Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14.November 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer in der Strafsache gegen Alois S*** wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z. 7 StGB. über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Kreisgerichtes Korneuburg vom 7.Mai 1985, AZ. 13 a Vr 309/85, und vom 4.Juli 1985, GZ. 12 d E Vr 309/85-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 7.Mai 1985, AZ. 13 a Vr 309/85, womit der 1.500 S übersteigende Eigengeldbetrag von 7.899,70 S gemäß § 5 GEG. für Ansprüche des Bundes sichergestellt und der Kontoblattführer des Gefangenenhauses Korneuburg ersucht wird, den Betrag von 7.899,70 S an den Rechnungsführer des Kreisgerichtes Korneuburg zur Einzahlung zu bringen, welcher ersucht wird, den Betrag von 7.899,70 S als Eigengeld des Beschuldigten Alois S*** zu vereinnahmen und hierüber zu berichten, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 5 Abs 1 und 2 erster Satz GEG. und des § 54 Abs 6 und 7 StVG., der Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 4.Juli 1985, GZ. 12 d E Vr 309/85-20, soweit damit der Rechnungsführer des Kreisgerichtes Korneuburg ersucht und angewiesen wird, aus dem hinsichtlich Alois S*** erliegenden Betrag von 7.899,70 S einen Betrag von 1.500 S als Pauschalkosten im gegenständlichen Verfahren zu vereinnahmen, auch noch in den Bestimmungen der §§ 6 Abs 1; 10 und 11 Abs 1 GEG.
Der ersterwähnte Beschluß wird zur Gänze, der Beschluß vom 4. Juli 1985 im zitierten Umfang (Anweisung, einen Betrag von 1.500 S als Pauschalkosten im gegenständlichen Verfahren zu vereinnahmen) aufgehoben.
Text
Gründe:
Aus dem Akt 12 d E Vr 309/85 des Kreisgerichtes Korneuburg ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der am 12.April 1931 geborene Alois S*** wurde am 30. April 1985 nach Verbüßung einer vierjährigen Freiheitsstrafe aus der Sonderanstalt Sonnberg bedingt entlassen. Anläßlich dieser Entlassung wurden ihm insgesamt 11.204,53 S ausbezahlt. Hievon entfielen laut fernmündlicher Auskunft der Sonderanstalt Sonnberg 10.289,52 S auf die Rücklage gemäß dem § 54 Abs 1 StVG., 914,40 S auf das Hausgeld gemäß dem § 53 Abs 1 StVG. und 0,61 S auf Eigengeld (vgl. hiezu auch S. 25 im zitierten Akt des Kreisgerichtes Korneuburg).
Nach der Verübung eines Einbruchsdiebstahls in der Nacht vom 1. zum 2.Mai 1985 wurde Alois S*** bereits am 2.Mai 1985 neuerlich verhaftet und in der Folge in Untersuchungshaft genommen. Bei seiner Verhaftung war er (noch) im Besitz eines Barbetrages von 9.399,70 S, der aus dem ihm bei seiner bedingten Entlassung aus der Sonderanstalt Sonnberg am 30.April 1985 ausbezahlten Geldern stammte. Am 2.Mai 1985 erteilte das kreisgerichtliche Gefangenenhaus Korneuburg dem Kreisgericht Korneuburg mit JA-Form Nr. 135 (Eigengeldmeldung) mit, daß von dem Alois S*** abgenommenen Betrag in der Höhe von 9.399,70 S ein 1.500 S übersteigender Eigengeldbetrag von 7.899,70 S zurückbehalten werde, wobei um Bekanntgabe ersucht wurde, ob Alois S*** über diesen Eigengeldbetrag frei verfügen dürfe (ON. 8). Daraufhin stellte das Kreisgericht Korneuburg mit Beschluß vom 7.Mai 1985 (S. 1 a verso) den 1.500 S übersteigenden Eigengeldbetrag von 7.899,70 S gemäß § 5 GEG. für Ansprüche des Bundes sicher und ersuchte den Kontoblattführer des Gefangenenhauses Korneuburg, diesen Betrag an den Rechnungsführer des Kreisgerichtes Korneuburg zur Einzahlung zu bringen, der seinerseits ersucht wurde, diesen Betrag als Eigengeld des Beschuldigten Alois S*** zu vereinnahmen und hierüber zu berichten. Diesem Auftrag wurde entsprochen (ON. 10). Der zugrundeliegende Beschluß vom 7.Mai 1985 blieb unangefochten (vgl. hiezu SSt. 29/77).
