TE OGH 1985/11/21 8Ob533/85

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Veröffentlicht am 21.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jochen E*****, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ferdinand M*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Philipp, Rechtsanwalt in Wien, wegen 70.000,-- DM samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29. Oktober 1984, GZ 14 R 217/84-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Mai 1984, GZ 39 g Cg 238/82-35, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Mit der am 1. April 1982 eingebrachten Klage begehrte der Kläger vom Beklagten die Herausgabe einer bestimmt bezeichneten Segeljacht mit dem Namen „J*****“; außerdem stellte er ein auf Zahlung von 70.000 DM sowie 5.000 DM jeweils zum Briefkurs der Wiener Börse am Zahlungstag (Devise) samt Anhang gerichtete Eventualbegehren. Am 12. Mai 1981 habe er mit dem Beklagten einen Kaufvertrag über seine Segeljacht „J*****“ geschlossen. Als Kaufpreis seien 70.000 DM vereinbart worden. Er habe dem Beklagten den einzigen vorhandenen Schlüssel für das Schiff übergeben und von ihm bloß einen Scheck über 7.000 DM erhalten, der nicht eingelöst worden sei. Trotz wiederholter Mahnungen habe der Beklagte den Kaufpreis nicht bezahlt. Mit Schreiben des Klagevertreters vom 13. März 1982 sei der Beklagte letztmals aufgefordert worden, den Kaufpreis bei sonstigem Rücktritt vom Vertrag zu bezahlen. Da auch auf dieses Schreiben keine Zahlung geleistet worden sei, erklärte er „hiemit“ den Rücktritt vom Vertrag wegen Nichterfüllung aus dem Verschulden des Beklagten.

Der Kläger brachte außerdem noch vor, daß der Beklagte ihn - nunmehr erkennbar - in betrügerischer Absicht veranlaßt habe, im schriftlichen Kaufvertrag als Kaufpreis den seit Jahren aufrechten Versicherungswert von 150.000 DM anzuführen. Der Beklagte habe in der Folge dem Hamburger Versicherungsinstitut „P*****“ auch tatsächlich betrügerisch eine Versicherungsleistung von 150.000 DM herausgelockt. Über diesen Sachverhalt habe er, Kläger, beim Sicherheitsbüro in Wien Anzeige erstattet und auch das Schiff, in dessen Gewahrsam er nachträglich gekommen sei, an das Versicherungsinstitut übergeben, sodaß zumindest teilweise eine Schadensfolge habe abgeblockt werden können. Der Beklagte habe „in jedem Fall“ das Schiff herauszugeben, bzw. zurückzustellen. Dies möge ihm vielleicht erst dann möglich sein, wenn er vollen Schadenersatz an die Versicherung geleistet habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Richtig sei, daß er vom Kläger ein Schiff mit dem Namen J***** gekauft habe, der Kaufpreis habe aber nicht bloß 70.000 DM, sondern 150.000 DM betragen. Dieser Betrag sei zur Zeit des Abschlusses des schriftlichen Kaufvertrages aber bereits zur Gänze ausbezahlt gewesen. Da er dem Kläger den Betrag von 70.000 DM nicht schulde, sei der Rücktritt nicht gerechtfertigt. Unrichtig sei auch, daß er einen Versicherungsbetrug versucht habe, es sei vielmehr der Kläger gewesen, der unter Vortäuschung des Diebstahls des Schiffes versucht habe, die Versicherungssumme von 150.000 DM herauszulocken. Nach der tatsächlichen Auszahlung der Versicherungssumme habe der Kläger es zuwegegebracht, das Schiff wieder zu finden und habe er dieses in der Folge der Versicherung zur Verfügung gestellt. Nach Auszahlung der Versicherungssumme von 150.000 DM an ihn, Beklagten, habe er der Versicherung gegenüber eine Verzichtserklärung über jede weitere Forderung abgegeben. Durch die unrichtigen Angaben des Klägers sei er von der Versicherung verhalten worden, ihr den Betrag von 150.000 DM zurückzubezahlen. Er behalte sich daher die Geltendmachung dieses Schadensbetrages ausdrücklich vor. Im übrigen sei der Kläger zur Zeit der Veräußerung des Schiffes an ihn, Beklagten, gar nicht Alleineigentümer des Schiffes und darüber auch nicht verfügungsermächtigt gewesen. Durch die ungesetzlichen Handlungen des Klägers, insbesondere die Wegnahme des Schiffes aus seiner Gewahrsame, sei ihm ein Verdienstentgang in der Höhe von mindestens 200.000 S entstanden, welchen Betrag er der Klagsforderung gegenüber compensando einwendete. Da das Schiff einen wesentlich niedrigeren Wert als 150.000 DM gehabt habe, werde zusätzlich die Einwendung der Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes erhoben.

