TE OGH 1985/11/20 9Os173/85

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Veröffentlicht am 20.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.November 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zimmermann als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.September 1985, GZ. 7 c Vr 6792/85-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgerichtes Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Peter A (zu I/1) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB. sowie der Vergehen (zu I/2) des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB., (zu II) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. und (zu III) der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien I. am 13.Juni 1985 vorsätzlich die am 25.Dezember 1972 geborene, somit unmündige Slavica B 1. auf andere Weise als durch Beischlaf, und zwar indem er ihren Geschlechtsteil anfaßte sowie ihre Hand an sein Glied führte und masturbierte, 2. durch die zu 1. bezeichneten Handlungen eine seiner Aufsicht unterstehende minderjährige Person unter Ausnützung seiner Stellung ihr gegenüber zur Unzucht mißbraucht;

II. am 8.Juni 1985 die Slobodanka B durch Würgen am Hals und mehrere Faustschläge gegen den Kopf und auf den Rücken vorsätzlich am Körper leicht verletzt (Kopfprellung, Brustkorbprellung rechts sowie eine Prellung und Hautabschürfungen im Bereich des linken Ellenbogens); III.am 8.Juni 1985 die Slavica B, die den Vorfall mit Slobodanka B beobachtet hatte, durch die Äußerung, wenn sie ihn anzeige, werde er sie erschlagen, mithin durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Erstattung einer Strafanzeige wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den Schuldspruch zu I/1 und 2 richtet sich die auf die Gründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO. gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, in welcher er Begründungsmängel in Ansehung der Feststellungen des Gerichtes über seine Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit geltend macht und (demgegenüber) sein Verhalten als Rauschtat (§ 287 Abs 1 StGB.) beurteilt wissen will.

Die Beschwerde ist in keinem Punkt gesetzmäßig ausgeführt. Sie zeigt mit der Behauptung, die Gutachten der Sachverständigen Dr. C und Dr. D (ON. 18 und S. 155 f) - auf die sich das Gericht im Urteil (siehe dazu S. 168 f und 180) zur Begründung seines Ausspruches berief, es sei (zwar) nicht feststellbar, wieviel der Angeklagte vor der Tat (wirklich) getrunken hat, doch habe bei ihm (jedenfalls) zur Tatzeit keine die Zurechnungsfähigkeit ausschließende Berauschung vorgelegen - seien keine geeigneten Grundlagen für derartige Feststellungen, weil sie (gemeint: in bezug auf den Tatzeitpunkt) 'erheblich später' erstellt worden sind, keine Ungereimtheiten der Expertisen auf, die (zufolge der oben erwähnten Bezugnahme zum Gegenstand der Entscheidungsgründe wurden und insoweit demnach mittelbar allenfalls auch) einen Nichtigkeit nach der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. bewirkenden Begründungsmangel des Urteils darstellen könnten; sie stellen vielmehr schon ihrer Zielsetzung nach in Wahrheit lediglich den Beweiswert der Gutachten in Frage und es wird solcherart im Ergebnis nur die der Anfechtbarkeit im Nichtigkeitsverfahren entrückte schöffengerichtliche Beweiswürdigung kritisiert.

Gleiches gilt für den Einwand, das dem Angeklagten eine leichte Alkoholisierung attestierende polizeiamtsärztliche Gutachten (S. 27) stünde im Widerspruch zum Gutachten Dris. C, der seinerseits von einer zumindest 'mittelmäßigen' (vgl. S. 155 und 101) Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit sprach; denn es sind beide gutächtlichen Aussagen ohne weiteres mit der Urteilsannahme in Einklang zu bringen, daß ein Vollrausch nicht vorlag und es zielt mithin das darauf gemünzte Beschwerdevorbringen erkennbar bloß auf die Erschütterung der diese Beweise würdigenden Argumentation des Erstgerichtes ab. Dazu ist nur der Vollständigkeit halber zu bemerken, daß sich der Sachverständige Dr. C - und ihm folgend auch das Gericht - ohnedies mit dem erwähnten Attest des Amtsarztes befaßten (S. 101 und 168), das nach dem (im Gutachten und im Urteil dazu) Gesagten keineswegs in einem erörterungsbedürftigen Widerspruch zu den Ausführungen der gerichtlich vernommenen Sachverständigen stand, sodaß insoweit auch eine (in der Beschwerde letztlich gar nicht gerügte) Unvollständigkeit der Urteilsbegründung nicht vorliegt.

Die in diesem Zusammenhang bemängelte unrichtige Wiedergabe des Zeitpunktes der Erstellung des Polizeigutachtens beruht auf einem dem Erstgericht (zunächst) unterlaufenen offenkundigen Schreibfehler (US. 8), der jedenfalls in den bei den Akten befindlichen für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes maßgeblichen Urteilsausfertigungen korrigiert worden ist (§ 270 Abs 3 StPO.). Bei der Urteilspassage, der Angeklagte habe vor dem Untersuchungsrichter zwar nur nach Vorhalt aber (immerhin) doch Angaben gemacht, was 'auch ... gegen eine volle Berauschung spreche' (US. 9), handelt es sich der Beschwerde zuwider um keine Tatsachenfeststellung, sondern um eine die Verantwortung des Angeklagten würdigende Argumentation (§ 258 Abs 2 StPO.) des Schöffengerichtes, die darum einer Anfechtung nicht zugänglich ist. Die Rechtsrüge (Z. 10) schließlich, in der aus der (eben erwähnten) Art der Verantwortung des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter auf dessen mangelndes Erinnerungsvermögen an das Tatgeschehen und damit auf einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand im Tatzeitpunkt geschlossen wird, übergeht die gegenteilige Urteilskonstatierung und entbehrt somit - mangels Vergleiches von Urteilssachverhalt mit dem darauf anzuwendenden Gesetz - ihrerseits einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO. i.V.m. § 285 a Z. 2 StPO. schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus folgt, daß die Akten zur Entscheidung über die Berufung in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO. dem (hiefür an sich) zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzuleiten sind.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E06998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0090OS00173.85.1120.000

Dokumentnummer

JJT_19851120_OGH0002_0090OS00173_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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