer angemessenen Frist einen entsprechenden Vorschuß zur Deckung der für die Schätzung und den Verkauf voraussichtlich auflaufenden Kosten bei Gericht zu erlegen, widrigenfalls das Versteigerungsverfahren nach § 200 Z 3 EO eingestellt werden würde.

Der Oberste Gerichtshof hat diese Gerichtsübung bereits im Jahr 1934 gebilligt und ausgesprochen, § 200 Z 3 EO setze keine ausdrückliche Willenserklärung des betreibenden Gläubigers voraus. Das Exekutionsgericht habe kein anderes Mittel, den betreibenden Gläubiger zur ordnungsgemäßen Fortsetzung der Exekution zu zwingen als die Androhung der Einstellung nach dieser Gesetzesstelle (SZ 16/63; ZBl. 1937/38).

In seiner Entscheidung vom 2.6.1954, 2 Ob 419/54, (MGA EO 11 letzte Entscheidung unter 4. zu § 200 Z 3) hielt der Oberste Gerichtshof an seinen früheren Entscheidungen fest, erklärte aber zusätzlich, daß die Fiktion, der betreibende Gläubiger wolle von der Exekution abstehen, nicht mehr berechtigt sei, 'wenn dem Exekutionsrichter vorliege, daß der Vorschuß erlegt worden ist'. Da der Zweck der Fristbestimmung durch den Erlag bereits erreicht worden sei, sei die Fiktion auch entbehrlich. Damals hatte die betreibende Partei den auferlegten Kostenvorschuß am 15.3.1954, zwei Tage vor Ablauf der Erlagsfrist, mittels Postanweisung zur Post gegeben. Das Erstgericht hatte die Zwangsversteigerung am 23.3.1954 mit der Begründung eingestellt, daß der Kostenvorschuß erst am 20.3.1954 (Einlangen des Kontoauszuges des Postsparkassenamtes beim Erstgericht) erlegt worden sei.

Heller-Berger-Stix II 1414 f lehren, daß es einem Einstellungsantrag nach § 200 Z 3 EO gleichzuhalten sei, wenn der betreibende Gläubiger zur Fortsetzung des Exekutionsverfahrens nötige Schritte unterlasse, so zB den Erlag eines Vorschusses für Schätzungs- und Ediktskosten. Sei die gesetzliche Frist verstrichen und hole der betreibende Gläubiger das Erforderliche nach, bevor der Einstellungsbeschluß gefaßt sei, so habe dieser zu unterbleiben. Die Einstellung müsse als Folge des Ungehorsams angedroht werden. Die Fiktion, der betreibende Gläubiger sei (im Falle nicht rechtzeitiger Einzahlung) mit der Einstellung einverstanden, sei verfehlt. Im vorliegenden Fall wurde der aufgetragene Kostenvorschuß auf Grund des vom Vertreter der betreibenden Gläubiger seiner kontoführenden Sparkasse erteilten überweisungsauftrages am 30.4.1985, also am Tag der Fassung des erstgerichtlichen Einstellungsbeschlusses, dem Postsparkassenkonto des Erstgerichtes gutgeschrieben und war daher jedenfalls an diesem Tag wirksam erlegt, wovon das Erstgericht allerdings erst am 2.5.1985 erfuhr. Die Annahme des Erstgerichtes, daß die betreibenden Gläubiger durch Nichterlag des für weitere Verfahrensschritte erforderlichen Kostenvorschusses von der Fortsetzung der Exekution abgestanden seien, war daher objektiv nicht gerechtfertigt, so daß der auf § 200 Z 3 EO gestützte Einstellungsbeschluß vom Rekursgericht zutreffend ersatzlos aufgehoben wurde.

Dem unbegründeten Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78 EO und den §§ 40, 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E06827

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00114.85.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19851030_OGH0002_0030OB00114_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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