In der Tagsatzung vom 29. 4. 1983 brachte der Klagevertreter schließlich noch vor, es stehe nunmehr fest, daß das Schiff von der Versicherungsanstalt an einen Makler verkauft worden sei. Eine Rückübertragung des Schiffes an die Versicherungsgesellschaft oder an den Beklagten sei nicht möglich. Es werde daher das vorerst gestellte Hauptbegehren fallen gelassen und das bisherige Eventualbegehren als Hauptbegehren aufrecht erhalten. Dem Kläger stehe jedenfalls unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an dem gegenständlichen Schiff der Anspruch auf Bezahlung von 75.000 DM zu, da der Beklagte die Versicherungssumme kassiert habe. Schließlich erklärte er noch, aus prozeßökonomischen Gründen das Klagebegehren um den Betrag von 5.000 DM einzuschränken.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - ohne über die eingewendete Gegenforderung im Spruch zu erkennen - vollinhaltlich statt. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Im Herbst 1978 kam der Kläger, der Erbauer der Segeljacht J*****, auf ein vorerst scherzhaft gemeint gewesenes Angebot seines Freundes Dr. Egon Paul N*****, die Jacht um 50.000 DM zu kaufen, zurück. Da der Wert des Schiffes 100.000 DM bis 125.000 DM betrug, kam es zwischen dem Kläger und seinen Freunden Dr. N*****, Heinrich R***** und Peter O***** zu einer Vereinbarung dahin, daß diese Freunde das Schiff um 50.000 DM kaufen, dem Verkäufer aber noch bis 1980 das Nutzungsrecht in bestimmten Ausmaß zustehen solle. In der Folge wurde jedoch diese Vereinbarung dahin geändert, daß der Kläger einen Miteigentumsanteil erhalten sollte, wogegen der Kaufpreis um 5.000 DM vermindert wurde. In den Schiffspapieren schien der Kläger weiterhin als Alleineigentümer auf. Da es zur vereinbarten Übergabe des Schiffes an die Miteigentümergemeinschaft nicht kam, einer der Freunde gestorben war und die übrigen das Interesse an der Jacht verloren hatten, kamen die Beteiligten überein, die Miteigentumsgemeinschaft aufzuheben; der Kläger erstattete die Kaufpreise zurück, „sodaß“ der Kläger wieder Alleineigentümer der Jacht wurde. Im August 1980 kamen die Streitteile anläßlich der Besichtigung einer anderen Jacht des Klägers erstmals miteinander in Kontakt. Im Frühjahr 1981 übernahm der Beklagte auf einem Schiff des Klägers eine Reise. Gesprächsweise erwähnte er, daß er am Erwerb eines Segelschiffes interessiert sei. Der Kläger bot ihm daher das Schiff „J*****“ zum Kauf an, da er einerseits Geldbedarf hatte und er andererseits eine Pfändung der auf Elba befindlichen Jacht wegen geltend gemachter Abgabenschulden des Finanzamtes befürchtete. Als den seiner Ansicht nach zu erzielenden Mindesterlös nannte er 70.000 DM. Der Wert des Schiffes liegt zwischen 70.000 DM und 150.000 DM. Ca. 14 Tage nach Beendigung der Schiffahrt, kam der Kläger am 11. 5. 1981 nach Wien. Noch am selben Abend teilte der Beklagte dem Kläger nach einer Besprechung mit ihm mit, daß er das Schiff um 70.000 DM kaufen werde. Das Schiff, dessen Wiederbeschaffungswert vom Kläger mit 150.000 DM angenommen wurde, war auf diesen Wert bei der Versicherung P***** versichert. Als Voraussetzung des Kaufes verlangte der Beklagte, in den schriftlichen Kaufvertrag den Preis von 150.000 DM einzusetzen, und zwar mit der Begründung, er habe mit Versicherungen bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Hiemit erklärte sich der Kläger nach anfänglichen Bedenken einverstanden. Am nächsten Morgen begab sich der Kläger vereinbarungsgemäß in die Wohnung des Beklagten, übergab diesem als Muster des abzuschließenden Kaufvertrages einen Kaufvertrag betreffend das Schiff „F*****“ (Beilage G). Diesen Kaufvertrag schrieb der Beklagte wortwörtlich mit Ausnahme der auf die notarielle Bekundung hinweisenden Einleitungs- und Schlußfloskel sowie die Bestimmung über die Kostenübernahme modifiziert auf die Jacht „J*****“ ab. Hinsichtlich des Kaufpreises wurde im Vertrag hinsichtlich des Schiffes J***** folgendes festgehalten:

„Die Parteien einigten sich beim gegenständlichen Verkauf auf einen Preis von 150.000 DM, eine Summe, von der der Verkäufer erklärte, sie bereits vom Käufer erhalten zu haben. Diesbezüglich wird erklärt, daß die Bezahlung direkt zwischen den Parteien im Ausland durchgeführt wurde.“

