TE OGH 1985/10/30 3Ob1515/85

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Veröffentlicht am 30.10.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Günther A, Berufsschullehrer, 3300 Amstetten, Defreggerstraße 6, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in Amstetten, wider die beklagte Partei Firma B, Ernst C KG, 8053 Graz, Kärntner Straße 178, vertreten durch Dr. Lothar Troll, Rechtsanwalt in Graz, wegen 77.715,-- S s.A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 9. August 1985, GZ. 3 R 148/85-14, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Text

Begründung:

Zu beurteilen ist, ob der Kläger als Lizenzgeber dem Beklagten als Lizenznehmer nach vorzeitiger Aufläsung des Lizenzvertrages einen Betrag von 300.000,-- S bzw. restlich 250.000,-- S, zurückerstatten muß, den dieser gemäß § 3 P. 2 des Lizenzvertrages als 'Bevorschussung ... zur Anmeldung der Patente' geleistet hatte und von dem es einerseits in § 3 P. 2 heißt, der Betrag sei in bestimmten Raten zurückzuerstatten, während andererseits in § 3 P. 8 vereinbart ist, daß Zahlungen an den Kläger Bevorschussungen seien, die dieser nicht zurückerstatten müsse, wenn der Vertrag aufgelöst werde.

Das Erstgericht wertete die Zahlung der 300.000,-- S als Darlehen, das der Kläger zurückzahlen müsse bzw. mit der offenen und nicht mehr strittigen Lizenzgebühr von 77.715,-- S (Klagsbetrag) verrechnen müsse, und wies demgemäß die Klage ab.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, dieser Betrag falle unter die Bestimmung von § 3 P. 8 des Lizenzvertrages und sei nicht zurückzuerstatten. Die beklagte Partei habe selbst nicht behauptet, daß die Zahlung gemäß § 3 P. 2 des Lizenzvertrages nicht als Bevorschussung im Sinne des § 3 P. 8 aufzufassen sei. - Die Nichtzulassung der Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Einzelfallcharakter der Entscheidung (Auslegung einer ganz konkreten Vertragsbestimmung).

In der außerordentlichen Revision führt die beklagte Partei zur Zulässigkeit der Revision aus, der Einordnung der geschäftlichen Beziehungen der Streitteile als Darlehensvertrag komme zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zu und es sei in grober Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften tatsächlich erstattetes Vorbringen als angeblich fehlend gewertet worden.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen kann aber nicht beigepflichtet werden. Selbst wenn man das Vorbringen der beklagten Partei im Sinne ihres jetzigen Standpunktes werten müßte und selbst wenn eine Auslegung des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Lizenzvertrages auch im Sinne der Rechtsansicht des Erstgerichtes möglich sein sollte, liegen im Sinne der hier zutreffenden Begründung des Berufungsgerichtes die Anfechtungsvoraussetzungen gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht vor.

Die Auslegung des Berufungsgerichtes enthält keinen logischen Widerspruch und verstäßt nicht gegen allgemeine Auslegungsgrundsätze. Es geht auch nicht darum, daß eine für Lizenzverträge schlechthin geradezu typische Vertragsbestimmung auszulegen ist, die für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam sein kann (vgl. dazu Petrasch, ÖJZ 1985, 257 und 291, bes. 296 - 298 und dort zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes).

Weil die strittige Zahlung ausdrücklich 'zur Anmeldung der Patente' geleistet wurde, ist es legitim, den Betrag von 300.000,-- S nicht als einen vom sonstigen Inhalt des Lizenzvertrages losgelästen Darlehensbetrag, sondern als eine mit der Lizenzerteilung in engem Zusammenhang stehende einmalige Zahlung aufzufassen. Solche Zahlungen sind durchaus üblich, weil die Kosten für den Erwerb der Patente oft sehr beträchtlich sind und die Leistungsfähigkeit des Lizenzgebers übersteigen (vgl. dazu etwa Vollrath, GRUR 1983, 52). Bei solchen Zahlungen ist in jedem Einzelfall festzustellen, was die Parteien für den Fall einer vorzeitigen Aufläsung des Lizenzvertrages wirklich vereinbart und gemeint haben. Es ist nicht unüblich, daß das alleinige Risiko dem Lizenznehmer aufgebürdet wird (Vollrath, aaO, bezeichnet dies geradezu als den Regelfall, ähnlich Heine in seiner Anmerkung zur Entscheidung des BGH vom 5. Juli 1960, GRUR 1961, 27). Für unklare Fälle bietet sich eine anteilige Rückerstattungspflicht im Verhältnis der ursprünglich beabsichtigten und wirklichen Vertragsdauer an (Stumpf-Hesse, Der Lizenzvertrag+5, 69, RZl. 77, vgl. auch die Entscheidung des LG München I vom 18. November 1954, GRUR 1956, 413).

Ob nun im vorliegenden Fall beabsichtigt war, daß der Betrag von 300.000,-- S für den Fall der vorzeitigen Vertragsaufläsung auf jeden Fall voll zurückzuerstatten ist, oder ob der Kläger nur zu bestimmten Terminen verpflichtet war, die vereinbarten Rückzahlungsraten gegen die fällig werdende Lizenzgebühr aufzurechnen, oder - ebenfalls denkbar - ob der Kläger zwar gegen die am Aufläsungstag insgesamt offenen Lizenzgebühren aufrechnen mußte, darüberhinaus aber nichts zurückzahlen muß, alles dies oblag der ganz konkreten Einzelfallgestaltung im Vertrag der Streitteile. Die Anfechtungsvoraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO liegen daher nicht vor.

Anmerkung

E06926

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB01515.85.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19851030_OGH0002_0030OB01515_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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