TE OGH 1985/11/19 11Os169/85

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Veröffentlicht am 19.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.November 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hausmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ing.Herbert A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 15. November 1984, GZ 9 Vr 285/80-82, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuld- und Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20.August 1916 geborene Techniker Ing.Herbert A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit von Mai bis November 1979 in Schrems mit Schädigungsvorsatz durch die Vorgabe seiner Zahlungsfähigkeit die nachstehend angeführten Personen zur Erbringung vermögenswerter Leistungen veranlaßt, und zwar a) Angestellte der Firma Karl B zur Ausfolgung von Klebstoffen und Hartschaumstoffen im Wert von 2.375,70 S, b) Herbert C zur Lackierung eines PKW nach einem Verkehrsunfall im Wert von 6.459 S, c) Oswald D zur Anfertigung eines Wohnwagens im Wert von 100.642,20 S, d) Angestellte der E F zur Ausfolgung von Geldbeträgen in der Höhe von

3.140 S, e) Ernestine G als Angestellte der Firma H & I zur Reparatur eines havarierten PKW der Marke Ford im Wert von 22.383,91 S sowie zur Durchführung einer weiteren Reparatur an einem PKW im Wert von 5.022,32 S und f) Ing.Ilse J von September bis November 1979 zur Überlassung eines Hotelzimmers sowie zur Ausfolgung von Speisen und Getränken um einen Gesamtbetrag von 27.579 S (1 des Urteilssatzes) bzw versucht zu haben, Angestellte des Bankhauses K & CO zur Gewährung eines Betriebsmittelkredites in der Höhe von 1 bis 1,5 Mill S und eines weiteren Kredites über 6,9 Mill S zu verleiten (2 des Urteilssatzes). Zu weiteren Anklagepunkten erging ein - unangefochten gebliebener - Freispruch.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Zutreffend macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, er sei durch die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Vernehmung des Rechtsanwaltes Dr.Walter L und des Wolfgang M als

Zeugen in seinem Verteidigungsrecht verletzt worden. Durch die Aufnahme dieser Beweise sollte dargetan werden, 'daß die Firma N sich bereit erklärt hat, die 30 % an Eigenmittel zu übernehmen und dies auch Ing.A zugesagt hat, worauf sich dieser verlassen konnte' (S 180, 181 Bd II d.A).

Das Erstgericht glaubte, auf die begehrte Beweisaufnahme verzichten zu können, 'weil durch die hier vorgelegten Urkunden und auch durch die eigene Stellungnahme des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter bereits eine Entscheidungsgrundlage gegeben ist, wer seine Geschäftspartner waren und weil durch den Brief, den die Geschäftspartner geschrieben haben, auch feststeht, wie diese Abmachung war' (S 181 Bd II d.A).

Diese Begründung hält nicht stand.

Da das Erstgericht seinen Schuldspruch unter anderem darauf gründet, daß der Angeklagte - bar eigenen Kapitals und ohne regelmäßiges Einkommen (siehe insbesondere Bd II S 200 f d.A) - auch mit keiner finanziellen Unterstützung von dritter Seite (ausgenommen die Herstellung eines Faltwagens - Bd II S 206 f d.A) rechnen konnte, kommt dem angeführten Beweisthema an sich jedenfalls Relevanz zu. Abgesehen davon, daß entgegen der Auffassung des Schöffensenates die vom Angeklagten gegebene Darstellung des Geschehensablaufes dem Beweisthema nicht widerspricht, vermögen die zum Teil bloß mittelbar verwertbaren Verfahrensergebnisse, auf die sich das Gericht zur Darlegung der Unerheblichkeit der begehrten Beweisaufnahmen beruft, das abweisende Zwischenerkenntnis nicht zu rechtfertigen. Ist doch die Möglichkeit nicht auszuschließen, es könnte durch die Aussage dieser Zeugen die einen Schädigungsvorsatz jedenfalls in Abrede stellende Verantwortung des Angeklagten doch so weit erhärtet werden, daß berechtigte Zweifel am Vorliegen der subjektiven Tatbestandserfordernisse eines Betruges aufkommen. Indem das Schöffengericht diese Möglichkeit von vornherein verneinte, setzte es einen Akt unzulässiger vorgreifender Beweiswürdigung (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO 2, E Nr 81 zu § 281 Z 4), der die Nichtigkeit des Urteils bewirkt.

Dem Beschwerdeführer ist aber auch beizupflichten, wenn er (zwar irrig unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a, sachlich jedoch nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO) bemängelt, daß dem Urteil wesentliche Feststellungen zur subjektiven Tatseite fehlen. Dies trifft nämlich auf das Schuldspruchfaktum 2 zu, bei dem das Urteil jegliche Feststellung zu dem dem Angeklagten angelasteten Kreditbetrug in Ansehung eines (Teil-)Betrages von 6,9 Mill S vermissen läßt. Insoweit entzieht sich die Entscheidung der Überprüfbarkeit.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung spruchgemäß zu entscheiden, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Beschwerdevorbringen noch näher einzugehen, zumal eine getrennte Behandlung einzelner Teile des Schuldspruches bei dieser Sachlage nicht tunlich erscheint (§ 289 StPO).

Mit seiner durch die Aufhebung des Urteils im Strafausspruch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E06870

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00169.85.1119.000

Dokumentnummer

JJT_19851119_OGH0002_0110OS00169_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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