Der Kläger las den schriftlichen Vertragsentwurf nur flüchtig durch und begab sich mit dem Beklagten, der dies als in Österreich erforderliche Formvorschrift darstellte, in die Notariatskanzlei Dris. Alfred J*****. Dort wurde der Vertrag von beiden Vertragsteilen unterfertigt; da der Notar jedoch nicht anwesend war, wurde mitgeteilt, daß der Vertrag erst nach 15 Uhr desselben Tages behoben werden könne. Nach Unterfertigung des Vertrages begaben sich die Streitteile in ein Espresso. Der Beklagte teilte mit, daß er im Hinblick darauf, daß er das Schiff noch nie in natura gesehen habe, den ganzen Kaufpreis nicht auf einmal bezahlen wolle, sondern zunächst eine Anzahlung von 35.000 DM gebe. Der Restbetrag von 35.000 DM sollte nach der voraussichtlich Ende Mai, Anfang Juni stattfindenden Besichtigung des Schiffes in Teilbeträgen von je 17.500 DM bis Ende Juni 1981 bzw. Ende Juli 1981 bezahlt werden. Hierüber fertigte der Kläger eine Bestätigung aus, die vom Beklagten unterschrieben wurde. Der Beklagte übergab dem Kläger einen Scheck über 35.000 DM. Es nahm diesen Scheck jedoch unter dem Vorwand, er habe den Betrag unrichtigerweise auf ein inländisches Konto ausgestellt, müsse dies umschreiben, wieder an sich und entfernte sich mit der Zusicherung, ehestens zurückzukommen. Der Kläger wartete jedoch vergebens auf die Rückkehr des Beklagten und kehrte - ohne den Beklagten nochmals getroffen oder den Kaufvertrag behoben zu haben - nach Deutschland zurück. Trotz regelmäßiger Urgenzen erhielt er vom Beklagten weder Geld noch den Kaufvertrag zugesandt. Für Juli 1981 vereinbarten die Streitteile ein Treffen auf Elba, um das Weitere hinsichtlich des Schiffes zu besprechen. Als der Kläger in Elba eintraf, hatte sich der Beklagte bereits mit dem Schiff „J*****“, dessen Schlüssel er bereits in Wien ausgefolgt erhalten hatte, entfernt. Der Kläger verfolgte ihn mit einem anderen Schiff, holte ihn ein und setzte sich mit ihm wegen des weiteren Vorgehens auseinander. Da der Beklagte erklärte, kein Geld zu haben und im Besitz der im Kaufvertrag aufscheinenden Quittung des Klägers über den Erhalt des Kaufpreises zu sein, dem Kläger anderseits den Kaufpreis bei Beteiligung an einem Versicherungsbetrug in Aussicht stellte, kamen die Streitteile überein, das Schiff zu verstecken und durch den Beklagten als Versicherungsnehmer bei der Versicherung als gestohlen zu melden. Auf Grund der Schadensmeldung bei der Versicherung wurde in der Folge der Betrag von 150.000 DM an den Beklagten ausgezahlt. Als der Kläger hievon von der Versicherung erfuhr, begab er sich nach Wien, um den Kaufpreis zu kassieren. Bei der Besprechung am 27. 1. 1982 erklärte der Beklagte, die Versicherungssumme sei in Deutschland, er könne nur über einen Betrag von 50.000 S verfügen; er stellte einen Scheck über 7.000 DM aus, der jedoch - wie sich später herausstellte - nicht gedeckt war. Da der Kläger „nunmehr“ zu der Erkenntnis gelangte, daß der Beklagte zahlungsunwillig sei, teilte er der Versicherung die Vorgangsweise mit und „übergab dieser das Schiff“. Mit Schreiben vom 13. 3. 1982 drohte der Kläger dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag für den Fall an, daß der Kaufpreis samt Zinsen nicht bezahlt werde. Mit der Klage wurde vom Kaufvertrag zurückgetreten. Dem Kläger war von der Stadtsparkasse Köln ab 18. 2. 1981 ein Kreditrahmen in der Höhe von 50.000 DM eingeräumt, den er voll ausschöpfte. Den aus dem Urteilsspruch ersichtlichen die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden Zinssatz hatte er zu leisten.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß die Aktivlegitimation des Klägers gegeben sei, weil er bei Vertragsabschluß Alleineigentümer zumindest aber Miteigentümer gewesen, und als solcher gemäß § 366 ABGB zur Erhebung der Klage berechtigt sei. Er sei nach außen als Alleineigentümer aufgetreten und sei der Abschluß des Kaufvertrages jedenfalls von den Vereinbarungen mit der Miteigentümergemeinschaft umfaßt gewesen, sodaß dem Kläger jedenfalls als Treuhänder die Klagslegitimation zustehen würde. Im übrigen sei die Frage, wem jeweils die Eigentumsrechte zugestanden seien, nicht zu prüfen, weil nicht die Vertragsverletzung des Verkäufers, sondern des Käufers Gegenstand des Rechtsstreites sei. Im Hinblick auf die Nichterfüllung des Vertrages durch den Beklagten sei der Kläger zu Recht vom Kaufvertrag zurückgetreten. Der von ihm begehrte Ersatz stehe ihm gemäß § 921 ABGB zu. Da der Kläger nicht den Ersatz des Interesses, sondern des an der untersten Grenze der Schadensberechnung liegenden positiven Schaden begehre, seien über die Schadenshöhe weitere Erhebungen nicht anzustellen. Es sei auch nicht darauf einzugehen, daß der Kläger nachträglich die Versicherung zwecks Wiedergutmachung des ihr durch den Versicherungsbetrug entstandenen Schadens in die Lage versetzt habe, das Schiff in ihre Gewahrsame zu nehmen. Einzig und allein auf das schuldhafte Verhalten des Beklagten sei es zurückzuführen, daß der Kläger an der Täuschungshandlung gegenüber der Versicherung mitgewirkt habe. Der Versuch der Wiedergutmachung gegenüber der Versicherung scheide jedenfalls als schadenszufügende und schadensersatzbegründende Handlung des Klägers aus, sodaß auf die geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten nicht näher einzugehen sei. Aus den Bankbestätigungen und Kontoauszügen ergebe sich, daß der Kläger einen Kredit nicht in der vollen Höhe des Klagebetrages, sondern nur von 50.000 DM in Anspruch nehme. Dem Verzögerungsschaden des Klägers im Sinne des § 1333 ABGB sei daher dieser Betrag zugrundezulegen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Das Berufungsgericht erachtete die in der Berufung erhobenen Verfahrens- und Beweisrügen als unberechtigt, übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zur Gänze und erkannte die Rechtsrüge im Ergebnis als berechtigt. Da der Berufungswerber die Rechtsrüge gesetzmäßig ausgeführt habe, sei die rechtliche Beurteilung nach allen Seiten zu prüfen:

Im Hinblick darauf, daß es sich beim Kläger um einen Ausländer handle, seien die für die Anknüpfung an eine bestimmte Rechtsordnung maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen gemäß § 2 IPRG von Amts wegen festzustellen. Bei dem klagsgegenständlichen Kaufvertrag handle es sich um einen gegenseitigen Vertrag im Sinne des § 36 IPRG. Gegenseitige Verträge, nach denen die eine Partei der anderen zumindest überwiegend Geld schulde, seien nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die andere Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe. Die „andere“ Partei sei diejenige, die für Geld eine nicht in Geld bestehende Gegenleistung zu erbringen habe. Das Gesetz übernehme mit dieser Anknüpfung die Lehre von der sogenannten „charakteristischen Leistung“ (vgl. Duchek-Schwind, IPR. 88). Dies bedeute im Hinblick auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland, daß auf den gegenständlichen Fall deutsches Recht anzuwenden sei. Sei dies aber der Fall, so seien auch Ansprüche aus Vertragsverletzungen nach dem deutschen Recht zu beurteilen (Duchek-Schwind aaO, 84; HS 6538). Das somit maßgebende deutsche Recht sei von Amts wegen wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden (§ 3 IPRG). Für den vorliegenden Fall seien folgende deutsche Rechtsgrundsätze maßgebend:

Sei bei einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzug, so könne ihm der andere Teil gemäß § 326 dBGB zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist sei er berechtigt, Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Leistung nicht rechtzeitig erfolgt sei; der Anspruch auf Erfüllung sei ausgeschlossen. Eine Fristsetzung sei entbehrlich bei endgültiger Erfüllungsverweigerung des Schuldners (vgl. Palandt, Beck'scher Kurzkommentar zum BGB, 43. Auflage, 379 Anm. 2 e). In einem solchen Fall trete an die Stelle des untergegangenen Erfüllungsanspruches für den Gläubiger die Möglichkeit, entweder Schadenersatz - wegen Nichterfüllung - zu fordern oder zurückzutreten. Es besteht kein Wahlschuldverhältnis, sondern ein Fall sogenannter selektiver Konkurrenz. Der Gläubiger könne wählen; seine Wahlbefugnis sei unbefristet, jedoch könne der Schuldner dem Gläubiger unter Anwendung der §§ 327, 355 dBGB für die Ausübung des Rücktrittes eine Ausschlußfrist setzen. Nach der Erklärung, Schadenersatz zu fordern, könne der Gläubiger noch zum Rücktritt übergehen, aber nicht umgekehrt (vgl. Palandt aaO, Anm. 7 b, S. 381). Nach dem hier festgestellten Sachverhalt habe der Kläger seinen Rücktritt vom Vertrag erklärt. Er habe daher nach der deutschen Rechtslage nicht mehr auf die Möglichkeit, Schadenersatz zu fordern, zurückgreifen können. Es stünden ihm daher nur die Rechte aus dem Rücktritt vom Vertrag im Sinne der §§ 346 dBGB ff. zu. Habe sich in einem Vertrag ein Teil den Rücktritt vorbehalten, so seien die Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, gemäß § 346 dBGB verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für die Überlassung der Benutzung der Sache sei der Wert zu vergüten, falls in dem Vertrag eine Gegenleistung in Geld bestimmt sei, diese zu entrichten. Diese Regeln seien nicht nur im Falle eines vertraglich vereinbarten Rücktrittsrechtes anzuwenden, sondern auch bei einem gesetzlich eingeräumten (vgl. Palandt aaO, Einf. v § 346 dBGB und Anm. 1 zu § 346 dBGB, S 398 f.). Gemäß § 348 dBGB seien die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien Zug um Zug zu erfüllen. Der Rücktritt gestalte das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis um. Das Abwicklungsverhältnis sei kein modifiziertes Bereicherungsverhältnis, sondern das durch ein Rechtsgeschäft (Rücktrittserklärung) umgestaltete Vertragsverhältnis. Der Rücktritt gestalte das Verhältnis dahin um, daß empfangene Leistungen an den Vertragspartner zurückzugewähren seien (Palandt aaO, Einf v § 346, Anm. 1 b, S. 398, Anm. 2 zu § 346, Anm. 1 zu § 348). Da im gegenständlichen Fall der Kläger bereits durch seine eigene Initiative in den Besitz des vom Berufungswerber zurückzuerstattenden Schiffes gekommen sei, sei das Abwicklungsverhältnis zwischen den Streitteilen beendet. Der Kläger könne deshalb keine weiteren Forderungen gegen den Berufungswerber stellen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß er schließlich das Schiff der Versicherungsgesellschaft zur Schadensgutmachung übergeben habe, weil er dies in Erfüllung einer eigenen Verpflichtung getan habe und es seine Sache sei, wie er nach Beendigung des Abwicklungsverhältnisses mit dem ihm zurückgewährten Sache verfahre.

Es sei daher der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinne der Klagsabweisung abzuändern gewesen, ohne daß es weiterer Beweisaufnahmen und Feststellungen, insbesondere nicht über den tatsächlichen Wert des Schiffes bedurft hätte.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs. 2 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Streitgegenstandes zulässig und im Sinne des Eventualantrages auch berechtigt.