Nach rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens wies das Kreisgericht Korneuburg mit Beschluß vom 4.Juli 1985 den Rechnungsführer des Kreisgerichtes Korneuburg an, "aus dem hinsichtlich Alois S*** hg. erliegenden Betrag von 7.899,70 S (PG Nr. 314/85)" einen Betrag von 1.500 S als Pauschalkosten im Verfahren 12 d E Vr 309/85, Hv 256/85, zu vereinnahmen und den Restbetrag von 6.399,70 S an das kreisgerichtliche Gefangenenhaus Korneuburg als 1.500 S übersteigenden Eigengeldbetrag hinsichtlich Alois S*** zu überweisen (ON. 20).
Rechtliche Beurteilung
Die erwähnten Beschlüsse des Kreisgerichtes Korneuburg vom 7. Mai 1985, (S. 1 a verso) und vom 4.Juli 1985 (ON. 20) stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß § 5 Abs 1 und Abs 2 erster Satz GEG. 1962 in Verbindung mit § 631 Abs 4 Geo. steht dem Bund zur Sicherung des Anspruches auf die im § 1 GEG angeführten Beträge schon vor der Entscheidung über den Anspruch das Zurückbehaltungsrecht an den in gerichtliche Verwahrung genommenen Geldbeträgen und beweglichen körperlichen Sachen eines Untersuchungshäftlings zu, wobei jedoch das Zurückbehaltungsrecht den gleichen Beschränkungen unterliegt, die bei der Eintreibung der zu sichernden Beträge zu beachten sind. Demgemäß darf das erwähnte Zurückbehaltungsrecht nur ausgeübt werden, wenn einerseits eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Kosten zu besorgen ist und wenn andererseits die zurückbehaltenen Beträge pfändbar sind (vgl. SSt. 29/77).
Nach der Vorschrift des § 54 Abs 6 StVG. sind dem Strafgefangenen bei der Entlassung (aus der Strafhaft) die aus der Arbeitsvergütung (§ 54 Abs 1 StVG.) stammenden, ihm als Hausgeld und als Rücklage gutgeschriebenen Beträge auszuzahlen, wobei dieser Anspruch auf Arbeitsvergütung gemäß § 54 Abs 7 StVG. nicht übertragen, gepfändet oder verpfändet werden darf und wobei daraus herrührende Geldbeträge der Exekution entzogen sind. Die Rücklage (und das Hausgeld) nach § 54 StVG. unterliegen daher nicht dem Zurückbehaltungsrecht des Bundes im Sinne des § 5 GEG. (vgl. Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht, II/13, § 54 StVG., ENr. 2). Der Umstand, daß sich Alois S*** nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 30.April 1985 kurze Zeit auf freiem Fuß befand, hat keineswegs eine Verwandlung der ihm anläßlich seiner Entlassung ausbezahlten Arbeitsvergütung in Eigengeld gemäß § 631 Abs 4 Geo. bewirkt, auf welches der erwähnte Exekutionsschutz allerdings keine Anwendung finden würde und auf welches dem Bund ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 5 Abs 2 erster Satz GEG. zustände. Der nach der neuerlichen Verhaftung des Alois S*** bei den Verwahrnissen des Untersuchungshäftlings befindliche Bargeldbetrag verlor hiedurch nicht den Charakter einer exekutionsgeschützten Arbeitsvergütung. Daran, daß es sich um Geldbeträge handelte, die aus einem Anspruch auf Arbeitsvergütung stammten (§ 54 Abs 7 StVG.), konnte sich durch die Entlassung aus der Strafhaft, den kurzen Aufenthalt in der Freiheit und durch die neuerliche Verhaftung, nach neuerlicher Delinquenz, nichts ändern. War somit im vorliegenden Fall - wie gezeigt - schon die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes gemäß § 5 GEG. unzulässig, so durfte folgerichtig der Rechnungsführer auch nicht angewiesen werden, aus den (gesetzwidrig) zurückbehaltenen Geldern einen Betrag von 1.500 S als Pauschalkosten zu vereinnahmen. Diese Vorgangsweise entsprach umsoweniger dem Gesetz, als - mangels sofortigen Erlages oder Berichtigung des geschuldeten Betrages aus einem Kostenvorschuß (§ 6 Abs 1 GEG.) - selbst die Verwertung eines rite zurückbehaltenen Geldbetrages nicht unmittelbar, sondern nach Erlassung eines entsprechenden Zahlungsauftrages nur im Wege der Exekutionsführung erfolgen durfte (vgl. §§ 10, 11 GEG. sowie ÖJZ-LSK. 1979/304).
Der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher Folge zu geben und wie im Spruche zu entscheiden.
Anmerkung
E07430European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00163.85.1114.000Dokumentnummer
JJT_19851114_OGH0002_0120OS00163_8500000_000