Festzuhalten ist vorerst, daß der Kläger sein Leistungsbegehren auf die Behauptung gestützt hat, er sei vom Kaufvertrag zurückgetreten, weil der Beklagte trotz Mahnung und Rücktrittsandrohung schuldhaft mit der Bezahlung des Kaufpreises in Verzug geraten sei. Der Beklagte sei daher verpflichtet, ihm das Schiff zurückzustellen. Im Zuge des Verfahrens brachte der Kläger ergänzend vor, das Schiff sei von der Versicherung an einen Dritten verkauft worden, weshalb das vorerst als Eventualbegehren erhobene Zahlungsbegehren als Hauptbegehren aufrecht erhalten werde. Dementsprechend wurde die Berechtigung des Zahlungsbegehrens lediglich aus dem Grund der Rückabwicklung des Kaufvertrages (nach den Bestimmungen des ABGB durch das Erstgericht), bzw. aus dem Titel des „Abwicklungs- und Rückgewährschuldverhältnisses“ (im Sinne des § 326 BGB durch das Berufungsgericht) einer Prüfung unterzogen. Wenn der Kläger im Revisionsverfahren nun meint, sein Anspruch sei schon auf Grund der Bestimmung des § 896 ABGB berechtigt, so ist ihm zu entgegnen, daß er im Verfahren erster Instanz gar kein Vorbringen dahin erstattet hat, er habe als Mitschuldner zur ungeteilten Hand aus eigenen Mitteln die Schuld aus dem Versicherungsbetrug zur Gänze oder zumindest teilweise mehr als den auf ihn entfallenden Teil bezahlt (vgl. MGA ABGB32 § 896/3). Seine Ausführungen gingen vielmehr nur dahin, das Schiff, in dessen Gewahrsame er nachträglich gekommen sei, an die Versicherung übergeben zu haben, sodaß zumindest eine Schadensfolge habe abgeblockt werden können. Daß die Rückstellung des Schiffes als Leistung aus seinen eigenen Mitteln anzusehen wäre, hat der Kläger gar nicht behauptet. Damit fehlt aber das sachliche Substrat für die Annahme eines allfälligen Regreßrechtes des Klägers aus der betrügerisch erschlichenen Zahlung der Schiffsversicherung an den Beklagten als Klagegrund für das Zahlungsbegehren. Im Hinblick auf den ausdrücklich erklärten Rücktritt vom Vertrag scheidet im vorliegenden Verfahren aber auch der Erfüllungsanspruch als Klagegrund aus.

Wenngleich die Vorinstanzen und auch der Revisionswerber davon ausgehen, es seien hier die mit dem Rücktritt vom Vertrag verbundenen Rechtsfolgen zu untersuchen - dabei allerdings zu unterschiedlichen Beurteilungen gelangen - so ist doch im Hinblick auf die das Revisionsgericht angesichts der gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge in der Revision treffenden Verpflichtung, die rechtliche Beurteilung der Rechtssache durch die Vorinstanzen nach allen Richtungen hin zu überprüfen, die Frage zu klären, ob der Kläger überhaupt berechtigt war, vom Vertrag zurückzutreten. Wegen der hier bestehenden Auslandsberührung bedarf es dazu der Feststellung, welches Sachrecht überhaupt anzuwenden ist.

Unter beiden Anfechtungsgründen rügt der Revisionswerber vorerst, daß das Berufungsgericht nicht österreichisches Recht angewendet hat. Die im Rahmen der amtswegigen Feststellung des anzuwendenden Rechtes notwendig gewesene Einvernahme der Parteien hätte ergeben, daß der Kläger österreichischer Staatsbürger sei, in Österreich einen Wohnsitz habe, sich zumindest ebensoviel Zeit des Jahres in Österreich wie in der BRD aufhielte und seine Eltern hier lebten. Im Zusammenhang mit der Tatsache, daß auch der Beklagte Österreicher mit ordentlichen Wohnsitz in Wien sei, der Vertrag in Wien abgeschlossen worden sei und nach der wahren Absicht der Parteien in Österreich zu erfüllen gewesen sei, habe der Sachverhalt die „stärkste Beziehung“ zur österreichischen Rechtsordnung.

Da die unrichtige Lösung kollisionsrechtlicher Probleme eine Verletzung der inländischen Kollisionsnormen bedeutet, wurde die Frage des hier anzuwendenden Sachrechtes vom Berufungsgericht mit Recht ungeachtet des Umstandes untersucht, daß die Parteien dazu kein Vorbringen erstattet haben. Die unrichtige Anwendung inländischen Kollisionsrechtes müßte auch gegen den Willen der am Prozeß beteiligten Parteien wahrgenommen werden (Schwind, Handbuch des IPR, 72; Schwimann, JBl. 1968, 127 ff; Fasching III, 274; EvBl. 1976/237; JBl. 1980, 600 ua). Dem Zahlungsbegehren des Klägers liegt ein Kaufvertrag zugrunde, der als Ausdruck des in § 1 Abs. 1 IPRG normierten Grundsatzes der stärksten Beziehung (§ 1 Abs. 2 IPRG) - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte -
grundsätzlich nach dem Recht des Staates zu beurteilen ist, in dem jene Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, die die charakteristische Leistung zu erbringen hat (§ 36 IPRG). Im Bereich des internationalen Schuldrechts besteht allerdings für die Parteien die Möglichkeit, das anzuwendende Sachrecht zu vereinbaren. Diese Rechtswahl kann ausdrücklich oder schlüssig erfolgen (§§ 11, 35 Abs. 1 IPRG). Soweit eine Rechtswahl zulässig ist, verdrängt sie die gesetzliche Anknüpfung nach den §§ 36 bis 49 IPRG (§ 35 Abs. 2 IPRG). Die Rechtswahlvereinbarung ist formfrei, ihre rechtliche Beurteilung unterliegt dem österreichischen Sachrecht als lex fori (
Schwimann in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 35 IPRG und Rdz 7 zu § 11 IPRG samt Rechtsprechungsnachweisen). Eine ausdrückliche Rechtswahl wurde nicht behauptet und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Von einer schlüssigen Rechtswahl kann jedoch gemäß § 863 ABGB erst dann gesprochen werden wenn nach den Umständen „kein vernünftiger Grund“ übrig bleibt, am realen Willen der Parteien, sich unter zwei oder mehreren in Betracht kommenden Rechten für eine bestimmte Rechtsordnung mit Geltungsabsicht zu entscheiden, zu zweifeln (SZ 42/103; Schwimann, Grundriß des internationalen Privatrechts, 116). Dies setzt bei den Parteien eine klar erkennbare Geltungsvorstellung voraus (JBl. 1983, 160; Schwimann in Rummel, aaO Rdz 6 zu § 35 IPRG). Eine Konkludenz der Wahl eines bestimmten anderen Sachrechts im Sinne des § 863 ABGB wird nur dann angenommen werden können, wenn mehrere übereinstimmende Vertragsabreden, Parteiäußerungen oder sonstiges Verhalten der Parteien
- allenfalls unter Zuhilfenahme von im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen - auf ein und dieselbe Rechtsordnung hinweisen (vgl. SZ 42/103;
Schwimann, Grundriß, 117 f; Schwimann in Rummel, Rdz 6 zu § 35 IPRG). Bedenkt man, daß das Verhalten der Parteien keine „unmittelbare Indizwirkung“ entfaltete - eine direkte Verweisung auf konkrete Vorschriften oder Usancen einer bestimmten Rechtsordnung wurde nicht vorgenommen, es wurden auch keine typischen Fachausdrücke und typische Klauseln einer Rechtsordnung erwähnt (vgl. Schwimann, Grundriß, 119) - und an sogenannten „mittelbaren Indizwirkungen“ der Abschlußort, der Wohnsitz des Beklagten und die Schlüsselübergabe in Wien zugunsten österreichischen Rechtes sprächen, während die Schuldwährung und die vom Kläger im gesamten Verfahren einschließlich der Urkunden (vgl. Beilagen C und G) als Wohnort angegebene Adresse in der Bundesrepublik auf deutsches Recht hinweisen würden, der Lageort des Vertragsgegenstandes (Elba) sogar auf ein drittes Recht, so erscheint ein Schluß auf die Geltungsannahme einer bestimmten Rechtsordnung durch die Parteien im Hinblick darauf nicht gerechtfertigt, daß ein solcher Schluß nur dann zulässig ist, wenn die Lokalisierungsindizien in überwältigender, jede andere Anknüpfung als zufällig deklarierender Mehrheit auf eine bestimmte Rechtsordnung hinweisen (vgl. Schwimann, Grundriß, 120 samt Rechtsprechungsnachweis). Nach § 36 IPRG hat somit deutsches Recht zur Anwendung zu kommen. Da das Haager Übereinkommen 1955 über das auf internationale Kaufverträge über bewegliche Sachen anzuwendende Recht von der Bundesrepublik Deutschland nicht ratifiziert wurde und auch das Haager Übereinkommen 1964 zur Einführung eines einheitlichen Gesetzes über den internationalen Kauf beweglicher Sachen auf Grund der Ausnützung eines entsprechenden Vorbehalts in der BRD nur dann angewendet wird, wenn beide Vertragspartner ihren Sitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Staaten haben, die Vertragsstaaten des genannten Übereinkommens sind, Österreich dieses Übereinkommen aber nicht ratifiziert hat (vgl. Palandt, Einf v § 433 Anm. 5; Reithmann, Internationales Vertragsrecht3, RdNr. 292) kommt weder eine Rückverweisung noch die Anwendung deutschen Einheitskaufrechtes in Frage. Bei dem vorliegenden Sachverhalt scheidet die Annahme einer Rückverweisung auf österreichisches Sachrecht aber auch deshalb aus, weil eine nach deutschem Recht zulässige diesbezügliche stillschweigende Rechtswahl der Parteien mangels Vorliegens einer dazu erforderlichen Willensübereinkunft (vgl. Reithmann, aaO, RdNr 16; Soergel-Kegel, RdNr 345, 346 vor Art 7 EGBGB) nicht gegeben ist, eine nach autonomen deutschem IPR ebenfalls grundsätzlich mögliche Anknüpfung an den hypothetischen Parteiwillen im Hinblick darauf nicht zum Tragen kommen kann, daß sich nach den Umständen dieses Falles bei Abwägung der Interessen der Parteien nicht eindeutig ermitteln läßt, ob der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses objektiv auf einer bestimmten der zur Wahl stehenden Rechtsordnungen für das gesamte Rechtsgeschäft, also für alle Verpflichtungen der Parteien hinweist (vgl. Reithmann, aaO, RdNr 33, 35 und 36; Soergel-Kegel, RdNr 352 vor Art 7 EGBGB), und schließlich auch das deutsche Recht im Zweifel die Anknüpfung an das Recht des Geschäftssitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes des Verkäufers, als desjenigen, dessen Leistung für den Vertrag typisch ist (vgl. Soergel-Kegel, RdNr 369 vor Art 7 EGBGB), kennt.

Bei dieser Sachlage kann in der Anwendung deutschen allgemeinen Sachrechts durch das Berufungsgericht ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

Das in der grundsätzlich für sämtliche gegenseitige Verträge geltenden (vgl. Palandt, BGB44, Anm. 1 zu § 326; Emmerich im Münchener Kommentar zum BGB2, RdNr 2 zu § 326) Bestimmung des § 326 BGB dem vertragstreuen Gläubiger eröffnete Rücktrittsrecht steht nach der beim Kauf geltenden Sonderregelung des § 454 BGB dem Verkäufer nicht zu, wenn er den Vertrag erfüllt und den Kaufpreis gestundet hat (Emmerich, aaO RdNr. 6 zu § 326; Fikentscher, Schuldrecht7, 421). Dieser Ausschluß des Rücktrittsrechts hat somit zur Voraussetzung, daß der Verkäufer (zumindestens im wesentlichen) die Hauptpflicht des Kaufvertrages gemäß § 433 BGB erfüllt hat und darüber hinaus eine Stundung des Kaufpreises, also eine vereinbarte Hinausschiebung des Fälligkeitstermins der Kaufpreiszahlung hinter den Zeitpunkt der Sachleistung erfolgt ist. Zur Frage der Erfüllung der letztgenannten Voraussetzungen, nämlich der Stundung des Kaufpreises durch den Verkäufer, wird in der deutschen Lehre und Rechtsprechung übereinstimmend die Meinung vertreten, daß der Anwendungsbereich des § 454 BGB eng auszulegen ist (vgl. Palandt, aaO Anm. 1) a) zu § 454; H. P. Westermann im Münchener Kommentar zum BGB, RdNr. 6 zu § 454) und damit nur eine klare Vereinbarung über das Recht des Käufers, später zu zahlen, als Stundung anzusehen ist, also nicht etwa die bloße Duldung von Verzögerungen oder die Gewährung einer gewissen Frist zur Geldbeschaffung (H. P. Westermann, aaO, RdNr. 6 zu § 454). Nach dem für die rechtliche Beurteilung hier maßgeblichen Sacherhalt wurde anläßlich des Abschlusses des Kaufvertrages über den Zeitpunkt der Zahlung des Kaufpreises keine Vereinbarung getroffen. Gemäß § 320 BGB waren die Pflichten aus dem Kaufvertrag damit Zug um Zug zu erfüllen (Fikentscher, aaO, 409). Wenn der Beklagte den Kläger nach der in der Notariatskanzlei erfolgten Unterfertigung des schriftlichen Vertrages im Espresso vor die vollendete Tatsache stellte, den Kaufpreis nicht auf einmal zu bezahlen, sondern zunächst nur eine Anzahlung von 35.000 DM durch Hingabe eines Schecks leisten zu wollen und er letztlich durch listige Vorspiegelungen sich auch der Erfüllung dieser Zusage entzog, so kann von einer klaren Vereinbarung der Vertragsteile über die Hinausschiebung des Fälligkeitstermines der Kaufpreiszahlung keine Rede sein. Liegt somit kein Kreditkauf vor, so greift § 454 BGB nicht ein und der Kläger war nicht gehindert, wegen Verzuges des Beklagten mit der Zahlung des Kaufpreises den Rücktritt vom Vertrag zu erklären. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß der Beklagte mit der Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises in Verzug geraten ist und der Kläger, nachdem er dem Beklagten mit Schreiben vom 13. 3. 1982 den Rücktritt angedroht hatte, in der Klage den Rücktritt erklärt hat. Die Vorinstanzen haben sich somit zu Recht mit der Frage der Wirkung dieses Rücktritts vom Vertrag auseinandergesetzt. Nach den gemäß § 327 BGB auf die Fälle des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach den §§ 325, 326 BGB anzuwendenden Rücktrittsvorschriften der §§ 346 bis 361 BGB (Palandt, aaO, Einf v § 346 Anm. 2) c); Fikentscher, aaO, 282), führt der Rücktritt eines Teiles vom Vertrag zur Verpflichtung beider Teile, einander die empfangenen Leistungen Zug um Zug (§ 348 BGB) zurückzugewähren (§ 346 Satz 1 BGB). Der Rücktritt gestaltet das Vertragsverhältnis - wie das Berufungsgericht auch richtig erkannte - in ein Abwicklungs-
und Rückgewährungschuldverhältnis um (
Palandt, aaO, § 346 Anm. 2) a); Fikentscher, aaO, 282). Der Rücktritt vom Vertrag wirkt allerdings nur obligatorisch, er begründet somit nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübertragung des Hingegebenen, mit dem Rücktritt fällt aber nicht eo ipso das Eigentum an den Veräußerer zurück (Palandt, aaO, Einf v § 346 Anm. 1) b); Fikentscher, aaO, 283). Wenn der Kläger das Schiff - sei es durch eine von ihm selbst gesetzte Handlung oder doch nur mittelbar - aus dem Besitz des Beklagten, allenfalls auch in seine Verfügungsmacht brachte, so ist damit - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes -
die Rückabwicklung noch nicht erledigt. Es fehlt nämlich noch die Eigentumsübertragung. Daß eine solche stattgefunden hätte, wurde vom Beklagten nicht behauptet und ist nach der Sachlage auch nicht anzunehmen. Reicht aber die Verbringung des Schiffes in die Verfügungsmacht der Versicherungsgesellschaft zur Erfüllung des Rückgewährungsanspruches des Klägers nicht aus, so stellt auch die Unterlassung näherer Feststellungen darüber, wann und auf welche Art das Schiff in die Verfügungsmacht der Versicherungsgesellschaft kam und wie sich der Kläger daran im einzelnen tatsächlich beteiligt hat, keinen rechtlich relevanten, der Rechtsrüge zuzuzählenden Feststellungsmangel dar. Insoweit gehen die diesbezüglichen Revisionsausführungen ins Leere.

Mit Recht verweist der Revisionswerber allerdings auf die im Zuge des Verfahrens, also nach Erklärung des Vertragsrücktrittes eingetretene Änderung der Sachlage, nämlich den Verkauf des Schiffes durch die Versicherung an einen Dritten und die sich daraus ergebende Unmöglichkeit der Rückübertragung des Schiffes. Nach §§ 347 Satz 1, 989, in Verbindung mit 327 BGB kann der Rücktrittsberechtigte bei verschuldeter Rückgewährunmöglichkeit vom Rücktrittsgegner, der ja von den Rücktrittsvoraussetzungen Kenntnis hatte, Schadenersatz verlangen. Die Geltendmachung eines derartigen Anspruches läßt sich aus dem Vorbringen des Klägers allerdings nicht ableiten. Der Rücktrittsberechtigte kann aber auch - da § 347 BGB die Anwendung anderer Haftungsvorschriften nicht ausschließt - Ersatzvorteile nach § 281 BGB herausverlangen und dies auch dann, wenn den Rücktrittsgegner kein Verschulden trifft (Fikentscher, aaO, 283), ja selbst, wenn der Gläubiger die Ummöglichkeit zu vertreten hat (Emmerich, aaO, RdNr 3 und 5 zu § 281; Palandt, aaO, § 281 Anm. 2) c)). Diesen Anspruch macht der Kläger auch geltend; denn er hat das Zahlungsbegehren nur gestützt auf den (vom Beklagten erschlichenen) Empfang einer Leistung aus der Schiffsversicherung und den Verkauf des (zurückzugewährenden) Schiffes durch die Versicherung aufrecht erhalten. Auf diesen Klagegrund haben sich somit die weiteren Erwägungen zu beschränken.

Der Anspruch nach § 281 BGB hat zur Voraussetzung, daß der Schuldner infolge des Umstandes, der die Leistung unmöglich gemacht hat, für den geschuldeten Gegenstand Ersatz oder einen Anspruch auf Ersatz erlangt; zwischen dem Ereignis, das die Unmöglichkeit herbeigeführt hat und der Erlangung des sogenannten stellvertretenden Commodums muß somit ein adäquater Ursachenzusammenhang bestehen (Emmerich, aaO, Rdz 7 zu § 281; Palandt, aaO, § 281 Anm. 2) c)). Da auch die Befreiung von einer Schuld ein auszugleichendes Surrogat im Sinne dieser Bestimmung darstellt (Palandt, aaO; § 281 Anm. 2) c) samt Rechtsprechungshinweis) und der Verkauf des Schiffes durch die Versicherung zu einer Befreiung des Beklagten von seiner deliktischen Haftung der Versicherung gegenüber im Ausmaß der damit verbundenen Schuldtilgung geführt hat, ist im vorliegenden Fall die gesetzlich geforderte Kausalität auch gegeben. Im Hinblick darauf, daß der Anspruch nach § 281 BGB auf eine Geldleistung gerichtet ist, entspricht das vom Kläger letztlich aufrecht erhaltene Zahlungsbegehren dem Grunde nach der Sach- und Rechtslage.

Der Höhe ist das Klagebegehren allerdings noch nicht spruchreif. Den Feststellungen der Vorinstanzen ist nicht zu entnehmen, in welchem Ausmaß der Beklagte der Versicherung gegenüber durch den Verkauf des Schiffes tatsächlich entlastet wurde; nur in diesem Ausmaß kann der Kläger aus dem Titel des § 281 BGB Zahlung verlangen (vgl. Emmerich, aaO, RdNr 15 zu § 281; Palandt, aaO, § 281 Anm. 3) a)). Die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen ist somit unumgänglich.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren den Kläger zu einer Ergänzung seines Vorbringens hinsichtlich des Verkaufes des Schiffes durch die Versicherung im aufgezeigten Sinn aufzufordern, darüber mit den Parteien zu verhandeln und dazu auch Feststellungen zu treffen haben. Erst dann wird eine abschließende Beurteilung des Klagebegehrens möglich sein. Da der Beklagte der Klagsforderung gegenüber eine Gegenforderung aufrechnungsweise eingewendet hat, wird schließlich allenfalls auch darüber zu verhandeln und zu entscheiden sein.

Aus all diesen Gründen erweist sich die Revision somit berechtigt, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben waren und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden mußte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E07355

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00533.850.1121.000

Im RIS seit

06.12.1995

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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